VwGH Ra 2016/17/0066

VwGHRa 2016/17/006620.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der A W in T bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Dezember 2015, LVwG-410887/8/KLe, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Normen

12010E056 AEUV Art56;
62012CJ0390 Pfleger VORAB;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §25 Abs6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016170066.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18. Juni 2015 wurde der Revisionswerberin eine Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 2 und 4 GSpG zur Last gelegt und über sie eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 6.000,-- sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 202 Stunden verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde gemäß § 50 VwGVG ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht ging aufgrund umfangreicher, getroffener Feststellungen davon aus, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht vorliege. Es wies zahlreiche Beweisanträge der Revisionswerberin ab.

4 Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl zB VwGH vom 22. Februar 2016, Ra 2015/17/0090, mwH).

7 Der Revisionsfall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten, insbesondere hinsichtlich der in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen jenen, die vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Beschlüssen vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144, und vom 22. Februar 2016, Ra 2015/17/0090, entschieden wurden. Aus den in diesen Beschlüssen dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz iVm Abs 9 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch die hier vorliegende Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG als unzulässig.

8 Die Revisionswerberin bringt unter Verweis auf das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, sowie auf den hg Beschluss vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144, zusätzlich vor (Schreibweise und Hervorhebungen wie im Original):

"Mit dem Grundsatz des Parteiengehörs korrespondiert auch das Verbot der vorgreifenden Beweiswürdigung. Im Rahmen des Parteiengehörs wurden auch Beweisanträge zur tatsächlichen Wirkung des (nationalen) Glückspielmonopols (Entscheidung Pfleger: "wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und (...) tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen" ) gestellt - insbesondere die Einvernahme von Spezialisten, welche an anerkannten Einrichtungen zur Behandlung von Glücksspielsüchtigen tätig sind sowie diverse Urkunden, aus denen sich eindeutig ergibt, dass die Zahl der Spielsüchtigen stetig ansteigt. Die Beweisanträge dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (und ist das OÖ LVwG bei seiner Ablehnung der von den Revisionswerbern gestellten Beweisanträge über diesen Rahmen hinausgegangen bzw. hat objektiv geeignete Beweisanbote abgewiesen).Hätte das Gericht die von den Beschwerdeführern beantragten Beweise aufgenommen wäre es zu einem anderen Ergebnis gelangt. Das erkennende Gericht hätte festgestellt, dass sich die Zahl der Spielsüchtigen in den letzten Jahren - also seit Einführung des GSpG 2010 - weiter erhöht und nicht verringert hat. Dies hat zur Folge, dass die vom GSpG 2010 angeblich beabsichtigten Zielsetzungen tatsächlich nicht erreicht werden und das Gesetz daher ineffektiv ist. Das Glücksspielmonopol kann sohin nicht mit Verbrauchs- und Spielerschutzüberlegungen gerechtfertigt werden, was zur Folge hat, dass auch die Bestimmungen des GSpG 2010 nicht anzuwenden sind, da sie gegen das Unionsrecht verstoßen."

9 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Die Revision weist zwar richtig auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hin, nach der Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts (vgl etwa VwGH vom 24. März 2014, Ro 2014/01/0011, vom 8. Jänner 2015, Ra 2014/08/0064, sowie vom 18. Februar 2015, Ra 2015/08/0008).

10 Das nur allgemein gehaltene, in mehreren Verfahren ident erstattete Zulässigkeitsvorbringen ist schon mangels Anführung der im Verwaltungsverfahren angeblich gestellten Beweisanträge, denen das Verwaltungsgericht rechtswidrigerweise nicht nachgekommen sei, nicht geeignet, eine Fehlerhaftigkeit der Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts bei der Abweisung von Beweisanträgen im vorliegenden Revisionsfall darzutun.

11 Zum Vorbingen der Unionsrechtswidrigkeit ist schließlich gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das hg Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zu verweisen. In diesem hat der Verwaltungsgerichtshof ua ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Beurteilung der Frage der Unionsrechtswidrigkeit durch den nationalen Richter eine Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, zu erfolgen hat (vgl Rz 67ff dieses Erkenntnisses unter Hinweis auf EuGH vom 30. April 2014, Rs C- 390/12 , Robert Pfleger ua Rn 52). Nach der Judikatur des EuGH sind bei der Gesamtwürdigung nicht bloß der Wortlaut der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes samt Gesetzesmaterialien, sondern auch faktische Gegebenheiten (wie etwa der Umfang der Beschaffungskriminalität und der Kriminalität gegenüber Glücksspielern im Mitgliedstaat, eine allfällige expansionistische Geschäftspolitik der Konzessionäre und deren Zielsetzung etc) in den Blick zu nehmen (s ausführlich das zitierte Erkenntnis vom 16. März 2016).

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis vom 16. März 2016 in der Sache selbst entschieden und auf der Grundlage der Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes unter Berücksichtigung des Parteivorbringens die vom EuGH geforderte Gesamtwürdigung vorgenommen. Ausgehend von den Verfahrensergebnissen hat er eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Er ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass einer Bestrafung wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes die behauptete Unionsrechtswidrigkeit von seinen Bestimmungen nicht entgegenstand.

13 Im nunmehr vorliegenden Revisionsfall ist das Landesverwaltungsgericht zum selben Ergebnis gelangt. Da eine derartige Gesamtwürdigung in jedem Einzelfall durch den nationalen Richter vorzunehmen ist, läge in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG jedenfalls nur dann vor, wenn diese Gesamtwürdigung durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft vorgenommen worden wäre. Derartiges wird mit dem vorliegenden Zulässigkeitsvorbringen nicht dargetan.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in dem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2016

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