VwGH Ra 2016/20/0083

VwGHRa 2016/20/00836.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision der , gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. März 2016, Zl. W169 2107698-1/8E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 21. April 2015, Ra 2014/01/0212, und vom 10. Dezember 2014, Ra 2014/20/0115, mwN).

5 Die Revisionswerberin bringt in ihrer Zulassungsbegründung vor, mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an ihren Sohn Q sei ein Nachfluchtgrund entstanden. Zum Zeitpunkt der Flucht sei der Sohn Q von den Taliban bedroht worden, um den bereits vorher geflohenen zweiten Sohn der Revisionswerberin M, der für die Franzosen als Dolmetscher gearbeitet habe, unter Druck zu setzen. Aufgrund der Sippenhaftung würden die Taliban die Revisionswerberin nach ihrer Rückkehr bedrohen, um ihren Sohn bzw ihre Söhne in ihre Gewalt zu bekommen. Zu der Frage, ob das Entstehen eines Nachfluchtgrundes während des Asylverfahrens bedingt durch die Asylgewährung für einen Familienangehörigen Verfolgungsgefahr begründen könne, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

6 Dem Sohn Q der Revisionswerberin wurde der Status des Asylberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Februar 2016 zuerkannt. Das im vorliegenden Fall in Revision gezogene Erkenntnis wurde erst danach am 21. März 2016 erlassen. Das Vorbringen in der Revision betreffend die Konsequenzen, die aus der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Sohn der Revisionswerberin Q hervorgehen, erstattet diese erst vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Berücksichtigung dieses Vorbringens im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof steht deshalb schon das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegen (vgl. den hg. Beschluss vom 9. März 2016, Ra 2016/20/0027).

7 In der Zulassungsbegründung der Revision wird des Weiteren geltend gemacht, die Feststellungen zur Sicherheitslage sowie zu den anderen länderspezifischen Aspekten Afghanistans seien veraltet und einseitig. Aus den UNHCR-Richtlinien zu Afghanistan - mit der Revision wurden jene vom 6. August 2013 und vom 19. April 2016 vorgelegt - ergebe sich, dass die Taliban noch immer regelmäßig Zivilisten bedrohten und attackierten, die für die internationalen Militärkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen Positionen tätig seien oder gewesen seien, und dass auch die Familienangehörigen dieser betroffenen Personen Ziele von Angriffen der Taliban würden.

8 Diesbezüglich ist der Revisionswerberin zuerst entgegenzuhalten, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst angegeben hat, sie sei im Unterschied zu ihren Söhnen niemals von den Taliban bedroht worden. Inwieweit aufgrund aktuellerer Berichte oder der UNHCR-Richtlinien zu Afghanistan getroffene Länderfeststellungen dazu geführt hätten, im Vergleich zu früher nun doch von einer gegen die Person der Revisionswerberin gerichteten Verfolgungsgefahr ausgehen zu müssen, zeigt die Revision nicht auf.

9 Sofern das Vorbringen darauf abzielt, die Revisionswerberin hätte allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Rückkehrerin mit Repressionen zu rechnen, ist darauf hinzuweisen, dass in den im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aktuellen UNHCR-Richtlinien zu Afghanistan vom 6. August 2013 (noch) kein Hinweis auf diesbezügliche Gefahren enthalten ist.

10 Insoweit die Revisionswerberin die mangelnde Aktualität der vom Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der Sicherheitslage in Kabul herangezogenen Länderberichte rügt, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie zwar mit der Revision einen aktuellen Bericht zur Lage in Afghanistan (HRW World Report 2016 - Afghanistan) vorlegt, sie in der Revision aber keinen in Bezug auf die Sicherheitslage bedenklichen Sachverhalt aufzeigt, zu dessen Beleg der vorgelegte Bericht dienen hätte können. Die Revisionswerberin verabsäumt es somit, die Relevanz des von ihr geltend gemachten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

11 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 6. September 2016

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