VwGH Ra 2017/05/0087

VwGHRa 2017/05/008726.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der M T in S, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Zollamtstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. März 2017, Zl. LVwG‑151068/15/DM/SSt, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Marktgemeinde M, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Krückl, Dr. Lichtl, Dr. Huber, Mag. Eilmsteiner in 4020 Linz, Landstraße 50/IV; mitbeteiligte Parteien: 1. G N und 2. G N, beide in M, beide vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1
AVG §8
BauO OÖ 1994 §31
BauO OÖ 1994 §31 Abs4
BauO OÖ 1994 §39
BauO OÖ 1994 §39 Abs2
BauRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050087.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 und der Marktgemeinde Mauthausen Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauthausen wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 19. Juni 2015 beantragten die mitbeteiligten Parteien die Bewilligung von Planabweichungen gemäß § 39 der Oö. Bauordnung 1994 (BO) betreffend den Neubau eines Wohnhauses mit Garage auf dem Grundstück Nr. 567/1, EZ 1004, KG M. Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des östlich an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. 567/8.

2 Mit Schreiben vom 23. Juni 2015 beantragten die mitbeteiligten Parteien für das Bauansuchen (Planabweichungen) eine geringfügige Abweichung vom Bebauungsplan bzw. von der Neuplanungsgebietsverordnung. Im Detail gehe es, so wie aus dem Einreichplan ersichtlich, um eine geringfügige Überschreitung der im Bebauungsplan festgelegten Baufluchtlinie (Abstand zur südlichen Grundgrenze 9,9 m statt 10 m) sowie von der Bestimmung der Neuplanungsgebietsverordnung, wonach der höchste Punkt des Daches (First) maximal 4 m über der tatsächlich ausgeführten Fassadenhöhe liegen dürfe. Laut dem Einreichplan betrage diese Höhe ca. 4,2 m.

3 In der ursprünglichen Einreichung sei der Abstand zur südlichen Grundgrenze mit 9,99 m vorgesehen gewesen. Durch Ungenauigkeiten im Zuge der Bauausführung bzw. eine schräge Anordnung habe sich dieser Abstand auf 9,90 m verringert. Im Bereich des Abstellraumes 2 habe sich der Abstand zur östlichen Grundgrenze auf 4,88 m verringert. Die in der Neuplanungsgebietsverordnung festgelegte maximale Dachhöhe sei bei der ursprünglichen Einreichung und Bauausführung noch nicht vorgegeben gewesen. Dieser Punkt habe daher nicht beachtet werden können. Sowohl im Bebauungsplan als auch in der Neuplanungsgebietsverordnung sei für das Baugrundstück eine maximal zweigeschossige Bebauung sowie ein ergänzend möglicher Dachausbau vorgesehen. Das Bauvorhaben sei lediglich eingeschossig und umfasse keinen Dachraumausbau.

4 Mit Schreiben vom 11. September 2015 erhob E., der Rechtsvorgänger der Revisionswerberin im Eigentum an der Nachbarliegenschaft, Einwendungen gegen das Bauvorhaben.

5 Bei der mündlichen Verhandlung am 15. September 2015 führte der Bausachverständige Ing. H. im Wesentlichen aus, mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 sei die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garagen auf dem Baugrundstück baubehördlich bewilligt worden. Dieses Wohnobjekt sei daraufhin errichtet worden. Die Lage des errichteten Wohnobjekts mit den Garagen sei jedoch gegenüber der Baubewilligung geringfügig verändert.

6 Beim Baubestand handle es sich um ein Wohngebäude mit einer Außenlänge von 30,5 m x 16,25 m. Das erdgeschossige Gebäude habe eine Teilunterkellerung im Ausmaß von 16,35 m x 11,50 m. Die Abweichungen listete der Amtssachverständige dahingehend auf, dass an der Ostseite in der ursprünglichen Planung beim Abstellraum ein Abstand von 1,60 m, verlaufend auf 2,38 m, enthalten gewesen sei. Nunmehr sei der Abstand 1,64 m, verlaufend auf 2,38 m. Zum öffentlichen Gut hin an der Nordseite sei ein Abstand von 3 m geplant gewesen. Nunmehr betrage der Abstand 3,02 m, verlaufend auf 3,11 m, von der Ostseite nach Westen hin. Bei der Garage an der Westseite sei zum öffentlichen Gut ein Abstand von 7,12 m geplant gewesen, nunmehr sei dieser Abstand im Ausmaß von 7,10 m im Plan dargelegt. Zwischen dieser Garage und dem Wohngebäude sei der Abstand von 2,39 m auf 2,34 m verringert worden. Die Garage an der Westseite habe ursprünglich einen Abstand von 12,54 m zur südlichen Bauplatzgrenze aufgewiesen, nunmehr betrage dieser 12,56 m. Im ursprünglichen Einreichplan sei zur südlichen Bauplatzgrenze mit dem Wohnobjekt ein Abstand von 9,99 m enthalten gewesen. Nunmehr betrage dieser Abstand 9,96 m bzw. 9,90 m.

7 Der Rechtsvertreter des E. verwies bei der mündlichen Verhandlung auf die schriftlich erhobenen Einwendungen vom 11. September 2015.

8 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 4. Jänner 2016 wurde die beantragte Bewilligung gemäß § 35 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 2 BO erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bauwerber hätten gleichzeitig mit dem Baubewilligungsersuchen um geringfügige Abweichung vom Bebauungsplan Nr. 63.1 im Sinne des § 36 BO angesucht. Eine Anwendung des § 36 BO könne nicht in Betracht kommen, weil sich diese Norm auf den bestehenden Bebauungsplan Nr. 63.1 und nicht auf die Neuplanungsgebietsverordnung des Gemeinderates vom 26. März 2015 beziehe. Gemäß § 45 Abs. 2 BO sei jedoch eine Prüfung der Rechtslage anhand der Festlegungen in der Neuplanungsgebietsverordnung erforderlich. Eine solche Prüfung sei durch Dipl. Ing. M., Ingenieurkonsulent für Raumplanung und Raumordnung, erfolgt, der im Wesentlichen ausgeführt habe, durch die Erteilung einer Baubewilligung in der beantragten Form würde die Durchführung eines künftigen Bebauungsplans weder erschwert noch verhindert. Der Bewilligungsantrag könne daher im Hinblick auf den Bebauungsplan bzw. die geltende Neuplanungsgebietsverordnung positiv beurteilt werden. Des Weiteren verwies die Baubehörde erster Instanz auf die Ausführungen des Bausachverständigen bei der mündlichen Verhandlung am 15. September 2015.

9 Gegen diesen Bescheid erhob E. Berufung.

10 Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde M vom 1. Juli 2016 wurde die Berufung (der zwischenzeitig in das Verfahren eingetretenen) Revisionswerberin keine Folge gegeben. Der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 4. Jänner 2016 wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass sein Spruch in Pkt. I. dahingehend zu lauten habe, dass gemäß § 35 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 2 und § 36 BO die Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses mit Garage auf dem Baugrundstück „mit der Planabweichung“ erteilt werde, dass an der Ostseite beim Abstellraum der Abstand 1,64 m verlaufend auf 2,38 m (statt 1,60 m verlaufend auf 2,38 m), im Norden zum öffentlichen Gut der Abstand 3,02 m verlaufend auf 3,11 m von der Ostseite nach Westen (statt 3 m), bei der Garage an der Westseite zum öffentlichen Gut der Abstand 7,10 m (statt 7,12 m), zwischen dieser Garage und dem Wohngebäude der Abstand 2,34 m (statt 2,39 m), an der Westseite der Abstand 12,56 m zur südlichen Bauplatzgrenze (statt 12,54 m) und der Abstand des Wohnobjektes zur südlichen Bauplatzgrenze 9,96 m bzw. 9,90 m (statt 9,99 m) betrage.

11 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag beziehe sich ausschließlich auf geringe Lageveränderungen im Zentimeterbereich zwischen dem ursprünglichen Einreichplan und der nunmehr vorliegenden Bauausführung. Auch wenn sich im Zuge der Bewilligung von Planänderungen gemäß § 39 Abs. 2 BO herausstelle, dass geringfügige Abweichungen vom Bebauungsplan im Sinne des § 36 BO vorlägen, seien diese unter Berücksichtigung der dort genannten Voraussetzungen zu bewilligen. Die gegenständliche Bewilligung könne sich nur auf die Abweichungen, nicht aber auf bereits rechtskräftig bewilligte Teile des Bauvorhabens beziehen.

12 Zu beantworten sei die Frage, ob im Bereich zur Grundstücksgrenze des Nachbarn eine Beeinträchtigung subjektiv‑öffentlicher Rechte erfolge. Dazu sei festzuhalten, dass sich die Abstandsveränderung gegenüber dem ursprünglichen Einreichplan, was die Grenze zur Nachbarliegenschaft der Revisionswerberin betreffe, sogar erhöht, nicht aber verringert habe. Schon aus diesem Grunde könne eine Beeinträchtigung der Rechte der Revisionswerberin nicht erfolgen. Die Veränderung in anderen Bereichen könne von der Revisionswerberin nicht geltend gemacht werden. Wenn in der Berufung darauf verwiesen werde, dass sich zwischenzeitlich die Rechtslage im Bereich des Bautechnikgesetzes und der Brandschutzvorschriften geändert habe, so seien diese Änderungen nicht zu berücksichtigen, weil die Ausführung des Bauwerkes der erteilten rechtskräftigen Bewilligung entspreche und damit Rechtskraft vorliege und weil diese solcher Natur seien, dass sie keine subjektiv‑öffentlichen Rechte des Nachbarn begründen könnten.

13 Die geringfügigen Planänderungen seien weder auf Grund der zwischenzeitlich ergangenen Neuplanungsgebietsverordnung noch auf Grund des seinerzeitigen Bebauungsplanes zu versagen, was im Übrigen auch das Ergebnis der fachlichen Stellungnahme des Dipl. Ing. M. vom 2. April 2015 sei. Die Rechtsansicht, es sei im Zuge eines Verfahrens nach § 39 Abs. 2 BO die Bewilligung geringfügiger Änderungen nach § 36 BO unzulässig, sei überholt. Die eingewendete Überschreitung der in der Neuplanungsgebietsverordnung festgelegten Gebäudehöhe um 20 cm gehe ins Leere, weil einerseits eine Bewilligung dieser Änderung nicht (mehr) beantragt sei und andererseits diesbezüglich bereits eine rechtskräftig erteilte Baubewilligung auf Basis der zum Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung bestehenden Vorschriften vorliege. Die beanstandete Höhe des Gebäudes liege im Übrigen nicht im Bereich der Nachbarschaftsgrenze, somit schon räumlich außerhalb der Beeinträchtigung eines subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechtes der Revisionswerberin.

14 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

16 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, Sache des Beschwerdeverfahrens sei der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid, mit dem auf Basis des Einreichplanes vom 18. Juni 2015 die im Spruch erschöpfend aufgelisteten Planabweichungen vom rechtskräftig bewilligten Bauvorhaben der Bauwerber (Neubau eines Wohnhauses mit Garage) bewilligt worden seien. In einem Verfahren zur Genehmigung von Planabweichungen könnten solche Einwendungen, die sich auf bereits rechtskräftig bewilligte Gebäudeteile bezögen, nicht mehr erhoben werden. Ebensowenig dürfe eine Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des der Planabweichung zugrundeliegenden, rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides erfolgen. In einem Planabweichungsbewilligungsverfahren sei daher nicht das gesamte Bauvorhaben auf die Vereinbarkeit mit den nunmehr maßgebenden baurechtlichen Bestimmungen (darunter die Neuplanungsgebietsverordnung) zu prüfen, sondern ausschließlich die beantragten Abweichungen vom ursprünglichen Einreichplan. Es sei somit letztlich nur die Frage zu klären, ob durch die Bewilligung einer Planabweichung subjektive Rechte der Revisionswerberin verletzt würden.

17 Soweit moniert werde, der höchste Punkt des Daches des bereits errichteten Gebäudes überrage die nach der Neuplanungsgebietsverordnung maximal zulässige Gebäudehöhe um etwa 20 cm, sei festzuhalten, dass dies nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides gewesen sei. Darüber hinaus zeige die Revisionswerberin nicht auf, inwiefern sie dadurch in ihren subjektiven Rechten verletzt sein könne.

18 Wenn die Revisionswerberin Rechtsverletzungen an der Süd-, West- und Nordseite des Baugrundstückes behaupte, sei darauf hinzuweisen, dass sie als ostseitige Nachbarin ein Nachbarrecht lediglich auf Einhaltung des Seitenabstandes zu ihrem Nachbargrundstück, nicht jedoch zu anderen Nachbargrundstücken habe.

19 Festzuhalten sei weiters, dass (obwohl im gegenständlichen Fall ein Verrücken des gesamten Bauvorhabens gegeben sei) von keinem aliud im rechtlichen Sinne auszugehen sei. Grundsätzlich werde die Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden müsse. Es seien jedoch Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerkes (Verschiebung der Lage des Gebäudes um einige Zentimeter) nicht von einem aliud auszugehen sei. Maßgeblich dafür sei, dass durch diese Abweichung vom genehmigten Plan eine Unterschreitung der Mindestabstände nicht eingetreten sei, da die Nichteinhaltung von Abstandsvorschriften jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen sei.

20 Im gegenständlichen Fall würden die Mindestabstände unter Berücksichtigung der Ausnahmebestimmung des § 41 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes 2013 (BTG 2013) an keiner der vier Seiten unzulässig unterschritten. An der hier relevanten, der Liegenschaft der Revisionswerberin zugewandten östlichen Grundstücksgrenze werde der rechtskräftig bewilligte Abstand durch das Abrücken der östlichen Außenmauer von der Grundstücksgrenze um 4 cm (verlaufend auf 0 cm) sogar noch vergrößert. Es handle es sich daher beim gegenständlichen Bauvorhaben um kein aliud im Vergleich zur rechtskräftig erteilten Baubewilligung vom 22. Dezember 2011.

21 Den Bauwerbern stehe somit das Recht aus der rechtskräftigen Baubewilligung zu, das Bauvorhaben entsprechend dieser Bewilligung auszuführen. Daran könne es auch nichts ändern, dass sich mittlerweile die Rechtslage betreffend das Verschließen von Mauern im Grundstücksgrenzbereich geändert habe (vormals § 12 Oberösterreichisches Bautechnikgesetz 1994: 1 m; nunmehr § 41 Abs. 1 Z 5 lit. b BTG 2013: 2 m). Dies bedeute für die östliche Grundstücksgrenze, dass die östliche Außenmauer entsprechend der rechtskräftigen Baubewilligung um die (tatsächlich verschobenen) 4 cm weiter zur Liegenschaft der Revisionswerberin ausgeführt werden dürfte. Durch das Abrücken werde keine Verletzung der Revisionswerberin in ihren subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechten herbeigeführt. § 41 Abs. 1 Z 5 lit. b BTG sowie die Bestimmungen der OIB‑Richtlinie 2 bezüglich des Brandschutzes stünden daher bei dieser Fallkonstellation und in Anbetracht des Vorliegens einer Nachbarbeschwerde mit beschränktem Mitspracherecht des Nachbarn „nicht zur Diskussion“.

22 Eine Abweichung von der Neuplanungsgebietsverordnung gemäß § 36 BO sei nicht bewilligt worden. Das von den Bauwerbern ursprünglich mit Schreiben vom 23. Juni 2015 gestellte Ansuchen um Abweichung von der Neuplanungsgebietsverordnung dahingehend, dass die gemäß dieser Verordnung maximal zulässige Firsthöhe von 4 m um 20 cm überschritten werde, sei nicht aufrechterhalten worden. Bereits in erster Instanz sei dieses Ansuchen verworfen worden, indem es letztendlich in der taxativ zu verstehenden Auflistung der Planabweichungen im Zuge der Bauverhandlung vom 15. September 2015 nicht mehr zu Protokoll genommen worden sei. Spätestens durch den neuformulierten Spruch des Berufungsbescheides (der eine derartige Abweichung von der Neuplanungsgebietsverordnung nicht enthalte) sei eindeutig klargestellt, dass eine von der ursprünglichen Baubewilligung abweichende und der Neuplanungsgebietsverordnung entgegenstehende Firsthöhe nicht vom verfahrensgegenständlichen Bauprojekt umfasst sei. Der darauf gerichtete Einwand der Revisionswerberin liege außerhalb des Verfahrensgegenstandes.

23 Im Übrigen erschließe sich die Behauptung der Revisionswerberin, § 2 der Neuplanungsgebietsverordnung definiere Planungsmaßnahmen dahingehend, dass das gegenständliche Bauvorhaben die Baufluchtlinien um 12 cm bis 14 cm überrage, für das Verwaltungsgericht nicht. Vielmehr verschweige sich die Neuplanungsgebietsverordnung zu den Baufluchtlinien, sodass die Berufungsbehörde zu Recht an der Vereinbarkeit der Planabweichungen mit dem Planungsziel der Neuplanungsgebietsverordnung keinen Zweifel gehabt habe.

24 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

25 Das Verwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor.

26 Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erstatteten Revisionsbeantwortungen mit den Anträgen, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

27 Die Revision ist in Anbetracht der Frage, ob eine Verletzung des Nachbarrechtes auf Seitenabstand vorliegt, zulässig.

28 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, auch eine im Zentimeterbereich verschobene Mauer sei gemäß § 39 BO bewilligungspflichtig. Die Planabweichung sei nach § 41 Abs. 1 Z 5 lit. b BTG 2013 zu beurteilen. Die Mitbeteiligten hätten demnach die konsenslos errichtete Mauer im Grenzbereich zu verschließen.

29 Der Bebauungsplan Nr. 63.1 sei nach wie vor in Kraft. Baufluchtlinien seien wirksam festgelegt. Die Baufluchtlinien, angrenzend an das Grundstück der Revisionswerberin, seien jedoch um 12 cm überbaut. Nur über begründeten gesonderten Antrag des Bauwerbers könne eine geringfügige Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplans bewilligt werden. Der Nachbar könne dies geltend machen, soweit durch die Gewährung von Abweichungen vom Bebauungsplan in seine Rechte eingegriffen werde. Die Baubehörde erster Instanz habe nie über den Antrag der mitbeteiligten Parteien entschieden. Damit sei dieser auch nicht Verfahrensgegenstand vor der Baubehörde zweiter Instanz gewesen. Diese habe somit als unzuständige Behörde über die Abweichungen entschieden. Der Berufungsbescheid wäre daher ersatzlos zu beheben gewesen.

30 Die Revisionswerberin habe hinsichtlich der Lage des Bauvorhabens Einwendungen erhoben, und es sei unzutreffend, dass lediglich eine Gebäudefront (östlich) dem Grundstück der Revisionswerberin zugeneigt sei. Angesichts dessen, dass das Gebäude nicht parallel zum Grundstück (gemeint offenbar: zur Grundstücksgrenze) der Revisionswerberin errichtet worden sei, seien sowohl die um 4 cm verrückte östliche Gebäudefront als auch der Überbau von 12 cm über die Baufluchtlinie dem Grundstück der Revisionswerberin zugeneigt. Es wäre daher dem Nachbarn im erstinstanzlichen Verfahren Parteistellung zu § 36 BO einzuräumen gewesen. Es sei aber das erstinstanzliche Verfahren zum Antrag nach § 36 BO übersprungen worden, dieser sei lediglich im Verfahren zweiter Instanz behandelt worden. Der Bescheidspruch sei in zweiter Instanz nicht beibehalten worden, sondern es habe eine Neuformulierung stattgefunden. Es sei nicht lediglich eine andere Rechtsgrundlage zur Begründung herangezogen worden. Der Verfahrensgegenstand sei in zweiter Instanz ausgedehnt worden, sodass über den gesonderten schriftlichen Antrag nach § 36 BO in zweiter Instanz erstmals entschieden worden sei.

31 Nach § 2 der Neuplanungsgebietsverordnung sei davon auszugehen, dass der Bebauungsplan Nr. 63.1 einzuhalten sei bzw. die Baufluchtlinien einen Teil der Neuplanungsgebietsverordnung darstellten. Somit seien keine Abweichungen zulässig. Könne nämlich die beantragte Bewilligung der Änderung deshalb nicht erteilt werden, weil diese im Sinne des § 45 Abs. 2 BO die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes erschwerte oder verhinderte, komme eine Anwendung des § 36 BO betreffend geringfügige Abweichungen vom Bebauungsplan nicht in Betracht, weil sich diese Norm auf den bestehenden Bebauungsplan beziehe. § 45 Abs. 2 BO erfordere jedoch eine Prüfung der Rechtslage anhand der Festlegungen in der Neuplanungsgebietsverordnung und im Entwurf eines Bebauungsplanes als Grundlage der „Bausperre“.

32 § 31 der Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (BO), idF LGBl. Nr. 34/2013 lautet auszugsweise:

„§ 31

Einwendungen der Nachbarn

...

(4) Öffentlich‑rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ...“

§ 36 BO idF LGBl. Nr. 34/2013 lautet:

„§ 36

Geringfügige Abweichungen vom Bebauungsplan

(1) Die Baubehörde kann über begründeten gesonderten Antrag des Bauwerbers im Rahmen der Baubewilligung für das einzelne Bauvorhaben geringfügige Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes gemäß § 32 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie Abs. 2 Z 2 bis 13 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 bewilligen, wenn

1. diese Änderung öffentlichen Interessen, die nach dem Oö. Raumordnungsgesetz 1994 bei der Erlassung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind, und den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

2. von diesem Landesgesetz geschützte Interessen Dritter nicht verletzt werden.

Eine Unterschreitung der gesetzlich festgelegten Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden (§ 40 Oö. Bautechnikgesetz 2013) ist unzulässig.

(2) Abweichungen gemäß Abs. 1 Z 1 von Fluchtlinien sind für Neubauten nur in dem Ausmaß zulässig, als von den Fluchtlinien des Bebauungsplanes höchstens um 10% des über den gesetzlichen Mindestabstand hinausgehenden Abstandes, jedoch keinesfalls mehr als 50 cm abgewichen werden darf. Darüber hinaus sind für Zu- und Umbauten Abweichungen insoweit zulässig, als von den Fluchtlinien des Bebauungsplanes zur barrierefreien Gestaltung baulicher Anlagen (§ 31 Oö. Bautechnikgesetz 2013) oder zur Errichtung von Aufzügen und sonstigen Aufstiegshilfen abgewichen werden darf, soweit dies technisch notwendig ist.“

33 § 39 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 lautet auszugsweise:

„§ 39

Beginn der Bauausführung, Planabweichungen

...

(2) Vom bewilligten Bauvorhaben darf ‑ sofern nicht Abs. 3 oder 4 zur Anwendung kommt ‑ nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.

(3) Ohne Bewilligung der Baubehörde darf vom bewilligten Bauvorhaben abgewichen werden, wenn

1. die Abweichung solche Änderungen betrifft, zu deren Vornahme auch bei bestehenden baulichen Anlagen eine Bewilligung nicht erforderlich ist, sowie

2. Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides hievon nicht berührt werden.

(4) Sind Abweichungen der im Abs. 3 Z 1 genannten Art anzeigepflichtig gemäß § 25 Abs. 1 Z 3, darf vom bewilligten Bauvorhaben nur nach Maßgabe des § 25a Abs. 2 abgewichen werden.“

34 § 45 BO idF LGBl. Nr. 70/1998 lautet auszugsweise:

„§ 45

Neuplanungsgebiete

(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.

(2) Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet hat die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen ‑ ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs. 1 Z 4 ‑ nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwert oder verhindert.“

35 § 12 des Oö. Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994, in der Fassung vor der Aufhebung durch § 88 Abs. 2 des BTG 2013, LGBl. Nr. 68/2011, lautete auszugsweise:

„§ 12

Wände, Decken, Feuer- und Brandmauern

(1) Wird ein Gebäude ganz oder teilweise unmittelbar an der Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze errichtet oder ist der Abstand des Gebäudes oder einzelner Gebäudeteile von der Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze kleiner als 1 m, so ist das Gebäude oder der entsprechende Gebäudeteil gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze mit einer Feuermauer abzuschließen. ...

...

(4) In Feuermauern sind Türen, Fenster und andere Öffnungen unzulässig. ...“

36 § 41 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes 2013, LGBl. Nr. 35, lautet auszugsweise:

„§ 41

Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen

(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen nicht für:

...

5. Gebäude und Schutzdächer sowie Teile davon, auch wenn sie unterkellert sind, unter folgende Voraussetzungen:

...

b) soweit die den Nachbargrundgrenzen zugewandten Außenwände einen Abstand von weniger als 2 m zur Nachbargrundgrenze aufweisen, sind in diesen Türen und Fenster unzulässig; in Außenwänden, die an solche Außenwände anschließen, müssen Türen und Fenster von der Nachbargrundgrenze einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen, soweit es sich nicht um Einfahrten, Garagentore, Loggien und dergleichen handelt;

...“

37 § 88 BTG 2013 lautet auszugsweise:

„§ 88

Schlussbestimmungen

(1) Dieses Landesgesetz tritt mit 1. Juli 2013 in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes tritt das Landesgesetz vom 5. Mai 1994 über die Planung und Ausführung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen (Oö. Bautechnikgesetz ‑ Oö. BauTG), LGBl. Nr. 67/1994, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 68/2011, außer Kraft; es ist jedoch auf Sachverhalte, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben, weiterhin anzuwenden.“

38 Die Neuplanungsgebietsverordnung, Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde M vom 26. März 2015, angeschlagen am 27. März 2015 und abgenommen am 13. April 2015, umfasst unter anderem die Bauliegenschaft sowie die Nachbarliegenschaft der Revisionswerberin.

Nach dem letzten Satz des § 1 dieser Verordnung ist der gegenständliche Bereich vom rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. 63.1 erfasst.

Der Einleitungssatz des § 2 der Neuplanungsgebietsverordnung lautet:

„Die nachfolgend angeführten Festlegungen sind zur Sicherstellung der städtebaulichen Ziele des Bebauungsplanes Nr. 63.1 erforderlich und werden als verbindliche Zielsetzungen der Neuplanung ‑ als Teil dieser Verordnung ‑ wie folgt definiert:“

Die weiteren Regelungen des § 2 betreffen Geschoße, Geschoßhöhen, Gebäudehöhen, Veränderungen der Höhenlage, Dächer, die Zurücksetzung dritter oberirdischer Geschoße und die Breite möglicher Dacheinbauten.

Nach dem letzten Satz des § 2 der Neuplanungsgebietsverordnung liegt der eigentliche Zweck der Verordnung in der erforderlichen Überarbeitung des für diesen Bereich bestehenden Bebauungsplanes Nr. 63.1.

Nach § 4 der Neuplanungsgebietsverordnung wird diese Verordnung mit Ablauf des auf die zweiwöchige Kundmachungsfrist folgenden Tages rechtswirksam.

39 Nach dem Bebauungsplan Nr. 63.1 sind für die Bauliegenschaft zu allen Grenzen Baufluchtlinien festgesetzt.

40 Zunächst ist festzuhalten, dass die Berufungsbehörde in ihrem Bescheid vom 1. Juli 2016 im Spruch ausdrücklich die bewilligten Planabweichungen angeführt hat. Bei dieser ausdrücklichen Auflistung der bewilligten Planabweichungen im Spruch kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch andere Planabweichungen Gegenstand der Bewilligung sind, zumal die Auflistung, der sich auch nicht entnehmen lässt, dass sie bloß demonstrativ sein soll, damit überflüssig wäre. Der Nachbar kann nicht in seinen subjektiv‑öffentlichen Rechten beeinträchtigt sein, wenn allenfalls weitere beantragte Planabweichungen somit nicht bewilligt worden sind. Auch soweit weitere Planabweichungen im bewilligten Plan enthalten sind, geht angesichts der ausdrücklichen Aufzählung derbewilligten Planabweichungen im Bescheidspruch der Bescheidspruch vor, sodass sich die Bewilligung nicht auf andere, wenn auch im Plan dargestellte Planabweichungen bezieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 1993, Zl. 93/05/0166, und vom 22. Februar 2005, Zl. 2003/06/0011).

41 Entgegen der Auffassung der Revision wurde somit kein Überbau von 12 cm über eine Baufluchtlinie genehmigt. Daran ändert es auch nichts, dass ein ausdrücklicher Antrag gemäß § 36 BO auf eine solche Überschreitung der Baufluchtlinie vorgelegen ist, und ebenso nichts, dass im Spruch des Berufungsbescheides § 36 BO zitiert wurde. Das diesbezügliche Vorbringen der Revision geht daher ins Leere. Es erübrigt sich somit auch, auf das Verhältnis des Bebauungsplanes zur Neuplanungsgebietsverordnung und auf die Frage, ob eine Bewilligung gemäß § 36 BO erteilt wurde, näher einzugehen.

42 Die Revision stellt nicht in Abrede, dass im Hinblick auf die geringen Änderungen der Außenabmessungen kein aliud, sondern nur Planabweichungen im Sinne des § 39 Abs. 2 BO vorliegen (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2009, Zl. 2007/05/0046).

43 Liegt kein aliud vor, können Nachbareinwendungen nicht mehr erhoben werden, die sich auf bereits rechtskräftig bewilligte Gebäudeteile beziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1997, Zl. 94/05/0077, zur vergleichbaren Rechtslage nach der Oberösterreichischen Bauordnung 1976). Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Bauteil von einer Planabweichung überhaupt nicht betroffen ist. Angesichts der Rechtskraft der ursprünglichen Baubewilligung gegenüber dem Nachbarn muss dies aber auch dann gelten, wenn ein Bauteil zwar bautechnisch verändert wird, jedoch nicht so, dass gerade durch diese Veränderung eine Verletzung eines Nachbarrechtes erfolgt, die durch die ursprüngliche Baubewilligung nicht vorgelegen ist (oder die, für den Fall, dass eine Nachbarrechtsverletzung rechtskräftig bewilligt worden wäre, nunmehr vergrößert würde). Mit anderen Worten kommt es im Hinblick auf die Verletzung von subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechten nicht nur darauf an, dass ein Bauteil bautechnisch verändert wird, sondern auch darauf, ob der Bauteil gegenüber der rechtskräftigen Bewilligung zum Nachteil des Nachbarn verändert wird. In Bezug auf Abstände scheidet eine derartige Veränderung grundsätzlich dann aus, wenn Abstände zum Nachbargrundstück gegenüber der ursprünglichen Baubewilligung, wie im vorliegenden Fall, lediglich vergrößert werden.

44 Einzuräumen ist der Revisionswerberin allerdings, dass ein subjektiv‑öffentliches Nachbarrecht auch darauf besteht, dass nach Maßgabe der baurechtlichen Vorschriften gegebenenfalls eine öffnungslose Feuermauer zu errichten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1997, Zl. 96/05/0137, zur vergleichbaren Rechtslage nach der Oberösterreichischen Bauordnung 1976). Der vorliegende Fall ist in diesem Zusammenhang durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass für die ursprüngliche Baubewilligung § 12 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994 idF vor der Aufhebung dieses Gesetzes, maßgebend war, wonach öffnungslose Feuermauern zu errichten waren, wenn ein Gebäude ganz oder teilweise unmittelbar an der Nachbargrundgrenze errichtet wird oder der Abstand des Gebäudes oder einzelne Gebäudeteile von der Nachbargrundgrenze kleiner als 1 m ist. Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2013 trat § 41 BTG 2013 in Kraft, wonach öffnungslose Feuermauern schon dann erforderlich sind, wenn der Abstand weniger als 2 m zur Nachbargrundgrenze beträgt.

45 Im Hinblick auf die obigen Ausführungen kann aber im vorliegenden Fall auch angesichts der neuen Rechtslage keine Verletzung eines subjektiv‑öffentlichen Nachbarrechtes vorliegen, weil die Öffnungen in der gegenständlichen Außenwand nicht Gegenstand der Planabweichungen sind. Es wird auch weder von der Revisionswerberin behauptet noch ist es aus der Aktenlage ersichtlich, dass diese Öffnungen nicht bereits in der ursprünglichen Baubewilligung vorgesehen gewesen wären. Die von der Revision gerügte Verletzung von Nachbarrechten dadurch, dass die gegenständliche Außenwand Öffnungen hat, liegt daher nicht vor.

46 Die Revision erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

47 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, da eine mündliche Verhandlung bereits vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stattgefunden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Zl. Ra 2014/04/0036, mwN).

48 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauthausen war abzuweisen, da es in den genannten Rechtsvorschriften keine Deckung findet.

Wien, am 26. September 2017

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