VwGH Ra 2016/03/0086

VwGHRa 2016/03/008621.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei B L in B, vertreten durch Dr. Andrew P. Scheichl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8-9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 26. April 2016, Zl LVwG-AV-404/001-2015, betreffend Entziehung der Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

12007P/TXT Grundrechte Charta Art16;
32009R1071 Kraftverkehrsunternehmer Art6 Abs1;
32009R1071 Kraftverkehrsunternehmer Art6 Abs2 lita;
EURallg;
GelVerkG 1996 §5 Abs1 Z1;
GelVerkG 1996 §5 Abs1;
GelVerkG 1996 §5 Abs3 Z3;
GelVerkG 1996 §5 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
VwRallg;

 

Spruch:

Das Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 I. Sachverhalt

2 A. Nach dem angefochtenen Erkenntnis betreibt die Revisionswerberin ein Mietwagengewerbe mit Omnibussen in B. Mit Bescheid vom 22. Oktober 2009 hatte der Landeshauptmann von Niederösterreich der Revisionswerberin die "Konzession für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Fahrzeugen unter Beistellung des Lenkers aufgrund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen-Gewerbe mit Omnibus) mit 9 Fahrzeugen" für den Standort in B, F-straße, erteilt. Darüber hinaus verfügt die Revisionswerberin seit dem 23. Juni 2009 über die Gewerbeberechtigung für die "Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Personenkraftwagen) unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge (Mietwagen-Gewerbe), eingeschränkt auf die Verwendung von 9 PKW mit bis zu 9 Sitzplätzen incl. Lenkersitz". Im Unternehmen der Revisionswerberin sind 25 Dienstnehmer beschäftigt. Die Betriebsanlage besteht aus einer Abstellfläche für die Fahrzeuge, einer Einstellhalle mit Werkstätte und einem Büro.

3 Die Revisionswerberin habe das Unternehmen im Jahr 2010 von ihren Eltern übernommen. Das Unternehmen habe damals aus dem hier verfahrensgegenständlichen Mietwagengewerbe mit Omnibussen, einem Taxigewerbe mit neun Fahrzeugen sowie einem Abschleppgewerbe bestanden. Die Revisionswerberin habe schon zuvor in dem Unternehmen mitgearbeitet, jedoch keine Entscheidungsbefugnis gehabt. Sie habe nach der Übernahme des Unternehmens mit privaten Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Ihr Vater sei an Krebs erkrankt und im Jahr 2010 verstorben. Diese Probleme hätten in das Unternehmen hinein gespielt und zu einer Überforderung der Revisionswerberin geführt.

4 Im Rahmen des Linienbusbetriebs für die Ö sei es zu Arbeitszeitüberschreitungen gekommen. Der Revisionswerberin sei zwar seitens der Ö bestätigt worden, dass hinsichtlich der Linienführungen und Fahrzeiten alles in Ordnung sei, letztendlich habe es aber zahlreiche Lenkzeitüberschreitungen gegeben, die sich aus verkehrsbedingten Verzögerungen ergeben hätten. Die Revisionswerberin habe der Behörde keine Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt. Weiters sei es zu zahlreichen Geschwindigkeitsüberschreitungen gekommen, die zum überwiegenden Teil aus der Tätigkeit des Taxigewerbes hergerührt hätten. Im Rahmen des Taxigewerbes seien regelmäßig Probleme aufgetreten, ua habe sich auch ein Bürgermeister beschwert, dass die Lenker in seiner Gemeinde regelmäßig zu schnell gefahren seien. Mitte 2013 habe die Revisionswerberin das Taxigewerbe geschlossen. Die Lenker im Liniendienst hätten in regelmäßigen Abständen Verpflichtungserklärungen unterschreiben müssen, worin festgehalten gewesen sei, was ihnen als Lenker verboten wäre. Über die Revisionswerberin seien von der Bezirkshauptmannschaft Baden drei Straferkenntnisse und 27 Strafverfügungen mit Geldstrafen in einer Summe von insgesamt EUR 9.145,-- verhängt worden.

5 Im Fall von Geschwindigkeitsüberschreitungen habe die Revisionswerberin die Anonymverfügungen und Strafverfügungen an die Lenker weitergegeben und sich darauf verlassen, dass die betreffenden Lenker die Strafen einzahlen würden. In zahlreichen Fällen hätten die Lenker die Einzahlung aber unterlassen, woraufhin das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden bzw die Strafverfügungen rechtskräftig geworden seien und nunmehr als Vormerkungen bei der Bezirkshauptmannschaft Baden aufschienen. In der Zwischenzeit habe die Revisionswerberin ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet, um zu verhindern, dass ihre Lenker weiterhin Geschwindigkeitsüberschreitungen begingen. Die Revisionswerberin fahre den Lenkern ua nach und kontrolliere das Verhalten der Linienbuslenker im Straßenverkehr. Zuletzt habe sie einen Lenker gekündigt, der beim Fahren telefoniert habe.

6 Das Taxiunternehmen und das Abschleppunternehmen hätten in den vergangenen Jahren immer negativ bilanziert, weshalb die Revisionswerberin diese auch geschlossen habe. Mit der Schließung des Taxiunternehmens sei ein Großteil der Probleme weggefallen, und das Gesamtunternehmen entwickle sich positiv. Die Autobuslinien seien mit der Ö neu verhandelt worden, wodurch sich die Auftragslage verbessert habe. Die Revisionswerberin habe dennoch hohe Außenstände, wobei sich die Kreditverbindlichkeiten auf EUR 11.000,-- im Monat beliefen.

7 B. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 6. März 2015 wurde der Revisionswerberin die Konzession für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen unter Beistellung des Lenkers aufgrund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen-Gewerbe mit Omnibus) mit neun Fahrzeugen im Standort B, F-straße, entzogen.

8 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass an sich schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994 (GewO) vorlägen, wenn Übertretungen zu schwerwiegenden verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen geführt hätten. Ein schwerwiegender Verstoß gegen die Rechtsvorschriften sei aber auch dann anzunehmen, wenn durch eine Vielzahl von geringeren Übertretungen ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten zu befürchten sei. In diesem Fall ergebe sich die mangelnde Zuverlässigkeit als zwingende Rechtsvermutung aus den genannten schwerwiegenden Verstößen. Lägen daher an sich schwere Verstöße oder eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen gegen die maßgeblichen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen vor, so ergebe sich zwingend die mangelnde Zuverlässigkeit.

9 Die Behörde habe hier keinen Ermessensspielraum, die Gewerbeberechtigung sei zu entziehen. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, sei die Revisionswerberin in insgesamt 29 (mittlerweile: 30) Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund dieser Anzahl an Verstößen gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, die bei der Gewerbeausübung zu beachten seien, ergebe sich daher die zwingende Rechtsvermutung, dass die Revisionswerberin nicht die für die Gewerbeausübung im Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Einerseits sei auch eine Vielzahl von nicht an sich schweren Verstößen gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen schwerwiegend, andererseits sei die erforderliche Zuverlässigkeit nicht proportional von der Anzahl der im Gewerbe eingesetzten Fahrzeuge abhängig. Werde eine große Anzahl von Fahrzeugen im Gewerbe eingesetzt, so führe eine mangelnde Zuverlässigkeit zwar zu mehr Übertretungen, aber gerade aus diesem Umstand werde eine erhöhte Zuverlässigkeit erforderlich sein.

10 C. Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin am 3. April 2015 Beschwerde.

11 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 26. April 2016 wies das Verwaltungsgericht diese Beschwerde nach § 28 VwGVG als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

12 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass § 5 Abs 1 iVm Abs 3 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (GelverkG) unter dem Begriff der Zuverlässigkeit nicht nur die Zuverlässigkeitsregelungen im Sinne der GewO, sondern auch Tatbestände über die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben zusammenfasse und in diesem Sinne von einem weiten Begriff der Zuverlässigkeit ausgehe. Die einzelnen von der Revisionswerberin zu verantwortenden Verwaltungsübertretungen wiesen für sich genommen zwar nur einen geringen Unrechtsgehalt auf, und es seien von der Verwaltungsstrafbehörde lediglich Geldstrafen im unteren Bereich des gesetzlich jeweils möglichen Strafrahmens verhängt worden. Sie stellten aber in ihrer Gesamtheit in einem relativ kurzen Zeitraum eine besonders schwerwiegende Verletzung der bei der Ausübung des Personenbeförderungsgewerbes zu beachtenden Vorschriften dar.

13 Aufgrund dieser fortlaufenden Missachtung der die Sicherheit des Straßenverkehrs regelnden Bestimmungen sei davon auszugehen, dass die geforderte Zuverlässigkeit auf Seiten der Revisionswerberin nicht vorliege, sei sie doch offensichtlich über mehrere Jahre nicht in der Lage gewesen, eine rechtskonforme Ausübung des verfahrensgegenständlichen Gewerbes zu gewährleisten. Auch wenn man die von ihr im Unternehmen mittlerweile umgesetzten Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Gesetzesverstöße zu ihren Gunsten bewerte, sei festzuhalten, dass ihre letzte rechtskräftige Bestrafung im Oktober 2014 noch nicht so lange zurückliege, als dass das Wohlverhalten im seither verstrichenen Zeitraum zu einer Wiedererlangung der Zuverlässigkeit geführt hätte. Der Entzug der Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen erweise sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass mehrere Tatbestände des Art 6 Abs 1 lit a und b der Verordnung (EG) Nr 1071/2009 bzw des § 5 Abs 3 Z 3 GelverkG verwirklicht worden seien, nicht als unverhältnismäßig.

14 D. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Revisionswerberin rügt, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, und bringt weiters dazu insbesondere vor, dass es sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht unterlassen hätten, eine Verhältnismäßigkeitsabwägung in Bezug auf die Auslegung des Begriffs "schwerwiegende Verstöße" vorzunehmen. Bei einer Gewichtung der vorgeworfenen Verstöße in Bezug auf den Zeitraum der Übertretungen könne unter Berücksichtigung der Zahl der eingesetzten Fahrzeuge und deren Kilometerleistung nicht von schwerwiegenden Verstößen gesprochen werden. Der Revisionswerberin seien lediglich Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt worden, die für sich genommen einen geringen Unrechtsgehalt aufwiesen und bei denen lediglich Geldstrafen im unteren Bereich des gesetzlich möglichen Strafrahmens verhängt worden seien. Von einem kurzen Zeitraum könne schon deswegen nicht gesprochen werden, weil die Übertretungen einen Zeitraum von über vier Jahren abdeckten. Die Verwaltungsübertretungen bezögen sich auf den Betrieb von insgesamt neun Fahrzeugen. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Revisionswerberin das Taxigewerbe, auf das der überwiegende Teil der Verwaltungsübertretungen zurückzuführen sei, bereits seit Mitte 2013 nicht mehr ausübe. Die Sichtweise des Verwaltungsgerichts führe zwangsläufig auch zu einer massiven Ungleichbehandlung: Konzessionsinhaber, deren Lenker sich einer Vielzahl von Verwaltungsübertretungen schuldig machten, die in Form von Anonymverfügungen beglichen würden, schienen in keinem Vormerksystem auf, was letztendlich dazu führe, dass in solchen Fällen ein Verfahren zur Entziehung der Konzession wegen schwerwiegender Verstöße nicht eingeleitet werden könne. Wenn nun aber der Gesetzgeber offenkundig davon ausgehe, dass derartige Verwaltungsübertretungen keinen Niederschlag in einer Verlässlichkeitsprüfung fänden, müsse dies auch zwingend für solche Verwaltungsübertretungen gelten, die nur deswegen als Strafverfügung personalisiert aufschienen, weil die Einzahlung der zugrundeliegenden Anonymverfügung verabsäumt worden sei. Andernfalls könnte ein und dasselbe Delikt in einem Fall dem Konzessionsinhaber die Zuverlässigkeit absprechen, weil er eine Anonymverfügung nicht einbezahle und daher eine Strafverfügung erhalte, und im anderen Fall außer Betracht bleiben, weil die Anonymverfügung beglichen werde, obwohl in beiden Fällen das gleiche Schutzgut in der gleichen Intensität verletzt worden sei.

15 E. Der vor dem Verwaltungsgericht belangte Landeshauptmann erstattete eine dagegen gerichtete Revisionsbeantwortung.

16 II. Rechtslage

17 A. Die hier einschlägigen Bestimmungen der auch vom Verwaltungsgericht genannten Verordnung (EG) Nr 1071/2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers, ABl 2009/L 300/51 (VO), lauten auszugsweise:

"DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

...

in Erwägung nachstehender Gründe:

...

(9) Hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters

gilt die Anforderung, dass er nicht wegen schwerwiegender Straftaten verurteilt worden sein darf und gegen ihn keine Sanktionen verhängt worden sein dürfen wegen eines schwerwiegenden Verstoßes, insbesondere gegen Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des Kraftverkehrs. Eine Verurteilung eines Verkehrsleiters oder eines Kraftverkehrsunternehmens in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder gegen sie verhängte Sanktionen aufgrund schwerster Verstöße gegen Gemeinschaftsvorschriften sollten zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen, sofern die zuständige Behörde sich vergewissert hat, dass vor ihrer endgültigen Entscheidung ein ordnungsgemäß abgeschlossenes und dokumentiertes Ermittlungsverfahren, in dem die wesentlichen Verfahrensrechte eingeräumt waren, stattgefunden hat und angemessene Rechte zur Einlegung von Rechtsbehelfen gewährleistet waren."

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1. ‚Beruf des Güterkraftverkehrsunternehmers' die Tätigkeit jedes Unternehmens, das im gewerblichen Verkehr die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder mit Fahrzeugkombinationen ausführt;

2. ‚Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers' die Tätigkeit jedes Unternehmens, das eine der Öffentlichkeit oder bestimmten Benutzergruppen angebotene Personenbeförderung gegen Entgelt der beförderten Person oder des Veranstalters der Beförderung ausführt, und zwar mit Kraftfahrzeugen, welche nach ihrer Bauart und ihrer Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, einschließlich des Fahrers mehr als neun Personen zu befördern;

3. ‚Beruf des Kraftverkehrsunternehmers' den Beruf des Personen- oder Güterkraftverkehrsunternehmers;

4. ‚Unternehmen' entweder jede natürliche Person, jede juristische Person mit oder ohne Erwerbszweck, jede Vereinigung oder jeder Zusammenschluss von Personen ohne Rechtspersönlichkeit und mit oder ohne Erwerbszweck sowie jede amtliche Stelle - unabhängig davon, ob diese über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt oder von einer Behörde mit Rechtspersönlichkeit abhängt -, die bzw. der die Beförderung von Personen durchführt, oder jede natürliche oder juristische Person, die die Beförderung von Gütern zu gewerblichen Zwecken durchführt;

5. ‚Verkehrsleiter' eine von einem Unternehmen beschäftigte natürliche Person oder, falls es sich bei diesem Unternehmen um eine natürliche Person handelt, diese Person selbst oder gegebenenfalls eine von diesem Unternehmen vertraglich beauftragte andere natürliche Person, die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeiten dieses Unternehmens leitet;

6. ‚Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers' eine Verwaltungsentscheidung, durch die einem Unternehmen, das die in dieser Verordnung geregelten Voraussetzungen erfüllt, gestattet wird, den Beruf des Kraftverkehrsunternehmers auszuüben;

7. ‚zuständige Behörde' eine einzelstaatliche, regionale oder kommunale Behörde in einem Mitgliedstaat, die zum Zwecke der Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers prüft, ob ein Unternehmen die in dieser Verordnung geregelten Voraussetzungen erfüllt, und die befugt ist, eine Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers zu erteilen, auszusetzen oder zu entziehen;

8. ‚Niederlassungsmitgliedstaat' den Mitgliedstaat, in dem ein Unternehmen niedergelassen ist, ungeachtet des Umstandes, ob der Verkehrsleiter aus einem anderen Land stammt."

"Artikel 3

Anforderungen für die Ausübung des Berufs des Kraftverkehrsunternehmers

(1) Unternehmen, die den Beruf des Kraftverkehrsunternehmers ausüben, müssen:

a) über eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in

einem Mitgliedstaat verfügen;

b) zuverlässig sein;

c) eine angemessene finanzielle Leistungsfähigkeit besitzen

und

d) die geforderte fachliche Eignung besitzen.

(2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, zusätzliche verhältnismäßige und nicht diskriminierende Anforderungen festzulegen, die die Unternehmen im Hinblick auf die Ausübung des Berufs des Kraftverkehrsunternehmers erfüllen müssen.

...

Artikel 6

Voraussetzungen bezüglich der Anforderung der Zuverlässigkeit

(1) Vorbehaltlich Absatz 2 des vorliegenden Artikels legen die Mitgliedstaaten fest, welche Voraussetzungen ein Unternehmen und ein Verkehrsleiter erfüllen müssen, damit die Anforderung der Zuverlässigkeit nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist.

Bei der Entscheidung darüber, ob ein Unternehmen diese Anforderung erfüllt hat, berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Verhalten des Unternehmens, seiner Verkehrsleiter und gegebenenfalls anderer vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmter maßgeblicher Personen. Jede Bezugnahme in diesem Artikel auf verhängte Urteile und Sanktionen oder begangene Verstöße schließt die gegen das Unternehmen selbst, seine Verkehrsleiter und gegebenenfalls andere vom jeweiligen Mitgliedstaat bestimmte maßgebliche Personen verhängten Urteile und Sanktionen bzw. die von diesen begangenen Verstöße ein.

Die in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen umfassen mindestens Folgendes:

a) Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des

Verkehrsunternehmens darf nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:

i) Handelsrecht,

ii) Insolvenzrecht,

iii) Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,

iv) Straßenverkehr,

v) Berufshaftpflicht,

vi) Menschen- oder Drogenhandel, und

b) gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen

darf in keinem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer

schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion verhängt worden sein

wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen

Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden Bereichen:

i) Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie

Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,

ii) höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der

Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,

iii) Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,

iv) Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich

der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,

v) Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden

Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des

grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs,

vi) Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der

Straße,

vii) Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in

bestimmten Fahrzeugklassen,

viii) Führerscheine,

ix) Zugang zum Beruf,

x) Tiertransporte.

(2) Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b

gilt Folgendes:

a) Wurde gegen den Verkehrsleiter oder das

Verkehrsunternehmen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion wegen schwerster Verstöße gegen Gemeinschaftsvorschriften gemäß Anhang IV verhängt, so führt die zuständige Behörde des Niederlassungsmitgliedstaats rechtzeitig auf geeignete Art und Weise ein ordnungsgemäß abgeschlossenes Verwaltungsverfahren, gegebenenfalls einschließlich einer Prüfung in den Räumlichkeiten des betreffenden Unternehmens, durch.

In dem Verfahren ist festzustellen, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde. Alle Feststellungen sind gebührend zu begründen und zu rechtfertigen.

Würde die Aberkennung der Zuverlässigkeit ihres Erachtens eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen, so kann die zuständige Behörde feststellen, dass die Zuverlässigkeit nicht beeinträchtigt ist. In diesem Fall wird die Begründung in das einzelstaatliche Register aufgenommen. Die Zahl solcher Entscheidungen wird in dem in Artikel 26 Absatz 1 genannten Bericht aufgeführt.

Stellt die Aberkennung der Zuverlässigkeit nach Auffassung der zuständigen Behörde keine unverhältnismäßige Reaktion dar, so führt die Verurteilung oder Sanktion zur Aberkennung der Zuverlässigkeit.

b) Die Kommission erstellt eine Liste der Kategorien, Arten

und Schweregrade der gegen die Gemeinschaftsvorschriften begangenen schwerwiegenden Verstöße, die neben den in Anhang IV aufgeführten Verstößen zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen können. Die Mitgliedstaaten tragen den Informationen über solche Verstöße, auch den von anderen Mitgliedstaaten erhaltenen Informationen, Rechnung, wenn sie die Prioritäten für die Kontrollen nach Artikel 12 Absatz 1 festlegen.

Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung, die diese Liste betreffen, werden nach dem in Artikel 25 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Zu diesem Zweck handelt die Kommission wie folgt:

i) Sie legt die Kategorien und Arten von Verstößen fest, die am häufigsten festgestellt werden;

ii) sie definiert die Schwere der Verstöße nach der von

ihnen ausgehenden Gefahr tödlicher und schwerer Verletzungen; und

iii) sie setzt die Zahl der Verstöße fest, bei deren

Überschreiten wiederholte Verstöße als schwerwiegendere Verstöße eingestuft werden, und zwar unter Berücksichtigung der Zahl der Fahrer, die vom Verkehrsleiter für die Verkehrstätigkeit eingesetzt werden.

(3) Die Anforderung nach Artikel 3 Absatz Buchstabe b gilt so lange als nicht erfüllt, wie eine Rehabilitierungsmaßnahme oder eine andere Maßnahme gleicher Wirkung gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften nicht erfolgt ist."

18 B. § 5 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, BGBl Nr 112/1996 idF BGB I Nr 32/2013 (GelverkG), lautet auszugsweise:

"Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession

§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 erfüllt sind:

1. die Zuverlässigkeit,

2. die finanzielle Leistungsfähigkeit,

3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) und

4. eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in

Österreich.

Z 1 bis 4 gilt auch für die nicht von der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 erfassten Gewerbe. Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 4) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer daran unmittelbar angrenzenden Gemeinde über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Strafen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hiervon unberührt. Die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist vor der Erteilung der Konzession aufzufordern, zur Frage der Leistungsfähigkeit des Betriebes eine Stellungnahme abzugeben.

...

(3) Die Zuverlässigkeit ist, abgesehen von den in Art. 6

Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 geregelten Fällen,

insbesondere dann nicht gegeben, wenn

1. der Antragsteller, Gewerbeberechtigte oder der

Verkehrsleiter von einem Gericht zu einer drei Monate

übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr

als 180 Tagessätzen verurteilt wurde, solange die Verurteilung

weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem

Strafregister unterliegt (§§ 1 bis 6 Tilgungsgesetz 1972,

BGBl. Nr. 68), oder

2. dem Antragsteller, dem Gewerbeberechtigten oder dem

Verkehrsleiter aufgrund der geltenden Vorschriften die Bewilligung

zur Ausübung des Personenbeförderungsgewerbes rechtskräftig

entzogen wurde oder

3. der Antragsteller, der Gewerbeberechtigte oder der

Verkehrsleiter wegen schwerwiegender Verstöße gegen die

Vorschriften über

a) die für den Berufszweig geltenden Entlohnungs- und

Arbeitsbedingungen oder

b) die Personenbeförderung, insbesondere die Lenk- und

Ruhezeiten der Fahrer, die Gewichte und Abmessungen der

Kraftfahrzeuge und die Sicherheit im Straßenverkehr und der

Kraftfahrzeuge, den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften

in Bezug auf die Berufspflichten,

rechtskräftig bestraft wurde.

..."

19 C. § 87 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 48/2015 (GewO), lautet auszugsweise:

"§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

1. auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder

...

3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße

gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch tur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt ...

..."

20 III. Erwägungen

21 A. Die Revision ist - wie sich aus dem Folgenden ergibt - zulässig, zumal auch ausreichende Rechtsprechung für die Verwaltungsgerichte bindende Leitlinien bislang fehlte. Sie ist auch begründet.

22 B. Die Revisionswerberin ist auf dem Boden des dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde gelegten Sachverhaltes und der Begriffsbestimmung in Art 2 Z 5 VO als "Verkehrsleiter" iS dieser VO einzustufen. Für die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters gilt auf dem Boden der genannten VO die Anforderung, dass er nicht wegen schwerwiegender Straftaten verurteilt worden sein darf und gegen ihn keine Sanktionen wegen eines schwerwiegenden Verstoßes, insbesondere gegen unionsrechtliche Vorschriften im Bereich des Kraftverkehrs verhängt worden sein dürfen. Die Verurteilung eines Verkehrsleiters oder eines Kraftfahrunternehmers in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder gegen sie verhängte Sanktionen aufgrund schwerster Verstöße gegen unionsrechtliche Vorschriften sollen zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen, sofern die zuständige Behörde sich vergewissert hat, dass vor ihrer endgültigen Entscheidung ein ordnungsgemäß abgeschlossenes und dokumentiertes Ermittlungsverfahren, in dem die wesentlichen Verfahrensrechte eingeräumt waren, stattgefunden hat und angemessene Rechte zur Einlegung von Rechtsbehelfen gewährleistet waren (Erwägungsgrund 9 zur Verordnung 1071/2009 ).

Art 6 Abs 2 lit a zweiter Satz VO verlangt, dass in dem Verfahren zur Aberkennung der Zuverlässigkeit mit Blick auf die in Art 6 Abs 1 Unterabsatz 3 lit b VO getroffene Regelung festzustellen ist, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde, wobei alle Feststellungen gebührend zu begründen und rechtzufertigen sind. Daraus ergibt sich, dass in einem solchen Verfahren zwingend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist, bei der alle zugunsten und zulasten des Betroffenen sprechenden Umstände in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen sind, wobei etwa auch auf das in Art 16 GRC (Charta der Grundrechte der europäischen Union) verankerten Grundrecht der unternehmerischen Freiheit ("Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.") Bedacht zu nehmen ist.

23 C. Das GelverkG legt in § 5 Abs 1 die zusätzlich zu den Bestimmungen der GewO geltenden Voraussetzungen für die Ausübung des Gelegenheitsverkehrsgewerbes fest. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen. § 5 Abs 3 GelverkG regelt im Besonderen die für die Ausübung des Gelegenheitsverkehrsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit, wobei es sich bei den Z 1 bis 3 nur um eine demonstrative Aufzählung handelt. Der Tatbestand der Z 3 umfasst dabei schwerwiegende verwaltungsrechtliche Verstöße. Durch die Einschränkung auf "schwerwiegende" Verstöße wird sichergestellt, dass nicht schon jede geringfügige Verletzung der genannten Rechtsvorschriften den Antritt zum Gewerbe unmöglich macht oder zu einer Entziehung der Gewerbeberechtigung führt. Durch diese Bestimmung werden vor allem jene Verstöße erfasst, die mit der Ausübung des Gelegenheitsverkehrsgewerbes in engem Zusammenhang stehen: insbesondere gewerberechtliche, kraftfahrrechtliche, straßenpolizeiliche sowie arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften (ErläutRV 680 BlgNR 18. GP , 6 f).

24 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgehalten hat, fasst § 5 Abs 1 GelverkG im Zusammenhang mit Abs 3 unter dem Begriff der Zuverlässigkeit nicht nur Zuverlässigkeitsregelungen im Sinne der GewO, sondern auch Tatbestände über die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben zusammen und geht in diesem Sinn von einem weiten Begriff der Zuverlässigkeit aus. Ferner hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 5 Abs 3 GelverkG gegenüber § 87 Abs 1 Z 1 und 3 GewO besondere Bestimmungen getroffen (VwGH vom 26. Mai 2014, 2013/03/0153).

25 D. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass die Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GelverkG auch dann als nicht mehr gegeben angesehen werden kann, wenn mehrere durch rechtskräftige Bestrafungen geahndete Verstöße zwar jeweils für sich genommen noch nicht, aber in ihrer Gesamtheit als schwerer Verstoß im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 GelverkG zu werten sind (VwGH vom 27. Jänner 2010, 2007/03/0131). Einen solchen Fall erblickt der Verwaltungsgerichtshof insbesondere bei einer besonders hohen Anzahl von Verstößen, die wiederholt gesetzt wurden und trotz ansteigender Geldstrafen zu keiner Verhaltensänderung des Betroffenen geführt haben. Die Anzahl, Schwere und Beharrlichkeit der Verstöße müssen geeignet sein, nachdrücklich aufzuzeigen, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit in Bezug auf die notwendige Einhaltung der insbesondere für die Sicherheit des Straßenverkehrs, aber auch betreffend andere für den gegenständlichen Berufszweig erlassener Normen nicht mehr besitzt (vgl idS VwGH vom 24. Mai 2012, 2011/03/0062).

26 E. Zulasten der Revisionswerberin fällt im gegenständlichen Fall ins Gewicht, dass sie nach den maßgebenden Feststellungen insgesamt in 30 Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig bestraft wurde, und Geldstrafen in einer Summe von insgesamt EUR 9.145,-- über sie verhängt wurden.

27 Auf dem Boden der auch vom Verwaltungsgericht angesprochenen Bestimmung des Art 6 Abs 2 lit a zweiter Satz VO hatte dieses aber auch zu prüfen, ob - wie erwähnt - in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten die Aberkennung der Zuverlässigkeit eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde, und seine diesbezügliche Entscheidung "gebührend zu begründen und zu rechtfertigen".

28 Eine solche nähere Beurteilung im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat das Verwaltungsgericht aber nicht vorgenommen, sondern zu seiner Annahme, dass der Konzessionsentzug nicht unverhältnismäßig sei, lediglich darauf hingewiesen, dass in einem relativ kurzen Zeitraum, wobei die letzte Bestrafung noch nicht lange zurücklag, mehrere Tatbestände des Art 6 Abs 1 lit a und b VO bzw des § 5 Abs 3 Z 3 GelverkG verwirklicht worden seien. Damit kann aber diese nähere Beurteilung nicht ersetzt werden. Schon insofern wurde das Verwaltungsgericht der Rechtslage nicht gerecht.

29 In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung etwa die von der Revisionswerberin ihrem Vorbringen nach getroffenen Maßnahmen zur künftigen Verhinderung der Begehung schwerwiegender Verstöße im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 GelverkG nicht ausreichend berücksichtigt. So hat es nicht in Betracht gezogen, ob die Revisionswerberin (wie sie ausführt) die von ihr betriebenen Autobuslinien mit der Ö neu verhandelt hat, um sicherzustellen, dass es zu keinen weiteren Lenkbzw Arbeitszeitüberschreitungen kommt, die sich aus verkehrsbedingten Verzögerungen ergeben haben. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch nicht gewürdigt, dass sich die Revisionswerberin im Bereich der Lenk- und Arbeitszeitüberschreitungen zwischen ihrer Bestrafung am 18. Oktober 2012 und der Fällung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses am 26. April 2016 - also über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren und sechs Monaten - offenbar keine weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen mehr zuschulden hat kommen lassen. Weiters hat das Verwaltungsgericht der Tatsache nicht hinreichend Rechnung getragen, dass die Revisionswerberin das Taxigewerbe, aus welchem offenbar der überwiegende Teil der Geschwindigkeitsüberschreitungen stammt, bereits Mitte 2013 geschlossen hat, und dass sie seitdem lediglich wegen neun weiterer Geschwindigkeitsüberschreitungen bestraft wurde. Schließlich hat sich das Verwaltungsgericht auch nicht damit auseinandergesetzt, ob die Revisionswerberin, wie sie vorbringt, in der Zwischenzeit ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet hat, um zu verhindern, dass ihre Lenker weiterhin Verstöße gegen die Vorschriften über die Sicherheit im Straßenverkehr begehen, indem sie ua Lenkern nachfahre und das Verhalten der Linienbusfahrer im Straßenverkehr kontrolliere bzw einen Lenker gekündigt habe, der beim Fahren telefonierte.

30 F. Im vorliegenden Fall kann seine Beurteilung nicht dadurch gestützt werden, dass das Verwaltungsgericht die im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zugunsten der Revisionswerberin sprechenden Umstände - soweit sie auf ihrem eigenen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung beruhen - im Konjunktiv gehalten hat, und damit offenlässt, ob bzw inwieweit diese behaupteten Umstände zutreffen. Dass diese im Konjunktiv gehaltenen Umstände unter die Überschrift "Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens hatte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt anzusehen (richtig wohl: auszugehen):" gesetzt wurden, vermag daran nichts zu ändern. Vielmehr wird in diesem Zusammenhang nicht klargestellt, ob bzw inwieweit das Verwaltungsgericht die geltend gemachten Umstände sachverhaltsmäßig als gegeben annimmt (vielmehr erweckt der Gebrauch des Konjunktivs den Eindruck, dass das Gericht an der Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Umstände Zweifel hegt).

31 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat aber die ordnungsgemäße Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG aus den drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen 1. einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. einer schlüssigen Beweiswürdigung und

3. einer auf den festgestellten Tatsachen beruhenden rechtlichen Beurteilung zu bestehen (VwGH vom 27. Jänner 2017, Ra 2015/03/0059 mwH). Die bloße Zitierung von Beweisergebnissen wie zB von Zeugen- oder auch Parteienaussagen ist weder erforderlich noch hinreichend, die Aufzählung aufgenommener Beweise mag zweckmäßig sein (VwGH vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0067). Diesen Anforderungen wird die eben beschriebene Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtes nicht gerecht (vgl dazu etwa VwGH vom 5. April 2017, Ra 2017/11/0006).

32 IV. Ergebnis

33 A. Das angefochtene Erkenntnis war daher nach § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

34 B. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. Juni 2017

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