VwGH Ro 2016/11/0011

VwGHRo 2016/11/001114.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des DDr. M O in M, vertreten durch Dr. Karl Newole, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zelinkagasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 16. März 2015, Zl. KLVwG-291/2/2015, betreffend Eintragung in die österreichische Ärzteliste (belangte Behörde: Präsident der Österreichischen Ärztekammer in 1010 Wien, Weihburggasse 12), den Beschluss gefasst:

Normen

32005L0036 Anerkennungs-RL Berufsqualifikationen Art21 Abs1;
ÄrzteG 1998 §4;
ÄrzteG 1998 §5 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §25a;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2016110011.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 22. September 2014 auf Eintragung in die österreichische Ärzteliste als "approbierter Arzt" (§ 5 Z 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2014 iVm der Richtlinie des Rates 2005/36/EG vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen; im Folgenden kurz:

Richtlinie) gemäß § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ausgesprochen.

In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dem Revisionswerber (der nach eigenen Angaben österreichischer Staatsangehöriger ist) sei mit von ihm vorgelegtem Bescheid der Medizinischen Universität Graz vom 23. November 2009 nach erfolgreichem Abschluss des Diplomstudiums Humanmedizin der akademische Grad "Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.)" verliehen worden. Außerdem habe der Revisionswerber (der nach seinen Revisionsausführungen die Ausbildung zum Turnusarzt nach 2 Jahren abgebrochen und danach eine medizinische Beratungstätigkeit für Spitzensportler mit Berufssitz in Bayern begonnen habe) die von der Regierung in Oberbayern am 1. September 2014 ausgestellte Approbationsurkunde vorgelegt. Darin sei festgehalten, dass er die Voraussetzungen des § 3 der (deutschen) Bundesärzteordnung erfülle (und dass ihn die Approbation zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtige).

Nunmehr habe der Revisionswerber einen (weiteren) Berufssitz in Klagenfurt bekannt gegeben.

In der rechtlichen Beurteilung zitierte das Verwaltungsgericht Bestimmungen der Richtlinie und des ÄrzteG 1998 und verwies auf die Übergangsbestimmung des § 235 Abs. 12 leg. cit., nach der für das gegenständliche Verfahren das ÄrzteG 1998 (noch) in der Fassung BGBl. I Nr. 46/2014 maßgebend sei (das im Spruch zitierte BGBl. I Nr. 50/2014 betrifft eine hier nicht maßgebende Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof). § 5 Z 1 ("Automatische Anerkennung von EWR-Berufsqualifikationen") der maßgebenden Gesetzesfassung habe die Erlangung der Berufsberechtigung als "approbierter Arzt" unter näher genannten Voraussetzungen vorgesehen.

Die Qualifikation "approbierter Arzt" sei mit der ÄrzteG-Novelle BGBl. Nr. 100/1994 zur Anpassung an den EWR eingeführt worden, um Ärzten aus einem anderen Mitgliedstaat, die dort bereits aufgrund ihrer Grundausbildung selbständig berufsausübungsberechtigt sind, auch in Österreich eine selbständige Berufsausübungsberechtigung einzuräumen (1361 BlgNR XVIII. GP , S. 34).

Die Berufsberechtigung als "approbierter Arzt" könne daher nur im Wege einer - im Ausland absolvierten - Ausbildung erworben werden. Dies ergebe sich auch aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie.

Der Revisionswerber erfülle die in § 5 Z 1 ÄrzteG 1998 (idF BGBl. I Nr. 46/2014) genannten Voraussetzungen für die automatische Anerkennung als "approbierter Arzt" nicht, weil ihm (unbeschadet des Fehlens der in lit. b der genannten Bestimmung erforderlichen Bescheinigung) der in der lit. a leg. cit. verlangte ärztliche Ausbildungsnachweis für die Grundausbildung gemäß Anhang V Nummer 5.1.1. der Richtlinie - fallbezogen das in diesem Anhang für Deutschland angeführte "Zeugnis über die ärztliche Prüfung" - fehle.

Hingegen führe der vom Revisionswerber - in Österreich - erworbene Grundausbildungsnachweis (gemäß § 4 Abs. 3 Z 1 ÄrzteG 1998 und dem genannten Anhang der Richtlinie: die Urkunde über die Verleihung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde) in Österreich noch nicht zur Berufsberechtigung als approbierter Arzt, sondern berechtige zufolge § 4 Abs. 4 ÄrzteG 1998 nur zur unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt. Anderes könne aus § 5 Abs. 1 ÄrzteG 1998 nicht abgeleitet werden, weil dieser auf den Anwendungsbereich der Richtlinie abstelle, und sich diese nach ihrem Art. 2 auf alle Staatsangehörige eines Mitgliedstaates erstrecke, die einen reglementierten Beruf in einem - anderen - Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben, ausüben wollen.

Der Revisionswerber könne auf keine in einem - anderen - Mitgliedstaat erworbenen Diplome, Aus- und Weiterbildungsnachweise verweisen, dem vorliegenden Fall fehle der gemeinschaftsrechtliche Bezugspunkt, sodass auch der vom Revisionswerber ins Treffen geführte Einwand der Inländerdiskriminierung nicht zutreffe.

Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht nur ganz allgemein (ohne jegliche Konkretisierung) aus, dass im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, "weil eine solche Rechtsprechung fehlt".

2. Mit Beschluss vom 19. November 2015, E 935/2015-13, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision, in der die Präzisierung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ebenfalls fehlt (die Revision enthält neben den Revisionsgründen keine gesonderten Ausführungen zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung).

Die belangte Behörde und die Bundesministerin für Gesundheit erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

3.1. Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Juni 2015, Zl. Ro 2015/03/0021, mwN). Die Begründung des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Revision erschöpft sich in der Wiedergabe von Art. 133 Abs. 4 B-VG; sie enthält keine Ausführungen zu einer vom Verwaltungsgerichtshof zu lösenden Rechtsfrage. Der gemäß § 25a VwGG gebotene Ausspruch, der kurz zu begründen ist, zeigt daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/10/0125, mwN).

3.2. Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Februar 2015, Zl. Ro 2015/21/0002, mwN). Dies gilt auch für den Fall, dass das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Revisionsfall - infolge bloß formelhafter Begründung zur Zulässigkeit der Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. Ro 2014/10/0125, und die dort referierte Vorjudikatur). In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen für jede von ihr - hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierte Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt.

Wie erwähnt beinhaltet die Revision zwar Ausführungen zu den Revisionsgründen, aber keine (gesonderten) Ausführungen, weshalb im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen soll. Daher ist gegenständlich die Zulässigkeitsvoraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt.

4. Ungeachtet dessen sei im gegebenen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in den vorgetragenen Revisionsgründen (selbst wenn man diesen beipflichtet, dass im vorliegenden Fall durch die beabsichtigten grenzüberschreitenden Dienstleistungen von Deutschland nach Österreich die Dienstleistungsfreiheit betroffen ist) von der - unzutreffenden - Prämisse ausgegangen wird, das angefochtene Erkenntnis führe, indem es für die selbständige ärztliche Berufsausübung des Revisionswerbers unter Bezugnahme auf § 4 ÄrzteG 1998 neben dem Nachweis des Abschlusses des Medizinstudiums überdies noch eine mehrjährige praktische Ausbildung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses verlange, zu einer Verletzung der Dienstleistungsfreiheit.

Diese Verletzung resultiere gegenständlich - abseits der Richtlinie (die Revision teilt die Meinung des Verwaltungsgerichts, dass die Richtlinie aufgrund ihres Art. 2 nicht auf einen Fall wie den vorliegenden anwendbar sei) - daraus, dass eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach der Rechtsprechung des EuGH nicht nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses erfolgen dürfe (dass das Ziel, einen hohen Standard medizinischer Leistungen zu erreichen, im Allgemeininteresse liegt, wird auch von der Revision bestätigt), sondern dass ein solches Ziel mit einer nationalen Regelung auch in "kohärenter" Weise erreicht werden müsse. Letzteres sei nicht der Fall, weil - so die Meinung des Revisionswerbers - die Beschränkung, die sich aus dem Erfordernis einer zusätzlichen Ausbildungszeit für die selbständige ärztliche Berufsausübung ergibt, "nicht für Absolventen einer in Deutschland zurückgelegten ärztlichen Grundausbildung" gelte. Das angestrebte höhere Qualifikationsniveau in Österreich könne somit ohnedies nicht erreicht werden.

Die letztgenannte Annahme trifft allerdings nicht zu, weil, wie sich aus Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie ergibt, auch dem in Deutschland erlangten ärztlichen Grundausbildungsnachweis in Österreich nur dieselbe Wirkung zuerkannt werden muss wie dem in Österreich ausgestellten Grundausbildungsnachweis (vgl. dazu auch die Erläuterungen - 268 BlgNR XXV. GP , S. 3 - zur ÄrzteG-Novelle BGBl. I Nr. 82/2014).

5. Aus den unter Pkt. 3. dargelegten Gründen war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 14. April 2016

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