VwGH Ra 2017/17/0473

VwGHRa 2017/17/047311.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der R GmbH in I, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 20. März 2017, LVwG 41.12- 1398/2016-23, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §7;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §52;
GSpG 1989;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017170473.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

5 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art 267 AEUV klar bzw geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl EuGH vom 15. September 2011, C-347/09 , Dickinger und Ömer, Rn 83 f, vom 30. April 2014, C-390/12 , Pfleger, Rn 47 ff, sowie vom 30. Juni 2016, C-464/15 , Admiral Casinos & Entertainment, Rn 31 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 16. März 2016 durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen (vgl VwGH vom 14. Februar 2017, Ra 2017/17/0010).

6 Zum Vorbringen der revisionswerbenden Partei, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2017, E 3282/2016, zu verweisen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art 6 EMRK verneint. Soweit Art 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, C-685/15 , Online Games Handels GmbH ua, stehen darüber hinaus die Art 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.

7 Soweit sich die Revision im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung ausdrücklich auf das Vorliegen uneinheitlicher Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsbzw Verfassungsgerichtshofes sowie auf das Abweichen des Landesverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des EuGH zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glückspielgesetzes stützt, ist damit für sich genommen nicht der Tatbestand des Art 133 Abs 4 B-VG erfüllt. Derartiges ist auch nicht erkennbar.

8 Zum Zulässigkeitsvorbringen, es handle sich um eine reine Mutmaßung, dass die revisionswerbende Partei Inhaberin der gegenständlichen Geräte sei, diese habe den Raum vermietet, dieser werde von ihr nicht genutzt, ist auszuführen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "Inhaber" iSd § 52 GSpG eine Person ist, welche die Geräte in ihrer Gewahrsame hat und diese den Spielern zugänglich macht, wie etwa der Wirt, der sich von der Aufstellung des Apparates durch den Betreiber lediglich eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft oder vom Automatenbetreiber eine vom Ertrag des Automaten unabhängige Miete erhält (vgl zB VwGH vom 15. September 2011, 2011/17/0133). Bei (hier: an eine ausländische Gesellschaft erfolgter) Vermietung eines Raumes des Lokals der Tankstelle, wobei dieser Raum für jedermann zugänglich ist, und in dem sich die gegenständlichen Glücksspielgeräte befanden, ist der Inhaber des Lokales der Tankstelle auch iSd § 52 GSpG Inhaber der Glücksspielgeräte. Dass die revisionswerbende Partei Inhaberin des Lokals der Tankstelle ist, blieb unbestritten.

9 Weiters setzt die Zulässigkeit der Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl VwGH vom 5. Juli 2017, Ra 2017/17/0436). Mit ihren diesbezüglichen, nicht weiter substantiierten Ausführungen hinsichtlich des Vorliegens von Begründungsmängeln und der Nichteinräumung von Parteiengehör gelingt es der revisionswerbenden Partei nicht, eine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen.

10 Wenn im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens weiters behauptet wird, dass auf der Internetseite "GameTwist" lediglich "gratis-Spiele" gespielt werden konnten, wird nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen (vgl S 14 des angefochtenen Erkenntnisses). Es wurde auch nicht vorgebracht, dass bzw weshalb die in diesem Zusammenhang auf Grund der Ansichten der Bildschirme getroffenen Feststellungen unrichtig sein sollten.

11 Auch mit der völlig unsubstantiierten Behauptung der Befangenheit eines Sachverständigen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht aufgezeigt.

12 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Die Revision war daher nach § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 11. August 2017

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