Normen
AVG §37;
NAG 2005 §21a Abs4 Z2;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 litc;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin, einer türkischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit dem ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" nach § 47 Abs. 3 Z 3 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, als unbegründet ab. Es führte dazu im Wesentlichen aus, auf Grund der Stellungnahme des Vertrauensarztes der Österreichischen Botschaft Ankara sowie des amtsärztlichen Gutachtens lägen keine schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe vor, die eine persönliche Pflege der Revisionswerberin durch ihren in Österreich lebenden Schwiegersohn (Zusammenführenden) zwingend erforderlich machten. Ferner habe die Revisionswerberin den Nachweis erforderlicher Deutschkenntnisse nicht erbracht, der Ausnahmefall des § 21a Abs. 4 Z 2 NAG sei nicht gegeben, weil auf Grund ihres Gesundheitszustands die Erbringung des Nachweises nicht unzumutbar sei.
Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für nicht zulässig erklärt.
2.2. Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs behauptet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird jedoch nicht aufgezeigt.
3.1. Die Revisionswerberin macht einerseits geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. c NAG) nur bis zum Zeitpunkt der Antragstellung oder im Sinn einer "Zukunftsprognose" darüber hinaus zu ermitteln sei.
3.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. März 2015, Ra 2014/22/0078, und vom 23. Juni 2015, Ra 2014/22/0199).
Vorliegend hatte daher das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung die im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung der Revisionswerberin bei der belangten Behörde kam es nicht an.
Daran vermag auch nichts zu ändern, dass sich das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung vor allem auf ein nur wenige Monate nach der Antragstellung erstattetes Gutachten eines Vertrauensarztes der Österreichischen Botschaft Ankara gestützt hat.
3.3. Es liegt eine einhellige Rechtsprechung zu der Frage vor, auf welchen Zeitpunkt die Ermittlung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht zu beziehen ist. Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre und insbesondere das angefochtene Erkenntnis nicht an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage ausgerichtet hätte, wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich.
4.1. Die Revisionswerberin macht andererseits geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob Analphabetentum und fortgeschrittenes Alter als "physische oder psychische Gesundheitszustände" im Sinn des § 21a Abs. 4 Z 2 NAG zu erachten seien, welche die Erbringung des Nachweises von Deutschkenntnissen verhinderten.
4.2. Nach § 21a Abs. 4 Z 2 NAG haben Drittstaatsangehörige durch ein amtsärztliches Gutachten oder ein Gutachten eines Vertrauensarztes einer österreichischen Berufsvertretungsbehörde nachzuweisen, dass ihnen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes der Nachweis erforderlicher Deutschkenntnisse nicht zugemutet werden kann.
Demnach hat die Beurteilung des (Nicht)Vorliegens eines vom Drittstaatsangehörigen zu behauptenden und nachzuweisenden Unzumutbarkeitsgrundes auf Basis eines entsprechenden ärztlichen Gutachtens zu erfolgen.
4.3. Vorliegend ist das Verwaltungsgericht - auf Grund der Stellungnahme des Vertrauensarztes der Österreichischen Botschaft Ankara und des eingeholten amtsärztlichen Gutachtens - zum Ergebnis gelangt, dass der Revisionswerberin im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand die Erbringung des Nachweises von Deutschkenntnissen nicht unzumutbar ist und daher der Ausnahmefall des § 21a Abs. 4 Z 2 NAG nicht gegeben ist.
Dass diese Beurteilung unrichtig wäre, wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision nicht behauptet. Die Beurteilung begegnet - da sie auf den ärztlichen Stellungnahmen beruht und nicht unvertretbar ist - fallbezogen auch keinen Bedenken (vgl. zu Analphabetismus und fortgeschrittenem Alter im Zusammenhang mit einer Beurteilung nach § 21a Abs. 4 Z 2 NAG auch das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2015, Ro 2014/22/0019, und den hg. Beschluss vom 27. April 2017, Ra 2016/22/0119).
5. Insgesamt werden daher in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juli 2017
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