Normen
62014CJ0518 Senatex VORAB;
UStG 1994 §11 Abs1 Z3 litb;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei erklärte - nach den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts - für das Jahr 2009 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Tätigkeit auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betrafen die Vermietung eines im Jahr 2009 angeschafften Geschäftslokals an ihren Ehegatten, der in diesen Räumen sein Versicherungsmaklerbüro betrieb. Die Mitbeteiligte hatte für diese Überlassung von Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 zur Regelbesteuerung optiert. Sie machte in der Umsatzsteuererklärung für 2009 die Vorsteuern aus den Anschaffungskosten des Gebäudes geltend und unterwarf die monatlichen Mietzahlungen der Umsatzsteuer, woraufhin sie vom Finanzamt erklärungsgemäß vorläufig zur Umsatzsteuer und Einkommensteuer veranlagt wurde.
2 Im Jahr 2011 erfolgte eine Außenprüfung bei der Mitbeteiligten betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2009. Die Prüferin qualifizierte die Vermietung des Geschäftslokales an den Ehegatten als nicht fremdüblich. Zudem sei der Großteil der im Jahr 2009 beanspruchten Vorsteuern deswegen nicht abzugsfähig, weil keine ordnungsgemäße Rechnung des Bauträgers vorliege. Diese Rechnung enthalte nämlich keine Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (im Folgenden UID) der Mitbeteiligten. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ mit 18. August 2011 einen endgültigen Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2009, in dem die Umsätze aus der Vermietung außer Ansatz gelassen und die Vorsteuern aus dem Ankauf der Wohnung nicht in Abzug gebracht wurden. Im endgültigen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2009 vom selben Tag wurden die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht angesetzt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den dagegen erhobenen (nunmehrigen) Beschwerden der Mitbeteiligten Folge und änderte die bekämpften Bescheide entsprechend ab. Begründend führte es - nach Bejahung der Fremdüblichkeit des revisionsgegenständlichen Mietverhältnisses - aus, in dem Monat, in dem die Rechnung gelegt worden sei, sei eine Leistung vorgelegen, wobei der Rechnung im Zeitpunkt der Ausstellung die UID der Mitbeteiligten gefehlt habe, weil diese erst zwei Monate später vom Finanzamt an die Mitbeteiligte vergeben worden sei. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 habe die Vertragspartnerin der Mitbeteiligten die ursprüngliche Rechnung vom 16. März 2009 um die UID der Mitbeteiligten ergänzt. Damit sei vor Rechtskraft der Entscheidung über die Umsatzsteuer 2009 nicht nur ein Leistungsaustausch zwischen zwei Unternehmern und die Lieferung der Wohnung für das Unternehmen der Mitbeteiligten, sondern auch eine ordnungsgemäße Rechnung über diesen Vorgang vorgelegen. Aus näher dargestellter Rechtsprechung des EuGH sei abzuleiten, dass im Falle einer Berichtigung einer (formell unvollständigen) Rechnung vor Ergehen einer behördlichen Entscheidung diese Rechnung als ursprünglich richtig eingebracht zu betrachten und ein Vorsteuerabzug im ursprünglichen Voranmeldungszeitraum zu gewähren sei, um den Grundsatz der Steuerneutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten.
4 Die ordentliche Revision hat das Bundesfinanzgericht zugelassen, weil "die Beurteilung des Zeitpunktes des VorSt(euer‑
)Abzuges ... der Judikatur des VwGH ... widerspricht".
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Finanzamts, die selbst keine weiteren Zulässigkeitsgründe geltend macht.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 Die Revision erweist sich als unzulässig.
10 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH vom 26. April 2017, Ro 2015/13/0011, sowie vom 20. Dezember 2016, Ro 2014/15/0037).
11 Mit Erkenntnis vom 1. Juni 2017, Ro 2015/15/0039, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Berichtigung von Rechnungen befasst, die einem geltend gemachten Vorsteuerabzug zu Grunde lagen und in denen (lediglich) die gesetzlich anzugebende UID eines Vertragspartners (dort: des leistenden Unternehmers) fehlte, wobei diese fehlende Angabe noch während der Außenprüfung durch die Finanzverwaltung berichtigt wurde. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH vom 15. September 2016, C-518/14 , Senatex, in einer solchen Fallkonstellation - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - von einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung auszugehen ist und der Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung daher für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem die (zwischenzeitlich berichtigte) Rechnung ursprünglich ausgestellt worden ist.
12 Damit hat der Verwaltungsgerichtshof aber die - vom Bundesfinanzgericht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierte - Rechtsfrage bereits gelöst und eine rückwirkende Rechnungsberichtigung im Falle einer (allein) fehlenden Angabe der UID einer Vertragspartei und ihrer Ergänzung im laufenden Abgabenverfahren anerkannt. Die im angefochtenen Erkenntnis getroffene Entscheidung steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. Juni 2017
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