Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der Bezirkshauptmannschaft Freistadt auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Bei Untergrunderkundungen einer der Revisionswerberin zuzurechnenden aufgelassenen Tankstelle in B wurden im Bereich der alten Tankbehälter Kohlenwasserstoffgehalte bis 730 mg/kg Trockensubstanz (TS) und im Bereich der Ölabscheideranlage Kohlenwasserstoffgehalte bis 1100 mg/kg TS festgestellt. Der untersuchte Eluatwert im Bereich der alten Behälter betrug 1,7 mg/l, zwei Untersuchungen bei der Ölabscheideranlage ergaben 0,14 bzw 2,1 mg/l. Die Oberfläche ist mit Asphalt versiegelt. Ein Teil der ehemaligen Manipulationsflächen ist überdacht. Es existiert kein rechtlich dauerhaft gesicherter Bestand dieses Zustandes. Unterhalb des Tankstellenareals ist von vorhandenem Grundwasser auszugehen.
2 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 8. Jänner 2014 wurden der Revisionswerberin gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 zur Sanierung einer Boden- bzw. Grundwasserverunreinigung auf dem Gelände der genannten Tankstelle näher bezeichnete Maßnahmen aufgetragen.
3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Darin bekämpfte sie unter anderem den herangezogenen Grenzwert für den Kohlenwasserstoffindex von 200 mg/kg TS als Sanierungsgrenzwert, der der österreichweit einheitlichen Behördenpraxis sowie der einschlägigen ÖNORM S 2088-1 widerspreche. Bemängelt wurde die Heranziehung der Grenzwerte nach der Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) für Bodenaushubdeponien als Vergleichsmaßstab.
4 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) holte ein Gutachten eines im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht befassten Amtssachverständigen für Hydrogeologie ein und führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 23. Jänner 2015 wies das LVwG die Beschwerde als unbegründet ab. Der Spruchabschnitt I. des erstinstanzlichen Bescheides wurde wie folgt abgeändert:
"Der (Revisionswerberin) werden zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 auf dem Standort (...) folgende Maßnahmen bis spätestens 31. Juli 2015 aufgetragen:
1. Die Sanierung des Standortes ist durch umgehende
Abgrabung des kontaminierten Bodenmaterials und der kontaminierten Anlagenteile durchzuführen.
Als Sanierungsziel werden folgende Werte festgelegt:
Gesamtgehalt:
- in der ungesättigten Zone 200 mg/kg TS Kohlenwasserstoffe (KW-Index) sowie 1 mg/kg TS BTEX
- in der gesättigten Zone und im Grundwasserschwankungsbereich 20 mg/kg TS Kohlenwasserstoffe (KW-Index) sowie 1 mg/kg TS BTEX
Eluat:
- in der ungesättigten Zone 5 mg/kg TS Kohlenwasserstoffe (KW-Index)
- in der gesättigten Zone und im Grundwasserschwankungsbereich 1 mg/kg TS Kohlenwasserstoffe (KW-Index)
- in der ungesättigten und gesättigten Zone und im Grundwasserschwankungsbereich 1,0 µg/l Benzol
Bodenmaterial, das diese Werte überschreitet, muss ordnungsgemäß
entfernt werden.
(...)"
5 Im Rahmen seiner Feststellungen hielt das LVwG u.a. fest, dass es zur Frage, ob sich unterhalb des Tankstellenareals Grundwasser befinde, näher genannten Ausführungen des im Beschwerdeverfahren beigezogenen Amtssachverständigen für Hydrogeologie folge.
6 Auch die notwendigen Sanierungsmaßnahmen - so das LVwG weiter - ergäben sich aus dem Gutachten des genannten Amtssachverständigen. Sie würden grundsätzlich von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogen. Strittig sei lediglich, bis zu welchem Umfang die Sanierung voranzutreiben sei, somit welche konkreten Sanierungsgrenzwerte erreicht werden müssten. Dazu habe der Amtssachverständige umfassend dargelegt, welche möglichen Ansätze in verschiedensten Regelwerken betreffend die Festlegung von Sanierungsgrenzwerten gegeben seien. Diese inhaltliche Darstellung sei auch von der Revisionswerberin im Grunde nicht in Abrede gestellt worden, sondern nur die Qualifikation, welche nunmehr zur Anwendung komme, sei umstritten, stelle aber für sich eine Rechtsfrage dar.
7 Vom Amtssachverständigen sei dazu festgestellt worden, dass zumindest bei Sanierung nur bis zum Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 zwar beim konkreten Zustand, d.h. der Wiederherstellung einer geschlossenen Asphaltdecke und bei Vorhandensein einer teilweisen Überdachung keine unmittelbare konkrete Gefahr für das Grundwasser nach dem natürlichen Lauf der Dinge zu erwarten sei. Allerdings werde bei bestimmten möglichen Folgenutzungen, z.B. infolge einer Entfernung dieser Oberflächenversiegelung und der Überdachung sowie etwa auch bei Situierung eines Sickerschachtes, sehr wohl nach dem natürlichen Lauf der Dinge von einer (weiteren) konkreten Gefahr einer Grundwasserverunreinigung auszugehen sein.
8 Dem habe auch die Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Sie vertrete für einen solchen Fall die Meinung, dass dann aufgrund der geänderten Sachlage allenfalls ein neuerlicher Sanierungsauftrag zu erteilen wäre.
9 Der hydrogeologische Amtssachverständige - so das LVwG - habe auch dargelegt, dass von den gesamten zur Verfügung stehenden Regelwerken für die Vorschreibung von konkreten Sanierungsgrenzwerten die DVO 2008 bzw. die in deren Anhang für Bodenaushubdeponien festgelegten Grenzwerte der gegebenen Situation am Nächsten käme. So sei bei einer Bodenaushubdeponie weder eine Grund- noch eine Oberflächenabdichtung vorgesehen, sodass auch hier im Grunde jegliche Folgenutzung möglich sei und auch Versickerungen ungehindert stattfinden könnten. Hinsichtlich unterschiedlicher Durchlässigkeiten zwischen gewachsenem und aufgeschüttetem Boden im Zuge einer Deponie habe der Amtssachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass es hier nicht nur auf diesen Umstand ankomme, sondern überwiegend auf das im Boden vorhandene bzw. eingebrachte Material bzw. dessen Durchlässigkeit.
10 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das LVwG nach Zitierung der Bestimmungen der §§ 30 Abs. 1 und 31 Abs. 1 und Abs. 3 WRG 1959 aus, konkrete und verbindliche Grenzwerte betreffend das Sanierungsziel einer Bodenverunreinigung zur gesicherten Hintanhaltung einer Grundwasserverunreinigung lägen weder auf gesetzlicher Ebene noch im fachlichen Normenwerk vor. Vom im Beschwerdeverfahren beigezogenen Amtssachverständigen seien jedoch verschiedene Normen angeführt worden, die Hinweise auf jene Werte gäben, bei deren Einhaltung davon ausgegangen werden könne, dass im natürlichen Verlauf das Grundwasser nicht verunreinigt werde. Konkret seien die ÖNORM S 2088 Teil 1 (ÖNORM S 2088-1), die DVO 2008, der Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 (BAW 2011) und die ÖNORM S 2093 angeführt worden.
11 Die ÖNORM S 2093 biete - was auch von der Revisionswerberin nicht in Abrede gestellt worden sei - keine über das Regelwerk der ÖNORM S 2088-1 hinausgehenden Anhaltspunkte für die Festlegung von Sanierungszielen, weil die angegebenen Vergleichsmaßstäbe lediglich als solche für die Liegenschaftsbewertung herangezogen werden könnten und keine Aussagen zu schutzgutbezogenen Erfordernissen getroffen würden.
12 Die DVO 2008 sowie der BAW 2011 unterschieden sich in den hier relevanten Bereichen von den vorgesehenen Grenzwertfestlegungen im Grunde nicht, sodass sich ein in diesem Verfahren geführter fachlicher und rechtlicher Diskurs auf die Heranziehung der DVO 2008 bzw. des BAW 2011 einerseits bzw. der ÖNORM S 2088-1 andererseits bezogen habe.
13 Die ÖNORM S 2088-1 spreche für den Gesamtgehalt an Kohlenwasserstoffen (KW-Index) von einem Prüfwert von 100 mg/kg, unter dem in der Regel keine Gefährdung gegeben sei und damit auch keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich seien, und dem Maßnahmenschwellenwert von 500 mg/kg, bei dessen Überschreitung in der Regel Sicherungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen notwendig seien.
14 Die DVO 2008 lege als Obergrenze für den Gesamtgehalt an Kohlenwasserstoffen (KW-Index) für die Annahme von Bodenmaterial auf Bodenaushubdeponien 50/100/200 mg/kg TS in Abhängigkeit vom TOC-Gehalt fest.
15 In vergleichbarer Weise definiere der BAW 2011 Obergrenzen für die stoffliche Verwertung von Bodenaushub der Qualitätsklasse A2 (Verwendung zur Untergrundverfüllung und zur nicht-landwirtschaftlichen Rekultivierung) mit 50/100/200 mg/kg TS in Abhängigkeit vom TOC-Gehalt sowie mit 20 mg/kg TS für die Qualitätsklasse A2-G.
16 Die ÖNORM S 2088-1 bezeichne sich selbst als Instrument zur Bewertung von Altablagerungen oder Altstandorten im Hinblick auf eine Gefährdung des Grundwassers, insbesondere für die Beurteilung von Untersuchungsergebnissen an diesem und für eine Gefährdungsabschätzung. Die Festlegung von Sanierungszielen ist nach eigener Definition des Anwendungsbereiches nicht Gegenstand der Norm, sondern werde einer Einzelfallbeurteilung überlassen. Die Norm unterscheide zwischen Prüfwerten und Maßnahmenschwellenwerten. Prüfwerte seien Werte, bei deren Überschreitung weitere Erhebungen und Untersuchungen zur Sachverhaltsklärung notwendig seien. Bei Unterschreitung sei in der Regel keine Gefährdung gegeben. Maßnahmenschwellenwerte seien Werte, bei deren Überschreitung in der Regel Sicherungsbzw. Sanierungsmaßnahmen erforderlich seien.
17 Die Tatsache, dass die ÖNORM S 2088-1 einen Prüfwert einführe und den eigenen Anwendungsbereich betreffend die Festlegung von Sanierungszielen einschränke, sei ein Beleg dafür, dass der Maßnahmenschwellenwert nicht von sich aus als Sanierungsziel zu betrachten sei. Vom Amtssachverständigen sei durchaus schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden, dass bei einer bloßen Sanierung bis an den Maßnahmenschwellenwert bei bestimmten speziellen Folgenutzungen, z.B. durch Situierung eines Sickerschachtes im Sanierungsgebiet, eine weitere Grundwasserverunreinigung erwartet werden könne.
18 Da rechtlich eine bestimmte Folgenutzung bzw. der Bestand einer Oberflächenversiegelung und Überdachung keinesfalls sichergestellt sei, gehe das LVwG grundsätzlich von einem Sanierungsumfang aus, der jegliche rechtlich zulässige und erdenkliche Folgenutzung ermöglichen solle. Unter diesem Aspekt sei es durchaus plausibel, dass für die grundsätzliche Notwendigkeit einer Sanierung durchaus ein anderer Schwellenwert bzw. Grenzwert maßgeblich sein könne, jedoch wenn mit einer Sanierung bereits zu beginnen sei, diese umfassend durchzuführen sei, sodass auch im Sinne der Reinhaltungsziele des § 30 WRG 1959 auf Dauer gesichert sei, dass bei jeglicher Folgenutzung das dort vorhandene Grundwasser als Trinkwasser verwendet werden könne.
19 Auch die in der Beschwerde angesprochene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werde in diesem Sinne verstanden. So werde nach der Gesamtsystematik des § 31 WRG 1959 die konkrete Gefahr einer Grundwasserverunreinigung als Schwelle für das Greifen des Instrumentariums des Abs. 3 angesehen und somit als Startpunkt und nicht unbedingt gleichzeitig als Endpunkt für behördlich angeordnet Sanierungsmaßnahmen. Für Letzteren gelte nach Abs. 1 als allgemeiner Sorgfaltsmaßstab das Ziel des § 30 WRG 1959. Für das Grundwasser bedeutet dies, dass es so reinzuhalten sei, dass es als Trinkwasser verwendet werden könne und eine schrittweise Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung der weiteren Verschmutzung sichergestellt werde. Gerade auch diese Verhinderung der weiteren Verschmutzung wäre bei einer bloßen Sanierung bis an den Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 heran nicht auf Dauer sichergestellt.
20 So erscheine es für das LVwG keinesfalls geboten und auch nicht zweckmäßig sowie auch von der Intention des WRG 1959 nicht vorgesehen, dass eine Sanierung nur soweit fortgeführt werde, dass gerade der Maßnahmenschwellenwert unterschritten werde und bei einer geänderten Folgenutzung wiederum eine Sanierungsnotwendigkeit für dieselbe ursprüngliche Grundwasserverunreinigung entstehen würde.
21 Hinzuweisen sei dabei weiters auch auf den durchaus in der Praxis relevanten Aspekt, dass eine solche wiederentstehende Sanierungsnotwendigkeit im Laufe der Zeit möglicherweise in Vergessenheit geraten könnte und sich auch dadurch das Risiko einer ungewollten Grundwasserverunreinigung ergebe. Weiters sei auch bei entsprechendem Zeitablauf mit Schwierigkeiten hinsichtlich der Heranziehung eines möglichen Verpflichteten zu rechnen, weil der ursprüngliche Verursacher nicht mehr existent bzw. greifbar sein könnte und ein subsidiäres Heranziehen des Liegenschaftseigentümers bei einer derartigen Konstellation wohl mit extremen, auch rechtlichen Unwägbarkeiten verbunden wäre, weil ja bereits eine Sanierung, wenn auch nicht vollständig, vorgenommen worden sei.
22 Auch in Anbetracht dieser Umstände könne es keinesfalls die Absicht des Wasserrechtsgesetzgebers gewesen sein, unvollkommene Sanierungen vorzusehen.
23 Hinsichtlich der sinngemäßen Heranziehung der in der DVO 2008 im entsprechenden Anhang für die Bodenaushubdeponien vorgesehenen Sanierungsgrenz- bzw. Zielwerte habe der Amtssachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass diese Deponieform mit dem Zustand des alten Tankstellenstandortes durchaus vergleichbar sei, wenn von jeglicher möglicher Folgenutzung auszugehen sein sollte. So müsse auch in diesem Fall von der Möglichkeit des vollständigen Fehlens einer Oberflächen- und natürlich auch einer Bodenabdichtung ausgegangen werden. Die Ausführungen der Revisionswerberin hinsichtlich anderer Deponieformen seien aus den genannten rechtlichen Überlegungen nicht relevant. Angesichts des enormen Verunreinigungspotentials bei Kohlenwasserstoff-Überschreitungen komme es dabei auch nicht auf den Umfang der Ablagerungen bzw. Verunreinigungen im Verhältnis zwischen Deponie und ehemaligem Tankstellenstandort an.
24 Der Amtssachverständige habe auch schlüssig dargelegt, dass bei Einhaltung der derzeit geltenden Grenzwerte der DVO 2008 eine weitere Grundwasserverunreinigung verlässlich ausgeschlossen werden könne. Daher seien auch diese Werte für Bodenaushubdeponien heranzuziehen und seien allfällige Übergangsbestimmungen in der DVO 2008 nicht maßgeblich.
25 Insgesamt seien daher unter Berücksichtigung der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Beurteilung des beigezogenen Amtssachverständigen für Hydrogeologie die nunmehr spruchgemäßen Vorschreibungen zu treffen, wobei ein Eluatwert von 5 mg/kg TS Kohlenwasserstoffe (KW-Index) in der ungesättigten Zone vorgeschrieben worden sei, weil bereits bei diesem Wert nach dem natürlichen Lauf der Dinge eine Grundwasserverunreinigung aus fachlicher Sicht nicht mehr zu erwarten sei und sich daher der von der Revisionswerberin beantragte Grenzwert von 2 mg/kg als nicht notwendig dargestellt habe.
26 Das LVwG ließ die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu.
27 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
28 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen. Auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
29 Das LVwG begründete die Zulässigkeit der ordentlichen Revision lediglich mit den allgemeinen Ausführungen, dass im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "dazu" fehle. So sei dem LVwG keine explizite Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes "zu dieser Thematik" bekannt.
30 Diese nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzureichende Begründung für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wurde von der Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision ausführlich ergänzt. Demnach sei es nicht strittig, dass die Revisionswerberin Verpflichtete im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 sei und die bei den Untersuchungen vorgefundenen Kontaminationen am Tankstellenareal Sanierungsmaßnahmen im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 grundsätzlich erforderten. Strittig sei dagegen der rechtlich gebotene bzw. rechtlich zulässige Umfang der Sanierungsmaßnahmen. Gegenständlich sei die Frage, ab welchem Kontaminationsgrad des Bodens die konkrete Gefahr bestehe, dass das Grundwasser durch Eintrag von Schadstoffen aus dem darüber liegenden Boden verunreinigt werden könne.
31 Die Bestimmung des für den Grundwasserschutz relevanten Sanierungsgrenzwertes sei zweifelsohne primär eine fachliche Frage, die von einem Sachverständigen zu beantworten sei. Diese Begutachtung basiere aber auf rechtlichen Prämissen, die von der Behörde (bzw. dem Gericht) nach ihrem (seinem) rechtlichen Verständnis des § 31 Abs. 3 WRG 1959 dem Amtssachverständigen vorzugeben oder zumindest zu überprüfen seien. Es gehe im vorliegenden Fall darum, ob diese rechtlichen Prämissen von § 31 Abs. 3 WRG 1959 gedeckt seien oder nicht. Ebenso gehe es um die Frage, ob die Zielsetzungen der DVO 2008 mit jenen des § 31 Abs. 3 WRG 1959 so übereinstimmten, dass die Grenzwerte der DVO 2008 als Sanierungsgrenzwerte nach § 31 Abs. 3 WRG herangezogen werden könnten.
32 Ferner wurde die Frage aufgeworfen, ob bei der Festlegung einer "vollständigen Sanierung" zu berücksichtigen sei, dass vorhandene bauliche Schutzmaßnahmen (hier: Oberflächenversiegelung) in Zukunft durch Dritte entfernt bzw. außer Funktion gesetzt werden könnten. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
33 Weiters fehle Rechtsprechung zur Frage, ob nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 Sanierungsgrenzwerte festgesetzt werden dürften, die unterhalb der für die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung maßgeblichen Schwelle lägen (ob der Sanierungsgrenzwert also unterhalb des Maßnahmenschwellenwertes liegen dürfe).
34 Letztlich gehe es auch darum, ob es § 31 Abs. 3 WRG 1959 zulasse, die Grenzwerte der DVO 2008 für Bodenaushubdeponien als Sanierungsgrenzwerte heranzuziehen, obwohl es nach der Zielsetzung der DVO 2008 nicht um die Hintanhaltung konkreter Gefahren für den Grundwasserschutz, sondern um den vorbeugenden Gewässerschutz gehe und die DVO 2008 überdies für Altablagerungen gar nicht gelte.
35 Die vorliegende Revision erweist sich aus den dargelegten Gründen als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
36 Die maßgeblichen Bestimmungen des WRG 1959 in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2014 lauten:
"Ziele
§ 30. (1) Alle Gewässer einschließlich des
Grundwassers sind im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach
Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten und zu schützen,
1. dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet
werden kann,
2. dass Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und
sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können,
3. dass eine Verschlechterung vermieden sowie der Zustand
der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden
Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf ihren
Wasserhaushalt geschützt und verbessert werden,
4. dass eine nachhaltige Wassernutzung auf der Grundlage
eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen gefördert
wird,
5. dass eine Verbesserung der aquatischen Umwelt, ua.
durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von gefährlichen Schadstoffen gewährleistet wird.
Insbesondere ist Grundwasser sowie Quellwasser so reinzuhalten, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann. Grundwasser ist weiters so zu schützen, dass eine schrittweise Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung der weiteren Verschmutzung sichergestellt wird.
Oberflächengewässer sind so reinzuhalten, dass Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt und Fischwässer erhalten werden können.
(2) (...)
(3) 1. Unter Reinhaltung der Gewässer wird in diesem Bundesgesetz die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.
2. Unter Schutz der Gewässer wird in diesem Bundesgesetz
die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit von Oberflächengewässern einschließlich ihrer hydro-morphologischen Eigenschaften und der für den ökologischen Zustand maßgeblichen Uferbereiche sowie der Schutz des Grundwassers verstanden.
3. Verschmutzung ist die durch menschliche Tätigkeiten
direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Stoffen oder Wärme in Wasser die der menschlichen Gesundheit oder der Qualität der aquatischen Ökosysteme oder der direkt von ihnen abhängigen Landökosysteme schaden können oder eine Beeinträchtigung oder Störung des Erholungswertes und anderer legitimer Nutzungen der Umwelt mit sich bringen.
(...)
Allgemeine Sorge für die Reinhaltung.
§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
(2) Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen. Bei Tankfahrzeugunfällen hat der Lenker, sofern dieser hiezu nicht oder nicht allein in der Lage ist auch der Beifahrer, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen. Die Verständigungs- und Hilfeleistungspflicht nach anderen Verwaltungsvorschriften, wie vor allem nach der Straßenverkehrsordnung, wird dadurch nicht berührt. Sind außer den Sofortmaßnahmen weitere Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich, so ist zu ihrer Durchführung der Halter des Tankfahrzeuges verpflichtet.
(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.
(...)"
37 In ihrer Revisionsbegründung hält die Revisionswerberin fest, die Schutzwirkung der Asphaltdecke als Barriere zur Verhinderung des Eintrittes von Niederschlagswasser sei auch von dem vom LVwG beigezogenen Amtssachverständigen fachlich akzeptiert worden. Bei Vorhandensein derselben sei aus seiner Sicht eine Sanierung bis zum Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 (500 mg/kg TS KW-Gesamt) ausreichend gewesen. Die Vorschreibung des wesentlich strengeren Sanierungsgrenzwertes von 200 mg/kg TS KW-Gesamt sei somit ausschließlich darin gelegen, dass eine von der Revisionswerberin verschiedene Rechtsperson in Zukunft eine Maßnahme setzen könnte, welche die Schutzwirkung der Asphaltdecke aufhebe, sei es, dass sie entfernt werde, sei es, dass ihre Funktion durch Errichtung einer Anlage zur Versickerung von Niederschlagswässern verloren gehe.
38 Diese Umstände könnten die Vorschreibung des strengeren Sanierungsgrenzwertes nicht rechtfertigen. Eine systematische Zusammenschau von § 31 Abs. 1 mit § 30 und § 32 WRG 1959 zeige (wie näher ausgeführt wird), dass bloß geringfügige Einträge in das Gewässer das Regime des § 31 WRG 1959 nicht auslösten. Daher seien Restkontaminationen in geringem Ausmaß zu tolerieren. Schutzgut des § 31 WRG 1959 sei ausschließlich der Gewässerschutz. Kontaminationen des Bodens spielten nach § 31 WRG 1959 nur dann eine Rolle, wenn die konkrete Gefahr bestehe, dass die Schadstoffe im Boden in das Grundwasser gelangten. Die genannte Bestimmung solle auch zivilrechtliche Interessen z.B. des Liegenschaftseigentümers nach Beendigung des Bestandvertrages nicht schützen und ihm keine Rückstellung seiner Liegenschaft verschaffen, die zukünftig jedwede Nutzung unbeschränkt ermögliche. Es sei daher unzutreffend, davon auszugehen, dass über das Verfahren nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 jegliche rechtlich zulässige und erdenkliche Folgenutzung ermöglicht werden solle.
39 Im Verfahren nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 gehe es überdies um die Beseitigung einer konkreten Wassergefährdung; entfernte, abstrakte Möglichkeiten einer Gewässergefährdung seien nicht relevant. Um eine derartige abstrakte Möglichkeit gehe es aber bei der Frage, ob die schützende Asphaltdecke zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht entfernt oder möglicherweise eine Versickerungsanlage errichtet werde und dann möglicherweise eine Gewässergefährdung wieder eintrete. § 31
40 Abs. 3 WRG 1959 diene daher auch deshalb nicht dazu, durch prophylaktische Vorschreibungen jedwede Folgenutzung zu ermöglichen.
41 Als Maßnahme im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 kämen auch bauliche Vorkehrungen in Betracht. Daher sei die Asphaltdecke im vorliegenden Fall im Lichte des § 31 Abs. 3 WRG 1959 ausreichend, weil sie auch nach Ansicht des Amtssachverständigen geeignet sei, das Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern. Sie sei überdies für die Revisionswerberin das gelindere Mittel und solle nach der Auflassungsanzeige ohnehin belassen bzw. wiederhergestellt werden.
42 Zudem wäre die zukünftige Entfernung der Asphaltdecke bzw. die Errichtung einer Versickerungsanlage in dem "restkontaminieren" Bereich auch rechtlich nicht ohne weiteres zulässig. § 31 WRG 1959 verpflichte jedermann, sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden werde. Diesem Gebot unterliege auch derjenige, der eine getroffene Gewässerschutzmaßnahme beseitige oder außer Funktion setze und dadurch bewirke, dass es durch den Eintritt von Niederschlagswässern zu einer Auswaschung von Schadstoffen aus dem Boden in das Grundwasser kommen könnte. Eine derartige Folgenutzung würde damit gegen § 31 WRG 1959 verstoßen.
43 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Vorschreibung von Maßnahmen nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 bereits der Eintritt einer konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausreichend ist. Es genügt demnach, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Gewässerverunreinigung zu rechnen ist. Das Erfordernis einer konkreten Gefahr bedeutet nicht, dass eine Gewässerverunreinigung unmittelbar bevorstehen oder bereits eingetreten sein muss. Das Erfordernis einer konkreten Gefahr schließt lediglich aus, dass bereits bei jeder auch noch so entfernten, abstrakten Möglichkeit einer Gewässergefährdung § 31 WRG 1959 zur Anwendung kommt. Es genügt aber, wenn nach Lage des Einzelfalles konkrete Umstände die Gefahr einer Gewässerverunreinigung erkennen lassen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. April 2000, 99/07/0214, mwN).
44 Ferner vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass sich die behördliche Anordnungsbefugnis nach § 31 Abs. 3 WRG 1959, gleich in welcher Rechtssatzform sie ergeht, auf die vollständige Sanierung des im Sinne des zweiten Absatzes dieses Paragraphen eingetretenen Gefährdungsfalles einschließlich aller Maßnahmen erstreckt, die durch Maßnahmen der "Primärabhilfe" unter dem Aspekt des Gewässerschutzes zwangsläufig erforderlich werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2015, 2012/07/0237, mwN). Die den Gegenstand einer Anordnung nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 bildenden Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen sind dann als erforderlich zu beurteilen, wenn sie der Gewässerverunreinigung konsequent Einhalt gebieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 2010, 2007/07/0036).
45 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass Gegenstand der Handlungspflichten nach § 31 Abs. 2 und 3 WRG 1959 die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen sind. Welche Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind, um eine Gewässerverunreinigung oder im Falle des bereits erfolgten Eintrittes einer solchen deren Fortschreiten hintanzuhalten, ist eine sachverständig zu lösende Frage (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1995, 94/07/0155, mwN).
46 Nach der zitierten Rechtsprechung ist auf eine nach dem natürlichen Lauf der Dinge zu erwartende Gewässerverunreinigung abzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Beurteilung des Vorliegens einer konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung auch mögliche zukünftige Umstände einbezogen. So hat er etwa im genannten Erkenntnis 99/07/0214 das Vorliegen einer zur Anordnung von Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 berechtigenden konkreten Gefahr einer Verunreinigung eines Vorfluters im Falle eines Gebrechens bei der Manipulation mit wassergefährdenden Stoffen angenommen. Ferner hat er vorgeschriebene Wasseruntersuchungen als "in die Zukunft reichende Maßnahme" zur Herbeiführung einer vollständigen Sanierung eines Gefährdungsfalles als notwendig erachtet (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis 2012/07/0237). Es erscheint daher nicht rechtswidrig, bei der Beurteilung im Einzelfall auch die zu erwartenden Auswirkungen rechtlich zulässiger Maßnahmen auf dem Grundstück miteinzubeziehen.
47 Im vorliegenden Fall hat der hydrogeologische Amtssachverständige dargelegt, dass am Standort die derzeit bestehende Bodenversiegelung und die Überdachung zusätzlich Sicherheit böten. Eine Sanierung solle jedoch - im Gegensatz zu einer reinen Sicherung - einen Zustand erreichen, in dem ohne technische Maßnahmen jegliche Folgenutzung möglich sei, ohne dass die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung bestehe. Künftige Folgenutzungen und auch die Erhaltung des derzeitigen Baubestandes seien nicht abschätzbar. Das Ergebnis der Sanierung dürfe aber keiner sonstigen zulässigen Art der Folgenutzung - wie beispielsweise der Errichtung einer Versickerungsanlage für Niederschlagswässer - entgegenstehen, wenn damit eine Gefährdung des Grundwassers verbunden sei.
48 Im Hinblick auf die fachlichen, in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG ergänzten Ausführungen des Amtssachverständigen ist vorliegend in Abhängigkeit von der Folgenutzung, insbesondere bei einer maßgeblichen Veränderung der Verhältnisse zur Grundwasserneubildung, von der Möglichkeit einer Grundwasserverunreinigung auszugehen, wobei Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß der Grundwasserverunreinigung standort- und maßnahmenabhängig sind. Durch das dargestellte Szenario ist somit eine Einwirkung auf Gewässer erfahrungsgemäß möglich (vgl. zum Tatbild des § 31 WRG 1959 das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, 98/07/0146, mwN).
49 Vor diesem Hintergrund begegnet es aber keinen Bedenken, dass das LVwG seine Beurteilung auch unter dem Gesichtspunkt der Folgewirkungen rechtlich zulässiger Maßnahmen auf dem in Rede stehenden Areal vorgenommen hat. Die (vorliegend unstrittig) hervorgerufene Gefahr einer Grundwasserverunreinigung im Falle entsprechender Maßnahmen stellt keine bloß entfernte, abstrakte Möglichkeit einer Gewässergefährdung im Sinne der zitierten Judikatur dar. Das Argument der Revisionswerberin, eine zukünftige Entfernung der Asphaltdecke oder die Errichtung einer Versickerungsanlage im "restkontaminierten" Bereich beseitigte eine getroffene Gewässerschutzmaßnahme und verstieße gegen § 31 WRG 1959, zeigt im Ergebnis vielmehr, dass im Falle einer "Sanierung" lediglich im von der Revisionswerberin begehrten Ausmaß eben nicht von der in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderten "vollständigen Sanierung" des Gefährdungsfalles, die der Gewässerverunreinigung "konsequent Einhalt" gebietet, auszugehen wäre. Es läge im Ergebnis vielmehr ein herbeigeführter Zustand mit der verbleibenden, stets latenten Gefahr einer (neuerlich) auftretenden relevanten Grundwasserbeeinträchtigung vor.
50 Ferner bringt die Revisionswerberin vor, die ÖNORM S 2088- 1 definiere Maßnahmenschwellenwerte, die nach österreichweiter und auch vom LVwG bzw. dem Amtssachverständigen nicht bestrittener Praxis dafür entscheidend seien, ob ein Mineralölschaden saniert werden müsse oder nicht. Das LVwG vertrete jedoch die Meinung, es sei rechtmäßig, wenn bei einmal begonnener Sanierung bis zu einem Sanierungsgrenzwert saniert werden müsse, der unterhalb des Maßnahmenschwellenwertes (500 mg/kg TS KW-Gesamt) liege. Diese Ansicht finde in § 31 WRG 1959 keine Deckung.
51 Wenn § 31 Abs. 3 WRG 1959 die Behörde berechtige, dem Verpflichteten "die entsprechenden Maßnahmen" aufzutragen, so seien damit die im Einleitungshalbsatz des Abs. 3 angesprochenen Maßnahmen, nämlich jene, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich seien, gemeint. Es sei damit unzulässig, den Begriff der Gewässerverunreinigung in Abs. 3 anders bzw. weiter zu verstehen als in Abs. 1.
52 § 31 Abs. 3 WRG 1959 komme dann zur Anwendung, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Gewässerverunreinigung zu rechnen sei, diese Gefahr solle beseitigt werden. Sei der Schutz des Grundwassers vor konkreten Gewässergefährdungen gewährleistet, habe das Regime des § 31 WRG 1959 seine Grenzen erreicht und es komme eine weitere Anordnung nach dieser Bestimmung nicht mehr in Betracht. Schutzgutorientert (d.h. "aus Sicht des Grundwassers") könne es damit immer nur eine einheitliche relevante Schwelle geben, bei deren Überschreitung eine konkrete Gefahr anzunehmen sei. Aus Sicht des Gewässerschutzes bestehe keine Rechtfertigung, Sanierungsgrenzwerte vorzuschreiben, die strenger seien als Maßnahmenschwellenwerte.
53 § 31 WRG 1959 hat die Vermeidung einer Gewässerverunreinigung, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft, vor Augen. Wie bereits dargelegt, erstreckt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Anordnungsbefugnis nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 auf die "vollständige Sanierung" eines eingetretenen Gefährdungsfalles. Es sind jene Maßnahmen erforderlich, die der Gewässerverunreinigung konsequent Einhalt gebieten. Wann von einer vollständigen Sanierung, die der Gewässerverunreinigung konsequent Einhalt gebietet, gesprochen werden kann, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Die mit dem zitierten Revisionsvorbringen zum Ausdruck gebrachte Ansicht, vorgeschriebene Sanierungsgrenzwerte (das Sanierungsziel) dürften keinesfalls strenger sein als die Maßnahmenschwellenwerte, deren Erreichen die behördliche Anordnungsbefugnis nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 auslöst, widerspricht in dieser Allgemeinheit der Rechtslage.
54 Nach der nicht als unschlüssig zu erkennenden Beurteilung des dem Beschwerdeverfahren beigezogenen hydrogeologischen Amtssachverständigen könne im vorliegenden Fall eine konkrete Gefährdung des Grundwassers auch bei Gesamtgehalten an Kohlenwasserstoffen, die unterhalb des Maßnahmenschwellenwertes der ÖNORM S 2088-1 von 500 mg/kg liegen, nicht ausgeschlossen werden.
55 Die dem Amtssachverständigen folgende Argumentation des LVwG, die Tatsache, dass die ÖNORM S 2088-1 einen Prüfwert einführe und den eigenen Anwendungsbereich betreffend die Festlegung von Sanierungszielen einschränke, sei als Beleg dafür anzusehen, dass der Maßnahmenschwellenwert nicht von sich aus als Sanierungsziel zu betrachten sei, erscheint plausibel. Die Ausführungen des LVwG, dass ein bestimmter Schwellenwert als "Startpunkt" nicht unbedingt gleichzeitig auch der "Endpunkt" für behördlich angeordnete Sanierungsmaßnahmen nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 sein müsse, sind nicht als rechtswidrig zu erkennen.
56 In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem im Falle einer "Sanierung" lediglich bis zur Erreichung des Maßnahmenschwellenwertes unstrittig bei bestimmten Maßnahmen eine weitere Grundwasserverunreinigung zu erwarten ist, würde mit derart eingeschränkten Maßnahmen den Anforderungen des § 31 WRG 1959 nicht zur Gänze entsprochen.
57 Die Revisionswerberin bemängelt, dass der hydrogeologische Amtssachverständige und das LVwG im Ergebnis den in der DVO 2008 in Anhang 1 Tabelle 1 für Bodenaushubdeponien vorgesehenen Grenzwert von 200 mg/kg TM Kohlenwasserstoff-Index angewendet hätten. Es sei zwar zulässig, auf Regelwerke anderer Rechtsgebiete zurückzugreifen, sofern die Wertungen und Zielsetzungen dieser anderen Regelwerke auch auf den vorliegenden Fall zuträfen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Abfallwirtschaft (vgl. den Einleitungssatz zu § 1 Abs. 1 AWG 2002) sei am Vorsorgeprinzip auszurichten. Dieses gelte auch für die Vermeidung schädlicher Auswirkungen auf die Umwelt (wie z.B. das Grundwasser). Dieses Prinzip schlage auch auf die DVO 2008 durch, weil deren Verordnungsgrundlage (§ 65 Abs. 1 AWG 2002) ausdrücklich auf die "Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft" und damit auf das in § 1 AWG 2002 verankerte Vorsorgeprinzip abstelle. Nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 solle dagegen die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung beseitigt werden. Das Erfordernis der konkreten Gefahr schließe aber aus, dass bereits bei jeder entfernten, abstrakten Möglichkeit einer Gewässergefährdung § 31 WRG 1959 zur Anwendung komme. Hier zeige sich der Unterschied zum Ansatz der DVO 2008, die - dem Vorsorgeprinzip folgend - auch derart abstrakte Gefährdungen ex ante ausschließen solle. Die Einschränkung, dass § 31 WRG 1959 bei geringfügigen Einwirkungen nicht zur Anwendung komme, enthielten § 65 Abs. 1 iVm § 1 AWG 2002 nicht. Auch hier zeige sich das gänzlich unterschiedliche Regelungsmotiv "Vorsorgeprinzip" versus "konkreter Gewässerschutz". Weiters sei die DVO 2008 nur nach Maßgabe eines ausgeklügelten Stufenplanes auf bereits bestehende Anlagen anzuwenden. Wegen der unterschiedlichen Ansätze sei die DVO 2008 damit von vornherein zur Anwendung ungeeignet.
58 Nach Auffassung des Amtssachverständigen und des LVwG liege der vorgeschriebene Grenzwert (200 mg/kg KW-Gesamt) zwischen dem Prüfwert (100 mg/kg KW-Gesamt) und dem Maßnahmenschwellenwert (500 mg/kg KW-Gesamt) der ÖNORM S 2088-1 und stehe daher mit der ÖNORM nicht im Widerspruch. Dem sei entgegenzuhalten, dass nach Punkt 6.2.2 (zweiter Absatz) der ÖNORM für die Annahme einer Gefährdung des Grundwassers die Überschreitung sowohl des Maßnahmenschwellenwertes in Tabelle 1 als auch des Prüfwertes in Tabelle 2 entscheidend sei. Relevant seien damit der Maßnahmenschwellenwert der Tabelle 1 (500 mg/kg KW-Gesamt) und der Prüfwert in der Tabelle 2 (Summe Kohlenwasserstoffe 2 mg/kg im Eluat). Dies habe die Revisionswerberin bereits in ihrer Eingabe vom 3. September 2014 - unter Vorlage einer fachlichen Stellungnahme der G. GmbH vom 1. September 2014 - vorgebracht. Die Überschreitung des sogenannten Prüfwertes für den KW-Gesamtgehalt (100 mg/kg KW-Gesamt) indiziere damit für sich genommen keineswegs eine Gewässerverunreinigung, sondern besage nur, dass weitere Untersuchungen notwendig seien. Damit hätten sowohl das Gericht als auch der Amtssachverständige die Regelungen der ÖNORM S 2088- 1 missverstanden.
59 Unstrittig bestehen hinsichtlich des Sanierungszieles im Zusammenhang mit § 31 WRG 1959 keine gesetzlich vorgeschriebenen verbindlichen Grenzwerte. Wie bereits dargelegt ist die Frage, welche Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind, um eine Gewässerverunreinigung hintanzuhalten, sachverständig zu lösen.
60 Dass aus fachlicher Sicht sowohl der Gesamtgehalt als auch die Sickerwasserkonzentration (der Eluatwert) von Relevanz bei der Beurteilung der Grundwassergefährdung durch eine Bodenkontamination seien, hat auch der im Beschwerdeverfahren beigezogene hydrogeologische Amtssachverständige ausgeführt. Ferner hat dieser in seinem Gutachten begründend (u.a. unter Verweis auf eine fehlende Abdichtung bei einer Bodenaushubdeponie) ausgeführt, dass die Anforderungen an eine Bodenaushubdeponie bzw. die darin abzulagernden Abfälle zur Beurteilung der Belassung von "Abfall" gleichzusetzendem verunreinigtem Bodenmaterial herangezogen werden könnten. Er hat weiters ausführlich dargelegt, weshalb im vorliegenden Fall relevante Bestimmungen der DVO 2008 als Hinweis für das Erfordernis von Maßnahmen und Rahmenbedingungen betreffend das Schutzgut Grundwasser begründet herangezogen werden könnten. Die DVO 2008 befasse sich zwar nicht mit der Sanierung von Boden- oder Grundwasserverunreinigungen. Ein wesentliches Ziel der Verordnung sei jedoch der Schutz des Grundwassers im Sinne des Schutzes öffentlicher Interessen. Bei den hier zu betrachtenden Stoffen (Kohlenwasserstoffe) handle es sich um solche, die für eine Gewässerverunreinigung (Wassergefährdung) von besonderer Relevanz seien. Bei der Ablagerung von Stoffen in Form einer Deponie sei das Schutzgut Grundwasser dahingehend betroffen, als durch Auswaschungsprozesse aus dem Deponiekörper Stoffverlagerungen primär ins Grundwasser erfolgten, sofern nicht besondere Maßnahmen zur Sickerwassererfassung und -verbringung vorgesehen seien.
61 Eine einfache direkte Gegenüberstellung zeige, dass die Regelungen der DVO 2008 betreffend Standortkriterien und technische Ausführung sowie Überwachung nicht in analoger Weise angewandt werden könnten, sondern dass im Fall der Sanierung des Standortes diese teils nicht erfüllt werden könnten. Es sei jedoch fachlich zulässig, in einem abstrahierenden Vergleich den Typus der Bodenaushubdeponie darauf zu reduzieren, dass hier Bodenaushub mit definierter und kontrollierter Qualität an einem geeigneten Standort eingebracht werden könne, ohne eine weitere Verunreinigung des Grundwassers befürchten zu müssen. Diese Betrachtung könne losgelöst von der jeweiligen Kubatur am Bodenaushub erfolgen, weil die DVO 2008 bei der Vorgabe der Qualitätsanforderungen von Gesamtgehalten und nicht von Frachten spreche.
62 Die beschriebenen Umstände sprächen nach den Darlegungen des Amtssachverständigen für eine Berücksichtigung der relevanten Bestimmungen der DVO 2008 bei der Beurteilung der Sanierungsziele sowie für eine analoge Anwendung der Qualitätsanforderungen an das nach Sanierung verbleibende Bodenmaterial gemäß Tabelle 1 DVO 2008 nach Prüfung der standortspezifischen Verhältnisse und Rahmenbedingungen.
63 In der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG hielt der hydrogeologische Amtssachverständige ergänzend fest, der Verordnungsgeber der DVO 2008 gehe davon aus, dass bei Verwendung von Bodenaushub der jeweils definierten Qualität als Deponiematerial/Verfüllmaterial eine Verunreinigung des Grundwassers nicht zu befürchten sei. Aus fachlicher Sicht erscheine es daher gerechtfertigt, die Grenzwerte der DVO 2008 als Obergrenzen zu verwenden, auch wenn die in der DVO 2008 vorgegebenen technischen und organisatorischen Voraussetzungen sowie die jeweils erforderlichen Standorteigenschaften teils nicht erfüllt würden.
64 Das in Rede stehende Revisionsvorbringen ist nicht geeignet, eine Unschlüssigkeit dieser fachlichen Beurteilung aufzuzeigen. Es war im vorliegenden Fall nicht unzulässig, ein Sanierungsziel in Anlehnung an die Grenzwerte der DVO 2008 vorzuschreiben.
65 Entgegen dem Revisionsvorbringen ist auch nicht zu erkennen, dass der Amtssachverständige oder das LVwG die Regelungen der ÖNORM S 2088-1 missverstanden hätten. Dass der vorgeschriebene Grenzwert von 200 mg/kg KW-Gesamt zwischen dem Prüfwert (100 mg/kg KW-Gesamt) und dem Maßnahmenschwellenwert (500 mg/kg KW-Gesamt) der genannten ÖNORM liegt, begegnet angesichts der bereits dargelegten Zulässigkeit der Festlegung von gegenüber dem Maßnahmenschwellenwert strengeren Sanierungszielen und der fachlichen Beurteilung des Amtssachverständigen keinen Bedenken. Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen sei bei Einhaltung eines Grenzwertes von 200 mg/kg TS im gegenständlichen Fall eine Verunreinigung des Grundwassers durch das verbleibende kontaminierte Bodenmaterial nicht zu erwarten, soweit dies kein Material im Grundwasser bzw. Grundwasserschwankungsbereich betreffe. Als nachvollziehbar erweist sich auch seine Beurteilung, dass die Grenzwertfestlegung, die "im Wertebereich" zwischen Prüfwert und Maßnahmenschwellenwert der ÖNORM S 2088-1 liege, mit dieser ÖNORM nicht im Widerspruch stehe.
66 Die Revision erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
67 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Begehren der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Ersatz des Vorlageaufwandes war abzuweisen, weil ein Vorlageaufwand im Gesetz nicht vorgesehen ist. Der Antrag auf Ersatz von Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil die Revisionsbeantwortung lediglich einen allgemeinen Verweis auf das angefochtene Erkenntnis, jedoch keine Auseinandersetzung mit der Revision enthält.
Wien, am 27. Juli 2017
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