VwGH Ra 2015/12/0083

VwGHRa 2015/12/008328.7.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Ing. S P in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juli 2015, Zl. W 213 2013128- 1/6E, betreffend Verwendungszulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Streitkräfteführungskommando), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §40 Abs4 Z2;
GehG 1956 §34 Abs7;
GehG 1956 §36b Abs1 Z1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015120083.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte sowie zur Darstellung der Rechtslage wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 2015, Ra 2015/12/0040, verwiesen. Folgende für das vorliegende Verfahren wesentliche Umstände sind hieraus hervorzuheben:

2 Der Revisionswerber steht als Beamter des allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 6) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wird - innerhalb des Planstellenbereiches des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport - in der Fliegerwerft 2 verwendet. Dem damaligen Leiter dieser Fliegerwerft (Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 3) war gemäß § 75 BDG 1979 für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2012 ein Karenzurlaub unter Entfall der Bezüge gewährt worden. Am 26. März 2012 erfolgte die Ausschreibung zur Nachbesetzung seines Arbeitsplatzes. Mit Wirksamkeit vom 1. September 2013 wurde in der Folge Mag. Dr. R mit diesem Arbeitsplatz betraut.

3 Der Revisionswerber nahm vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2013, den Aufgaben seines Arbeitsplatzes entsprechend, die Tätigkeit der Vertretung des karenzierten Leiters wahr, weshalb ihm für diesen Zeitraum gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GehG eine (ruhegenussfähige) Verwendungszulage zuerkannt und ausbezahlt, diese danach jedoch formlos eingestellt worden war.

4 Mit Erkenntnis vom 22. Juli 2015 billigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die auf § 40 Abs. 2 und 4 iVm § 38 BDG 1979 gestützte Abweisung eines - in seiner Eingabe vom 7. November 2013 geltend gemachten - Anspruchs des Revisionswerbers "auf bescheidmäßige Beendigung der dauernden Einteilung als Leiter der Fliegerwerft 2 (und) Abberufung vom Arbeitsplatz Leiter Fliegerwerft 2".

5 Mit dem eingangs zitierten Erkenntnis vom 16. November 2015 behob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Begründend führte er aus wie folgt:

"Gemäß § 75b Abs. 1 BDG 1979 bewirkte bereits der erwähnte Antritt des mehr als sechs Monate dauernden Karenzurlaubes am 1. September 2010 die Abberufung des Leiters der Fliegerwerft 2 von seinem Arbeitsplatz, was dessen Ausschreibung zur Nachbesetzung (und zwar bereits vor dem März 2012) erforderlich gemacht hätte. Es lag daher von vornherein eine Konstellation gemäß § 40 Abs. 4 Z. 2 zweiter Fall BDG 1979 vor.

Dazu judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die dem Dienstgeber in § 40 Abs. 4 Z 2 zweiter Fall BDG 1979 übertragene Befugnis, einen Beamten lediglich zur provisorischen Führung der Funktion anstelle eines aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten zu bestellen, zwar für einen längeren Zeitraum als sechs Monate, jedoch freilich nicht zeitlich unbeschränkt besteht. Diese Befugnis soll offenbar in erster Linie dazu dienen, um während der Dauer der provisorischen Führung der Geschäfte das Verfahren zur neuerlichen dauernden Betrauung eines Beamten mit dieser Funktion abwickeln zu können. Dieses Instrument darf jedoch von der Dienstbehörde keinesfalls dazu verwendet werden, derartige Funktionen etwa nach Gutdünken auch für lange (unabsehbare) Zeiträume nur ‚provisorisch' zu vergeben. Daran können auch die näheren Ausführungen der Revisionsbeantwortung zu den Fragen, in wessen personellen Verantwortungsbereich Verzögerungen im Nachbesetzungsverfahren konkret gelegen waren, auf welchen Motiven sie beruht hatten und dass die vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitsplatzes durch den Revisionswerber als erfahrenen Stellvertreter sichergestellt gewesen war, nichts ändern.

Da die in Rede stehende Funktion dem Revisionswerber schon am 1. September 2010 übertragen wurde, hat diese Verwendung ihren provisorischen Charakter auch im Verständnis der eben zitierten Gesetzesbestimmung jedenfalls noch vor dem Sommer 2013 verloren. Danach war es somit unzulässig, dem Revisionswerber die ihm seit drei Jahren übertragene Verwendung bloß im Wege einer verwendungsändernden Weisung ohne dauernde Zuweisung einer neuen gleichwertigen Verwendung zu entziehen. Vielmehr wäre diesfalls eine bescheidförmige Verwendungsänderung geboten gewesen (vgl. zum Ganzen etwa die bereits in der Revision zitierten hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 2005, Zl. 2005/12/0049, VwSlg. 16.743 A/2005, sowie vom 13. März 2013, Zl. 2012/12/0111, jeweils mwN)."

6 Mit dem angefochtenen weiteren Erkenntnis vom 22. Juli 2015 hatte das BVwG auch die Abweisung des Antrages auf bescheidförmige Aberkennung der Verwendungszulage nach § 34 GehG gebilligt. Begründend führte es aus, die Bestimmungen der §§ 34 Abs. 7 und 36b Abs. 1 Z 1 lit. b GehG brächten klar zum Ausdruck, dass auch bei einer den Zeitraum von sechs Monaten übersteigenden Verwendung auf einem Arbeitsplatz nicht von einer dauernden Betrauung auszugehen sei. Dies gelte umso mehr, als im vorliegenden Fall von vornherein klar gewesen sei, dass der Revisionswerber die Leitungsfunktion nur bis zur Bestellung eines neuen Leiters der Fliegerwerft 2 ausüben sollte. Die Aberkennung der Verwendungszulage erweise sich daher (auch ohne Erlassung eines Bescheides) als rechtmäßig.

Die mangelnde Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG gründete das BVwG auf das Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr sei die Entscheidung im Einklang mit der einhelligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Der Revisionswerber beantragt, das angefochtene Erkenntnis im Sinn einer ersatzlosen Aufhebung der abweisenden Entscheidung (Aberkennung der Verwendungszulage) abzuändern, in eventu es aufzuheben.

8 Das Streitkräfteführungskommando erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der es beantragte, die Revision "nicht zuzulassen" oder sie als unbegründet abzuweisen.

 

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - infolge Abweichens von seiner Judikatur iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässige - Revision in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

10 Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses des BVwG die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung dieses Erkenntnisses bzw. Beschlusses befunden hat. Damit wird die Rückwirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes angeordnet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Ro 2014/12/0039).

11 Auf Grund der Rückwirkung der mit hg. Erkenntnis vom 16. November 2015, Ra 2015/12/0040, erfolgten Aufhebung des (den Anspruch des Revisionswerbers auf bescheidmäßige Beendigung der dauernden Einteilung als Leiter der Fliegerwerft 2 und Abberufung vom Arbeitsplatz eines Leiters der Fliegerwerft 2 verneinenden) Erkenntnisses des BVwG vom 22. Juli 2015 fiel auch eine allfällige Bindungswirkung dieses Erkenntnisses (sofern man diesem eine Feststellungswirkung dahingehend unterstellen wollte, es sei keine bescheidmäßige Abberufung erforderlich) weg. Der Entzug der infolge wirksamer Zuweisung dieser höherwertigen Verwendung gebührenden Verwendungszulage hätte jedenfalls eine bescheidförmig zu verfügende Verwendungsänderung erfordert. Die hier im Jahr 2011 erlassenen, auf eine nachträgliche Befristung der in Rede stehenden Maßnahme und damit in Wahrheit auf eine qualifizierte Verwendungsänderung abzielenden Weisungen waren im Hinblick auf die verfehlte Form unwirksam (vgl. zu ähnlichen Konstellationen etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2010, 2006/12/0023, und vom 13. März 2013, 2012/12/0111, jeweils mwN).

12 Mangels wirksamer Abberufung von der genannten Leitungsfunktion gebührt die Zulage weiter. Insoweit wird, nach entsprechender Konkretisierung des dazu gestellten Antrages, eine feststellende Entscheidung über die Gebührlichkeit der Verwendungszulage (für einen bestimmten Zeitraum) vorzunehmen sein.

Das angefochtene Erkenntnis des BVwG hat die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht berücksichtigt. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 28. Juli 2016

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