Normen
KStG 1988 §11 Abs1 Z4;
KStG 1988 §12;
KStG 1988 §9 Abs1;
KStG 1988 §9 Abs6 Z1;
KStG 1988 §11 Abs1 Z4;
KStG 1988 §12;
KStG 1988 §9 Abs1;
KStG 1988 §9 Abs6 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten, eine ab dem Jahr 2006 einer Unternehmensgruppe als Gruppenmitglied angehörende inländische GmbH, machte für die Jahre 2005 und 2006 Finanzierungsaufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH geltend. Der Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2005 und der Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für das Jahr 2006 ergingen zunächst erklärungsgemäß.
2 Im Zuge einer Außenprüfung wurde die Feststellung getroffen, bei den nicht auf Darlehenszinsen entfallenden Geldbeschaffungskosten für den Anteilserwerb habe es sich nicht um "Zinsen" im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, gehandelt.
3 Das Finanzamt folgte dem mit Bescheiden vom 11. August 2010. Es nahm die Verfahren wieder auf und erließ neue Sachbescheide, in denen die strittigen Geldbeschaffungskosten nicht mehr anerkannt wurden.
4 Im Verfahren über die von der Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten dagegen erhobene, vom Bundesfinanzgericht in der Folge als Beschwerde zu behandelnde Berufung machte das Finanzamt mit Schriftsatz vom 25. Februar 2015 u.a. geltend, die strittigen Kosten seien keine Bereitstellungsgebühren im Sinne des in der Zwischenzeit ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2014, 2011/15/0199, gewesen. Es handle sich um eine "Pauschalberechnung diverser Kosten (...), General Project Fees (Finance Related)' bzw. ‚General Project Fees Post Closing Work (Finance Related)' (...) und ‚Debt Arrangement Fees' bzw. ‚Debt Arrangement Fees - Debt Advisory'".
5 In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht stellte das Finanzamt außer Streit, dass der Anteilserwerb fremdfinanziert gewesen sei. Auf Grund der vorliegenden Rechnung seien aber Kosten weiterverrechnet worden, bei denen es sich nach Ansicht des Finanzamtes "nicht um Kosten der Geldbeschaffung, sondern zum Teil vermutlich um Projektkosten" gehandelt habe. Die Mitbeteiligte erwiderte, es handle sich "eindeutig und unmittelbar um mit der Finanzierung im Zusammenhang stehende Kosten", um eine "Weiterverrechnung von Bankkosten, Provisionen sowie Kosten im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung der Finanzierung". Das Finanzamt hielt dem entgegen, es lägen (gemeint offenbar: auch insoweit) "unstrittig Geldbeschaffungskosten und nicht de(m) engen Zinsbegriff unterliegende" Kosten vor.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmen Folge, weil das Vorliegen von "Geldbeschaffungskosten" kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund gewesen sei. Die Beschwerde gegen die neuen Sachbescheide sei damit gegenstandslos.
7 In seinen rechtlichen Erwägungen legte das Bundesfinanzgericht ohne nähere Befassung mit der Zusammensetzung der strittigen "Geldbeschaffungskosten" dar, strittig sei deren Abzugsfähigkeit "insbesondere" unter dem Gesichtspunkt der Zugrundelegung einer "weiten" oder "engen" Interpretation des Begriffes "Zinsen".
8 Der unabhängige Finanzsenat habe in einem "im Wesentlichen gleichgelagerten Fall" - gemeint: der Bereitstellungsgebühren betreffende - näher dargelegte Rechtsansichten vertreten und der Verwaltungsgerichtshof die dagegen erhobene Amtsbeschwerde mit dem Erkenntnis vom 27. Februar 2014, 2011/15/0199, abgewiesen. In Teilen des Schrifttums sei danach die Ansicht vertreten worden, mit dem erwähnten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof zwar Bereitstellungsgebühren, aber nicht auch andere "Geldbeschaffungskosten" in den Zinsenbegriff des § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 einbeziehen wollen. Diese Ansicht sei abzulehnen. Der Verwaltungsgerichtshof habe dargelegt, dass sich aus den Gesetzesmaterialien kein "Hinweis auf eine Einschränkung des Zinsenbegriffes" ergebe.
9 Das Bundesfinanzgericht schließe sich der Rechtsansicht "in der oben erwähnten Berufungsentscheidung" des unabhängigen Finanzsenates an. Zu verweisen sei auch auf Rechtsprechung des BFH sowie auf Literaturmeinungen zum Begriff der "Schuldzinsen" in § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988. Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes sei der Verwaltungsgerichtshof für § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 von keinem "zusätzlichen", zwar Bereitstellungsgebühren, aber nicht "auch sonstige Geldbeschaffungskosten" umfassenden Zinsenbegriff ausgegangen. Die auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes folgende Gesetzesänderung durch das Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40, sei für den Streitzeitraum "unbeachtlich".
10 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für unzulässig, weil "die hier aufgeworfene Rechtsfrage vom VwGH in seinem Erkenntnis Zl. 2011/15/0199 vom 27. Februar 2014 in Prüfung gezogen und beurteilt wurde, wobei das gegenständliche Erkenntnis den dortigen Ausführungen folgt".
11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamtes, die sich primär darauf stützt, dass es im vorliegenden Fall - anders als in dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen - nicht um "Bereitstellungsgebühren" gehe.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Mitbeteiligte erwogen:
13 Aufwendungen für einen Anteilserwerb wie den hier vorliegenden unterliegen grundsätzlich dem Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988, wovon § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 - in der hier maßgebenden Fassung noch ohne die durch das Budgetbegleitgesetz 2014 vorgenommene Einschränkung - für "Zinsen in Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung des Erwerbes" eine Ausnahme normiert. Im Einzelnen kann dazu gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis vom 27. Februar 2014, 2011/15/0199, verwiesen werden.
14 Hinzuweisen ist auch darauf, dass dieses Erkenntnis eine Gruppenträgerin betraf. Demgemäß ist auch dem im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht und in der Revisionsbeantwortung geltend gemachten Eventualstandpunkt der Mitbeteiligten, das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988, ohne das es der Subsumtion unter § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 nicht bedürfe, komme im Rahmen der Gruppenbesteuerung nicht zum Tragen, nicht beizupflichten (vgl. unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 27. Februar 2014 Molterer, ÖStZ 2015, 569 (573 f)). Als gemäß § 9 Abs. 1 KStG 1988 zuzurechnendes "Ergebnis" des Gruppenmitglieds gilt nach § 9 Abs. 6 Z 1 KStG 1988 "das Einkommen" des Gruppenmitglieds, bei dessen Ermittlung auch § 12 KStG 1988 zu beachten ist (vgl. in diesem Sinn, jeweils m.w.N., Pinetz/Stefaner in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg), KStG2, § 9 Rz 163; Vock in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer - KStG 1988, 26. Lfg (Juni 2015), § 9 Tz 399 und 401; Blasina/Kallina, a.a.O., § 11 Tz 16;
Blasina, a.a.O., 25. Lfg (November 2014), § 12 Tz 149;
allgemein auch das Erkenntnis vom 30. Oktober 2014, 2011/15/0112).
15 Das Erkenntnis vom 27. Februar 2014 gründet sich nicht auf die Rechtsausführungen in dem damit bestätigten Berufungsbescheid des unabhängigen Finanzsenates und bringt auch nicht auf andere Weise zum Ausdruck, dass der Begriff "Zinsen" in § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 alle "Geldbeschaffungskosten" umfasse. Es nimmt - anders als der unabhängige Finanzsenat im damals entschiedenen Fall und nunmehr das Bundesfinanzgericht - im Besonderen auch nicht Bezug auf den Begriff der "Schuldzinsen" in § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 und die dazu - im dort gegebenen Zusammenhang - vertretenen Meinungen.
16 Nach Ablehnung der Ansicht, aus den Gesetzesmaterialien sei "eine Einschränkung des Zinsenbegriffes" ableitbar, wird in dem Erkenntnis vom 27. Februar 2014 zunächst auf ein Erkenntnis zu § 7 Z 1 GewStG 1953 verwiesen, worin der Ansicht, der in dieser Bestimmung genannte Begriff "Zinsen" sei "eng auszulegen", entgegengetreten und festgehalten wurde, als Zinsen sei "jeder Betrag" zu qualifizieren, "der als Entgelt für die Nutzung des Wirtschaftsgutes ‚Kapital' anzusehen ist" (Erkenntnis vom 29. Mai 1981, 2882/79, VwSlg 5597/F). Daran anknüpfend wird die zur selben Bestimmung vertretene Ansicht von Philipp wiedergegeben, wonach Bereitstellungsgebühren für tatsächlich in Anspruch genommene Kredite - im Gegensatz zu solchen für nicht in Anspruch genommene - als "Zinsen" anzusehen seien. Dieser Ansicht schließe sich der Verwaltungsgerichtshof an.
17 Auch Philipp hebt in der vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Kommentierung (Kommentar zum GewStG, Tz 7-90 und 7-91) hervor, als "Zinsen" sei "jeder Betrag" anzusehen, "der als Entgelt für die Nutzung des Wirtschaftsgutes Kapital anzusehen" sei. Er schließt daraus im Folgesatz, "Geldbeschaffungskosten, laufender Verwaltungsaufwand und Depotgebühren" seien "daher z. B. nicht" als Zinsen anzusehen (a.a.O., Tz 7-90). Die vom Verwaltungsgerichtshof zitierte Aussage zur differenzierten Beurteilung von Bereitstellungsgebühren leitet Philipp aus dem Satz ab, "Beträge, die nicht für die Nutzung des Kapitals gezahlt werden", seien keine Zinsen (a.a.O., Tz 7-91).
18 Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2014, 2011/15/0199, geht somit hervor, dass zwar einerseits keine "Einschränkung des Zinsenbegriffes" des § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 in dem Sinne vorzunehmen sei, dass er nicht "jegliches Entgelt für die Überlassung von Kapital" erfasse, der Begriff aber andererseits nur Finanzierungskosten bezeichne, bei denen es sich um ein solches Entgelt handelt.
19 Die angefochtene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes, die sich auf die damit nicht inhaltsgleichen Gründe der damals bestätigten Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates stützt und "Geldbeschaffungskosten" ohne nähere Prüfung der den Beträgen jeweils zugrunde liegenden Entgeltsbeziehung dem Begriff der "Zinsen" unterstellt, steht mit dieser Judikatur nicht im Einklang.
20 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 25. Jänner 2017
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