VwGH Ra 2016/10/0113

VwGHRa 2016/10/011324.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des Bürgermeisters der Stadt Graz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 4. August 2016, Zl. LVwG 47.2-1534/2016-16, betreffend Sozialhilfe (mitbeteiligte Partei: I B, verstorben am 24. März 2017, nunmehr: ruhender Nachlass nach I B, vertreten durch Mag. Dr. Regina Schedlberger, Rechtsanwältin in 8045 Graz, Andritzer Reichsstraße 42), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §41;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Steiermark hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19. April 2016 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei "auf Zuzahlung aus Sozialhilfemitteln zu den Heimkosten" für die Unterbringung in einem näher bezeichneten Pflegewohnheim abgewiesen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 4. August 2016 wurde einer dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde Folge gegeben und ausgesprochen, dass "die durch Ersatz- und Beitragsleistungen nicht gedeckten Kosten für die Unterbringung" in einem näher bezeichneten Pflegewohnheim übernommen würden. Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - unter anderem - zugrunde, dass die mitbeteiligte Partei für Rezeptgebühren aufzukommen habe und die "Kosten für Medikamente bzw. Heil- und Behandlungskosten" durchschnittlich zumindest EUR 259,16 pro Monat betragen würden. Dazu vertrat es die Ansicht, dass die mitbeteiligte Partei "der Versorgung mit Heilmitteln (Rezeptgebühren) und Heilbehelfen und der Krankentransporte" bedürfe und diese Kosten als gesonderter Aufwand zu werten seien, der der mitbeteiligten Partei im Rahmen der Hilfe zur Deckung des Lebensbedarfes zu gewähren sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Amtsrevision wird nach auszugsweiser Wiedergabe der §§ 4 und 5 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (Stmk. SHG) und Verweis auf die §§ 8 und 13 Abs. 3 Stmk. SHG geltend gemacht, im Hinblick "auf Pflegeheimbewohner, die keinen Antrag auf Befreiung von der Rezeptgebühr gestellt haben und somit Rezeptgebühren bezahlen, die sie eigentlich nicht bezahlen müssten, findet sich in Zusammenhang mit den oben genannten Gesetzesstellen bis dato keine einzige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs". Da diesbezüglich eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, liege eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.

8 Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, warum das Schicksal der Revision von der Lösung der angesprochenen Frage abhängen sollte. Dem angefochtenen Erkenntnis ist eine Feststellung dahin, dass die mitbeteiligte Partei "keinen Antrag auf Befreiung von der Rezeptgebühr gestellt habe und somit Rezeptgebühren bezahle, die sie eigentlich nicht bezahlen müsste", nicht zu entnehmen. Die Revision - die eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht behauptet - geht damit nicht von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, sondern vom eigenen Tatsachenvorbringen aus, sodass sie sich insoweit nicht als gesetzmäßig ausgeführt erweist. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen aber nicht zuständig (vgl. den hg. Beschluss vom 11. August 2017, Zl. Ro 2015/10/0047, mwN). Zudem ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die belangte Behörde Tatsachenvorbringen, das sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht erstattet hat, im Revisionsverfahren auf Grund des Neuerungsverbotes nicht mehr vorbringen kann (vgl. den hg. Beschluss vom 17. März 2016, Zlen. Ra 2016/22/0017 bis 0019).

9 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2017

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