Normen
AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
AVG §32 Abs2;
B-VG Art130 Abs1 Z1;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
VwGVG 2014 §7 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.
3 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 21. März 2017 wurde über den Revisionswerber wegen einer Übertretung des § 51 Abs 1 Z 9 in Verbindung mit § 16b WaffG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 218,20 (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 13 Stunden) verhängt.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als verspätet zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist.
5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das Straferkenntnis an der Adresse des ausgewiesenen Rechtsvertreters (des Revisionswerbers) von einem Kanzleiangestellten am Freitag, dem 24. März 2017, nachweislich gegen Unterschriftsleistung übernommen worden sei. Die Beschwerde sei von diesem Rechtsanwalt am Freitag, dem 21. April 2017, um 12:15 Uhr per E-Mail eingebracht worden.
6 In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht - nach Zitierung des § 13 AVG - fest, dass die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See in Beachtung des § 13 Abs 2 AVG in einer "Kundmachung betreffend den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden" im Internet (unter einer näher angegebenen Webadresse) das Ende der Amtsstunden für Montag bis Donnerstag mit 16.00 Uhr und für Freitag mit 12.00 Uhr festgelegt habe. Außerdem enthalte diese Kundmachung folgenden Hinweis:
"Anbringen per Fax, E-Mail oder über den Online-Formularserver, die außerhalb der Amtsstunden übermittelt werden, gelten erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt, womit behördliche Ermittlungsfristen zu laufen beginnen."
Diese Vorgangsweise sei nicht nur verfassungskonform (Hinweis auf VfGH vom 3. März 2014, G 106/2013), es liege darin auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH vom 23. Mai 2012, 2012/08/0102) keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz, sei doch durch die Kundmachung im Internet sichergestellt, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihres Anbringens jederzeit umfassend informieren könnten.
Der vor dem Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid enthalte eine den Bestimmungen der §§ 58 Abs 1und 61 Abs 1 AVG sowie § 7 Abs 4 VwGVG entsprechende Rechtsmittelbelehrung. Er sei dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers am Freitag, dem 24. März 2017 zugestellt worden; die vierwöchige Beschwerdefrist habe mit diesem Tag zu laufen begonnen und am Freitag, dem 21. April 2017 geendet.
Die Beschwerde sei per E-Mail am letzten Tag der Beschwerdefrist, am Freitag, dem 21. April 2017, um 12.15 Uhr an die belangte Behörde gesendet worden, wobei die Frist allerdings bereits um 12.00 Uhr dieses Tages, mit dem Ende der Amtsstunden, geendet habe. Die Beschwerde sei daher verspätet.
7 In der gegen diesen Beschwerde erhobenen außerordentlichen Revision führt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision zunächst aus, dass es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zur Frage fehle, "ob trotz der Angabe von vier Wochen als Rechtsmittelfrist die tatsächliche Frist auch kürzer als vier Wochen betragen kann." Bei "verfassungskonformer und menschenrechtskonformer Interpretation der Bestimmungen des AVG über die Rechtsmittelfrist" müsse daher tatsächlich von einer Rechtsmittelfrist von vier Wochen ausgegangen werden, sodass das eingebrachte Rechtsmittel, "welches bei jeder denklogischen (mathematischen) Berechnungsmethode von vier Wochen rechtzeitig" gewesen sei, auch juristisch rechtzeitig sein müsse.
Weiters fehle Rechtsprechung zur Frage, ob "die Kundmachung einer Behörde hinsichtlich der Verkürzung der Rechtsmittelfristen" eindeutig sein müsse. Die Kundmachung betreffend den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See sei grob missverständlich. So werde ausgeführt, dass der Behördenpostkasten an Werktagen täglich um 7.30 Uhr und um 16.00 Uhr - ausgenommen Freitag um 13.00 Uhr - entleert werde; unmittelbar darauf folge der Satz, dass außerhalb der Amtsstunden in den Behördenpostkasten eingeworfene Schriftstücke erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht gelten. Bei normaler Leseweise dieser Bestimmung sei davon auszugehen, dass die Amtsstunden am Freitag bis 13.00 Uhr dauern würden.
Der Revisionswerber bringt ferner vor, es sei ihm - in dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vorangegangenen - Verwaltungsstrafverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See das rechtliche Gehör entzogen worden, da ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Wenn man dies noch damit verbinde, dass die in der Rechtsmittelbelehrung angegebene Rechtsmittelfrist unrichtig sei, erkenne man, dass kein faires Verfahren vorliege und auch aus diesen Gründen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.
Schließlich fehle auch Rechtsprechung zur Frage, ob es ausreichend sei, dass - entgegen der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung - eine Bekanntmachung der Amtsstunden lediglich im Internet erfolge. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass eine Bekanntmachung der Amtsstunden im Internet erfolgt sei; es habe aber nicht festgestellt, ob auch eine Bekanntmachung an der Amtstafel erfolgt sei.
8 Die Revision ist nicht zulässig:
9 Das Vorbringen zur Zulässigkeit geht an den maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Beschwerdefrist ebenso wie an der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorbei. Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen; sie beginnt in den Fällen des Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung. Die vierwöchige Beschwerdefrist ist eine nach Wochen bestimmte Frist, die gemäß dem - auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht maßgeblichen - § 32 Abs 2 AVG mit Ablauf des Tages der letzten Woche endet, der durch seine Bezeichnung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß dem auch für die Einbringung der Beschwerde maßgeblichen § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde mit E-Mail nur insoweit übermittelt werden, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, dass eine außerhalb der (kundgemachten) Amtsstunden per E-Mail am letzten Tag der Frist eingebrachte Beschwerde als nicht mehr fristgerecht eingebracht zu werten ist (vgl VwGH vom 19. November 2015, Ra 2015/11/0094, mwH). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss nicht abgewichen.
11 Soweit der Revisionswerber meint, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, "ob die Kundmachung einer Behörde hinsichtlich der Verkürzung der Rechtsmittelfristen" (gemeint:
hinsichtlich des Endes der Amtsstunden im Falle einer organisatorischen Beschränkung des elektronischen Verkehrs im Sinne des § 13 Abs 2 AVG) eindeutig sein müsse, verkennt er, dass das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass das Ende der Amtsstunden für Freitag mit 12.00 Uhr kundgemacht wurde (was die Revision auch nicht bestreitet). Es ist nicht nachvollziehbar, welche Bedeutung im Hinblick auf diese festgestellte Uhrzeit dem vom Revisionswerber herangezogenen Hinweis auf den Zeitpunkt der Entleerung des Behördenpostkastens zukommen könnte (eine Einbringung der Beschwerde durch Einwerfen in den Behördenpostkasten hat der Revisionswerber auch nicht behauptet).
12 Auch der Umstand, dass der Revisionswerber aufgrund der - von ihm zu vertretenden - verspäteten Einbringung der Beschwerde gehindert wurde, im Verwaltungsverfahren vor der Behörde allenfalls unterlaufene Verfahrensfehler vor dem Verwaltungsgericht geltend zu machen, kann nicht dazu führen, dass der Frage der Beurteilung der Verspätung der Beschwerde, die vom Verwaltungsgericht zudem im Einklang mit dem klaren Gesetzeswortlaut und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst wurde, grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Schließlich kommt auch der vom Revisionswerber weiter als grundsätzlich erachteten Frage, ob es ausreichend sei, dass eine Bekanntmachung der Amtsstunden lediglich im Internet erfolge, schon deshalb keine Relevanz für das Verfahren zu, weil der Revisionswerber nicht einmal behauptet, dass die Kundmachung der Amtsstunden an der Amtstafel nicht erfolgt wäre. Abgesehen davon waren für die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht die - (allein) im Internet kundzumachenden - organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten im Sinne des § 13 Abs 2 AVG maßgebend. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zu Inhalt und Kundmachung dieser Regeln ist der Revisionswerber nicht entgegengetreten.
14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 2. August 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)