VwGH Ro 2016/22/0015

VwGHRo 2016/22/001518.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des M H K in Wien, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 1. April 2016, LVwG-AV-623/001-2014, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §4 Abs2 idF 2015/I/070;
VwGVG 2014 §3 Abs2 Z1;
VwRallg;
NAG 2005 §4 Abs2 idF 2015/I/070;
VwGVG 2014 §3 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Mödling wies mit Bescheid vom 28. April 2014 den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, auf Verlängerung seiner - erstmals am 12. Juni 2012 befristet erteilten - Aufenthaltsbewilligung "Selbständiger" mangels Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

1.2. Der Revisionswerber verlegte Ende 2014 seinen Wohnsitz von Wiener Neudorf nach Wien.

2. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wies die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den angeführten Bescheid als unbegründet ab. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig, weil zur Zuständigkeitsbestimmung des § 4 Abs. 2 NAG, eingefügt durch die Novelle BGBl. I Nr. 70/2015, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege. Insbesondere fehle Judikatur zur Frage, ob die Rechtsprechung zur "Fixierung" der Zuständigkeit der Berufungsbehörde mit der Erlassung des angefochtenen Bescheids auch auf die Rechtslage nach der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragbar sei.

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4.1. Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung aus, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der "perpetuatio fori" gelte, oder ob sich die (vor allem örtliche) Zuständigkeit während des Verfahrens ändern könne. Die Frage sei im Hinblick auf § 3 Abs. 2 VwGVG wie auch auf § 4 Abs. 2 NAG bisher nicht gelöst.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat freilich schon im Beschluss vom 13. September 2016, Ro 2016/22/0013, zu der aufgeworfenen Rechtsfrage - im Sinn einer Darlegung der eindeutigen Gesetzeslage - Stellung genommen.

Demnach enthält § 4 Abs. 2 NAG in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 nunmehr eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts bei der Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln. Diese Regelung stellt eine lex specialis gegenüber § 3 Abs. 2 Z 1 VwGVG dar.

Nach der Bestimmung des § 4 Abs. 2 NAG richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts im Fall einer Beschwerde nach dem Sprengel, in dem die Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hatte, ihren Sitz hat. Es kommt also mit der Entscheidung der Behörde (mit dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids) zur "Fixierung" der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts.

4.3. Vorliegend ergibt sich daher, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling örtlich zuständig war.

5. Soweit der Revisionswerber in den Ausführungen zur Revision selbst sonstige Fehler (Aktenwidrigkeit, Verfahrensmängel, inhaltliche Rechtswidrigkeit) des angefochtenen Erkenntnisses behauptet, ist darauf nicht weiter einzugehen.

Auch in einer ordentlichen Revision hat der Revisionswerber nämlich von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts nicht ausreicht, oder sofern er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 23. März 2016, Ro 2015/12/0016).

Vorliegend ist eine Darstellung der Zulässigkeitsgründe unter Darlegung der vom Verwaltungsgerichtshof zu lösenden grundsätzlichen Rechtsfragen in Bezug auf die behaupteten weiteren Fehler nicht erfolgt.

6. Insgesamt wird daher keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der Ersatz eines Vorlageaufwands ist im Gesetz nicht (mehr) vorgesehen (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Juni 2016, Ra 2016/03/0023).

Wien, am 18. Jänner 2017

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