VwGH Ra 2017/01/0276

VwGHRa 2017/01/027619.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching und Mag. Brandl sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des E K, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/1/1-3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Juni 2017, Zl. VGW- 152/022/6940/2017-2, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
MRK Art6;
StbG 1985 §10 Abs2 Z2;
VwGVG 2014 §24 Abs4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen der Republik Mazedonien, auf Verleihung der Staatsbürgerschaft in der Sache gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 zweiter Fall Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) abgewiesen (I) und die Revision für nicht zulässig erklärt (II).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei rechtskräftig wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) bestraft worden. Dies ergebe sich aus der Aktenlage. Eine derartige Verwaltungsübertretung stelle nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine schwerwiegende Übertretung des AuslBG nach § 10 Abs. 2 Z 2 StbG dar. Der Verleihungsantrag sei schon deshalb abzuweisen gewesen.

3 Eine mündliche Verhandlung habe entfallen können, da in der Beschwerde kein neues Sachverhaltsvorbringen erstattet worden sei und im Beschwerdeverfahren lediglich Rechtsfragen zur Auslegung des § 10 Abs. 2 Z 2 StbG zu klären gewesen waren.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision werden nach Darstellung des Sachverhalts und Bezeichnung der Revisionspunkte Ausführungen unter dem Titel "Zulässigkeit der Revision und Revisionsgründe" erstattet, in dem Vorbringen zur Zulässigkeit und Revisionsgründe vermengt sind.

9 Es ist darauf hinzuweisen, dass mit Revisionsausführungen, die eine Unterscheidung in Zulässigkeitsgründe und weitere Revisionsgründe gänzlich vermissen lassen, dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, warum die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, nicht Rechnung getragen wird, weil damit nicht konkret für die vorliegende Revisionssache aufgezeigt wird, welche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Mai 2017, Ra 2017/01/0069, mwN).

10 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 Z 2 zweiter Fall StbG, die auf den konkreten verfahrensgegenständlichen Fall anwendbar sei, ist auf Folgendes hinzuweisen:

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a (in Verbindung mit § 3 Abs. 1) eine schwerwiegende Übertretung des AuslBG, die das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 2 Z. 2 zweiter Satzteil StbG bewirkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2013, 2013/01/0109, mwN). Bei Vorliegen einer schwerwiegenden Übertretung des AuslBG muss weder ein "besonderer Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung" noch müssen "die näheren Umstände der Verwaltungsübertretung" geprüft werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, 2011/01/0153, mwN).

12 Somit besteht bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 Z 2 zweiter Fall StbG. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 10. Oktober 2016, Ra 2016/04/0110, mwN).

13 Die Revision bringt weiter vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht abgewichen, weil es nicht verhandelt habe, obwohl in der Revision aufgezeigt worden sei, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache sehr wohl zu einer weiteren Klärung des Sachverhalts hätte führen können.

14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zum Entfall der Verhandlungspflicht, wenn Verfahrensgegenstand nur die Lösung einer Rechtsfrage ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2017, Ra 2017/04/0036, mwN, unter anderem auf die Rechtsprechung des EGMR in den Urteilen vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein, und vom 8. November 2016, Nr. 64160/11, Pönkä).

15 Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kommt es nicht darauf an, welche Behauptungen in der Revision aufgestellt werden. Vielmehr ist nach der (von der Revision ins Treffen geführten) hg. Rechtsprechung entscheidend, ob in der Beschwerde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Verwaltungsbehörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt (erstmalig und zulässigerweise) in konkreter Weise behauptet wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0085, Rz 24).

16 Das Verwaltungsgericht hat in der vorliegenden Rechtssache zutreffend angenommen, dass Verfahrensgegenstand nur die Lösung einer Rechtsfrage ist und somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG keine Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung besteht.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 19. September 2017

Stichworte