VwGH Ra 2015/02/0014

VwGHRa 2015/02/00149.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision 1. des K,

2. der B Ges.m.b.H., beide in W, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salzgries 17/4/11A, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 21. November 2014, Zl. VGW-042/014/7253/2014-30, betreffend Übertretungen des ASchG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, betreffend Übertretungen des ASchG, als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig ist.

3. In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht davon ausgehe, dass die revisionswerbenden Parteien ein Kontrollsystem einrichten hätten müssen, das unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund hätte erwarten lassen. Das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an ein Kontrollsystem über den gesetzlichen Rahmen hinaus angespannt, was in der Revision noch weiter ausgeführt wird.

Damit zeigen die revisionswerbenden Parteien keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, zumal sie auch in der Revision nicht einmal behaupten, ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet zu haben. Sie gehen vielmehr lediglich davon aus, dass im konkreten Fall eine Kontrolle nicht möglich gewesen wäre (weil es denkunmöglich sei, dass sich der Geschäftsführer "quasi hinter jedem Arbeitnehmer aufhält um zu beobachten, ob dieser sich nicht unter einer schwebenden Last aufhält oder eines der unzähligen Arbeitsmittel nicht missbräuchlich verwendet"), bzw. dass eine Kontrolle nicht notwendig gewesen oder zu spät gekommen wäre. Sie verkennen damit, dass ein wirksames Kontrollsystem nicht die ständige Beaufsichtigung jedes Arbeitnehmers verlangt, sondern das Treffen von Maßnahmen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dieses Kontrollsystem ist im Verfahren auch darzulegen, wobei aufzuzeigen ist, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/02/0160).

4. Als weiteren Grund für die Zulässigkeit der Revision führen die revisionswerbenden Parteien an, dass das Verwaltungsgericht die Einvernahme eines Zeugen unterlassen habe. Sie hätten der Verlesung der Aussage dieses Zeugen aus dem Akt des gerichtlichen Strafverfahrens widersprochen, das Verwaltungsgericht hätte - entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Bemühungen anstellen müssen, mit dem Zeugen in Kontakt zu treten und sein Erscheinen zu erreichen. Das Verwaltungsgericht sei damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Aussage des Zeugen nicht verlesen wurde und diese Aussage im angefochtenen Erkenntnis auch nicht berücksichtigt wurde.

Die revisionswerbenden Parteien machen geltend, die Zeugeneinvernahme hätte zum Beweis dafür gedient, dass sie - wie sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgebracht hätten - den Arbeitern keinen Auftrag zum (vom Verwaltungsgericht als missbräuchliches Verwenden eines Arbeitsmittels beurteilten) Hineinpressen des Stahlträgers erteilt hätten und dies auch nicht gemacht worden sei; sie verweisen dabei auf die Protokolle der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Verhandlungen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die revisionswerbenden Parteien nach den vorgelegten Protokollen der Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht lediglich vorgebracht haben, keine Anweisung zum Hineinpressen des Stahlträgers gegeben zu haben (zum tatsächlichen Vorgang haben sie nichts vorgebracht). Eine derartige Anweisung zur missbräuchlichen Verwendung des Arbeitsmittels wurde den revisionswerbenden Parteien aber im Verfahren nicht vorgeworfen.

Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass das Unterbleiben der Einvernahme des - im Übrigen ohne konkretes Beweisthema beantragten - Zeugen einen eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel darstellen würde (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2014, Ra 2014/18/0036 bis 0039, wonach im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel jedenfalls nur dann von einer grundsätzlichen Rechtsfrage ausgegangen werden kann, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen).

5. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 9. Februar 2015

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