VwGH Ra 2017/21/0102

VwGHRa 2017/21/010214.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des H K in W, vertreten durch Mag. Petra Diwok, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2017, Zl. I413 1427652- 3/3E, betreffend § 46 Abs. 2a FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §19 impl;
BFA-VG 2014 §33 Abs3;
FrPolG 2005 §46 Abs2a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 17. November 2016 trug das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Revisionswerber, einem tunesischen Staatsangehörigen, gemäß § 46 Abs. 2a FPG auf, mit der "zuständigen ausländischen Behörde (seines) Herkunftsstaates (Botschaft, Konsulat) Kontakt aufzunehmen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken". Diesem Auftrag habe er binnen sechs Wochen ab Durchsetzbarkeit des Bescheides nachweislich nachzukommen. Er müsse mit der Verhängung einer Haftstrafe von sieben Tagen rechnen, wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste.

2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Es referierte die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an Ladungen nach § 19 AVG und kam zum Ergebnis, dass der bekämpfte Bescheid diesen Anforderungen entspreche: Es würden der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet, ferner werde angegeben, in welcher Eigenschaft der Revisionswerber geladen werde, dass er persönlich zu erscheinen habe und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft seien.

3 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

 

Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 46 Abs. 2a FPG abgewichen sei. Dies trifft zu, weshalb sich die Revision als zulässig und berechtigt erweist.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23. März 2017, Ro 2017/21/0005, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG des Näheren verwiesen wird, klargestellt, dass es allein Aufgabe des BFA ist, um die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes bei der ausländischen (Vertretungs‑)Behörde zu ersuchen und die hierfür notwendigen Daten zu übermitteln, während der Fremde bei der amtswegig vorzunehmenden Erlangung des Ersatzreisedokumentes lediglich "im erforderlichen Umfang" mitzuwirken hat. Insoweit kann ihm auch ein die zu erbringende Mitwirkungsverpflichtung konkret umschreibender Auftrag mittels Bescheides nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 2a FPG erteilt werden. Dem Fremden kann hingegen nicht unter Androhung von Zwangsmaßnahmen selbst auferlegt werden, außerhalb einer behördlichen Amtshandlung aus Eigenem bei der ausländischen (Vertretungs‑)Behörde die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes zu erwirken.

6 Einen solchen unzulässigen Auftrag enthielt aber der beim Bundesverwaltungsgericht bekämpfte Bescheid. Anders als das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses meint, handelte es sich um keine Ladung nach § 19 AVG, sondern - wie dargestellt - um einen Auftrag nach § 46 Abs. 2a FPG mit einem nach der zitierten Rechtsprechung nicht rechtmäßigen Inhalt (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 23. März 2017, Ra 2017/21/0035).

7 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

8 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. November 2017

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