VwGH Ra 2017/06/0154

VwGHRa 2017/06/015426.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des R H in K, vertreten durch Dr. Mag. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 21. April 2017, LVwG- 2015/42/0746-5, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2011 §39 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K. vom 30. Jänner 2015, mit welchem ihm gemäß § 39 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2011 die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes und somit der Rückbau des südwestlichen Balkons im Dachgeschoß des Gebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG K in eine Absturzsicherung gemäß den erteilten Baubewilligungen aufgetragen worden war, als unbegründet abgewiesen und die Leistungsfrist mit vier Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses festgesetzt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber aus, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Beiziehung der übrigen Miteigentümer für den Fall vor, dass ein baupolizeilicher Auftrag einen allgemeinen Teil der Liegenschaft betreffe. Unter Hinweis auf den im Revisionsfall ergangenen Ablehnungbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 2017, E 1954/2017-5, welcher auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2012, 2010/06/0224, verwiesen habe, bringt der Revisionswerber vor, die gesetzlichen Bestimmungen im Revisionsfall seien auch so auszulegen, dass der baupolizeiliche Auftrag jedenfalls an sämtliche (aktuellen) Eigentümer bzw. Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft zu richten sei.

6 Diesem Vorbringen ist die in diesem Zusammenhang ergangene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach zwar die Vollstreckung eines baupolizeilichen Auftrages im Fall von Miteigentum nur dann in Betracht kommt, wenn sich der Beseitigungsauftrag an alle Miteigentümer richtet, was aber nicht bedeutet, dass der Beseitigungsauftrag auch in einem einheitlichen Bescheid gegen alle Miteigentümer erlassen werden muss. Der Auftrag kann rechtens auch an einzelne Miteigentümer ergehen, kann in diesem Fall aber nicht vollstreckt werden, ehe er nicht gegenüber allen Miteigentümern rechtskräftig ist (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1997, 95/06/0132, und vom 27. Februar 1998, 96/06/0182, jeweils mwN, in welchen auch darauf Bedacht genommen wurde, dass sich der Bauauftrag im Fall von Wohnungseigentum auf einen allgemeinen Teil der Liegenschaft bezieht). Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Revisionswerber zitierten hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, welchem im Unterschied zum Revisionsfall jedoch kein Bauauftrag, sondern die Vollstreckung eines Bauauftrages zugrunde lag. Der Revisionswerber zeigt mit seinem Vorbringen somit nicht auf, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der von ihm geltend gemachten Frage fehle oder dass von der bestehenden Rechtsprechung abgewichen worden sei.

7 Soweit sich der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung gegen die Rechtsansicht, wonach der über die Nachbarliegenschaft hinausreichende Teil des Balkons im Alleineigentum des Revisionswerbers stehe, wendet, missversteht er den Inhalt der Argumentation des Verwaltungsgerichtes. Das Verwaltungsgericht hat den Ausdruck "Alleineigentum" lediglich im Zusammenhang mit seiner Begründung verwendet, wonach die Eigentümer der Nachbarliegenschaft trotz der geringfügigen Überbauung ihrer Liegenschaft nicht Miteigentum am gegenständlichen Balkon erlangt haben. Im Übrigen ergibt sich aus dem angefochtenen Erkenntnis klar, dass der Revisionswerber als Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft in Anspruch genommen wurde. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zeigt der Revisionswerber somit auch insoweit nicht auf.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2017

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