VwGH Ra 2016/22/0023

VwGHRa 2016/22/002310.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Jänner 2016, VGW- 151/023/5491/2015-13, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §24;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41 Abs2 Z4;
VwGG §34 Abs1;
AuslBG §24;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41 Abs2 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Jänner 2016 wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag des Revisionswerbers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, vom 15. Jänner 2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in Verbindung mit § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

Der Revisionswerber sei (mit einem Anteil von 26 %) Gesellschafter der S GmbH. Zudem sei er als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen, wobei er lediglich mit einem zweiten Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertretungsbefugt sei. Gegenstand des Unternehmens seien der Erwerb, die Reparatur und die Weiterveräußerung von Oldtimern. Bislang seien seitens des Revisionswerbers keine Investitionen in das Unternehmen erfolgt. Die Gesellschaft verfüge über keine Arbeitnehmer. Das Arbeitsmarktservice Wien (AMS) habe zwei Gutachten abgegeben, denen zufolge dem gegenständlichen Betreiben des Handelsgewerbes kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG zukomme, zumal sich weder ein Geldfluss vom Ausland in das Bundesgebiet noch die Beschäftigung von Arbeitskräften erkennen lasse. Der Revisionswerber habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Rentabilitätsvorschau vorgelegt, in der für das Jahr 2015 von einem Gewinn von EUR 467.800,- ausgegangen und prognostiziert werde, dass das Unternehmen im Fall der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels zwei Mechaniker aufnehmen würde; auch werde überlegt, drei Lehrlinge anzustellen. Ein Businessplan für die nächsten Jahre sei nicht vorgelegt worden.

Das Verwaltungsgericht erachtete das Gutachten des AMS als vollständig, schlüssig und nachvollziehbar. Dem Revisionswerber sei es nicht gelungen, dieses Gutachten durch die von ihm vorgelegten Unterlagen zu entkräften, zumal sich die Rentabilitätsvorschau nur auf das Jahr 2015 bzw. inhaltlich auf 33 bereits erworbene Altfahrzeuge beziehe. Darüber hinausgehende Unternehmenskonzepte würden nicht existieren und es sei auch keine nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen bescheinigt worden, da das Unternehmen bereits betrieben, jedoch noch kein Arbeitnehmer beschäftigt werde. Zudem ging das Verwaltungsgericht unter Würdigung der Aussagen des Revisionswerbers und des weiteren Gesellschafters und handelsrechtlichen Geschäftsführers A S davon aus, dass der Revisionswerber - ungeachtet seiner Eintragung als handelsrechtlicher Geschäftsführer - im Unternehmen lediglich als Mechaniker zum Einsatz kommen solle und dass die unternehmensstrategischen Entscheidungen nicht durch ihn, sondern durch A S getroffen werden sollten. Eine ökonomische Gesamtbedeutung der in Aussicht genommenen Tätigkeit des Revisionswerbers liege somit nicht vor.

Abschließend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z 2 (Anspruch auf eine ortsübliche Unterkunft) und Z 4 (Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel) NAG nicht nachgewiesen worden seien und dass eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG zu Ungunsten des Revisionswerbers ausfalle.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

5 Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist das Verwaltungsgericht nicht davon ausgegangen, dass für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels "jegliches unternehmerisches Risiko völlig ausgeschlossen werden muss". Das Verwaltungsgericht hat vielmehr die Beurteilung, ob ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit (im Sinn des § 24 AuslBG) vorliegt, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen und insbesondere berücksichtigt, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen dient (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. November 2014, 2012/22/0102, mwN). Bei einer erst jüngst aufgenommenen Tätigkeit ist eine Prognoseentscheidung zu treffen, wobei es dem Antragsteller obliegt, entsprechende Unterlagen vorzulegen, die eine realistische Abschätzung der zukünftigen Unternehmensentwicklung zulassen (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, 2008/22/0809).

6 Der Revisionswerber wendet sich gegen diese Beurteilung und damit der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes. Der Verwaltungsgerichtshof hat - auch im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vorliegens eines gesamtwirtschaftlichen Nutzens im Sinn des § 24 AuslBG - bereits festgehalten, dass er als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (siehe zu allem den hg. Beschluss vom 11. Februar 2016, Ra 2016/22/0001, mwN).

Eine Unschlüssigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichtes, wonach basierend auf dem Gutachten des AMS sowie den vom Revisionswerber im Verfahren vorgelegten Unterlagen ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen seiner Erwerbstätigkeit bzw. die Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen nicht zu erwarten sei, vermag der Revisionswerber mit seinem Vorbringen nicht aufzuzeigen (siehe im Übrigen das bereits zitierte Erkenntnis 2012/22/0102, in dem fallbezogen bei drei Arbeitsplätzen von einer nur unwesentlichen Schaffung neuer Arbeitsplätze ausgegangen wurde, sowie das darin angesprochene hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, 2012/22/0057).

Die Behauptung, das kaufmännische Talent des A S sei "gerichtsnotorisch" und schon deshalb sei am Erfolg des gegenständlichen Projektes nicht zu zweifeln, stellt kein substanziiertes Vorbringen zum Vorliegen eines aus der Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers resultierenden gesamtwirtschaftlichen Nutzens dar. Gleiches gilt für die bloße Behauptung, es werde im Fall der Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels zu einem Abfluss von Kapital durch A S in das Ausland kommen.

7 Da die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es sei nicht von einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers auszugehen, nicht zu beanstanden ist, war auf das weitere Revisionsvorbringen, wonach - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes - der Revisionswerber die zentralen operativen Entscheidungen im Unternehmen selbständig treffe und es nicht darauf ankomme, ob er buchhalterische Erfahrung habe, nicht weiter einzugehen.

8 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 9 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 10. Mai 2016

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