VwGH Ra 2017/06/0205

VwGHRa 2017/06/020524.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. der I M und 2. der Verlassenschaft nach DI B M, beide in S, beide vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 1. Februar 2017, LVwG-318-19/2016-R13, betreffend einen Antrag auf Nutzungsänderung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Berufungskommission der Marktgemeinde Schruns; weitere Partei:

Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauG Vlbg 2001 §18 Abs1 litb;
BauG Vlbg 2001 §18;
BauG Vlbg 2001 §28 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §16 Abs1;
RPG Vlbg 1996 §16 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §16 Abs4a;
RPG Vlbg 1996 §16;
RPG Vlbg 1996 §59 Abs23;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde S vom 24. August 2015 wurde der Antrag der revisionswerbenden Parteien gemäß § 18 Abs. 1 lit. b Vorarlberger Baugesetz (BauG) auf Bewilligung einer Widmungsänderung betreffend eine näher genannte Wohnung dahin gehend, dass die Wohnung auch für Ferienwohnungszwecke verwendet werden dürfe, gemäß § 28 Abs. 3 BauG abgewiesen, weil die raumplanerischen Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung nicht vorlägen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid der Berufungskommission der Marktgemeinde S vom 4. Mai 2016, mit dem der Berufung der revisionswerbenden Parteien keine Folge gegeben worden war, ebenfalls keine Folge. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, für die verfahrensgegenständliche Wohnung liege eine Genehmigung zur ganzjährigen Nutzung für Wohnzwecke, jedoch keine Zusatzwidmung für Ferienwohnungen gemäß § 16 Abs. 1 Raumplanungsgesetz (RPG) oder gemäß § 16 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 4 RPG idF LGBl. Nr. 22/2015 bzw. einer gleichlautenden Vorgängerbestimmung vor; die Wohnung sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der RPG-Novelle LGBl. Nr. 22/2015 am 13. Mai 2015 auch nicht rechtmäßig als Ferienwohnung genutzt worden (§ 16 Abs. 4a RPG idF vor LGBl. Nr. 22/2015), sodass auch keine Berechtigung gemäß § 59 Abs. 23 RPG idF LGBl. Nr. 22/2015 vorliege; eine Verordnung der Landesregierung gemäß § 16 Abs. 9 RPG über die Einschränkung des Geltungsbereiches der Bestimmung über Ferienwohnungen liege ebenfalls nicht vor. Die beantragte Verwendungsänderung sei daher nach raumordnungsrechtlichen Vorschriften nicht zulässig.

Zur Anwendbarkeit des Unionsrechts verwies das LVwG auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2016, Ra 2016/06/0003, und führte dazu aus, die revisionswerbenden Parteien könnten sich mangels eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes nicht auf eine Unionswidrigkeit des § 16 iVm § 2 RPG berufen.

Im Übrigen sei - mangels entsprechender Übergangsbestimmungen - die am 13. Mai 2015 in Kraft getretene RPG-Novelle im Entscheidungszeitpunkt (Februar 2017) anzuwenden gewesen. Daher sei auf das Beschwerdevorbringen zu einer allfälligen Unionsrechtswidrigkeit der Rechtslage vor LGBl. Nr. 22/2015 nicht einzugehen gewesen.

6 Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision begründet diese damit, dass § 16 Abs. 4 iVm Abs. 2 RPG alte und neue Fassung (vor und nach LGBl. Nr. 22/2015) unionsrechtswidrig sei, weshalb diese Beschränkungen unwirksam seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis Ra 2016/06/0003 offen gelassen, ob auch im Bereich des EU-Rechtes die jeweils aktuelle Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt anzuwenden sei, sofern gesetzlich keine Übergangsbestimmungen vorgesehen seien. Es bestehe kein sachlicher Grund für eine Schlechterstellung von Österreichern gegenüber anderen EU-Bürgern (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 14.963 und 17.150 sowie G 121/06). Außerdem sei eine Revision auch dann zulässig, wenn eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "offensichtlich unrichtig und zu korrigieren wäre", weil die EU-Kommission gegen Bestimmungen des RPG idF vor LGBl. Nr. 22/2015 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet gehabt habe, das aufgrund der Änderungen des RPG durch LGBl. Nr. 22/2015 beendet worden sei. Jedenfalls müsse der Verwaltungsgerichtshof ein Vorabentscheidungsverfahren betreffend die Beschränkungen bei Ferienwohnungen idF vor LGBl. 22/2015 einleiten.

7 Zunächst wird angemerkt, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen das angefochtene Erkenntnis des LVwG mit Beschluss vom 8. Juni 2017, E 854/2017, ablehnte. Damit ist dem Revisionshinweis auf einen allfälligen Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Boden entzogen.

8 Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag auf Bewilligung einer Nutzungsänderung einer Wohnung gemäß § 18 Abs. 1 lit. b BauG. Eine solche ist gemäß § 28 Abs. 3 BauG unter anderem dann zu versagen, wenn die beantragte Nutzung nicht den raumordnungsrechtlichen Vorschriften entspricht.

9 Den Feststellungen des LVwG, wonach eine Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnung als Ferienwohnung nicht den raumordnungsrechtlichen Vorschriften entspreche, tritt die Revision nicht entgegen. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht entscheidungsrelevant, welche Rechtslage auf anhängige Verfahren gemäß § 16 RPG anwendbar ist, weil fallbezogen eine Nutzungsänderung gemäß § 18 BauG beantragt wurde und kein Verfahren nach dem RPG anhängig ist. Das Revisionsvorbringen, welche Rechtslage des § 16 RPG anzuwenden sei und ob diese Bestimmung idF vor LGBl. Nr. 22/2015 unionsrechtskonform sei, geht somit bereits aus diesem Grund ins Leere; zu dieser Frage ist auch kein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.

10 Im Übrigen gleicht das Vorbringen zur vermeintlichen Unionsrechtswidrigkeit des § 16 RPG (sowohl idF vor als auch nach LGBl. Nr. 22/2015) in weiten Bereichen jenem, das bereits in dem Verfahren, das mit hg. Beschluss vom 27. Juli 2016, Ra 2016/06/0003, abgeschlossen wurde, erstattet wurde. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung dieses Beschlusses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

11 Im Übrigen ist Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu entnehmen, dass eine Revision auch dann zulässig sei, wenn die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "offensichtlich unrichtig und zu korrigieren wäre".

12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2017

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