European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190607.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 17. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 25. April 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, und setzte eine zweiwöchige Frist für seine freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Erkenntnis vom 18. Oktober 2016 gab das Bundesverwaltungsgericht einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers statt und erkannte dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten zu. Gegen dieses Erkenntnis brachte das BFA eine Revision ein.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 28. März 2017, Ra 2016/01/0320, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Oktober 2016 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des BFA vom 25. April 2016 ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 28. März 2017, Ra 2016/01/0320, aufgrund der Amtsrevision des BFA das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Oktober 2016 wegen Verletzung des Parteiengehörs des BFA und der Unterlassung der Durchführung einer Verhandlung aufgehoben. Im nachfolgenden Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes habe das BFA sich jedoch nicht beteiligt und auch an der Verhandlung nicht teilgenommen. Es stelle "sich die Frage", ob dem BFA aufgrund dessen noch "ein Rechtsschutzinteresse (Beschwer)" zugekommen sei, obwohl es die vom Verwaltungsgerichtshof "zuerkannte Interessensphäre" nicht wahrgenommen habe.
10 Mit diesen Ausführungen verkennt die Revision den Begriff des "Rechtsschutzinteresses" im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes bzw. der Verwaltungsgerichte.
11 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, aus § 33 Abs. 1 VwGG lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verstehe. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. etwa VwGH 5.3.2018, Ro 2017/17/0018, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2018/10/0022, mwN). Das Rechtsschutzinteresse besteht demnach bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. VwGH 27.7.2017, Ra 2017/07/0014; 31.1.2018, Ra 2018/10/0022).
12 Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes ist gemäß § 42 Abs. 3 VwGG durch die mit dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 2017, Ra 2016/01/0320, erfolgte Aufhebung seines Erkenntnisses vom 18. Oktober 2016 in die Lage zurückgetreten, in der es sich vor Erlassung dieses Erkenntnisses befunden hat (vgl. etwa VwGH 28.7.2016, Ra 2015/12/0083). Einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses im fortgesetzten Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes im Sinn der obigen Definition - worunter somit nur das Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers als Beschwerdeführer an einer Beseitigung des angefochtenen Bescheides verstanden werden könnte - wird in der Revision nicht behauptet.
13 Soweit die Revision sich unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG weiters gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes wendet, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen, soweit der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommen Erwägungen schlüssig sind, nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 14.12.2017, Ra 2017/19/0566, mwN). Derartiges legt die Revision nicht dar. Eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird insbesondere durch den Hinweis, dass das Bundesverwaltungsgericht nunmehr zu anderen Feststellungen als im ersten Rechtsgang gelangt sei, nicht aufgezeigt, diente die nunmehr durchgeführte Verhandlung doch insbesondere der Klärung des Sachverhaltes.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 5. April 2018
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)