Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste erstmals im März 2012 mit einem gültigen Reisevisum legal in das Bundesgebiet ein und verfügte in weiterer Folge aufgrund einer am 11. November 2011 geschlossenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin im Zeitraum vom 5. Februar 2013 bis zum 5. Februar 2014 über einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Die Ehe wurde im September 2013 rechtskräftig geschieden.
2 Am 10. März 2014 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, den das Bundesverwaltungsgericht nach Beschwerdeerhebung gegen die Abweisung des Antrages durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Erkenntnis vom 30. Juni 2015 rechtskräftig abwies und das behördlich über den Revisionswerber verhängte Einreiseverbot auf drei Jahre reduzierte.
3 Am 5. August 2015 stellte der Revisionswerber aus der Strafhaft den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, er habe sich entschlossen, zum Christentum zu konvertieren und hätte deshalb Probleme, in seinem Herkunftsstaat zu überleben. Seine Familie hätte auch Probleme mit seiner Ehe gehabt und erwartet, dass seine Ex-Frau zum Islam konvertiere.
4 Mit Bescheid vom 19. Mai 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab. Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise des Revisionswerbers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung fest.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht entscheidungswesentlich aus, es sei nach einer Gesamtbeurteilung der vorliegenden und erörterten Faktoren davon auszugehen, dass der Revisionswerber nicht zum Christentum konvertiert sei und im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe. Unter Zugrundelegung der Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl konstatierte das Verwaltungsgericht, dass der Revisionswerber über eine mehrjährige, fundierte Schulbildung verfüge und auch bisher im Stande gewesen sei, seinen Lebensunterhalt in Marokko zu verdienen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keiner realen Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt sei.
Die Ausweisung des Revisionswerbers verletze außerdem nicht dessen gemäß Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Das Bundesverwaltungsgericht nahm eine Interessenabwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Revisionswerbers an einem Verbleib in Österreich und dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Gewalt- und Vermögenskriminalität vor. Es kam zu dem Ergebnis, dass unter Bedachtnahme auf den bloß rund dreieinhalbjährigen Aufenthalt des Revisionswerbers im Bundesgebiet seine mehrfache strafgerichtliche Delinquenz und seine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht durch die seit Februar 2015 bestehende Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen und einem aus der Beziehung entstammenden Kind aufgewogen werden könnten. Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise falle vor allem ins Gewicht, dass er durch sein langjähriges Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht habe.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Dezember 2016, E 2995/2016-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, der Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Revisionswerbers könne unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegengetreten werden.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der nach Zustellung des oben genannten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes fristgerecht erhobenen Revision macht der Revisionswerber zu deren Zulässigkeit geltend, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes sei nicht geeignet, "die vorgebrachte Konversion des (Revisionswerbers zum Christentum) in seiner Glaubwürdigkeit zu erschüttern" und sei daher unschlüssig. Ebenso erweise sich die im angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vorgenommene Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK als grob mangelhaft.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass er als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen zur Überprüfung der Beweiswürdigung nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 9. November 2016, Ra 2016/19/0296, mwN).
12 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber sowie dessen Lebensgefährtin ausführlich zu dem vorgebrachten Glaubenswechsel und den mit diesem zusammenhängenden Aktivitäten befragt hat, in seinem Erkenntnis in schlüssiger Weise mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist vertretbar zu der Auffassung gelangt, dass dieses als unglaubwürdig anzusehen war.
13 Der Revision gelingt es dabei nicht darzulegen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leiden würde, insbesondere in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen worden wäre.
14 Soweit der Revisionswerber sich gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. den hg. Beschluss vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074).
15 Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 u.a., mwN).
16 Das Verwaltungsgericht nahm eine Beurteilung im Sinn des Art. 8 EMRK vor. Im Ergebnis ging es zu Recht davon aus, dass zwar gewichtige familiäre sowie private Interessen des Revisionswerbers bestünden, dass aber (insbesondere angesichts der dreimaligen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Revisionswerbers) die öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Revisionswerbers aus dem Bundesgebiet überwiegen würden.
17 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht nämlich ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2013, 2013/18/0041).
18 Gemäß diesen Erwägungen war der Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichtes zugunsten des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Gewalt- und Vermögenskriminalität und der rechtlichen Beurteilung, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme als zulässiger Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben des Revisionswerbers gerechtfertigt ist, nicht entgegenzutreten.
Der Revision gelingt es daher nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weswegen sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 22. Februar 2017
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