VwGH Ra 2016/22/0001

VwGHRa 2016/22/000111.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des EK in Wien, vertreten durch Mag. Katharina Regner, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 66, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Oktober 2015, VGW- 151/082/10604/2014-6, betreffend Aufenthaltstitel, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016220001.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 7. Oktober 2015 wies das Verwaltungsgericht Wien den Zweckänderungsantrag des Revisionswerbers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom 22. Jänner 2013 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte (selbständige Schlüsselkraft)" gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 und Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

Unter Zugrundelegung des Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (AMS) gemäß § 24 AuslBG vom 5. April 2013, der vom Revisionswerber im Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2015 ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass eine Schaffung von Arbeitsplätzen durch die betriebliche Tätigkeit des Revisionswerbers nicht gegeben sei, weil ein (ursprünglich prognostizierter) Halbtagsarbeitsplatz diesem Kriterium nicht gerecht werde. Die anfänglich angedachte, beschäftigungsintensive Einrichtung einer elektronischen Handelsplattform sei wieder aufgegeben bzw. nicht fortgesetzt worden. Mit der in Aussicht gestellten Gründung einer österreichischen GmbH mit dem Geschäftszweig Handelsgewerbe sei grundsätzlich noch kein Transfer von Investitionskapital in relevantem Ausmaß verbunden. Die Einzahlung des gesetzlichen Stammkapitals sei nicht als ausreichend anzusehen. Ein direkter Transfer von Kapital aus dem Ausland sei nicht geplant. Die beabsichtigte Warenhandelstätigkeit (Unternehmensgegenstand sei der Import ausländischer Nahrungsmittel) sei auf einen Kapitaltransfer aus Österreich hinaus gerichtet. Auch aus dem bestätigten Warenumsatz in der Höhe von EUR 52.000,- für die nächsten sechs Monate könne der geforderte gesamtwirtschaftliche Nutzen nicht abgeleitet werden. Ein zusätzlicher Impuls für die österreichische Wirtschaft sei somit nicht zu erwarten.

2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Dem Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach das Verwaltungsgericht an das Gutachten des AMS nicht gebunden sei, ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht - entsprechend der hg. Rechtsprechung (siehe etwa das Erkenntnis vom 17. April 2013, 2010/22/0204, mwN) - eine derartige Bindung nicht angenommen, sondern das Gutachten (wie auch andere Unterlagen) der freien Beweiswürdigung unterzogen hat.

Der Revisionswerber führt weiters ins Treffen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie bzw. in welchem Umfang das Verwaltungsgericht Beweise zu würdigen habe. Dazu wird darauf hingewiesen, dass nach der hg. Rechtsprechung der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 2 AVG auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gilt (siehe die Beschlüsse vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0032, und vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0012).

Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (siehe das hg. Erkenntnis vom 17. November 2015, Ra 2015/22/0021, mwN).

Der Revisionswerber moniert diesbezüglich, das Verwaltungsgericht habe die angebotenen "entkräftenden Beweise" nicht umfassend aufgenommen, zudem sei das Gutachten des AMS bereits über zwei Jahre alt gewesen und es sei auf die "gegebenen Änderungen" nicht Rücksicht genommen worden. Diesem Vorbringen fehlt es insoweit an der erforderlichen Relevanzdarstellung, als nicht dargelegt wird, welche ergänzenden Feststellungen durch welche Beweisaufnahmen ermöglicht worden wären (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2009/21/0352). Zudem wird - abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht die Aussage des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2015 ebenfalls berücksichtigt hat - nicht konkret dargelegt, welche (nach dem Gutachten des AMS eingetretenen) Änderungen unbeachtet geblieben seien. Soweit der Revisionswerber auf die bereits mit der Beschwerde vorgelegten Referenzschreiben verweist, wird damit nicht aufgezeigt, inwieweit aus diesen - nach dem Verwaltungsakt aus dem Jahr 2012 stammenden - Schreiben ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers abgeleitet werden sollte.

Mit dem nicht näher substanziierten Revisionsvorbringen wird somit eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unschlüssigkeit der bloß den Einzelfall betreffenden Beweiswürdigung nicht aufgezeigt.

  1. 5. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
  2. 6. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

    Wien, am 11. Februar 2016

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