VwGH Ra 2017/01/0108

VwGHRa 2017/01/010825.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision der revisionswerbenden Partei I K, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Februar 2017, Zl. L515 2147526- 1/11E, betreffend Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §12;
AsylG 2005 §12a;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1974 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Georgiens, stellte am 6. Februar 2017 in Schubhaft befindlich seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz.

2 Der Erstantrag des Revisionswerbers vom 2. November 2005 war mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 31. August 2006 abgewiesen, die Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung festgestellt und die Ausweisung nach Georgien verfügt worden; die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Revisionswerbers war mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Februar 2007 rechtskräftig abgewiesen worden. Der daraufhin gestellte zweite Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz war mit Bescheid des BAA vom 21. August 2007 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und wiederum eine Ausweisung nach Georgien verfügt worden.

3 Im Verlauf des nunmehrigen Verfahrens betreffend den dritten Antrag auf internationalen Schutz (2. Folgeantrag) fand am 13. Februar 2017 eine Einvernahme des Revisionswerbers durch das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (BFA) im Beisein sowohl eines Rechtsberaters, als auch des Rechtsvertreters des Revisionswerbers statt. Vor dieser Einvernahme wies der Revisionswerber auf seine fragliche Einvernahmefähigkeit hin, woraufhin er laut Protokoll über die durchgeführte Einvernahme sowohl vor dieser, als auch nochmals während der Einvernahme durch einen beigezogenen Arzt untersucht wurde, welcher die Einvernahmefähigkeit des Revisionswerbers feststellte. Anschließend an die Einvernahme wurde am 13. Februar 2017 gegenüber dem Revisionswerber durch mündlich verkündeten und in der Niederschrift beurkundeten Bescheid der faktische Abschiebeschutz nach § 12 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) gemäß § 12a Abs. 2 leg. cit. aufgehoben. Am 14. Februar 2017 wurden die Akten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vom BFA gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zur Überprüfung vorgelegt.

4 Mit einem im Akt befindlichen, als "Befund und Gutachten" bezeichneten Schriftstück vom 17. Februar 2017 führte ein Amtsarzt des Polizeianhaltezentrums Hernalser Gürtel aus, der Revisionswerber werde aufgrund eines Hungerstreikes täglich ärztlich untersucht und sei am 13. Februar 2017 bei gutem Allgemeinzustand aus medizinischer Sicht weiter haftfähig und einvernahmefähig gewesen.

5 Mit dem nunmehr bekämpften Beschluss vom 21. Februar 2017 bestätigte das BVwG die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und sprach die Unzulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

6 Begründend führte das BVwG hierzu zusammengefasst aus, es lägen sämtliche Voraussetzungen der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vor und der Revisionswerber sei bei der Einvernahme am 13. Februar 2017 einvernahmefähig gewesen. Aus dem Befund des Amtsarztes der LPD Wien vom 17. Februar 2017 gehe hervor, dass sowohl die Haft- als auch die Einvernahmefähigkeit des Revisionswerbers zum Zeitpunkt der Einvernahme vorgelegen sei. Darüberhinaus sei der Rechtsvertreter des Revisionswerbers anwesend gewesen. Im Hinblick auf den sicheren Herkunftsstaat Georgien sei von einer im wesentlichen unbedenklichen menschenrechtlichen Lage auszugehen; aufgrund der behaupteten Suizidialität des Revisionswerbers sei eine Auskunft der Staatendokumentation eingeholt worden, laut der diesem im Herkunftsstaat Georgien eine entsprechende Betreuung offen stehe.

7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG im hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 18. März 2016, Ra 2015/01/0255) zusammengefasst vor, das vom BVwG zur Beurteilung der Einvernahmefähigkeit des Revisionswerbers herangezogene Schreiben "Befund und Gutachten" stelle kein Gutachten im Sinne von näher bezeichneter hg. Rechtsprechung dar und sei widersprüchlich, undeutlich und nicht nachvollziehbar. Wesentliche Anzeichen für eine Einvernahmeunfähigkeit des Revisionswerbers seien außer Betracht geblieben; die Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens sei trotz mehrmaliger Beantragung unterblieben.

12 Die Revision wirft keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Das Vorbringen der Revision in den Gründen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG beschränkt sich auf die Geltendmachung von Verfahrensmängeln. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung reicht es jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0012, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/01/0098, mwN). Eine solche Relevanz wird - insbesondere mit Blick auf den unmissverständlichen Inhalt der den Revisionswerber betreffenden, am 17. Februar 2017 erstatteten amtsärztlichen Befundung - fallbezogen nicht aufgezeigt.

14 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2017

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