Normen
KAG Wr 1987 §5 Abs8;
KAG Wr 1987 §5;
KAG Wr 1987 §5 Abs8;
KAG Wr 1987 §5;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (durch Bestätigung des Bescheides der Wiener Landesregierung vom 20. April 2015) dem Mitbeteiligten über dessen Antrag die Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Chirurgie und Endoskopie in 1140 Wien unter gleichzeitiger Vorschreibung von 54 Auflagen und mit der Maßgabe, dass die beiliegenden Pläne samt Bau- und Betriebsbeschreibungen Bestandteile der gegenständlichen Bewilligung sind, gemäß § 5 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 in der geltenden Fassung (Wr. KAG) erteilt.
Eine der Auflagen (Pkt. 54) sieht als Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 08:30 Uhr bis 18:00 Uhr vor und untersagt, während dieser Zeiten die Räumlichkeiten des Ambulatoriums für Ordinationszwecke zu verwenden.
Gemäß § 25a VwGG wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
1.2. Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, der Mitbeteiligte sei Facharzt für Chirurgie und habe seine Ordination im Jahre 2012 durch Einbringungsvertrag in die (...)-Fachärzte für Chirurgie GmbH (deren Gesellschafter u.a. der Mitbeteiligte ist) eingebracht, welche im Rahmen einer Gruppenpraxis Leistungen aus den Bereichen Endoskopie, Proktologie, diagnostische und therapeutische Gastroenterologie, ambulante Chirurgie, präoperative Diagnostik und Vorsorgeuntersuchungen anbiete.
Weiters wurde unter Bezugnahme auf den Antrag festgestellt, dass das gegenständliche Ambulatorium die genannte Gruppenpraxis "ersetzen und an deren Stelle treten" werde, "ohne dass die bisher im Rahmen der Gruppenpraxis angebotenen und erbrachten medizinischen Leistungen in qualitativer oder quantitativer Hinsicht erweitert werden". Mit der Betriebsaufnahme des Ambulatoriums werde der Betrieb der Gruppenpraxis an diesem Standort eingestellt, die genannten Leistungen würden dort auch nicht im Rahmen einer Ordination angeboten.
Vor Aufnahme des Betriebs des genannten Ambulatoriums werde die erwähnte (...)-Fachärzte für Chirurgie GmbH einen Kassenvertrag mit der Wiener Gebietskrankenkasse betreffend den Betrieb des Ambulatoriums abschließen und zeitgleich den Kassenvertrag betreffend den Betrieb der Gruppenpraxis auflösen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht nach Zitat des § 5 Wr. KAG im Wesentlichen aus, im Rahmen des vorliegenden Bewilligungsverfahrens habe eine Prüfung des Bedarfs betreffend das gegenständliche Ambulatorium zu entfallen, weil am erwähnten Standort anstelle der bisherigen Gruppenpraxis künftig das in Rede stehende Ambulatorium betrieben werde, ohne dass es dabei zu einer Ausweitung des Leistungsangebotes in qualitativer oder quantitativer Hinsicht kommen werde (näherer Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Den Einwänden der Revisionswerberin (Ärztekammer für Wien), der bestehende Kassenvertrag betreffend die Gruppenpraxis müsse im Falle der Auflösung (von der Krankenkasse) neu ausgeschrieben und besetzt werden und es sei erforderlich, am Standort des Ambulatoriums - jegliche - Ordinationstätigkeit zu untersagen, sei zu entgegnen, dass es bei der Bedarfsfrage auf das bestehende und nicht auf ein allfällig künftiges Versorgungsangebot ankomme.
Der Einwand, nicht der Mitbeteiligte, dem die Bewilligung erteilt worden sei, sondern die (...)-Fachärzte für Chirurgie GmbH werde das Ambulatorium betreiben, betreffe nicht die Frage des Bedarfs und liege daher außerhalb der Parteistellung der Revisionswerberin. Abgesehen davon sei es im Hinblick auf § 8 Wr. KAG nicht erforderlich, dass der Mitbeteiligte (als Inhaber der Errichtungsbewilligung) das Ambulatorium selbst betreibe.
1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Ärztekammer für Wien.
2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).
2.2. In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
2.2.1. Die Revision thematisiert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, das Verwaltungsgericht habe gegen das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 AVG und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, weil es (trotz eines diesbezüglichen Beweisantrages) Sachverhaltsfeststellungen zur Frage der "möglichen Ausweitung des Leistungsspektrums durch das zu errichtende Ambulatorium" unterlassen habe.
Im Unterschied zu Gruppenpraxen, in denen eine Anstellung von Ärzten unzulässig sei (§ 52a Abs. 3 Z 7 ÄrzteG 1998) und das Leistungsangebot somit durch die Anzahl der Gesellschafter begrenzt sei, gebe es bei Ambulatorien keine entsprechende Einschränkung und "somit die Möglichkeit der Leistungsausweitung".
Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht aufgeworfen, weil eine solche nur dann vorliegt, wenn das Schicksal der Revision von ihrer Beantwortung "abhängt" (Art. 133 Abs. 4 B-VG; vgl. etwa den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/11/0095, mwN), was gegenständlich jedoch nicht der Fall ist:
Das im Rahmen des krankenanstaltenrechtlichen Bewilligungsverfahrens für die Bedarfsfrage maßgebende Leistungsangebot des geplanten selbständigen Ambulatoriums bestimmt sich nach dem Antrag des Antragstellers und muss, wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im hg. Erkenntnis vom 23. September 2014, Zl. 2013/11/0241, ausgeführt hat, mit der gebotenen Klarheit aus dem Spruch der Bewilligung hervorgehen, weil sich danach der Umfang der Errichtungsbewilligung bestimmt.
Gegenständlich wurden im Spruch des vom Verwaltungsgericht bestätigten Bewilligungsbescheides "die beiliegenden Pläne samt Bau- und Betriebsbeschreibungen" zum Bestandteil dieser Bewilligung erklärt. Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass das nach diesen Unterlagen geplante Leistungsangebot weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht vom Leistungsumfang der am gleichen Standort bisher betriebenen Gruppenpraxis abweicht.
Die Revision bringt im Rahmen der Zulässigkeitsausführungen nicht etwa vor, dass das Leistungsangebot des gegenständlichen Ambulatoriums im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses (bzw. des zugrunde liegenden Bewilligungsbescheides) nicht mit hinreichender Klarheit festgelegt sei.
Die in der Revision vielmehr aufgeworfene Frage, ob eine (faktische) Möglichkeit der Leistungsausweitung dieses Ambulatoriums besteht, ist für die gegenständliche Beurteilung aber unerheblich, weil die vorliegende Bewilligung, wie ausgeführt, nur das nach dem Spruch genehmigte Leistungsangebot des Mitbeteiligten erfasst. Eine wesentliche Veränderung des (bewilligten) Leistungsangebotes bedürfte ohnedies einer eigenen Bewilligung (§ 7 Abs. 2 Wr. KAG).
Ausgehend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass das medizinische Leistungsangebot des bewilligten Ambulatoriums die am selben Standort bisher betriebene Gruppenpraxis weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht erweitern wird und dass das Ambulatorium die Gruppenpraxis ersetzen wird, wobei auch der Kassenvertrag der Gruppenpraxis aufgelöst wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl. 2000/11/0208), befindet sich das Verwaltungsgericht im Einklang mit der (nachstehend auszugsweise zitierten) hg. Rechtsprechung, wenn es gegenständlich die Beurteilung, ob am gegenständlichen Ambulatorium ein Bedarf besteht, für nicht erforderlich hielt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich im Erkenntnis vom 2. April 2014, Zl. 2013/11/0078 zum Wr. KAG und der durch die Novelle LGBl. Nr. 18/2011 neu gefassten Rechtslage wie folgt ausgeführt:
"2.2.1. Hervorzuheben ist zunächst, dass es anlässlich der Novelle BGBl. I Nr. 61/2010 zum KaKuG, und der Novelle LGBl. Nr. 18/2011 zum Wr. KAG zu gänzlichen Neufassungen des § 3a KaKuG und des § 5 Wr. KAG gekommen ist. Zwar wird nicht mehr ausdrücklich davon gesprochen, dass die Erteilung einer Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium nur zulässig ist, wenn ein Bedarf nach der geplanten Krankenanstalt gegeben ist. Wie allerdings aus der Systematik der Gesetzesbestimmungen und den Materialien zu § 3a KaKuG zu erkennen ist, hat im Rahmen des Verfahrens zur Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums weiterhin grundsätzlich eine Prüfung des Bedarfs zu erfolgen, weil eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet eine zentrale Tatbestandsvoraussetzung der Errichtungsbewilligung darstellt. Die Notwendigkeit einer Bedarfsprüfung ergibt sich auch gemäß § 5 Abs. 5 Wr. KAG aus der verpflichtenden Einholung eines Gutachtens der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts sowie einer begründeten Stellungnahme der Wiener Gesundheitsplattform zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 sowie den zu prüfenden Parametern gemäß § 5 Abs. 3 Wr. KAG. Nicht zuletzt spricht auch § 5 Abs. 8 Wr. KAG bei der Umschreibung der Parteistellung der Ärztekammer weiterhin vom ‚Bedarf'.
...
2.2.4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich schon bisher in seiner Judikatur mit Konstellationen zu befassen, in denen ein geplantes Ambulatorium an die Stelle einer bereits bestehenden Einrichtung tritt, ohne dass es zu einer Ausweitung des Versorgungsangebotes in qualitativer oder quantitativer Hinsicht kommt.
2.2.4.2. So hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass sich in Fällen, in denen ein bestehendes Laboratorium einer natürlichen Person von einem anderen Rechtsträger (einer juristischen Person) übernommen wird und als selbständiges Ambulatorium weitergeführt werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 96/11/0228), weitere Ermittlungen, ob ein Bedarf gegeben sei, erübrigen, insofern keine Erweiterung des Leistungsangebotes geplant ist. Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof auch in einem Fall vertreten, in dem ein selbständiges Ambulatorium an die Stelle einer Facharztordination trat und eine Zusammenlegung von bereits bisher an mehreren Standorten der Gesellschaft erbrachten Leistungen (Laboratorien, die labormedizinische Untersuchen im Bereich der Hämatologie, Klinische Chemie und Immunologie bewerkstelligten) am Standort des Laboratoriums ohne Ausweitung des Leistungsangebotes erfolgte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl. 2000/11/0208). Erweitert sich hingegen bei einem Übergang einer Facharztordination in ein selbständiges Ambulatorium das Leistungsspektrum qualitativ oder quantitativ oder steht nicht fest, ob die bestehende Ordination ihren Betrieb einstellt, sind - so die bisherige hg. Judikatur - jedenfalls Erhebungen über die Wartezeit anzustellen und ist eine umfassende Bedarfsprüfung vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2000/11/0201).
2.2.4.3. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von dieser Judikatur abzugehen, weil die Neufassung der Bestimmungen über die Bedarfsprüfung in § 3a KaKuG (und vorliegendenfalls in § 5 Wr. KAG) im Hinblick auf die ratio legis für den Schutz bestehender Einrichtungen, die medizinische Leistungen im Einzugsgebiet eines zu errichtenden selbständigen Ambulatoriums erbringen, keine wesentliche Änderung mit sich gebracht hat."
2.2.2. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision, es gebe nur veraltete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und es fehle neue Judikatur zur Rechtslage des Wr. KAG seit der Novelle LGBl. Nr. 18/2011, welche die Kriterien der Bedarfsprüfung neu gefasst habe (insbesondere sei nun - nach Ansicht der Revision - "neben" dem Bewilligungserfordernis des Bedarfs das Kriterium der wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes maßgebend) erweist sich im Hinblick auf das zitierte Erkenntnis, Zl. 2013/11/0078, als verfehlt.
Die Entscheidungsgründe des soeben genannten Erkenntnisses sind vielmehr auch für den vorliegenden Fall, für den eine im Wesentlichen unveränderte Rechtslage (LGBl. Nr. 33/2014) gilt, von Bedeutung (der hier maßgebende § 5 Wr. KAG - Errichtung von selbständigen Ambulatorien - wurde durch die Novellen LGBl. Nr. 29/2013 und LGBl. Nr. 30/2013 in hier nicht relevanter Weise geändert).
2.2.3. Schließlich vermag die Revision auch mit dem Hinweis auf § 343 Abs. 1a und 1b ASVG eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufzuzeigen, weil die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (und damit das Schicksal der Revision) nicht von diesen Bestimmungen "abhängt" (vgl. Pkt. 2.2.1.):
§ 343 ASVG regelt das Vertragsverhältnis zwischen Arzt bzw. Gruppenpraxis einerseits und Krankenversicherungsträger andererseits, konkret die Auswahlkriterien bei der Nachbesetzung offener Kassenplanstellen (Abs. 1a) und die Frage des Bedarfs der Nachbesetzung (Abs. 1b).
Die Revision irrt, wenn sie meint, es stelle sich gegenständlich angesichts der letztgenannten Bestimmung die "entscheidungsrelevante Frage, wie mit der bereits bestehenden medizinischen Einrichtung des (Mitbeteiligten) an derselben geplanten Adresse zu verfahren sein wird".
Gemäß § 5 Wr. KAG ist nämlich bei der Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium, soweit es um den Bedarf geht (nur insoweit kommt der Revisionswerberin die Revisionslegitimation zu; vgl. § 5 Abs. 8 leg. cit.), auf das "bereits bestehende Versorgungsangebot" abzustellen, und nicht wie die Revision offenbar meint, auf das (künftige) Angebot nach (allenfalls) erfolgter Nachbesetzung der Kassenvertragsstelle der Gruppenpraxis des Mitbeteiligten.
3. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2016
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