VwGH Ro 2016/11/0003

VwGHRo 2016/11/000315.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport in 1090 Wien, Roßauer Lände 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. November 2015, Zl. W170 2104835-1/34E, betreffend Ausnahmebewilligung zum Besitz von Kriegsmaterial (mitbeteiligte Partei: W K in G, vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. Krückl Dr. Lichtl Dr. Huber Mag. Eilmsteiner, Landstraße 50/IV, 4020 Linz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abschn1 Z1 litb;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
KriegsmaterialV 1977 §1 Abschn1 Z1 litb;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §18 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid vom 23. Jänner 2015 wies der Revisionswerber den Antrag des Mitbeteiligten auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zum Besitz einer Repetierbüchse Take Down Mod. 2002 der Marke Fortmeier im Kaliber .408 Chey Tac, Nr. 470 gemäß § 10 und § 18 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) iVm.

§ 1 Abschnitt 1 Z. 1 lit. b der Verordnung der Bundesregierung betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977 - im Folgenden:

Kriegsmaterialverordnung -, ab. Der Revisionswerber vertrat dabei die Rechtsauffassung, dass es sich bei der in Rede stehenden Büchse um eine Panzerbüchse iSd. § 1 Abschnitt 1 Z. 1 lit. b der Kriegsmaterialverordnung handle.

2 1.2. Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis mit der Maßgabe statt, dass der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung als unzulässig zurückgewiesen werde. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass für die in Rede stehende Büchse ausschließlich monolithische Geschoße (Geschoße, die durch ein spanabhebendes Fertigungsverfahren aus dem Vollen gedreht werden und dadurch homogen sind sowie aus einer Messinglegierung bestehen) auf dem Markt erhältlich seien. Es sei praktisch nicht möglich, für die Büchse panzerbrechende Geschoße oder Patronen, etwa mit Stahl- oder Schwermantelkerngeschoßen, in "Selbstlaboration" herzustellen. Solche Geschoße seien auch nicht auf dem Markt erhältlich. Soweit die Büchse nur mit monolithischen Geschoßen "betrieben" werde, sei es nicht möglich, gängiges und modernes 9 mm (oder dickeres) Panzerblech bzw. die Panzerung von modernen gepanzerten Gefechtsfahrzeugen zu durchschlagen. Das Verwaltungsgericht geht dabei davon aus, dass die Büchse nicht erkennbar für militärische Zwecke bestimmt ist.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei Voraussetzung für das Vorliegen einer Panzerbüchse iSd. Verordnung, dass das zu beurteilende Gewehr zur Bekämpfung gepanzerter Ziele geeignet sei, also "panzerbrechende Wirkung" habe; hingegen komme dem Umstand, dass einem Gewehr eine hohe Präzision zukomme und sie eine große Einsatzweite habe, keine ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. November 2010, Zl. 2007/03/0171). Da die Büchse im hier maßgeblichen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076) Zeitpunkt der Entscheidung nach den getroffenen Feststellungen mangels entsprechender Munition über keine panzerbrechende Wirkung verfüge, sei davon auszugehen, dass es sich nicht um eine Panzerbüchse iSd. Kriegsmaterialverordnung handle.

5 Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, offen scheine die Rechtsfrage, ob - wie vom Verwaltungsgericht judiziert - nur auf dem Markt verfügbare oder unter realistischen Bedingungen "selbst laborierbare" Patronen bei der Frage der panzerbrechenden Wirkung einer Waffe zu berücksichtigen seien oder auch "potentiell in der Zukunft zu erwartende Patronen". Offen scheine weiters die Rechtsfrage, ob unter dem Begriff "panzerbrechend" nur die wirksame Bekämpfung von militärischen Gefechtsfahrzeugen oder auch die wirksame Bekämpfung etwa von gepanzerten Limousinen oder auch Körperpanzer fielen.

6 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 24. März 2016, Zl. Ro 2016/11/0005, vom 31. März 2016, Zl. Ro 2015/07/0038, und vom 14. April 2016, Zl. Ro 2016/11/0011). Dies ist so zu verstehen, dass eine ordentliche Revision zurückzuweisen ist, wenn die in der Begründung des Zulässigkeitsausspruchs des Verwaltungsgerichtes vertretene Auffassung über das Vorliegen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG, von denen die Behandlung der Revision abhänge, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird und in der ordentlichen Revision unter Zulässigkeitserwägungen keine anderen derartigen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung konkret dargelegt werden.

2.2.1. Auf der Grundlage der vom Verwaltungsgericht selbst angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur notwendigen Voraussetzung der panzerbrechenden Wirkung (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 2007/03/0171) und der Erforderlichkeit des Abstellens auf die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt (vgl. im Zusammenhang mit Kriegsmaterial die hg. Erkenntnisse vom 2. April 2009, Zl. 2007/05/0160, vom 23. Februar 2011, Zl. 2008/11/0067, und vom 21. November 2013, Zl. 2011/11/0001) stellt die erste vom Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Zulässigkeitsbegründung umschriebene Rechtsfrage (vgl. oben Rz 5) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, weil die Beurteilung, ob der in Rede stehenden Büchse panzerbrechende Wirkung zukommt, zwangsläufig nur im Hinblick auf die im Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehende Munition beurteilt werden kann und Mutmaßungen über vielleicht künftig erhaltbare andere Munition zu unterbleiben haben.

2.2.2. In gleicher Weise stellt auch die zweite vom Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Zulässigkeitsbegründung umschriebene Rechtsfrage (vgl. oben Rz 5) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG dar. Angesichts des Wortlauts des § 1 Abschnitt 1 Z. 1 lit. b der Kriegsmaterialverordnung ("Maschinenkanonen, Panzerbüchsen, Panzerabwehrrohre oder ähnliche Panzerabwehrwaffen") kann es - auch vor dem Hintergrund der Zielsetzungen des Kriegsmaterialgesetzes - keinem Zweifel unterliegen, dass sich dieser auf militärische Fahrzeuge und nicht auf die vom Verwaltungsgericht genannten gepanzerten Limousinen oder auch Körperpanzer bezieht (vgl. in diesem Zusammenhang den hg. Beschluss vom 29. Juni 2016, Zl. Ra 2016/05/0052).

2.2.3. Die Revision legt - offenkundig wegen der in ihr vertretenen Rechtsauffassung, Zulässigkeitsausführungen erübrigten sich schon deshalb, weil das Verwaltungsgericht ausgesprochen hat, dass die Revision zulässig sei - nicht dar, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung anderer Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG als denen, die das Verwaltungsgericht angegeben hat, abhänge.

10 2.3. In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.

11 2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Dezember 2016

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