Normen
AVG §56;
B-VG Art20 Abs1;
DPL NÖ 1972 §27;
DPL NÖ 1972 §32 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Soweit das angefochtene Erkenntnis den Antrag des Revisionswerbers vom 29. Oktober 2014, über die Befolgungspflicht der Weisung vom 30. September 2014 abzusprechen, zurückweist, wird es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Im Übrigen wird es wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.
2 Am 30. September 2014 erging an ihn seitens der Niederösterreichischen Landesregierung eine schriftliche Weisung folgenden Inhalts:
"Ihre Nebenbeschäftigung, wonach Sie ein Weingut mit Betriebsstandort in X betreiben, ist umgehend einzustellen. Auch der geschäftliche Auftritt und die Bewerbung dieser Tätigkeit sind sofort einzustellen.
Die Befolgung dieser Weisung ist durch die Vorlage einer Bestätigung über die Abmeldung von der Sozialversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Betriebsführer dieses Betriebes sowie von entsprechenden Nachweisen über die faktische Einstellung des Betriebes bzw. die Übertragung der Nutzungsrechte an eine dritte Person binnen 6 Wochen nachzuweisen."
3 In der anschließenden "Information" vertrat die Niederösterreichische Landesregierung die Auffassung, der Revisionswerber habe die in Rede stehende Nebenbeschäftigung bereits im Jahr 1984 aufgenommen. Eine Meldung derselben sei nicht erfolgt. Im Hinblick auf die derzeitige Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers auf seinem aktuellen Arbeitsplatz stelle die Ausübung der in Rede stehenden Nebenbeschäftigung eine schwerwiegende Dienstverletzung dar.
4 Mit Antrag vom 29. Oktober 2014 begehrte der Revisionswerber einen bescheidmäßigen Abspruch über die Rechtmäßigkeit und die Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung. Dort vertrat er die Auffassung, die Weisung verletze ihn in seinem subjektiven Recht auf Ausübung einer gesetzlich nicht verbotenen Nebenbeschäftigung; sie verstoße sogar gegen das "Willkürverbot", weshalb sie auch nicht zu befolgen sei.
5 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Dezember 2015 wurde festgestellt, dass die Befolgung der in Rede stehenden Weisung zu den Dienstpflichten des Revisionswerbers zähle.
6 Letzterer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. April 2016 änderte dieses den angefochtenen Bescheid aus Anlass der Beschwerde dahingehend ab, dass der Antrag des Revisionswerbers vom 29. Oktober 2014 als unzulässig zurückgewiesen werde. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der maßgeblichen Rechtsvorschriften vertrat das Landesverwaltungsgericht eingangs die Auffassung, der angefochtene Bescheid enthalte zwei rechtlich getrennte Entscheidungen, nämlich die Feststellung, dass die Befolgung der gegenständlichen Weisung zum Kreis der Dienstpflichten des Revisionswerbers zähle, einerseits, sowie die Feststellung, dass die gegenständliche Weisung rechtskonform sei, andererseits.
9 Vorliegendenfalls stelle sich die Rechtsfrage, ob das - von der Dienstbehörde bejahte - rechtliche Interesse des Revisionswerbers an den getroffenen Feststellungen überhaupt vorliege. In diesem Zusammenhang verwies das Landesverwaltungsgericht auf die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2005, 2003/12/0200, vom 12. November 2008, 2005/12/0151, vom 14. Oktober 2009, 2008/12/0182, und vom 4. September 2012, 2012/12/0039, welchen - zusammengefasst - zu entnehmen sei, dass ein Feststellungsbescheid betreffend die gesetzliche Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung nur so lange zulässig sei, als diese vom Beamten noch nicht aufgenommen worden sei. Werde demgegenüber die Klärung der Zulässigkeit der Nebenbeschäftigung vor ihrer tatsächlichen Aufnahme vom Beamten unterlassen, sei die Frage ihrer Zulässigkeit ausschließlich im Disziplinarverfahren zu beurteilen.
10 Sodann heißt es in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses:
"Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich diese
zu Feststellungsbescheiden über die Unzulässigkeit von
Nebenbeschäftigungen entwickelte Rechtsprechung auf den hier
vorliegenden Fall eines Feststellungsbescheides über
1. die Zugehörigkeit der gegenständlichen Weisung zum Kreis
der Dienstpflichten des Beschwerdeführers einerseits und
2. die Feststellung, dass die gegenständliche Weisung
rechtskonform ist,
übertragen lässt.
Dazu ist anhand des hier konkreten Weisungsinhaltes Folgendes festzuhalten: Die Weisung vom 30. September 2014 beschränkt sich sowohl in ihrem normativen Textteil als auch unter Berücksichtigung ihres unter der Überschrift ‚Information' enthaltenen Textteiles auf die individuelle Konkretisierung des bereits aufgrund des § 32 Abs. 2 DPL 1972 geltenden Ausübungsverbotes und enthält somit keinen über das Gesetz hinausgehenden Eingriff in die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers. Soweit der normative Text den Beschwerdeführer zu näher beschrieben Nachweisen über die Befolgung der Weisung verpflichtet, weist der Beschwerdeführer selbst in seinem Feststellungsantrag vom 29. Oktober 2014 (S. 4 oben) zu Recht darauf hin, dass dieser Nachweispflicht keine von der ‚Unterlassungsweisung' trennbare normative Wirkung zukommt. Der normative Textteil der Weisung stellt daher rechtlich eine untrennbare Einheit dar, die - anhand der ‚Information' eindeutig erkennbar - von der belangten Behörde als in ihrer Gesamtheit von § 32 Abs. 2 DPL 1972 gedeckt erachtet wird. Die belangte Behörde wollte somit dem Beschwerdeführer durch die Weisung vom 30. September 2014 keine Pflichten auferlegen, die dieser nicht bereits unmittelbar aufgrund des § 32 Abs. 2 DPL 1972 zu befolgen hatte. Zweck der Weisung war, das Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers anzusprechen, ‚um Missverständnissen vorzubeugen'.
Vor diesem Hintergrund ist das vom Beschwerdeführer - implizit - behauptete Feststellungsinteresse wie folgt zu beurteilen:
Aufgrund des im konkreten Fall auf die Konkretisierung des § 32 Abs. 2 DPL 1972 begrenzten Weisungsinhaltes wäre die Nichtbefolgung der genannten Weisung im Rahmen eines allfälligen Disziplinarverfahrens daraufhin zu prüfen, ob ihr neben der gesetzwidrigen Ausübung einer Nebenbeschäftigung ein eigenständig zu verfolgender Unrechtsgehalt zukommt (VwGH 30.08.2006, 2005/09/0030). Unvorgreiflich dieser disziplinarrechtlichen Beurteilung erscheint aus dienstrechtlicher Sicht die gegenständliche Weisung hinsichtlich ihrer normativen Begrenzung des subjektiven Rechts des Beschwerdeführers auf Ausübung von im Einklang mit § 32 Abs. 2 DPL 1972 stehenden Nebenbeschäftigungen als mit dem gedachten Fall einer negativen Feststellung durch Bescheid als derart weitgehend gleichartig, dass im Lichte der dazu zitierten Rechtsprechung für ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse somit im Ergebnis kein Raum bleibt.
Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund der den Verbotsgehalt des § 32 Abs. 2 DPL 1972 nicht übersteigenden normativen Wirkung der Weisung vom 30. September 2014 mit seinem Feststellungsantrag vom 29. Oktober 2014 kein bescheidtragendes Feststellungsinteresse darzutun vermag. Der angefochtene Bescheid war daher in Richtung einer Zurückweisung dieses Antrages abzuändern."
11 Die Revision sei unzulässig, weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche noch eine solche Rechtsprechung fehle; auch eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege nicht vor.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. Als Zulässigkeitsgrund macht der Revisionswerber die Rechtsfrage geltend, ob die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit eines Feststellungsbescheides betreffend die Zulässigkeit einer bereits aufgenommenen Nebenbeschäftigung auch auf Feststellungsanträge betreffend Weisungen zu übertragen sei, mit denen eine solche Nebenbeschäftigung untersagt wird.
13 Der Revisionswerber macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache entscheiden und dem Antrag des Revisionswerbers vom 30. September 2014 stattgeben; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt.
14 Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie - ebenso wie der Revisionswerber - die Rechtsauffassung vertritt, die Revision sei aus den dort angegebenen Gründen zulässig und auch insoweit berechtigt, als sie sich gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrages vom 29. Oktober 2014 wendet. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hätte rechtens über den Feststellungsantrag inhaltlich - und zwar ebenso wie im angefochtenen Bescheid - abzusprechen gehabt.
15 Die Revisionsgegnerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst im Sinne einer Beschwerdeabweisung entscheiden; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
16 § 27 und § 32 der Dienstpragmatik der Niederösterreichischen Landesbeamten 1972, LGBl. 2200 (im Folgenden: DPL 1972), lauten:
"§ 27
Dienstgehorsam
Der Beamte ist an die Weisungen der Vorgesetzten gebunden und diesen für seine amtliche Tätigkeit verantwortlich. Er kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn sie von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder ihre Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Eine Weisung ist auf Verlangen des Beamten schriftlich zu erteilen. Geschieht dies nicht, gilt die Weisung als zurückgezogen.
...
§ 32
Nebenbeschäftigung
(1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.
(2) Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.
(3) Der Beamte hat der Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt.
(4) Eine Tätigkeit im Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder in einem sonstigen Organ einer auf Gewinn gerichteten juristischen Person des privaten Rechts hat der Beamte jedenfalls zu melden."
17 Die Revision erweist sich - wie die Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkennen - entgegen der den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich als zulässig. Es stellt sich nämlich - wie das Verwaltungsgericht selbst ausführt - vorliegendenfalls die Frage, ob die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit von Feststellungsbescheiden betreffend die Zulässigkeit einer bereits aufgenommenen Nebenbeschäftigung auch auf Feststellungsbescheide betreffend Weisungen zu übertragen ist, mit denen eine solche Nebenbeschäftigung untersagt wird. Die Bedeutung dieser Rechtsfrage geht über den Einzelfall hinaus, weil die Erteilung derartiger Weisungen durch die Dienstbehörden auch in Zukunft in einem gewissen Umfang zu erwarten ist.
18 Zur allgemeinen Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden im Zusammenhang mit Weisungen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Mai 2012, 2011/12/0170, Folgendes ausgeführt:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2011, Zl. 2010/12/0150 mwN).
...
Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens kann einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, das heißt ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist danach zu verneinen, wenn einer der in Art 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt. Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die ‚schlichte' Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berührt; ein Recht auf eine solche bescheidförmige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht jedoch bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtssphäre des Beamten berührt wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. September 2011, Zl. 2010/12/0184 mwN)."
19 Die Feststellung, wonach die Befolgung einer Weisung nicht zu den Dienstpflichten eines Beamten zähle, bedeutet (ausschließlich), dass in Ansehung der Weisung keine Befolgungspflicht besteht. Der Befolgungspflicht könnte aber die Unwirksamkeit der Weisung entgegenstehen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2011, 2010/12/0157).
20 Der eindeutige Spruch des vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich angefochtenen Bescheides vom 21. Dezember 2015 beschränkt sich auf die Feststellung, dass die Befolgung der Weisung vom 30. September 2014 zu den Dienstpflichten des Revisionswerbers zähle. Der Bescheid hat daher - anders als das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich meint - lediglich über die Befolgungspflicht der Weisung, nicht aber über die davon trennbare Frage ihrer "Rechtmäßigkeit" (im Verständnis einer Verletzung subjektiver Rechte des Revisionswerbers) abgesprochen. Die Dienstbehörde war daher in Ansehung des Begehrens des Revisionswerbers vom 29. Oktober 2014, über die "Rechtmäßigkeit" der Weisung abzusprechen, säumig.
21 Da das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund der Beschwerde des Revisionswerbers nur über jene "Sache" absprechen durfte, die Gegenstand der Entscheidung der Dienstbehörde war (welche - wie aufgezeigt - lediglich über die Befolgungspflicht der Weisung absprach), war das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur (hier in Form einer Zurückweisung erfolgten) Entscheidung über den (trennbaren) Antrag, insoweit er die "Rechtmäßigkeit" (im Verständnis der Verletzung subjektiver Rechte des Revisionswerbers) der Weisung betraf, unzuständig.
22 Im Übrigen verweist das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zwar zu Recht darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse eines Beamten betreffend die Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung für den Fall verneint, dass diese ohne vorherige Abklärung ihrer Rechtmäßigkeit aufgenommen wurde. Diese Rechtsprechung erklärt sich daraus, dass der Beamte diesfalls durch die Aufnahme seiner Nebenbeschäftigung ohnedies schon das disziplinarrechtliche Risiko einer Fehlbeurteilung ihrer Zulässigkeit in Kauf genommen hat. Diese Überlegung ist aber auf den hier vorliegenden Fall des späteren Ergehens einer Untersagungsweisung nicht übertragbar:
23 Eine solche Untersagungsweisung - wie hier der erste Absatz der Weisung vom 30. September 2014 - könnte nämlich eine Befolgungspflicht des Beamten selbst dann nach sich ziehen, wenn sie das gesetzliche Verbot des § 32 Abs. 2 DPL 1972 im Einzelfall nicht korrekt umsetzt, also das subjektive Recht des Beamten auf Ausübung einer gesetzlich erlaubten Nebenbeschäftigung verletzt. Dies folgt daraus, dass der Beamte auch rechtswidrige Weisungen, die seine subjektiven Rechte verletzen, zu befolgen hat, sofern keiner der in der vorzitierten Rechtsprechung angeführten Gründe für den Entfall der Befolgungspflicht vorliegt. Daraus folgt wiederum, dass sich durch eine "schlicht" rechtswidrige Untersagungsweisung betreffend eine Nebenbeschäftigung, welche Befolgungspflicht nach sich zieht, die Rechtsstellung des Beamten zu seinem Nachteil gestalten würde.
24 Vor diesem Hintergrund wäre jedenfalls das rechtliche Interesse des Beamten an der Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob die Weisung ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, gegeben, um auf Grund eines derartigen Feststellungsbescheides Druck auf den weisungserteilenden Vorgesetzten auszuüben die Weisung, deren Rechtswidrigkeit festgestellt wurde, zurückzunehmen. Eine Entscheidung über den diesbezüglichen Feststellungsantrag hat - wie oben ausgeführt - die Dienstbehörde nicht getroffen, sodass die Zurückweisung auch dieses Antrages durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich schon infolge seiner (funktionellen) Unzuständigkeit rechtswidrig war. Insoweit war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
25 Vorliegendenfalls hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auch insoweit ein Feststellungsinteresse des Revisionswerbers verneint als sein Antrag die Frage der Befolgungspflicht der Weisung betraf. Auch diese Verneinung erfolgte zu Unrecht:
26 Durch die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung vor Abklärung ihrer Rechtmäßigkeit mit dem Dienstgeber mag der Beamte - wie oben ausgeführt - das Risiko auf sich genommen haben, dass seine Beurteilung gemäß § 32 Abs. 2 DPL 1972 unzutreffend ist.
27 Dieses Risiko ist aber von jenem zu unterscheiden, das den Beamten trifft, der die Frage der Befolgungspflicht einer von ihm als rechtswidrig beurteilten Weisung falsch einschätzt. Indem der Vorgesetzte die Ausübung der Nebenbeschäftigung durch Weisung untersagt, gebraucht er - wie oben aufgezeigt - ein Rechtsinstrument, mit welchem er die Rechtsstellung eines Beamten zu dessen Lasten verändern kann. Vor diesem Hintergrund erschiene es inadäquat, würde man dem Beamten auch das disziplinarrechtliche Risiko einer Fehlbeurteilung der aus der Weisungserteilung selbst resultierenden Rechtsfolgen auferlegen, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, diese Rechtsfolgen in einem Feststellungsverfahren abzuklären.
28 Dass ein solches Risiko nicht bestünde, wird im angefochtenen Erkenntnis nicht explizit behauptet. Sein Fehlen könnte auch aus dem hg. Erkenntnis vom 30. August 2006, 2005/09/0030, nicht abgeleitet werden. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof lediglich ausgesprochen, dass ein als Feststellungsbescheid betreffend die Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung zu wertender, vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobener und unbestimmter Bescheid nicht die disziplinarrechtlichen Wirkungen einer Untersagungsweisung entfalten kann.
29 Im Übrigen ist der Revisionswerber auch insoweit im Recht, als er die Auffassung vertritt, der zweite Absatz der Weisung vom 30. September 2014 gehe über den normativen Gehalt des § 32 Abs. 2 DPL 1972 hinaus, weil der zitierte Absatz offenbar auch eine prozessuale Pflicht des Revisionswerbers begründen soll, nähere Nachweise für die Unterlassung der Fortsetzung seiner Nebenbeschäftigung zu erbringen.
30 Indem das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis, soweit es die Zurückweisung des Feststellungsantrages betreffend die Befolgungspflicht der Weisung betrifft, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
31 Da sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht veranlasst sieht, war das angefochtene Erkenntnis insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
32 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 30. Mai 2017
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