European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017040086.L00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 17. Jänner 2017 wurden der revisionswerbenden Partei als Inhaberin einer Betriebsanlage in G gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 zusätzliche Auflagen vorgeschrieben. Unter einem erging gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 der Auftrag an die revisionswerbende Partei, ein schalltechnisches Sanierungsprojekt zwecks Reduktion der Dauergeräusche vorzulegen.
Dieser Bescheid wurde der revisionswerbenden Partei am 20. Jänner 2017 zugestellt.
2 2. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. März 2017 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei als verspätet zurück.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Beschwerde am 17. Februar 2017 (Freitag), um 15:14 Uhr bei der belangten Behörde eingebracht worden sei. Auf der Homepage des Landes Salzburg fände sich unter der Überschrift "Bezirkshauptmannschaft Hallein" folgende Bekanntmachung:
"Montag bis Donnerstag: 7:30 bis 16:15 Uhr
Freitag: 7:30 bis 12:00 Uhr
Keine Amtsstunden an Feiertagen und am 24. Dezember und am 31. Dezember. Ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen gilt erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt!"
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, die von der Bezirkshauptmannschaft Hallein im Internet bekanntgemachten Amtsstunden seien samt dem Hinweis, dass außerhalb dieser Zeiten übermittelte Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht gelten, als wirksame Beschränkung des elektronischen Verkehrs im Sinn des § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG zu qualifizieren. Dem Erfordernis der Bekanntmachung im Internet sei mit der erfolgten Kundmachung auf der Homepage des Landes Salzburg in einer die leichte Auffindbarkeit gewährleistenden Art und Weise Genüge getan worden.
5 3. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6 1. Die Revision ist in Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen betreffend die Voraussetzungen einer Bekanntmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
7 2. § 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2011, lautet auszugsweise wie folgt:
"Anbringen
§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) und (4) (...)
(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
(6) bis (8) (...)"
8 3.1. Die revisionswerbende Partei bringt vor, eine Bekanntmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG setze nach herrschender Lehrmeinung voraus, "dass und wenn den Beteiligten eine andere (‚besondere') elektronische Übermittlungsform (zB eine Einbringung mittels Web-Formular) angeboten wird". In der Bekanntmachung der Bezirkshauptmannschaft Hallein auf der Internetseite "Bezirkshauptmannschaft Hallein" des Landes Salzburg werde keine solche "andere besondere elektronische Übermittlungsform" außer der dort genannten E-Mail-Adresse "bh-hallein@salzburg.gv.at " angeboten. Es stelle sich daher die Frage, ob dies der gesetzlichen Bestimmung des § 13 Abs. 2 AVG entspreche und ob die Einschränkung des E-Mail-Verkehrs auf eine bloße einzelne E-Mail-Adresse ohne das Angebot einer alternativen Übermittlungsform überhaupt zulässig sei. Nach Ansicht der revisionswerbenden Partei führe das Fehlen eines solchen Angebots im Verhältnis zur singulär angebotenen E-Mail-Adresse der Bezirkshauptmannschaft Hallein zur Unzulässigkeit und Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Bekanntmachung. Da sich der angefochtene Beschluss auf diese Bekanntmachung stütze, sei er ebenfalls rechtswidrig und folglich aufzuheben.
9 Mit diesem Vorbringen verkennt die revisionswerbende Partei den Regelungsinhalt des § 13 Abs. 2 AVG. Gemäß dem auch für die Einbringung einer Beschwerde maßgeblichen § 13 Abs. 2 erster Satz AVG können schriftliche Anbringen der Behörde mit E-Mail nur insoweit übermittelt werden, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Die Einbringung per E-Mail kann also zur Gänze oder zum Teil ausgeschlossen werden, obwohl die Behörde über die entsprechende Technologie verfügt. Ein solcher - vorliegend ohnehin nicht erfolgter - Ausschluss setzt allerdings voraus, dass eine andere ("besondere") elektronische Übermittlungsform (zB die Einbringung mittels Webformular) angeboten wird (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG I2 (2014) § 13 Rz. 10 genannten (und auch von der revisionswerbenden Partei zitierten) Literaturstellen sowie RV 294 BlgNR 23. GP 9). Dass - wie die revisionswerbende Partei offenbar meint - die hier vorliegende Regelung für außerhalb der Amtsstunden per E-Mail einlangende Anbringen das Anbieten einer anderen elektronischen Übermittlungsform voraussetze, ist § 13 Abs. 2 AVG hingegen nicht zu entnehmen.
10 3.2. Die revisionswerbende Partei führt weiters aus, dass gemäß § 13 Abs. 5 letzter Satz AVG die Amtsstunden im Internet und an der Amtstafel bekannt zu machen seien. Die Bezirkshauptmannschaft Hallein habe jedoch ihre Amtsstunden lediglich auf der Internetseite des Landes Salzburg bekannt gemacht, nicht jedoch an der Amtstafel. Eine Bekanntmachung an der Amtstafel sei erst am 27. April 2017 und somit nach dem hier relevanten Zeitraum Februar 2017 erfolgt. Dadurch sei die Internetbekanntmachung und in weiterer Konsequenz der darauf gestützte angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts mit Rechtswidrigkeit behaftet.
11 Auf diese von der revisionswerbenden Partei aufgeworfene Rechtsfrage kommt es im vorliegende Fall jedoch nicht an, weil für die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht die - allein im Internet kundzumachenden - organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Rechtsverkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten im Sinn des § 13 Abs. 2 AVG maßgebend waren (vgl. den hg. Beschluss vom 2. August 2017, Ra 2017/03/0071). Den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu Inhalt und Kundmachung dieser Beschränkungen ist die revisionswerbende Partei nicht entgegengetreten.
12 3.3. Soweit die revisionswerbende Partei argumentiert, dass auf der vom Bund betriebenen Homepage "HELP.gv.at: Behörden" unter der "Bezirkshauptmannschaft Hallein" keine Beschränkung des elektronischen Verkehrs zwischen Behörde und Beteiligten aufscheine und somit widersprechende Internetkundmachungen vorlägen, ist ihr entgegenzuhalten, dass § 13 Abs. 2 AVG eine Kundmachung an mehreren Stellen im Internet nicht verlangt und auch aus dem bloßen Nichtaufscheinen der Beschränkung des elektronischen Verkehrs auf der genannten Homepage des Bundes nicht das Vorliegen "widersprechender Internetkundmachungen" abgeleitet werden kann.
13 3.4. Schließlich führt die revisionswerbende Partei ins Treffen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung stets zwischen den Begriffen "Einbringen" und "Einlangen" oder "faktischem Einlangen" unterschieden habe. Auf der Internetseite des Landes Salzburg sei unter dem Subtitel "Bezirkshauptmannschaft Hallein" in der Bekanntmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG ausschließlich auf das "Einlangen" abgestellt worden. Das Verwaltungsgericht habe jedoch festgestellt, dass die Beschwerde der revisionswerbenden Partei um 15:14 Uhr bei der belangten Behörde "eingebracht" worden sei. Die Beschwerde erweise sich somit als rechtzeitig.
14 Die revisionswerbende Partei übersieht mit diesem Vorbringen, dass sich die von ihr angeführte Rechtsprechung auf die Rechtslage vor der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 5/2008 bezieht. Mit dieser Novelle wurde die (im Jahr 1998 eingeführte) gesetzliche Fiktion betreffend die Rechtzeitigkeit bestimmter außerhalb der Amtsstunden einlangender Anbringen ersatzlos beseitigt (vgl. RV 294 BlgNR 23. GP 10 sowie zum Auseinanderfallen von "Einbringen" und "Einlangen" in diesem Zusammenhang Wessely, FABL 2011, 1 (3)). Damit gilt ein Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht, wenn die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit hält und das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr einlangt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I2 (2014) § 13 Rz. 36/1 unter Verweis auf RV 294 BlgNR 23. GP 11). Entscheidend ist allerdings, ob die Behörde - wie im vorliegenden Fall - von der ihr nach § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht und ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekundet, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2012, 2012/08/0102).
15 4. Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der revisionswerbenden Partei behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. September 2017
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