VwGH Ra 2018/01/0003

VwGHRa 2018/01/000330.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revisionen 1. des C H, 2. der G H, beide in W, beide vertreten durch Mag. Dr. Georg Haunschmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 6-8, gegen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Wien je vom 1. August 2017,

1) Zl. VGW-101/020/7549/2017-13, 2) Zl. VGW-101/V/020/7550/2017-2, betreffend Berichtigung des Familiennamens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhG 1919 §2;
AdelsaufhV 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2 Z1;
PStG 2013 §42 Abs1;
PStG 2013 §74;
WRV-D 1919 Art109 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010003.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber wurde 1948 als deutscher Staatsangehöriger geboren; ihm wurde 1960 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Die (1939 geborene) Zweitrevisionswerberin ist österreichische Staatsbürgerin; sie erhielt im Zeitpunkt der Heirat des Erstrevisionswerbers im Jahr 1972 dessen Familiennamen.

2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen hat das Verwaltungsgericht Wien im Beschwerdeverfahren gemäß § 42 Abs. 1 Personenstandsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 16 idF BGBl. I Nr. 120/2016 (PStG 2013), die Eintragung zu den Revisionswerbern im Zentralen Personenstandsregister im Feld "Familienname" auf "H." (statt "von H.") berichtigt und die Revision jeweils für nicht zulässig erklärt.

3 Dagegen erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), der die Behandlung der Beschwerden mit Beschlüssen je vom 22. September 2017, E 3138/2017- 5, bzw. E 3139/2017-5, ablehnte und die Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend führte der VfGH zusammengefasst aus, dass vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur Adelsaufhebung und dem Verbot der Führung des Adelszeichens "von" die Beschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat die in der Folge erhobenen außerordentlichen Revisionen wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revisionen bringen in den Zulässigkeitsgründen vor, der Namensbestandteil "von" sei ein aus dem deutschen Namensrecht kommender Bestandteil des Nachnamens und werde dort gemäß Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung als zulässiger Bestandteil des bürgerlichen Namens angesehen. Es bestehe keine Rechtsprechung zur Frage, ob durch § 74 PStG 2013 den dazu im Widerspruch stehenden Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes materiell derogiert worden sei.

9 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

10 Gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 ("Berichtigung") ist eine Eintragung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.

11 Gemäß § 74 PStG 2013 ("Namensgebrauch") bleiben auf Grund einer vor dem 1. Mai 1995 erfolgten Geburt oder geschlossenen Ehe erworbene Rechte und entstandene Pflichten zum Gebrauch eines Namens unberührt.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung - diesbezüglich an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes anknüpfend - klargestellt, dass österreichische Staatsbürger nach dem im Verfassungsrang stehenden Adelsaufhebungsgesetz nicht berechtigt sind, Adelstitel bzw. Adelszeichen (auch ausländischen Ursprungs) zu führen. Dass das Adelszeichen "von" in Deutschland auf Grund der dortigen Rechtslage (Art. 109 Abs. 3 Satz zwei der Weimarer Reichsverfassung) zulässigerweise als Bestandteil des bürgerlichen Namens geführt werden darf, ändert nichts an dem Umstand, dass es sich um ein ehemaliges Adelsprädikat handelt, deren Führung nach der österreichischen Rechtslage - seien diese Prädikate nun österreichischen oder ausländischen - Ursprungs auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes sowie der betreffenden Vollzugsanweisungen verboten ist (vgl. VwGH 17.2.2010, 2008/17/0114, mit Hinweis auf VfGH 27.11.2003, B 557/03 = VfSlg. 17.060; vgl. auch VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0233).

13 Das Adelsaufhebungsgesetz schließt demnach für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, aus, als auch, dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (vgl. VwGH 15.3.2016, Ra 2014/01/0045, mit Hinweis auf VfSlg. 17.060).

14 Das Verwaltungsgericht Wien ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.

15 Die Revisionsauffassung, wonach das Adelszeichen "von" aufgrund der Weimarer Reichsverfassung Bestandteil des bürgerlichen Namens (des Erstrevisionswerbers) geworden sei, steht mit dieser Rechtsprechung nicht im Einklang. Mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erlangte für den Erstrevisionswerber das im Adelsaufhebungsgesetz und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung festgelegte Verbot, das Adelszeichen "von" im Namen zu führen, unmittelbar Geltung. Sein Familienname lautete daher nach österreichischem Recht ab diesem Zeitpunkt "H", eine Weitergabe des Adelszeichens "von" an die Zweitrevisionswerberin (infolge Verehelichung) durch die einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen konnte nicht erfolgen (vgl. zu all dem ebenfalls VwGH 15.3.2016, Ra 2014/01/0045).

16 Die auf der Grundlage des § 42 Abs. 1 PStG 2013 vorgenommene Berichtigung der Eintragung im Zentralen Personenstandsregister begegnet keinen Bedenken.

17 Die in den Revisionen erwähnte Bestimmung des § 74 PStG 2013 vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil diese Bestimmung auf die dort genannten Rechte und Pflichten zum Gebrauch eines Namens abstellt, das Adelszeichen "von" aber - wie erwähnt - nicht Bestandteil des (bürgerlichen) Namens österreichischer Staatsbürger ist.

18 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2018

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