Normen
12010E018 AEUV Art18;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5 ;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5 Abs6;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art7;
62006CJ0454 Pressetext Nachrichtenagentur VORAB;
62011CJ0226 Expedia VORAB;
62014CJ0549 Finn Frogne VORAB;
BVergG 2006 §141 Abs3;
BVergG 2006 §141 Abs5;
EURallg;
12010E018 AEUV Art18;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5 ;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5 Abs6;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art5;
32007R1370 öffentliche Personenverkehrsdienste Schiene Strasse Art7;
62006CJ0454 Pressetext Nachrichtenagentur VORAB;
62011CJ0226 Expedia VORAB;
62014CJ0549 Finn Frogne VORAB;
BVergG 2006 §141 Abs3;
BVergG 2006 §141 Abs5;
EURallg;
Spruch:
Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat der Revisionswerberin jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Vorgeschichte
1 Die Revisionswerberin behauptete beim Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) in mehreren Vergaberechtsschutzverfahren nach dem Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014) die Unzulässigkeit einer nachträglichen Änderung der Verkehrsdiensteverträge für Wien und Niederösterreich (VDV) und Unzulässigkeit einer Direktvergabe von Schienenpersonenverkehrsleistungen für den Fahrplan 2015/2016 in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zugunsten der Zweitmitbeteiligten.
2 In den vorliegenden Rechtssachen wurden vor dem Verwaltungsgericht mit Antrag vom 6. November 2015 ein Schreiben der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 22. Juli 2015 (Ra 2016/04/0064) sowie mit Antrag vom 19. November 2015 von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten (behaupteter Maßen) in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 12. November 2015 bekanntgegebene Änderungen der VDV (Ra 2016/04/0065) mit Vergaberechtsschutzanträgen bekämpft.
3 Mit Schreiben vom 22. Juli 2015 (Ra 2016/04/0064) gab die erstmitbeteiligte Auftraggeberin unter der Bezeichnung "Fahrplan 2016, Aktualisierungen der Anlagen der Verkehrsdiensteverträge" auf Grundlage des § 5 der zwischen ihr und der Zweitmitbeteiligten abgeschlossenen VDV Änderungen für die Fahrplanperiode 2016 unter anderem betreffend die sogenannten "REX 200-Verkehre" bekannt.
Dieses Schreiben hat (den Feststellungen in dem zu Ra 2016/04/0064 angefochtenen Beschluss zufolge) folgenden Inhalt (("Auslassungen") bereits im angefochtenen Beschluss;
Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Fahrplan 2016, Aktualisierungen der Anlagen der
Verkehrsdiensteverträge
Sehr geehrter Herr ...
Gemäß § 5 Abs. 1 der zwischen der Zweitmitbeteiligten
und der erstmitbeteiligten Auftraggeberin abgeschlossenen Verkehrsdiensteverträge für Wien und Niederösterreich sind Änderungen der in § 4 beschriebenen Verkehrsleistungen, die in der jeweiligen Anlage 3A für jede Fahrplanperiode im Rahmen der bestehenden Verträge Zug scharf konkretisiert werden, zwischen den Vertragspartnern einvernehmlich und schriftlich festzulegen.
Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin gibt hiermit für die Fahrplanperiode 2016 ff Änderungen bekannt:
( ... )
REX 200:
Die REX 200-Verkehre sind wie folgt neu zu strukturieren:
( ... )
Rücknahme des REX200 zwischen W und K
kostenneutrale Verlagerung der eingesparten
Kilometerleistung, sodass im Fahrplanjahr 2016 durch Nutzung der
daraus resultierenden Produktivitätssteigerung von Montag bis
Freitag ... REX 200-Zugpaare zwischen W und S geführt werden können.
( ... )S:
Mit freundlichen Grüßen
..."
4 Das Verwaltungsgericht führte zu weiteren Vergaberechtsschutzanträgen der Revisionswerberin zur behaupteten Unzulässigkeit einer nachträglichen Vertragsänderung, Notvergabe und Direktvergabe von Schienenpersonenverkehrsleistungen für den Fahrplan 2015/2016 durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin (Verfahren VGW-123/061/11058/2015, VGW-123/061/11331/2015 und VGW- 123/061/11065/2015; beim Verwaltungsgerichtshof angefochten zu Ra 2016/04/0059; im Folgenden: Parallelverfahren) am 12. November 2015 eine mündliche Verhandlung durch.
In dieser Verhandlung hätten (behaupteter Maßen) die erstmitbeteiligte Auftraggeberin und die Zweitmitbeteiligte knapp vor Schluss folgende Änderungen "in diesem Verfahren" (offenbar gemeint: Änderungen der VDV) bekanntgegeben (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"REX200-Züge W-S (und retour)
Montag - Freitag ... Züge (... Richtung S, ... Richtung W)
Samstag - Sonntag keine Züge
und (erstmals)
REX200-Züge A-W
Montag - Freitag ... Züge (... Richtung W)
Samstag - Sonntag keine Züge"
5 Gegen das Schreiben vom 22. Juli 2015 (Ra 2016/04/0064)
richtete die Revisionswerberin
- zwei Nachprüfungsanträge vom 6. November 2015 an das Verwaltungsgericht, mit denen beantragt wurde, die mit dem genannten Schreiben getroffene Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens bzw. des Zuschlagsempfängers für nichtig zu erklären und die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zum Pauschalgebührenersatz zu verpflichten, sowie
- einen Antrag auf Feststellung vom 6. November 2015, dass das Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorhergehenden Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden sei und dass die Durchführung einer Vergabe ohne Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung wegen Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen und unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig gewesen sei, verbunden mit Antrag, den Vertrag über die Vergabe der gegenständlichen Schienenverkehrsleistungen an die Zweitmitbeteiligte für nichtig zu erklären und die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zum Pauschalgebührenersatz zu verpflichten.
6 Inhaltlich machte die Revisionswerberin geltend, sie sei ein in Österreich zugelassenes, privates Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) mit Sitz in Wien und Standort in Linz. Sie wende sich gegen die von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin offenbar geplante oder bereits durchgeführte Neuvergabe von öffentlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen an die Zweitmitbeteiligte für das Fahrplanjahr 2015/2016. Dabei handle es sich inhaltlich um eine unzulässige nachträgliche Änderung eines öffentlichen Auftrages oder eine unzulässige Direktvergabe zugunsten der Zweitmitbeteiligten.
7 In ihren gegen die (behaupteten) Erklärungen der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten vom 12. November 2015 gerichteten Nachprüfungsanträgen vom 19. November 2015 (Ra 2016/04/0065) beantragte die Revisionswerberin, die Entscheidung der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 12. November 2015, näher bezeichnete REX 200 Züge zwischen S und W sowie näher bezeichnete Züge zwischen A und W an die Zweitmitbeteiligte zu vergeben, - und die damit offen gelegte Verletzung des Transparenzgrundsatzes bzw. die damit getroffene Wahl des Vergabeverfahrens bzw. die damit getroffene Wahl des Zuschlagsempfängers - für nichtig zu erklären und die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zum Pauschalgebührenersatz zu verpflichten.
In einem in eventu gestellten Antrag vom 19. November 2015 beantragte die Revisionswerberin festzustellen, dass das Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorhergehenden Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden sei; dass die Durchführung einer Vergabe ohne Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung wegen Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen und unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig gewesen sei, und weiters den Vertrag über die Vergabe der gegenständlichen Schienenverkehrsleistungen an die Zweitmitbeteiligte für nichtig zu erklären und die erstmitbeteiligte Auftraggeberin zum Pauschalgebührenersatz zu verpflichten.
Angefochtene Beschlüsse
Beschluss vom 8. April 2016 (Ra 2016/04/0064)
8 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 8. April 2016 wurden die Nachprüfungsanträge sowie der Feststellungsantrag der Revisionswerberin vom 6. November 2015 gemäß § 13 Abs. 7 WVRG 2014 als unzulässig zurückgewiesen (I. und II.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin die Eingabegebühren gemäß § 16 Abs. 1 WVRG 2014 selbst zu tragen habe (III.) und eine ordentliche Revision unzulässig sei (IV.).
9 Begründend führte das Verwaltungsgericht in diesem Beschluss aus, die Revisionswerberin habe im Parallelverfahren beim Verwaltungsgericht bereits eine Stellungnahme der mitbeteiligten Auftraggeberin vom 15. September 2015 angefochten und dabei zwei Nachprüfungsanträge, einen Feststellungsantrag sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 22. September 2015 gestellt.
10 Der Text des Schreibens vom 15. September 2015 wird wiedergegeben und hat (im Wesentlichen) zum Inhalt, dass die erstmitbeteiligte Auftraggeberin
"in Bezug auf den Fahrplan 2016 Abstimmungsgespräche mit dem ausführenden EVU durchgeführt" habe, "um zu evaluieren, inwiefern frei werdende Kapazitäten und Effizienzgewinne eingesetzt werden können, um den höchstmöglichen Fahrgastnutzen im Taktfahrplangefüge im Rahmen der bestehenden Verträge zu erzeugen."
11 Die Vergaberechtsschutzanträge vom 22. September 2015 (gegen die Stellungnahme der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 15. September 2015) seien vom Verwaltungsgericht im Parallelverfahren behandelt worden. Im Parallelverfahren habe das Verwaltungsgericht mehrere mündliche Verhandlungen durchgeführt. Diese Verhandlungen hätten unter Teilnahme der Revisionswerberin, der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten sowie deren Vertreter und rechtsfreundliche Vertreter stattgefunden. Zum Beweis seien der Geschäftsführer und der Prokurist der Revisionswerberin, die Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Auftraggeberin sowie ein Bediensteter der Zweitmitbeteiligten als Partei sowie ein näher bezeichneter Zeuge einvernommen worden.
12 In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 12. November 2015 im Parallelverfahren sei aus den VDV (unter anderem) Folgendes verlesen worden:
"§ 5 Änderungen der Verkehrsleistungen während aufrechter Vertragsdauer
(1) Alle Änderungen der im § 4 beschriebenen und vereinbarten Verkehrsleistungen, sowohl für die nächstfolgenden Jahresnetzfahrplanperioden als auch Änderungen während der laufenden Jahresnetzfahrplanperiode, sind einvernehmlich und schriftlich zwischen den Vertragspartnern festzulegen. Die in den jeweils geltenden Schienennutzungsbedingungen veröffentlichten Bestellfristen sind hierfür zu beachten. Die Erhöhung oder Verminderung des Abgeltungsbetrages richtet sich nach § 9 und Anlage X sowie Anlage X dieses Vertrages."
13 Im Parallelverfahren seien die Anträge der Revisionswerberin (vom 22. September 2015) mit der Entscheidung vom 24. November 2015 gemäß § 13 Abs. 7 WRVG 2014 als unzulässig zurückgewiesen worden.
14 In dieser Entscheidung (im Parallelverfahren) sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der dort angefochtenen Stellungnahme der mitbeteiligten Auftraggeberin (vom 15. September 2015) zunächst die subjektive Absicht der Auftraggeberin zugrunde gelegen sei, eine kostenneutrale Leistungsanpassung der zwischen ihr und der Zweitmitbeteiligten in den Jahren 2011 und 2012 abgeschlossenen Verkehrsdiensteverträge (VDV) vorzunehmen. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens sei (so die Begründung in dieser Entscheidung weiter) davon auszugehen, dass diese Anpassung in erster Linie die sog. "Neubaustrecke" (oder Weststrecke) über das Tullnerfeld betreffe, das derzeitige Leistungsvolumen (beider VDV) im Ausmaß von näher bezeichneten Zugkilometern (ZKM)/Jahr solle durch die Umschichtung einer näher bezeichneten Anzahl von Zugpaaren der Marke "REX200" um näher bezeichnete ZKM/Jahr erhöht werden. Dies solle durch die Auflassung von näher bezeichneten ZKM/Jahr auf näher bezeichneten Strecken und "Umschichtung" iS einer Erweiterung in die genannte Weststrecke erreicht werden.
15 Seinen Feststellungen (in der Entscheidung im Parallelverfahren) habe das Verwaltungsgericht insbesondere die aufgrund der Erörterung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen teilweise unter Ausschluss der Parteienöffentlichkeit und der Öffentlichkeit getätigten Aussagen der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten sowie deren Vertretern in der Verhandlung vom 29. Oktober 2015 und näher bezeichnete Stellungnahmen der Zweitmitbeteiligten zugrunde gelegt.
16 In der Beweiswürdigung (im Parallelverfahren) sei auch das vorliegend angefochtene Schreiben der mitbeteiligten Auftraggeberin vom 22. Juli 2015 an die Zweitmitbeteiligte einbezogen und wie folgt gewürdigt worden (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"So haben die erstmitbeteiligte Auftraggeberin und die Zweitmitbeteiligte schlüssig, lebensnah, widerspruchsfrei und glaubhaft ausgesagt, dass die Umschichtungen ausschließlich jedenfalls ... bis max. ... Zugpaare der Marke ‚REX200' auf der Neubaustrecke betreffen werden. Diese Angaben decken sich mit dem Inhalt der seitens der Antragsgegnerin am 22.7.2015 an die Mitbeteiligte (Beilage./2 des Vergabeaktes) ergangenen Aufforderung, in welcher unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 1 der VDV (Änderungen der Verkehrsleistungen während aufrechter Vertragsdauer) hinsichtlich der REX200 Züge eine Neustrukturierung in Auftrag gegeben wird. Diese beinhaltet - ebenfalls in völliger Übereinstimmung mit den Aussagen der Antragsgegnerin und der Mitbeteiligten in den öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem VGW - eine fahrplantechnische Integration in das Taktverkehrsmodell mit Anbindung an die Taktknoten in S und A, Rücknahme von Leistungen im Abschnitt S - A - S, die Rücknahme des sog. ‚K ... REX200' sowie eine kostenneutrale Verlagerung der eingesparten Kilometerleistung, sodass (wörtlich) ‚im Fahrplanjahr 2016 durch Nutzung der daraus resultierenden Produktivitätssteigerung von Montag bis Freitag ... REX 200- Zugpaare zwischen W und S geführt werden können.
Diese Aufforderung zur Angebotslegung erging am 22.7.2015, sohin zu einem Zeitpunkt, in welchem die erstmitbeteiligte Auftraggeberin (noch) nicht mit einer Anfechtung der zugrundeliegenden Entscheidung gerechnet hat. Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin hat den Inhalt dieser Aufforderung bis zur entsprechenden Verfügung durch den Senat im Bezug habenden Beweisverfahren der Revisionswerberin gegenüber nicht offen legen wollen. Aus diesen Gründen erscheint die sich darin niederschlagende Absicht, nämlich die kostenneutrale Umschichtung von Schienenpersonenverkehrsleistungen (voraus. 13 Zugpaare) gemäß bestehender vertraglicher Bestimmungen der VDV (vgl. insb §§ 3a, 4, 5, 7, 9 und die Bezug habenden Anlagen) absolut glaubwürdig. Hätte es sich nämlich um - wie von der Revisionswerberin vermutet - mehr als jedenfalls ... Zugpaare gehandelt (vgl. die Aussage des F in der Verhandlung vom 29.10.2015, in welcher dieser angab, es müsse sich jedenfalls um ... bis ... Zugpaare handeln), so hätte die erstmitbeteiligte Auftraggeberin wohl nicht konsequent auf der Geheimhaltung dieser - ihre Argumentation im Ergebnis stützenden - Information bestanden.
Glaubwürdig erscheint dem Senat auch, dass der
‚Planungsstand' zum Zeitpunkt der Durchführung der öffentlichen
mündlichen Verhandlungen am 29.10.2015 und am 12.11.2015
hinsichtlich des Einsatzes der Zugpaare bei ... gelegen ist. Damit
hat die Zweitmitbeteiligte nämlich den von der
erstmitbeteiligte Auftraggeberin vorgegebenen Richtwert
von ... Zugpaaren in Umsetzung der Vorgabe der kostenneutralen
‚Umschichtung' in ihrem Sinn und im Sinne ihrer Vertragspartnerin unterschritten und versucht, damit das Auslangen zu finden."
17 Das Verwaltungsgericht habe sich in der Entscheidung im Parallelverfahren mit den auch nunmehr erhobenen Einwänden der Revisionswerberin auseinandergesetzt, aus Widersprüchen zwischen näher bezeichneten Aussagen ergebe sich ein abgestimmtes Verhalten der mitbeteiligten Auftraggeberin und der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (SCHIGmbH), um eine näher bezeichnete Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 8. Februar 2015 zu umgehen. Das Verwaltungsgericht habe keinen Widerspruch der Aussagen erkannt. Diese Widersprüche resultierten im Wesentlichen aus den im ÖPNRV-G normierten teilweise ineinandergreifenden Zuständigkeiten. Dieses System bedinge zwangsläufig ein "Wechselspiel" zwischen der SCHIGmbH als Bundesbestellerin und der erstmitbeteiligten Auftraggeberin als Landesbesteller in den jeweiligen Planungsprozessen. Darüber hinaus seien den Aussagen unterschiedliche Nachprüfungsverfahren, unterschiedliche Zeitpunkte und unterschiedliche Sachverhalte zugrunde gelegen.
18 Zu dem auch im vorliegenden Verfahren gestellten Beweisantrag, das Verwaltungsgericht möge hinsichtlich des Volumens der möglichen Trassenbestellung einen Auszug aus dem sogenannten M-AMA (modulares Auftragsmanagement) beischaffen, habe das Verwaltungsgericht in der genannten Entscheidung im Parallelverfahren ausgeführt, es handle es sich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis. Im Zusammenhang mit den sich im sogenannten M-AMA abbildenden Trassenbestellungen habe die Revisionswerberin keine konkreten Behauptungen, sondern lediglich 'Vermutungen' geäußert. Im Wesentlichen führe sie aus, sie vermute zunächst, dass die erstmitbeteiligte Auftraggeberin andere bzw. zusätzliche Schienenpersonenverkehrsleistungen als von ihr angegeben, "vergebe" und sich dies (vermutlich) im M-AMA abbilden könnte. Diesen Beweisantrag sei nicht nachzukommen gewesen.
19 In rechtlicher Hinsicht habe das Verwaltungsgericht der Entscheidung im Parallelverfahren die zwischen der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten in den Jahren 2011 und 2012 abgeschlossenen Verkehrsdienstverträge für Wien und Niederösterreich (VDV) zugrunde gelegt und sei insbesondere auf Grund deren §§ 4, 5, 7, 8 und 9 sowie den Bezug habenden Anlagen zum Schluss gekommen, dass es sich bei dem der Stellungnahme vom 15. September 2015 zugrundeliegenden Umschichtungen um eine "zulässige derivative Leistungsanpassung" gehandelt habe. Da es sich hierbei nicht um einen Beschaffungsprozess im Sinne der vergaberechtlichen Bestimmungen handle, seien die Anträge zurückzuweisen gewesen.
20 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht weiter aus, die Revisionswerberin bediene als EVU seit 11. Dezember 2011 die Strecke W-S-W im Schienenpersonenverkehr.
21 Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin sei unbestrittenermaßen öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 4 WVRG 2014.
22 Vorliegend sei die Frage zu klären gewesen, ob die im Schreiben der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 22. Juli 2015 als "Fahrplan 2016, Aktualisierungen der Anlagen der Verkehrsdienstverträge" näher bezeichneten Schienenpersonenverkehrsleistungen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren bzw. im Wege einer (vorankündigungspflichtigen) Direktvergabe nach Maßgabe der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (im Folgenden: VO 1370/2007 ) "vergeben" hätten werden müssen. Daher habe das Verwaltungsgericht festzustellen gehabt, ob die von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin geplanten "Umschichtungen" eine Verpflichtung zur "Neuvergabe" bedingten, bei deren Nichteinhaltung die mitbeteiligte Auftraggeberin zumindest die sich aus Art. 5 Abs. 6 iVm Art. 7 Abs. 2 der VO 1370/2007 ergebende Vorankündigungspflicht verletzt habe.
23 Der im vorliegenden Rechtsschutzverfahren angefochtenen Mitteilung der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 22. Juli 2015 liege derselbe Umschichtungsprozess zugrunde, wie er bereits vom Verwaltungsgericht im Parallelverfahren festgestellt worden sei. In der dort angefochtenen Stellungnahme habe die erstmitbeteiligte Auftraggeberin (wörtlich) zum Ausdruck gebracht:
"die von der mitbeteiligten Auftraggeberin vorgenommenen Umschichtungen betreffen das gesamte Fahrplangefüge des Gesamtbestelllos 11."
Diesen Umschichtungen im Gesamtbestelllos 11 sei die kostenneutrale Generierung einer zusätzlichen, näher bezeichneten Anzahl von Zugkilometern/Jahr sowie der Einsatz einer näher bezeichneten Anzahl von REX 200 Zügen auf einer näher bezeichneten Strecke zugrunde gelegen.
Bei den Mitteilungen der mitbeteiligten Auftraggeberin vom 22. Juli 2015 und vom 15. September 2015 handle es sich um solche, die sich auf die Anpassung der VDV bezögen.
24 Den vom Verwaltungsgericht im Parallelverfahren vorgenommenen Feststellungen, der dortigen Beweiswürdigung sowie rechtlichen Würdigung sei in der vorliegenden Rechtssache fallbezogen nichts hinzuzufügen und werde auf die Begründung dieses Beschlusses verwiesen.
25 Sohin sei davon auszugehen, dass es sich bei den geplanten Umschichtungen um eine zulässige derivative Leistungsanpassung im Rahmen der bestehenden Bestimmungen der VDV handle. Daher seien die Anträge der Revisionswerberin vom 6. November 2015 - ungeachtet einer allfälligen Verfristung oder sonstiger Unzulässigkeitsgründe - spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
26 Von der Durchführung einer Verhandlung habe gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 WVRG 2014 abgesehen werden können.
27 Die Entscheidung über den Gebührenersatz begründete das Verwaltungsgericht mit § 16 Abs. 1 WRVG 2014.
Beschluss vom 18. April 2016 (Ra 2016/04/0065)
28 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 18. April 2016 wurden die Nachprüfungsanträge und der Feststellungsantrag der Revisionswerberin vom 19. November 2015 gemäß § 13 Abs. 7 WVRG 2014 als unzulässig zurückgewiesen (I. und II.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin die Eingabegebühren gemäß § 16 Abs. 1 WRVG 2014 selbst zu tragen habe (III.) und eine ordentliche Revision unzulässig sei (IV.). Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es habe sich in diesem Verfahren damit auseinanderzusetzen gehabt, ob die in der Verhandlung vom 12. November 2015 im Parallelverfahren angeblich seitens der erstmitbeteiligten Auftraggeberin bekanntgegebene Direktvergabe einer näher bezeichneten Anzahl von REX200-Zügen zwischen S und W bzw. A und W an die Zweitmitbeteiligte in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren bzw. im Wege einer (vorankündigungspflichtigen) Direktvergabe nach Maßgabe der VO 1370/2007 hätte erfolgen müssen.
Bei der diesbezüglichen Behauptung der Revisionswerberin, die erstmitbeteiligte Auftraggeberin hätte eine derartige Direktvergabe in der Verhandlung bekanntgegeben, handle es sich offensichtlich um eine bloße Rekonstruktion bzw. Vermutung der Revisionswerberin. Diese Behauptung sei von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin ausdrücklich bestritten worden und finde auch keinen Niederschlag im Verhandlungsprotokoll. Dieses sei von den Parteien nicht beeinsprucht worden und liefere vollen Beweis über Ablauf und Inhalt der mündlichen Verhandlung.
Sodann führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen wie im Beschluss vom 8. April 2016 aus und kam wie in diesem Beschluss zum Ergebnis, dass es sich bei den geplanten Umschichtungen um eine zulässige derivative Leistungsanpassung im Rahmen der bestehenden Bestimmungen der VDV handle. Daher seien die Anträge der Revisionswerberin vom 19. November 2015 - ungeachtet einer allfälligen Verfristung oder sonstiger Unzulässigkeitsgründe - spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Revisionen
29 Gegen den Beschluss vom 8. April 2016 richtet sich die zu
Ra 2016/04/0064 protokollierte außerordentliche Revision.
30 Gegen den Beschluss vom 18. April 2016 richtet sich die zu
Ra 2016/04/0065 protokollierte außerordentliche Revision.
31 Beide Revisionen wurden vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a
Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt.
32 Die erstmitbeteiligte Auftraggeberin und die
Zweitmitbeteiligte erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Zulässigkeit
33 Die Revisionen behaupten in ihrer Zulässigkeitsbegründung eine Reihe von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. So sei das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungen von näher bezeichneter Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) abgewichen. Auch bestehe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Prüfung einer allfälligen Veränderung des wirtschaftlichen Gleichgewichtes alleine mit der Prüfung einer nicht näher spezifizierten "Kostenneutralität" entsprochen werden könne.
34 Die Revisionen sind zulässig und berechtigt.
Rechtslage
35 Die maßgeblichen Bestimmungen des WVRG 2014,
LGBl. Nr. 37/2013, lauten:
"Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Landesgesetz regelt die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten und die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen (einschließlich der Vergabe von Baukonzessionen und der Durchführung von Wettbewerben, nicht jedoch der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen) durch folgende Auftraggeberinnen und Auftraggeber (öffentliche Auftraggeberinnen, öffentliche Auftraggeber und öffentliche Unternehmen im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 164 und 165 des Bundesvergabegesetzes 2006 - BVergG 2006 und Auftraggeberinnen oder Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 1 bis 4 des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012 - BVergGVS 2012):
...
(2) Im Sinne des Abs. 1 betreffen die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten und die Nachprüfung jedenfalls die Vergabe von Aufträgen
...
4. durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs. 3 B-VG und des Art. 127a Abs. 3 B-VG,
...
Zuständigkeit
§ 7. (1) Das Verwaltungsgericht Wien ist auf Antrag zur Durchführung der Verfahren nach den Bestimmungen dieses Hauptstückes zuständig. ...
(2) Bis zur Zuschlagserteilung oder Widerrufserklärung ist das Verwaltungsgericht Wien zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2006 oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig
...
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Rahmen der von der Antragstellerin oder vom Antragsteller innerhalb der Antragsfristen (§ 24) geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Verwaltungsgericht Wien zuständig
1. im Rahmen der von der Antragstellerin oder vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006 oder gegen die hierzu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
...
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
...
6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;
7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 betreffend die Vergabe einer Leistung, deren geschätzter Auftragswert zumindest die in den §§ 12 Abs. 1 bzw. 180 Abs. 1 BVergG 2006 genannten Schwellenwerte erreicht, zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 37 Abs. 6.
...
Mündliche Verhandlung
§ 11. ...
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist,
...
Antragsfristen
§ 24. (1) Anträge auf Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung sind bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg binnen 15 Tagen. Die Frist beginnt mit der Absendung der Entscheidung bzw. mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.
...
(3) Bei der Durchführung einer Direktvergabe oder einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung beträgt die Frist sieben Tage ab dem Zeitpunkt, in dem die Antragstellerin oder der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können."
36 § 141 und § 280 Abs. 3 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 128/2013, lauten auszugsweise:
"§ 141. ...
(3) Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro zulässig; die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt. ...
...
§ 280. ...
(3) Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro zulässig; die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt. ..."
37 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates, ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1-13 (VO 1370/2007 ), lauten:
"Artikel 5
Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge
...
(6) Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr - mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- oder Straßenbahnen - direkt zu vergeben. Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 haben diese Aufträge eine Höchstlaufzeit von zehn Jahren, soweit nicht Artikel 4 Absatz 4 anzuwenden ist.
(7) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die gemäß den Absätzen 2 bis 6 getroffenen Entscheidungen wirksam und rasch auf Antrag einer Person überprüft werden können, die ein Interesse daran hat bzw. hatte, einen bestimmten Auftrag zu erhalten, und die angibt, durch einen Verstoß dieser Entscheidungen gegen Gemeinschaftsrecht oder nationale Vorschriften zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts geschädigt zu sein oder geschädigt werden zu können.
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Artikel 7
Veröffentlichung
...
(2) Jede zuständige Behörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass spätestens ein Jahr vor Einleitung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens oder ein Jahr vor der Direktvergabe mindestens die folgenden Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden:
- a) der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde;
- b) die Art des geplanten Vergabeverfahrens;
- c) die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste und Gebiete.
Die zuständigen Behörden können beschließen, diese Informationen nicht zu veröffentlichen, wenn der öffentliche Dienstleistungsauftrag eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 50 000 km aufweist."
Zum Gegenstand der Nachprüfungsverfahren
38 Die Zweitmitbeteiligte bringt vor, die von der Revisionswerberin in den vorliegenden Nachprüfungsverfahren nach dem WVRG 2014 angefochtene Änderung der Verkehrsdiensteverträge für Wien und Niederösterreich für das Fahrplanjahr 2015/2016 sei bereits Gegenstand des Parallelverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (hg. angefochten zu Ra 2016/04/0059) gewesen. Da alle Nachprüfungsverfahren dieselbe Entscheidung der erstmitbeteiligten Auftraggeberin beträfen, läge entschiedene Sache vor.
39 Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass nach § 141 Abs. 3 und 5 BVergG 2006 iVm der Verordnung 1370/2007 bei der (beabsichtigten) Direktvergabe von Aufträgen nach Art. 5 Abs. 6 der genannten Verordnung nicht nur die Wahl des Vergabeverfahrens, sondern sämtliche im Zuge des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung tretende Festlegungen des Auftraggebers anfechtbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2016, Ra 2016/04/0139, mwN).
Zur Änderung der VDV
40 Die Revisionen wenden sich in der Sache gegen die "offenbar geplante oder bereits durchgeführte Neuvergabe" von öffentlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen durch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin an die Zweitmitbeteiligte für das Fahrplanjahr 2015/2016. Inhaltlich handle es sich dabei nach Auffassung der Revisionswerberin um eine unzulässige nachträgliche Änderung eines öffentlichen Auftrages oder eine unzulässige Direktvergabe zugunsten der Zweitmitbeteiligten. So seien durch die konkreten Änderungen für den Fahrplan 2016 in den Anlagen zum VDV die essentialia negotii des Vertragsverhältnisses verändert worden.
41 Unbestritten ist, dass die VDV zwischen der erstmitbeteiligten Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten in den Jahren 2011 und 2012 abgeschlossen wurden.
42 Vergaberechtlich strittig ist in den vorliegenden Rechtssachen, ob die in Rede stehenden Änderungen des VDV einer neuerlichen vergaberechtlichen Bekanntmachung (Veröffentlichung nach Art. 7 der VO 1370/2007 ) bedurft hätten.
Zu den Auslegungsleitlinien der Kommission
43 In diesem Zusammenhang bringt die Revisionswerberin vor, das Verwaltungsgericht habe bei der Behandlung dieser Frage zu Unrecht die Auslegungsleitlinien der Kommission zur VO 1370/2007 nicht beachtet (Verweis auf die Mitteilung der Kommission über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, 2014/C 092/01, ABl. C 92 vom 29.3.2014). Zur Frage, wie sich das Verhältnis von VO 1370/2007 und nationalem Vergaberecht durch diese Auslegungsleitlinien der Kommission verändere, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes vor.
Zu diesem Vorbringen ist auf die Rechtsprechung des EuGH hinzuweisen, wonach derartige Bekanntmachungen der Kommission für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2013, 2010/04/0070, mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2012 in der Rechtssache C- 226/11 , expedia, zur sogenannten De-minimis-Bekanntmachung der Europäischen Kommission im Bereich des Europäischen Wettbewerbsrechts).
Zu den vom Unionsrecht vorgegebenen vergaberechtlichen Rahmenbedingungen für die Prüfung der Zulässigkeit einer Änderung bestehender Verträge ist alleine die Rechtsprechung des EuGH maßgeblich.
In diesem Sinne führt die Kommission selbst in der genannten Mitteilung aus, dass sie in dieser Mitteilung ihr Verständnis einiger Bestimmungen der Verordnung erläutere, die Auslegung des EU-Rechts jedoch in jedem Fall Sache des Gerichtshofes der Europäischen Union bleibe (1. Einleitung).
Die Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Finn Frogne"
44 Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer Änderung bestehender Verträge hat der EuGH im Urteil vom 7. September 2016 in der Rechtssache C-549/14 , Finn Frogne A/S gegen Rigspolitiet ved Center for Beredskabskommunikation, ECLI:EU:C:2016:634, wie folgt ausführlich Stellung genommen:
"28 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stehen der
Grundsatz der Gleichbehandlung und die daraus folgende Transparenzpflicht dem entgegen, dass der öffentliche Auftraggeber und der Zuschlagsempfänger nach der Vergabe eines öffentlichen Auftrags dessen Bestimmungen so verändern, dass sie sich von den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags wesentlich unterscheiden. Dies ist der Fall, wenn die beabsichtigten Änderungen den Auftrag in großem Umfang um ursprünglich nicht vorgesehene Bestandteile erweitern, wenn sie das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags zugunsten des Auftragnehmers ändern oder wenn sie Anlass zu Zweifeln an der Auftragsvergabe geben, und zwar in dem Sinne, dass, wenn diese Änderungen in den Unterlagen des ursprünglichen Vergabeverfahrens enthalten gewesen wären, entweder ein anderes Angebot den Zuschlag erhalten hätte oder andere Bieter hätten zugelassen werden können (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06 , EU:C:2008:351, Rn. 34 bis 37).
29 Was den letztgenannten Fall betrifft, ist darauf
hinzuweisen, dass eine Änderung der Auftragsbestandteile, die in einer bedeutenden Verringerung des Auftragsgegenstands besteht, dazu führen kann, dass der Auftrag für eine größere Zahl von Wirtschaftsteilnehmern durchführbar wird. Soweit nämlich der ursprüngliche Umfang des Auftrags so groß war, dass nur bestimmte Unternehmen in der Lage waren, sich zu bewerben oder ein Angebot abzugeben, ist eine Verringerung des Umfangs geeignet, den Auftrag auch für kleinere Wirtschaftsteilnehmer interessant zu machen. Überdies kann eine Reduzierung des Auftragsgegenstands, da die für einen bestimmten Auftrag gestellten Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein müssen, eine proportionale Verringerung der an die Leistungsfähigkeit der Bewerber und Bieter gestellten Anforderungen mit sich bringen.
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30 Grundsätzlich darf eine wesentliche Änderung eines
öffentlichen Auftrags nach dessen Vergabe nicht freihändig von dem öffentlichen Auftraggeber und dem Zuschlagsempfänger vorgenommen werden, sondern sie muss zu einem neuen Vergabeverfahren über den so geänderten Auftrag führen (vgl. entsprechend Urteil vom 13. April 2010, Wall, C-91/08 , EU:C:2010:182, Rn. 42). Etwas anderes kann nur gelten, wenn diese Änderung in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags eingeplant war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06 , EU:C:2008:351, Rn. 37, 40, 60, 68 und 69).
...
37 Obwohl der Grundsatz der Gleichbehandlung und die
Transparenzpflicht auch bei besonderen öffentlichen Aufträgen zu beachten sind, hindert dies nämlich nicht daran, auf deren spezifische Eigenschaften Rücksicht zu nehmen. Das entsprechende rechtliche Gebot und die betreffenden konkreten Erfordernisse sind dadurch in Einklang zu bringen, dass einerseits die Auftragsbedingungen, wie sie in den entsprechenden Unterlagen festgelegt wurden, bis zum Abschluss der Phase der Erfüllung des Auftrags strikt eingehalten werden, andererseits aber der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit hat, sich in diesen Unterlagen ausdrücklich die Befugnis vorzubehalten, bestimmte, selbst wichtige Bedingungen nach der Vergabe des Auftrags anzupassen. Indem er sich diese Befugnis ausdrücklich vorbehält und in den besagten Unterlagen die Modalitäten festlegt, unter denen davon Gebrauch gemacht wird, gewährleistet der öffentliche Auftraggeber, dass sämtliche an dem Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hiervon von Anfang an Kenntnis haben und daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt sind (vgl. entsprechend Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P , EU:C:2004:236, Rn. 12, 115, 117 und 118).
38 Fehlt es hingegen an solchen Bestimmungen in den
Auftragsunterlagen, erfordert die Notwendigkeit, für einen bestimmten öffentlichen Auftrag auf alle Wirtschaftsteilnehmer dieselben Bedingungen anzuwenden, die Eröffnung eines neuen Vergabeverfahrens (vgl. entsprechend Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P , EU:C:2004:236, Rn. 127).
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40 Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu
antworten, dass Art. 2 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass ein öffentlicher Auftrag nach seiner Vergabe nicht wesentlich geändert werden darf, ohne dass ein neues Vergabeverfahren eröffnet wird, selbst wenn die betreffende Änderung objektiv eine Vergleichsvereinbarung darstellt, die von Seiten beider Parteien wechselseitige Zugeständnisse beinhaltet und dazu dient, einen Streit mit ungewissem Ausgang beizulegen, der aus einer Störung des Vertragsverhältnisses entstanden ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Auftragsunterlagen sowohl die Befugnis vorsehen, bestimmte, selbst wichtige Bedingungen nach der Auftragsvergabe anzupassen, als auch die Modalitäten regeln, nach denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird."
45 Ausgehend von dieser Rechtsprechung des EuGH ist daher maßgeblich, ob die Auftragsunterlagen (die Bedingungen des bereits geschlossenen Vertrages) die Befugnis (des öffentlichen Auftraggebers) vorsehen, bestimmte Bedingungen nach der Auftragsvergabe anzupassen, und auch die Modalitäten regeln, nach denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. Rn. 40 und Tenor des Urteils).
46 Der EuGH spricht bei der Umschreibung dieser Befugnis von "bestimmten Bedingungen" ("certaines conditions" bzw. "certain conditions"). Daraus ist zu schließen, dass eine Vertragsklausel, die eine Befugnis zur nachträglichen Anpassung des abgeschlossenen Vertrages beinhaltet, die anzupassenden Bedingungen des Vertrages entsprechend zu konkretisieren hat und in diesem Sinn eine Bestimmtheit aufweisen muss.
Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich mit einer allgemein gehaltenen Vertragsklausel völlig unbeschränkt die Möglichkeit nachträglicher Änderungen einräumen kann. Dies würde zunächst den aus dem AEUV hervorgehenden Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie der sich daraus ergebenden Transparenzpflicht widersprechen, auf die der EuGH im Urteil "Finn Frogne" hinweist (Rn. 34).
Dafür spricht auch, dass der EuGH bei seiner Aussage, ein Vertrag kann wesentlich geändert werden, "wenn diese Änderung in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags eingeplant war" (Rn. 30) auf seine Vorjudikatur im Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06 , EU:C:2008:351, Rn. 37, 40, 60, 68 und 69, verweist. In diesem Urteil ging es um konkretisierte Bedingungen des Vertrages (eine vorgesehene Unterbeauftragung, die Umrechnung der Preise in Euro und die Anpassung einer Wertsicherungsklausel).
47 Der EuGH fordert im Urteil "Finn Frogne" auch die Transparenz derartiger Vertragsklauseln. So hält der EuGH fest, dass der öffentliche Auftraggeber bei derartigen Vertragsklauseln gewährleistet, dass sämtliche an dem Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer hiervon von Anfang an Kenntnis haben und daher bei der Abfassung ihres Angebots gleichgestellt sind (Rn. 37).
Dies setzt voraus, dass der ursprünglich geschlossene Vertrag samt der Vertragsklausel, die seine nachträgliche Änderung ermöglicht, den interessierten Wirtschaftsteilnehmern vorab zur Kenntnis gebracht wurde.
Fallbezogene Beurteilung
48 In den vorliegenden Rechtssachen weist das Verwaltungsgericht auf § 5 der VDV hin. Diese Bestimmung ist mit "Änderungen der Verkehrsleistungen während aufrechter Vertragsdauer" überschrieben und hat zum Inhalt, dass alle Änderungen der im § 4 der VDV beschriebenen und vereinbarten Verkehrsleistungen sowohl für die nächstfolgenden Jahresnetzfahrplanperioden als auch Änderungen der laufenden Jahresnetzfahrplanperiode einvernehmlich und schriftlich zwischen den Vertragspartnern festzulegen sind. Dabei sind die in den jeweils geltenden Schienennutzungsbedingungen veröffentlichten Bestellfristen zu beachten.
49 Auch die erstmitbeteiligte Auftraggeberin verweist in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, dass die kostenneutrale Umschichtung auf bestehende Vertragsanpassungsklauseln gestützt wurde und verweist auf die oben angeführten Feststellungen des Verwaltungsgerichtes. Diese Vertragsanpassungsklauseln beruhten auf detaillierten und nachprüfbaren Kalkulationsvorschriften und entsprächen aus diesem Grund den Anforderungen der Rechtsprechung, dass die Änderungsmöglichkeit ebenso wie die Modalitäten ihrer Durchführung ausdrücklich festgelegt sein müssten. Die Vertragsanpassung beruhe daher auf der Ausübung eines ausdrücklich vorbehaltenen Änderungsrechts.
50 Ebenso bringt die zweitmitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung vor, es habe sich um eine derivative Vertragsanpassung gehandelt, die in dem § 5 der beiden VDV vorgesehen gewesen sei.
51 Aufbauend auf diese Vertragsbestimmung hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass es sich bei den von der erstmitbeteiligten Auftraggeberin geplanten Umschichtungen um eine zulässige Leistungsanpassung im Rahmen der bestehenden Bestimmungen der VDV handle.
52 Das Verwaltungsgericht stützt diese Auffassung allein auf § 5 der VDV. Diese Vertragsbestimmung regelt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH "Finn Frogne" die Modalitäten, nach denen von der Befugnis einer nachträglichen Vertragsänderung Gebrauch gemacht werden soll. So wird das Erfordernis des Einvernehmens (das in der Regel jeder Vertragsänderung ohnehin innewohnt), der Schriftlichkeit und der Beachtung der Bestellfristen vorgesehen. Die Vertragsbedingungen, die geändert werden sollen bzw. können, werden in dieser Bestimmung jedoch nur ansatzweise konkretisiert. So ist von Verkehrsleistungen "während aufrechter Vertragsdauer" und für eine bestimmte Jahresnetzfahrplanperiode die Rede. Ansonsten verweist diese Vertragsklausel zur Beschreibung der betroffenen Leistungen auf § 4 und zu den - offenbar unverändert bleibenden - Abgeltungsbedingungen auf § 9 und zwei Anlagen X der VDV. Weitere Feststellungen dieser Vertragsbestimmungen im Hinblick auf die zu fordernde Bestimmtheit fehlen in den angefochtenen Beschlüssen (etwa ob § 4 eine nähere Konkretisierung im Hinblick auf Zug-Kilometer pro Jahr vornimmt und damit die anzupassenden Leistungen entsprechend eingrenzt).
53 Aber auch im Hinblick auf die zu fordernde Transparenz der Änderungsklausel fehlen entsprechende Feststellungen in den angefochtenen Beschlüssen: Das Verwaltungsgericht spricht pauschal von der Anpassung der "in den Jahren 2011 und 2012 abgeschlossenen" VDV für Wien und NÖ. Offen bleibt, ob diese VDV und die in diesen enthaltene Änderungsklausel der Revisionswerberin im Sinne der Ausführungen des EuGH zur Transparenz derartiger Klauseln auch bekanntgemacht worden sind bzw. bekannt wurden.
In diesem Zusammenhang wäre hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Revisionswerberin in zeitlicher Hinsicht Folgendes zu beachten: So bedient die Revisionswerberin nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes diese Strecke als EVU erst seit 11. Dezember 2011. Es ist auch auf das im Zusammenhang mit einem vergaberechtlichen Feststellungsverfahren der Revisionswerberin (betreffend eine Vorinformation vom 12. Dezember 2009 nach der VO 1370/2007 über eine Direktvergabe "Linienbündel Bundesgebiet") ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2014, 2011/04/0134, hinzuweisen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen bzw. den Zuschlag zu erhalten, durch eine behauptete Rechtswidrigkeit dann nicht beeinträchtigt werden kann, wenn nach den unbestrittenen Sachverhaltsannahmen davon auszugehen ist, dass die (nunmehrige) Revisionswerberin die auftragsgegenständliche Leistung - jedenfalls in zeitlicher Hinsicht - nicht vollständig erbringen kann, weil sie erst zu einem (hier: mehrere Monate) nach Vertragsabschluss liegenden Zeitpunkt ihren Betrieb aufnimmt.
54 Ohne diese Feststellungen zur Bestimmtheit und Transparenz der Änderungsklausel in den bestehenden VDV kann nicht beurteilt werden, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es handle sich um eine zulässige Vertragsanpassung, nach der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Finn Frogne" zu Recht erfolgt ist.
55 Das Argument der Kostenneutralität, welches das Verwaltungsgericht für seine Auffassung heranzieht, bei den festgestellten Änderungen der VDV für das Fahrplanjahr 2015/2016 habe es sich nicht um einen Beschaffungsvorgang im Sinne der vergaberechtlichen Bestimmungen gehandelt, ist dagegen nach der Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Finn Frogne" für sich genommen nicht haltbar. So hat der EuGH in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass selbst eine Verringerung des Umfanges eines Auftragsgegenstandes im Hinblick auf die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer eine wesentliche Änderung darstellen kann (Rn. 29).
Sekundärer Verfahrensmangel
Nach dem Obgesagten fehlen für die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, bei den festgestellten Änderungen der VDV für das Fahrplanjahr 2015/2016 habe es sich nicht um einen Beschaffungsvorgang im Sinne der vergaberechtlichen Bestimmungen, insbesondere jener der VO 1370/2007 gehandelt, entsprechende Feststellungen (zur Bestimmtheit und Transparenz der Änderungsklausel). Dabei hat das Verwaltungsgericht die oben dargestellte jüngste Rechtsprechung des EuGH "Finn Frogne" nicht berücksichtigt, sodass es sich um einen sekundären Verfahrensmangel handelt.
Ausgehend davon war auf die von der zweitmitbeteiligten Partei behauptete Verfristung der Anträge der Revisionswerberin (nach § 24 Abs. 3 WVRG 2014) nicht einzugehen.
Ergebnis
56 Die angefochtenen Beschlüsse waren daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
57 Von der beantragten mündlichen Verhandlung wird gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen (vg. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ro 2014/03/0035, mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung des EGMR).
58 Im Hinblick auf die rezente Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache "Finn Frogne" war der Anregung der Revisionswerberin, der Verwaltungsgerichtshof möge an den EuGH einen Antrag auf Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV zu näher bezeichneten Rechtsfragen des Unionsrechts stellen, nicht näher zu treten. Aufwandersatz
59 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. März 2017
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