VwGH Ra 2016/09/0096

VwGHRa 2016/09/00968.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision der Y C in V, vertreten durch Mag. Markus Adam, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Färbergasse 10/15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. Juli 2016, Zl. LVwG-S-132/001-2016, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 11. Dezember 2015 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, sie habe es als Gesellschafterin der C KG und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass die C KG die chinesische Staatsangehörige 1. XG von 4. April 2013 bis 27. November 2014 sowie den afghanischen Staatsangehörigen 2. AN von 1. August bis 27. November 2014 beschäftigt habe, für welche keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretungen wurden über die Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zwei Geldstrafen in Höhe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 90 Stunden) zu Spruchpunkt 1. und in Höhe von EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) zu Spruchpunkt 2. verhängt.

2 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit Folge, als es zu Spruchpunkt 1. den Tatzeitraum auf den 27. November 2014 einschränkte und die Geldstrafe auf EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) herabsetzte sowie zu Spruchpunkt 2. die Geldstrafe auf EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) herabsetzte. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig. Begründend führte das Verwaltungsgericht zu Spruchpunkt 1. aus, es sei nicht bestritten worden, dass die als Küchenhilfe betretene XG zumindest im Kontrollzeitpunkt ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt gewesen sei. Die Revisionswerberin habe auch nicht glaubhaft machen können, dass sie daran kein Verschulden treffe, weil sie von XG getäuscht worden sei und sich diese mithilfe eines Ausweises als eine andere Person, nämlich JP, ausgegeben habe. Vielmehr folge das Verwaltungsgericht der Aussage der JP, wonach diese selbst von April 2013 bis Mitte November 2014 in der C KG beschäftigt gewesen sei. Die Revisionswerberin habe gewusst, dass die Person, die sie als JP beschäftigt habe, nicht JP gewesen sei.

3 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.

5 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. VwGH vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0071, und vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144).

6 Die Revision richtet sich gegen die Bestrafung wegen unzulässiger Beschäftigung von XG (Spruchpunkt 1 und den damit im Zusammenhang stehenden Verfahrenskostenausspruch). Die Revisionswerberin wendet in ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit zusammengefasst ein, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es ohne Begründung entscheidungsrelevante Beweise, insbesondere den beantragten Beweis zur Einholung eines graphologischen Gutachtens, nicht aufgenommen habe. Das graphologische Gutachten sei zum Beweis dafür notwendig gewesen, dass nicht JP, sondern XG den Dienstvertrag vom 4. April 2013 unterschrieben habe. Dadurch hätte bewiesen werden können, dass XG von Anfang an in der C KG beschäftigt gewesen sei und die Revisionswerberin vorsätzlich getäuscht habe.

7 Nach der Verweisungsbestimmung des § 38 VwGVG gilt im Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 25 Abs. 1 VStG das Amtswegigkeitsprinzip und gemäß § 25 Abs. 2 VStG der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, wonach vom Verwaltungsgericht von Amts wegen unabhängig von Parteivorbringen und -anträgen der wahre Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln ist. Das Verwaltungsgericht hat aber neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise auch die Pflicht, auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Es darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Mai 2015, Ra 2014/09/0041 sowie vom 10. Dezember 2014, Ro 2014/09/0056).

Beweisanträgen ist sohin grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 8. Jänner 2015, Ra 2014/08/0064).

8 Der Revisionswerberin gelingt es mit ihrem Vorbringen nicht, eine derart krasse Fehlbeurteilung aufzuzeigen: Das Verwaltungsgericht stützte sich in seiner Beweiswürdigung zur Verneinung der Verwechselbarkeit der beiden Ausländerinnen auch tragend auf die Angaben der Kontrollorgane, die bei erstmaligem Ansichtigwerden anlässlich der Betretung am 27. November 2014 Zweifel an der Identität der sich als JP ausgebenden XG hatten, sowie auf einen optischen Vergleich von JP in der Verhandlung und ihrem Foto auf dem Personalausweis mit dem Foto von XG bei der Kontrolle. Diese Argumentation des Verwaltungsgerichtes kann die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen zur Unterlassung der Einholung eines graphologischen Gutachtens sowie weiterer beantragter Beweise, wonach sie durch XG bereits bei der Unterfertigung des Dienstvertrages im April 2013 mithilfe der Dokumente der JP über die Identität der Ausländerin getäuscht worden sei, nicht erschüttern. Im Übrigen wird dazu von der Revisionswerberin nicht einmal behauptet, ein geeignetes Kontrollsystem beim Beschäftigungsbeginn zur Hintanhaltung von Verstößen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eingerichtet zu haben (vgl. zur Notwendigkeit eines effektiven Kontrollsystems u. a. die hg. Entscheidungen vom 9. Februar 2015, Ra 2015/02/0014, vom 12. November 1999, 97/09/0301, und vom 2. Juni 1999, 98/04/0099). Damit mangelt es an der Relevanz der gerügten Verfahrensmängel.

9 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 8. November 2016

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