VwGH Ra 2017/17/0970

VwGHRa 2017/17/097019.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Mag. Brandl sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der W F GmbH in F, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 26. April 2017, LVwG 41.9-2835/2016-19, LVwG 41.9- 30/2017-12, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

12010E049 AEUV Art49;
12010E056 AEUV Art56;
12010E267 AEUV Art267;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB;
62012CJ0390 Pfleger VORAB;
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB;
62015CJ0685 Online Games VORAB;
AVG §45 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §53;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170970.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg. Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

5 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, C- 347/09 , Dickinger und Ömer, Rn 83 f, vom 30.4.2014, C- 390/12 , Pfleger, Rn 47 ff, sowie vom 30.6.2016, C-464/15 , Admiral Casinos & Entertainment, Rn 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen (vgl. VwGH 14.2.2017, Ra 2017/17/0010).

6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685/15 , Online Games Handels GmbH ua, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.

7 Weiters setzt die Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 20.3.2017, Ra 2016/17/0265, mwN).

8 Mit dem Vorbringen einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs und zum Überraschungsverbot dadurch, dass das Verwaltungsgericht der revisionswerbenden Partei keine Beweise betreffend die Verbreitung von Glücksspiel und Spielsucht in Österreich zur Kenntnis gebracht und ihr keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, zeigt die revisionswerbende Partei eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne der hg. Rechtsprechung nicht auf. Darüber hinaus hat die revisionswerbende Partei einen Großteil jener Unterlagen, auf die sich die diesbezüglichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes stützen, in ihrem vorbereitenden Schriftsatz vom 16.3.2016 dem Verwaltungsgericht selbst übermittelt. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof somit insoweit nicht erkennbar, inwieweit das Verwaltungsgericht in seine rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezogen hätte, die der revisionswerbenden Partei nicht bekannt waren (vgl. VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020). Auch der Vorwurf der Aktenwidrigkeit ist aus demselben Grund nicht nachvollziehbar.

9 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 19. Jänner 2018

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