VwGH Ro 2015/02/0019

VwGHRo 2015/02/001929.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des B in K, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Tschurtschenthalerstraße 4a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 4. März 2015, Zl. LVwG- 2015/38/0394-1, betreffend Verlängerung der Bebauungsfrist nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GVG Tir 1996 §11 Abs3;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 9. Jänner 2015 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Verlängerung der Bebauungsfrist um fünf Jahre für ein näher genanntes Grundstück gemäß § 11 Abs. 3 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (TGVG) mit näherer Begründung abgewiesen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde gemäß § 11 Abs. 3 TGVG als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.) und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, es stehe unbestritten fest, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Grundstück um ein unbebautes Baugrundstück handle, sowie, dass durch den Revisionswerber im Rahmen des Kaufvertrages vom 6. November 2009 die Erklärung abgegeben worden sei, dass das Grundstück innerhalb der in § 11 Abs. 3 TGVG genannten Frist von fünf Jahren bebaut werde.

4 Den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verlängerung der Bebauungsfrist habe der Revisionswerber damit begründet, dass das Grundstück für seine Tochter bestimmt und diese zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig, nämlich erst 15 Jahre alt sei. Den erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 75/1999 des TGVG sei zu entnehmen, dass durch die Gesetzesbestimmung des § 11 Abs. 3 TGVG das Horten von Baulandgrundstücken hintangehalten werden solle; weiters diene die Bestimmung der Baulandmobilisierung. Unbebaute Baugrundstücke sollten dadurch dem der Flächenwidmung entsprechenden Verwendungszweck zugeführt werden. Ob "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" im Sinne des § 11 Abs. 3 TGVG vorlägen, sei nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen. Vorliegend habe dem Revisionswerber bereits bei Abgabe der Erklärung im Rahmen des Kaufvertrages bewusst sein müssen, dass eine Bebauung innerhalb von 5 Jahren, wie von ihm damals erklärt, nicht möglich sein werde.

5 "Besonders berücksichtigungswürdige Gründe" im Sinne der angewandten Gesetzesbestimmung könnten nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes nur darin bestehen, dass in den 5 Jahren, in welchen bebaut hätte werden müssen, schwerwiegende Gründe im Bereich des Erklärenden aufgetreten oder im Bezug auf die Bebauung nicht absehbare Umstände hervorgekommen seien; wesentlich sei jedenfalls, dass diese Gründe erst während der 5-jährigen Bebauungsfrist eingetreten und nicht bereits von vorneherein gegeben gewesen seien. Es hätten sich seit dem Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung keine die Situation zum Zeitpunkt der Erklärung ändernden Umstände ergeben. In einer Gesamtschau lägen daher gegenständlich keine die Verlängerung der Bebauungsfrist begründenden "besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" vor. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der "besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" im Sinne des § 11 Abs. 3 TGVG fehle.

6 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 24. September 2015, E 846/2015, ablehnte.

7 In der nunmehr an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Revision verweist der Revisionswerber zur Frage von deren Zulässigkeit zum einen auf die Zulässigkeitserklärung durch das Verwaltungsgericht und zum anderen auf eine "falsche Herangehensweise" des Verwaltungsgerichtes bei der Lösung der Rechtsfrage gemäß § 11 Abs. 3 TGVG, wodurch ein "Eingriff in das subjektive Recht des Revisionswerbers auf Verlängerung der Bebauungsfrist" vorliege.

8 Mit Schreiben vom 14. März 2017 erstattete der Revisionswerber einen ergänzenden Schriftsatz, in welchem er auf eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Rechtslage nach dem TGVG mit 1. Oktober 2016 hinweist.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Die vorliegende Revision lässt im Rahmen ihrer Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen erkennen, denen für den Revisionsfall grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

13 Festzuhalten ist zunächst, dass mit dem bloßen Hinweis durch das Verwaltungsgericht in der Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 11 Abs. 3 TGVG nicht dargelegt wird, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu beantworten wäre. Insofern wird damit auch den Begründungserfordernissen nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht Genüge geleistet; Zweck dieser Begründungspflicht ist nämlich bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. z.B. VwGH vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033, mwN).

14 Das Verwaltungsgericht hätte daher in der Begründung zum Ausspruch der Zulässigkeit der Revision (kurz) darzulegen gehabt, welche - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte.

15 Diesem Erfordernis entspricht zunächst die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht, weil sie nur ganz allgemein auf das Fehlen von Rechtsprechung zu § 11 Abs. 3 TGVG hinweist, ohne konkret die ungeklärte Rechtsfrage darzulegen (vgl. dazu auch etwa VwGH vom 24. März 2016, Ro 2016/11/0005, mwN).

16 Wenn in diesem Zusammenhang in der Zulässigkeitsbegründung der Revision allgemein auf den Umstand verwiesen wird, dass die ordentliche Revision vom Verwaltungsgericht für zulässig erklärt worden sei, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.

17 Ein Revisionswerber hat nämlich auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH vom 22. November 2016, Ro 2015/02/0005, mwN).

18 Der Revisionswerber behauptet in der Zulässigkeitsbegründung weiters eine "falsche Herangehensweise" des Verwaltungsgerichtes bei der Lösung der Rechtsfrage nach § 11 Abs. 3 TGVG.

19 Dazu ist Folgendes zu sagen:

20 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern - diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten. Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. etwa VwGH vom 23. September 2014, Ro 2014/01/0033, mwN).

21 Die Beurteilung, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne der angewendeten Bestimmung des § 11 Abs. 3 TGVG vorliegt, hat sich am festgestellten Sachverhalt zu orientieren und bildet somit keine über den jeweiligen Einzelfall hinausgehende, also keine grundsätzliche Rechtsfrage. Insbesondere im Hinblick darauf, dass der für den gegenständlichen Antrag auf Verlängerung der Bebauungsfrist genannte, in der familiären Sphäre des Revisionswerbers gelegene Grund (nämlich die bestehende Minderjährigkeit seiner Tochter mit Ablauf der 5-jährigen Bebauungsfrist) unbestritten bereits bei Abschluss des Kaufvertrages über das Baugrundstück am 6. November 2009 vorlag, ist eine krasse Fehlbeurteilung durch das Verwaltungsgericht, welche es erforderlich machte, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen, jedenfalls nicht ersichtlich (vgl. z.B. VwGH vom 29. September 2016, Ra 2016/07/0062).

22 Wenn der Revisionswerber im ergänzenden Schreiben vom 14. März 2017 weiters auf eine Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Bebauungsfrist nach § 11 TGVG hinweist, ist darauf zu verweisen, dass diese, am 1. Oktober 2016 in Kraft getretene, Bestimmung gegenständlich nicht präjudiziell ist. Gegen die im vorliegenden Fall angewendete Vorgängerbestimmung des § 11 Abs. 3 TGVG hegte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken (vgl. den vorzitierten Ablehnungsbeschluss vom 24. September 2015).

23 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2017

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