VwGH Ra 2017/22/0219

VwGHRa 2017/22/021916.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des F U, vertreten durch Mag. Banu Kurtulan, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Praterstraße 66/4/41, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. Oktober 2017, VGW- 151/065/8500/2017-7, betreffend Verlängerung eines Aufenthaltstitels "Studierender" (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §20 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, verfügte seit 2008 über Aufenthaltstitel "Studierender", zuletzt gültig bis 23. Mai 2016. Am 19. Mai 2016 stellte er den verfahrensgegenständlichen Verlängerungsantrag, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Behörde) abgewiesen wurde.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, das in der mündlichen Verhandlung am 19. September 2017 verkündet wurde, wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) die dagegen erhobene Beschwerde ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das VwG im Wesentlichen aus, das der am 19. September 2017 verkündeten Entscheidung vorangegangene Studienjahr sei jenes vom 1. Oktober 2015 bis 30. September 2016. In diesem Zeitraum habe der Revisionswerber keine Prüfungen abgelegt und somit keinen § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) entsprechenden Studienerfolg nachgewiesen. Es seien diesbezüglich auch keine Gründe vorgebracht worden, die der Einflusssphäre des Revisionswerbers entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar seien. Eine ordentliche Revision erklärte das VwG für nicht zulässig.

6 In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, es liege eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, zu der eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Gemäß § 24 Abs. 1 NAG sei ein Verlängerungsantrag vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels zu stellen. Daher sei als "vorangegangenes Studienjahr" grundsätzlich jenes anzusehen, das vor dem Gültigkeitsende des Aufenthaltstitels liege. Bei Antragstellung seien die Voraussetzungen für die Verlängerung des Aufenthaltstitels noch vorgelegen. Hätte die Behörde unmittelbar nach Antragstellung entschieden oder hätte die mündliche Verhandlung am 1. Oktober 2017 stattgefunden, hätte die beantragte Verlängerung jeweils erteilt werden müssen. Könne sich "die Behörde bzw. das Gericht ihren Beobachtungszeitraum frei wählen", würde dadurch der Willkür Tür und Tor geöffnet, sodass das NAG und das Universitätsgesetz falsch interpretiert und die einfachgesetzlichen Rechte des "Beschwerdeführers" verletzt würden.

7 Grundsätzlich trifft es zu, dass das vorangegangene Studienjahr im Sinn des § 8 Z 7 lit. b der Durchführungsverordnung zum NAG (NAG-DV) dasjenige ist, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist (vgl. dazu die Ausführungen in VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Der Verwaltungsgerichtshof erkannte bereits mehrfach an, dass auch ein VwG das jüngst abgeschlossene Studienjahr als maßgeblich heranziehen kann, wenn während des anhängigen Verlängerungsverfahrens ein weiteres Studienjahr vollendet wurde (vgl. etwa VwGH 17.11.2015, Ra 2015/22/0120), wobei es nicht darauf ankommt, ob auch im Zeitpunkt der Erlassung des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides bereits das weitere Studienjahr vollendet war und ob die Behörde dieses auch heranzog. Dies stellt keinesfalls Willkür dar, weil ein Drittstaatsangehöriger, der einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Absolvierung eines Studiums innehatte und um dessen Verlängerung ansucht, grundsätzlich für jedes Studienjahr einen ausreichenden Studienerfolg nachzuweisen hat. Im Übrigen führte das VwG aus, dass "die Dauer bzw. Verzögerung des Verlängerungsverfahrens der Sphäre des BF zuzuschreiben ist, zumal er wenige Tage nach Einreichung seines Verlängerungsantrages eine sog. ‚Notfallsvignette' beantragte, welche ihm mit einer Gültigkeitsdauer vom 24.05.2016 bis 24.08.2016 auch bewilligt wurde", um der Hochzeit seiner Schwester beizuwohnen; daher seien die von der Behörde angeforderten ergänzenden Unterlagen erst Ende September 2016 bei der Behörde eingelangt. Dem tritt die Revision nicht entgegen.

8 Ausgehend davon zog das VwG fallbezogen zutreffend nicht das Studienjahr 2014/2015, sondern das Studienjahr 2015/2016 für die Beurteilung des Studienerfolgs heran. Für diesen Zeitraum wies der Revisionswerber unbestritten und im Einklang mit den vorgelegten Verfahrensakten keinen Studienerfolg im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG nach.

9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Jänner 2018

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