VwGH Ra 2017/01/0182

VwGHRa 2017/01/018219.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision der H M in B, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 2017, Zl. W215 2127318-1/13E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen Somalias, auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 27. April 2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl als Asylberechtigte (Spruchpunkt I.), als auch als subsidiär Schutzberechtigte (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Somalia fest (Spruchpunkt III.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. Mai 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Zur Zulässigkeit führt die Revision aus, das BVwG habe zur Hungerkatastrophe und zur Situation von nicht angepasst gekleideten Frauen in Somalia eine unvertretbare Rechtsansicht eingenommen. In Bezug auf die Hungerkatastrophe, zu der es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe, weiche das BVwG von seiner eigenen Rechtsprechung ab. Ebenso sei das BVwG von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu nicht angepassten, westlich gekleideten Frauen in Somalia bzw. in einem anderen islamisch geprägten Land abgegangen.

7 Soweit sich die Revision im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung auf das Vorliegen uneinheitlicher Rechtsprechung des BVwG stützt, ist ihr entgegen zu halten, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt (vgl. den hg. Beschluss vom 14. Dezember 2016, Ra 2015/17/0120, mwN).

8 Im Übrigen sind nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei der Prüfung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im Rahmen einer Einzelfallprüfung konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Fall der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Prognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Februar 2017, Ra 2016/19/0238, mwN).

9 Die Revision zeigt nicht auf, dass das BVwG bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles die obigen Rechtsgrundsätze missachtet hätte.

10 Im Übrigen stützt die Revisionswerberin die Zulässigkeit der Revision auf ein Abgehen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Lebensstil einer nicht angepassten, westlich gekleideten Frau in Somalia oder in einem anderen islamisch geprägten Land, beschränkt sich jedoch dazu in ihrem hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2017, Ra 2017/01/0108, mwN) auf das Zitat einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten hg. Entscheidung, ohne darzulegen, inwiefern das konkret angefochtene Erkenntnis einen der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs widersprechenden Inhalt aufweist. Durch eine solche bloß pauschale Behauptung der Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird keine konkrete Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Februar 2017, Ra 2016/17/0014, mwN). Das somit nur allgemein formulierte Vorbringen kann die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (vgl. den hg. Beschluss vom 12. Jänner 2017, Ra 2016/01/0198).

11 Insofern ist auch nicht erkennbar, dass das von der Revisionswerberin erstmals in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren erstattete Vorbringen zu einer asylrelevanten Verfolgung in Somalia aufgrund ihres Wunsches, sich so zu kleiden, wie sie das wolle, überhaupt mit den in der hg. Rechtsprechung zum "verinnerlichten selbstbestimmten westlichen Lebensstil" von Frauen behandelten Fällen vergleichbar ist.

12 Die Revision vermag somit das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht darzulegen und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

14 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 19. Juli 2017

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