Normen
31996L0071 Entsende-RL Art3 Abs1;
AVRAG 1993 §7i Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
EIRAG 2000 §5;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016110133.L00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Mit dem erstangefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber im Rahmen eines Einzelunternehmens mit Sitz in Slowenien schuldig erkannt, dass er der Aufforderung der Abgabenbehörde vom 17. April 2015, die Lohnaufzeichnungen und die Unterlagen betreffend die Lohneinstufung von acht namentlich genannten, auf einer Baustelle in Bad Gleichenberg mit Malerarbeiten beschäftigten Arbeitnehmern (welche die Staatsangehörigkeit von Slowenien, Serbien oder Bosnien-Herzegowina besitzen) bis zum 22. April 2015 vorzulegen, nicht fristgerecht nachgekommen sei.
Wegen Übertretung des § 7i Abs. 1 iVm § 7f Abs. 1 Z 3 zweiter Fall AVRAG wurden über den Revisionswerber Geldstrafen von EUR 500,-- (Mindeststrafe) je Arbeitnehmer verhängt und ein Kostenbeitrag zum Verfahren vorgeschrieben.
Nach der Begründung dieses Erkenntnisses wurden die erwähnten Arbeitnehmer am 15. April 2015 durch Erhebungsorgane auf der genannten Baustelle angetroffen, wo weder die erforderlichen Lohnunterlagen in deutscher Sprache noch aktuelle Arbeitsaufzeichnungen im Sinne des AZG vorlagen, sodass die genannte Aufforderung an den Revisionswerber erging, welcher dieser nicht fristgerecht entsprochen habe (die Unterlagen betreffend die Einstufung der Arbeitnehmer seien sogar bis zum Zeitpunkt der Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht übermittelt worden).
1.2. Mit dem zweitangefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber im Rahmen des erwähnten Einzelunternehmens mit Sitz in Slowenien einer Übertretung des § 7b Abs. 8 Z 3 erster Fall iVm Abs. 5 AVRAG schuldig erkannt, weil er am 15. April 2015 auf der genannten Baustelle hinsichtlich eines namentlich genannten slowenischen Arbeitnehmers die Unterlagen für die Anmeldung zur Sozialversicherung sowie eine Abschrift der Meldung gemäß Abs. 3 und 4 (Meldung über die Entsendung) nicht bereitgehalten habe.
Wegen Übertretung des § 7b Abs. 8 Z 3 erster Fall iVm Abs. 5 AVRAG wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe von EUR 500,-- (Mindeststrafe) verhängt und ein Kostenbeitrag zum Verfahren vorgeschrieben.
1.3. In beiden Erkenntnissen wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
Gegen diese beiden Erkenntnisse richten sich die vorliegenden, im Wesentlichen gleichlautenden außerordentlichen Revisionen.
2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).
2.1. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
2.2. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist zunächst festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht in den gegenständlichen Verwaltungsstrafsachen eine Verhandlung durchgeführt hat, an welcher nach der Aktenlage neben dem Revisionswerber auch eine Dolmetscherin für die slowenische Sprache teilgenommen hat.
2.3. Die Revisionen bringen vor, gegenständlich würden sich die "Ansprüche der Arbeitnehmer nach slowenischem Recht" richten (Hinweis auf die Art. 19 bis 21 des slowenischen Gesetzes über das Internationale Privatrecht und Verfahren - IPRV), sodass österreichische Bestimmungen über den Grundlohn nicht anzuwenden seien.
Damit wird hinsichtlich des zweitangefochtenen Erkenntnisses eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG von vornherein nicht dargelegt, weil es dort nicht um den Grundlohn, sondern um die Anmeldung zur Sozialversicherung sowie die Meldung über die Entsendung geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2014, Zl. 2013/11/0143, mit Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH betreffend die unionsrechtskonforme Pflicht zur Bereithaltung von Sozialversicherungsunterlagen).
Aber auch hinsichtlich des erstangefochtenen Erkenntnisses wird mit dem Hinweis auf das (slowenische) IPRV eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan, weil dieses im vorliegenden Fall der Entsendung von Arbeitnehmern zum Zwecke der Erbringung von Dienstleistungen nach Österreich nicht entscheidungsrelevant ist. Vielmehr sind - aufgrund von (auch gegenüber slowenischem Recht) vorrangigem Unionsrecht (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen) - im Fall der Entsendung von Arbeitskräften nach Österreich die im erstangefochtenen Erkenntnis genannten (öffentlich-rechtlichen) Vorschriften des AVRAG maßgebend, die den Arbeitgeber verpflichten, das nach (österreichischem) Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt zu leisten (§ 7i Abs. 5 AVRAG) und zum Zweck der Kontrolle der Einhaltung dieser Vorschriften die entsprechenden Unterlagen bereitzuhalten oder vorzulegen (vgl. zum zwingenden Charakter dieser Bestimmungen die im hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2015, Zl. Ra 2015/11/0083, zitierten Rechtsvorschriften und Gesetzesmaterialien).
2.4. Da somit bereits das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen ist, bedurfte es gemäß § 34 Abs. 1 VwGG keines Auftrages zur Verbesserung der Revisionen bezüglich u.a. der Darlegung des Revisionspunktes und bezüglich Namhaftmachung eines in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalts (Einvernehmensrechtsanwalt) im Sinne des § 5 EIRAG (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Februar 2015, Zl. Ra 2015/02/0017).
3. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Oktober 2016
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