VwGH Ra 2017/20/0404

VwGHRa 2017/20/040417.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision des A A in L, vertreten durch Mag. Sabine Zambai, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Mollardgasse 48A/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2017, Zl. I403 2160235- 1/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Sudan, stellte am 30. Mai 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das im Wege einer vom Revisionswerber erhobenen Säumnisbeschwerde zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Revisionswerber nicht erteilt. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen, die Abschiebung des Revisionswerbers in den Sudan gemäß § 46 FPG für zulässig erklärt und gemäß § 55 Abs. 2 FPG eine 14tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die vorliegende Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst als Rechtsfragen geltend, "ob die Zuerkennung des Staates eines Asylberechtigten in den Herkunftsstaat Sudan zulässig ist, wenn offiziellen Berichten folgend im Bereich des Sudans heftige Bürgerkriege auch aktuell stattfinden und dort mit besonderer Brutalität auf die Bevölkerung eingewirkt wird, in eventu ob eine subsidiäre Schutzberechtigung in Bezug auf den Herkunftsstaat generell und im speziellen vorliegt, wenn dem Länderbericht folgend, die politische Lage des Sudan weitgehend instabil und prekär ist, bewaffnete Konflikte vorherrschen, sogar Überfälle auf Hilfstransporte erfolgen, gravierende Mängel im Rechtsschutz des Einzelnen und im Justizwesen vorherrschen, willkürliche Polizeiübergriffe stattfinden, Folter und unmenschliche Behandlung erfolgt, die Todesstrafe, Auspeitschungen und Amputationen erfolgen."

7 Diesem allgemein gehaltenen Vorbringen ist - bezogen auf die angesprochene Asylrelevanz von Bürgerkrieg - die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu entgegnen, wonach in dem Umstand, dass im Heimatland des Revisionswerbers Bürgerkrieg herrscht, für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention liegt (vgl. VwGH 2.3.2006, 2004/20/0415, 26.1.2006, 2005/01/0537, 15.5.2003, 2002/01/0203, 21.3.2002, 99/20/0410, 11.11.1999, 99/20/0117). Es liegt somit Rechtsprechung zu dieser Frage vor; ein Abweichen davon wird mit dem vorliegenden Zulassungsvorbringen nicht dargetan, sodass insofern keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen ist.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Fall der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 12.10.2016, Ra 2016/18/0039, und 22.6.2017, Ra 2017/20/0085).

9 Im vorliegenden Fall traf das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung konkrete, sowohl die persönliche Situation des Revisionswerbers als auch die allgemeine Sicherheits- und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat betreffende Feststellungen. Dass das BVwG von den angeführten Leitlinien fallbezogen abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

10 Des Weiteren bringt die Zulassungsbegründung vor, dass von einer willkürlichen Beweiswürdigung auszugehen sei, die in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen worden sei. Dies vor allem deshalb, weil die Einholung von Länderberichten als Beweismittel zu einer reinen Formsache degradiert worden sei, weil das mit den Länderberichten im Einklang stehende Vorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig bewertet worden sei. Das BVwG habe im Rahmen der Beweiswürdigung österreichische Maßstäbe angesetzt, die mit den Länderberichten nicht im Einklang stünden. Das BVwG habe auch gegen das Willkürverbot und das Verbot der Ungleichbehandlung Fremder untereinander verstoßen, weil es das relevante Parteivorbringen ignoriert und sämtliches Vorbringen des Revisionswerbers als widersprüchlich und unglaubwürdig abgetan habe.

11 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 23.2.2016, Ra 2016/01/0013, 0014, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189, mwN).

12 Das BVwG hat mit umfassender Begründung das Vorbringen des Revisionswerbers als nicht glaubwürdig beurteilt. Anhaltspunkte dafür, dass diese - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - vorgenommene und auf den Einzelfall Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde, insbesondere, dass die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, sind nicht ersichtlich und werden vom Revisionswerber auch nicht dargetan. Die das Vorbringen des Revisionswerbers - der im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt darzulegen - würdigenden Überlegungen des BVwG sind vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Mit dem Revisionsvorbringen, die Einholung von Länderberichten als Beweismittel sei zu einer reinen Formsache degradiert worden, weil das mit den Länderberichten in Einklang stehende Vorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig bewertet worden sei, gelingt es dem Revisionswerber nicht, die sich mit dem konkreten Vorbringen im Einzelnen auseinandersetzende Beweiswürdigung als unvertretbar iSd dargestellten Judikatur aufzuzeigen. Damit liegt keine Abweichung von der hg. Rechtsprechung vor.

13 Mit dem Vorbringen, das Erkenntnis verstoße gegen das Willkürverbot und gegen das Verbot der Ungleichbehandlung Fremder untereinander, werden Rechtsverletzungsbehauptungen aufgestellt, wie sie in Art. 144 Abs. 1 B-VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben sind. Demnach liegt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nach Art. 133 Abs. 5 B-VG hierzu nicht vor (vgl. VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0127, mwN).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen; einer Verbesserung nach § 74 Abs. 3 VwGG (Einbringung der Revision per ERV) bedurfte es bei diesem Ergebnis nicht (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0076).

Wien, am 17. November 2017

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