VwGH Ra 2016/17/0225

VwGHRa 2016/17/022528.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. Februar 2016, LVwG-410878/16/HW, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

12010E056 AEUV Art56;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989;
VwGG §34 Abs1;
12010E056 AEUV Art56;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG), die gesondert darzustellen sind, zu überprüfen.

4 Der hier vorliegende Revisionsfall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten, insbesondere hinsichtlich der in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen jenen, die vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Beschlüssen vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144, und vom 20. April 2016, Ra 2016/17/0066, entschieden wurden. Aus den dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz iVm Abs 9 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch die hier vorliegende Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG als unzulässig.

5 Das Landesverwaltungsgericht hat sich ausführlich mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes (GSpG) befasst. Es ist - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, in einer vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung nicht bloß des Wortlauts der Bestimmungen des GSpG samt Gesetzesmaterialien, sondern auch der faktischen Gegebenheiten auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichtes - zum Ergebnis gelangt, dass eine solche nicht vorliegt. Da eine derartige Gesamtwürdigung in jedem Einzelfall durch den nationalen Richter vorzunehmen ist, läge in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG jedenfalls nur dann vor, wenn diese Gesamtwürdigung durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft vorgenommen worden wäre (vgl VwGH vom 20. April 2016, Ra 2016/17/0066).

6 Derartiges wird mit dem vorliegenden, insbesondere mit dem im Vergleich zu Ra 2016/17/0066 zusätzlichen, nachstehend wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen nicht dargetan. Dieses zusätzliche Vorbringen lautet (Schreibweise und Hervorhebungen wie im Original):

"Dass es sich hierbei JEDENFALLS um eine grundsätzliche Rechtsfrage handelt, ergibt sich schon aus dem Beschluss des OGH vom 30. März 2016 zu GZ 4 Ob 31/16m ua., weil dieser den Antrag stellt das GSpG 2010 in wesentlichen Teilen, nach Möglichkeit jedoch zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, weil es einerseits direkt gegen das Unionsrecht verstößt und andererseits, weil dann, wenn eine direkte Anwendung mangels Auslandsbezuges nicht hergestellt werden kann, eine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung iSd Art. 7 B-VG vorliegt. Das LVwG hat gegen die höchstgerichtliche Rechtsprechung entschieden, daher handelt es sich jedenfalls um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung! Vorbringen zur Werbung wurde erstattet."

7 Wesentlich sind bei der Gesamtwürdigung nach der Judikatur des EuGH unter anderem faktische Gegebenheiten, wie etwa der Umfang der Beschaffungskriminalität und der Kriminalität gegenüber Glücksspielern im Mitgliedsstaat, eine allfällige expansionistische Geschäftspolitik der Konzessionäre und deren Zielsetzung etc (vgl VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022). Um rechtens eine Beurteilung vornehmen zu können, ob Bestimmungen des Glücksspielgesetzes dem Unionsrecht widersprechen oder nicht, bedarf es unter anderem dazu konkreter Tatsachenfeststellungen, aus denen abzuleiten ist, dass durch anzuwendende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes vorgenommene Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (nicht) gerechtfertigt sind.

8 Soweit der Oberste Gerichtshof mit seinem Beschluss vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m ua, näher bezeichnete Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) und des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 beim Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig angefochten und dabei die Vorfrage der Unionsrechtswidrigkeit des in diesen gesetzlichen Bestimmungen geregelten Konzessionssystems bejaht hat, lag dieser rechtlichen Beurteilung im Vergleich sowohl zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, als auch zum konkret angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts ein anderer Sachverhalt zugrunde. Die unterschiedlichen Ergebnisse der rechtlichen Beurteilung der umstrittenen Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des GSpG beruhen somit auf einer unterschiedlichen Sachverhaltsgrundlage, die einer rechtlichen Würdigung unterzogen wird. Insbesondere wurden vom Obersten Gerichtshof der Beurteilung der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG ausschließlich Feststellungen zur von der Konzessionärin gemachten Werbung zugrunde gelegt, während der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, nach der dort näher dargestellten Judikatur des EuGH (vgl insbesondere Rz 67 ff dieses Erkenntnisses unter Hinweis auf EuGH vom 30. April 2014, Rs C-390/12 , Robert Pfleger ua Rn 52) unter anderem auf Basis der festgestellten faktischen Gegebenheiten nicht nur betreffend der Geschäftspolitik der Konzessionärin, sondern auch etwa hinsichtlich deren Zielsetzung, den Umfang der Beschaffungskriminalität und der Kriminalität gegenüber Glücksspielern und den Spielerschutz eine Gesamtwürdigung vornahm.

9 Angesichts dessen, dass das Landesverwaltungsgericht ausgehend von seinen ausreichenden Feststellungen nach eingehender Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken zur Unionsrechtswidrigkeit und mit der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH und den in der Rechtsprechung entwickelten Zielsetzungen für die Zulässigkeit der Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten und deren Umsetzung die behauptete Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des GSpG verneint hat, stellt sich die vom Revisionswerber unter Verweis auf das hg Erkenntnis vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049, aufgeworfene Frage der Inländerdiskriminierung im vorliegenden Revisionsfall bereits deshalb nicht.

10 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2016

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