VwGH Ra 2016/02/0228

VwGHRa 2016/02/022816.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Juli 2016, Zlen. VGW-002/059/15290/2015-6 und VGW-002/V/59/15291/2016, betreffend Beschlagnahme von Wettannahmeautomaten (mitbeteiligte Parteien: 1. K in W, 2. D GmbH in R, beide vertreten durch Mag. Johannes Schröttner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
VStG §1 Abs2;
VStG §17;
VStG §39 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs5;
VwGVG 2014 §38;
VwRallg;
WettenG Wr 2016 §24 Abs1;
WettenG Wr 2016 §24 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016020228.L00

 

Spruch:

Das Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 10. November 2015 verfügte die revisionswerbende Partei die Beschlagnahme von vier Wettannahmeautomaten gegenüber der zweitmitbeteiligten Partei. Die Behörde legte dem Erstmitbeteiligten zur Last, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Partei zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 30. September 2015 in einem näher bezeichneten Wettlokal in Wien die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden an eine Buchmacherin ausgeübt habe, obwohl eine landesrechtliche Bewilligung nicht erwirkt worden sei. Damit sei § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten (GTBW-G) übertreten worden. Zur Sicherung der Strafe des Verfalls wurden vier näher bezeichnete Wettannahmeautomaten gemäß § 39 VStG beschlagnahmt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien Folge und behob den Bescheid der revisionswerbenden Partei. Es sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass am 30. September 2015 in einem näher bezeichneten Wettlokal in Wien, das von der zweitmitbeteiligten Partei betrieben werde, eine Kontrolle stattgefunden habe, bei der vier Wettannahmeautomaten, die im Eigentum der zweitmitbeteiligten Partei standen, betriebsbereit vorgefunden worden seien. Mit diesen Geräten habe die zweitmitbeteiligte Partei Wettkundinnen und Wettkunden an eine näher bezeichnete Gesellschaft mit Sitz in Malta vermittelt. Für diese Tätigkeit sei zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme am 30. September 2015 eine Bewilligung der Wiener Landesregierung nach dem GTBW-G nicht vorgelegen. Mit Bescheid vom 18. Jänner 2016 sei der zweitmitbeteiligten Partei die Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 und 3a GTBW-G zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden betreffend Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen zu einer bestimmten Buchmacherin erteilt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - nach Zitierung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes - aus, dass das Verwaltungsgericht, wenn es in der Sache entscheide, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten habe. Es habe daher bei der Beurteilung, ob die Beschlagnahme rechtmäßig sei, die zum Entscheidungszeitpunkt maßgebliche Sach- und Rechtslage heranzuziehen und das am 14. Mai 2016 in Kraft getretene Wiener Wettengesetz anzuwenden.

Dabei sei nicht von Bedeutung, dass § 1 Abs. 2 VStG anordne, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richte, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre, weil es sich bei der Entscheidung über eine Beschlagnahme nicht um eine Strafe im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG handle. Selbst wenn man aber einen Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG anstellen würde, würde dies zu dem Ergebnis führen, dass die geltende Rechtslage günstiger sei, weil für die hier im Raum stehende Verwaltungsübertretung nach dem bis 13. Mai 2016 in Kraft stehenden GTBW-G der Verfall als Strafe zwingend auszusprechen gewesen sei, während das nunmehr in Kraft stehende Wiener Wettengesetz einen Verfall nur noch als Sicherungsmaßnahme vorsehe und die Behörde den Verfall aussprechen könne, aber nicht müsse.

Das Verwaltungsgericht habe bei der Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid nicht zur zu prüfen, ob der Verdacht einer Verwaltungsübertretung im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz bestanden habe, sondern auch, ob der Verdacht im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung im Beschwerdeverfahren noch bestehe. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 18. Jänner 2016 eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 und 3a GTBW-G erteilt worden sei. Nach § 27 Abs. 1 Wiener Wettengesetz würden Berechtigungen, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes gemäß den Bestimmungen des GTBW-G erteilt worden seien, längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 als Bewilligungen im Sinne dieses Gesetzes gelten. Damit verfüge die zweitmitbeteiligte Partei über eine gültige Bewilligung für den maßgeblichen Standort. Es liege daher kein Verdacht im Sinne des § 23 Abs. 2 Wiener Wettengesetz vor, dass mit den beschlagnahmten Geräten die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder Anzeige ausgeübt werde.

Da das Beweisverfahren keine Hinweise gebracht habe, dass andere Gründe für eine Beschlagnahme im Sinne des § 23 Abs. 2 Wiener Wettengesetz vorlägen, sei der Beschwerde stattzugeben gewesen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Magistrats der Stadt Wien, mit der die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. In den Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit macht die Revision geltend, dass zur Qualifikation des Verfalls nach dem Wiener Wettengesetz als Sicherungsmaßnahme noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

4 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurückweisen, in eventu, sie als unbegründet abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig und begründet.

6 § 39 Abs. 1 VStG lautet:

"Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen."

7 Hat eine Verfahrenspartei gegen den Bescheid über eine Beschlagnahme im Sinne des § 39 Abs. 1 VStG Beschwerde erhoben, so hat das Verwaltungsgericht zu beurteilen, ob zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes die Voraussetzungen für die Beschlagnahme noch aufrecht sind. Sind daher die Voraussetzungen für die Beschlagnahme im Zuge des Beschwerdeverfahrens weggefallen, kann auch das Verwaltungsgericht bei Überprüfung eines auf § 39 Abs. 1 VStG gestützten Beschlagnahmebescheides eine zunächst rechtmäßig erfolgte Beschlagnahme aufheben (vgl. noch zum - insoweit vergleichbaren - Berufungsverfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten VwGH vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/1033).

8 Im vorliegenden Fall hatte das Verwaltungsgericht daher zu prüfen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, noch aufrecht ist.

9 Die dem Erstmitbeteiligten - als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichem der zweitmitbeteiligten Partei - vorgeworfene Verwaltungsübertretung betraf eine Vermittlung von Wettkunden an eine Buchmacherin am 30. September 2015, die ohne die dafür erforderliche landesrechtliche Bewilligung durchgeführt wurde.

10 Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die zweitmitbeteiligte Partei im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über eine - ihr am 18. Jänner 2016 erteilte - Bewilligung verfügt habe (was von der revisionswerbenden Partei unter Hinweis auf eine Befristung dieser Bewilligung, die bereits am 19. Juli 2016 und damit vor Erlassung des hier angefochtenen Erkenntnisses abgelaufen sei, bestritten wird). Das Verwaltungsgericht ist aufgrund dieser Bewilligung davon ausgegangen, dass kein Verdacht (mehr) vorliege, "dass mit den beschlagnahmten Geräten die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder Anzeige ausgeübt" werde.

11 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes sowie auch der mitbeteiligten Parteien kommt es allerdings nicht darauf an, ob für die Tätigkeit des Wettunternehmers oder der Wettunternehmerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes eine Bewilligung besteht und ob mit den beschlagnahmten Geräten zu diesem Zeitpunkt eine Tätigkeit als Wettunternehmer ohne Bewilligung ausgeübt wird. Maßgeblich ist vielmehr, ob zu diesem Zeitpunkt noch der Verdacht aufrecht ist, dass der Erstbeteiligte am 30. September 2015 eine Verwaltungsübertretung begangen hat.

12 Zur Beurteilung dieser Frage ist zunächst festzuhalten, dass die zweitmitbeteiligte Partei am 30. September 2015 über keine aufrechte Bewilligung für die von ihr damals unstrittig ausgeübte Tätigkeit der Vermittlung von Wettkunden verfügte. Auch die Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Parteien bestreitet nicht substantiiert, dass keine Bewilligung vorlag, sondern meint bloß, dass angesichts der erst im Juli 2015 eingeführten Bewilligungspflicht eine Übergangsfrist zur Beantragung der erforderlichen Bewilligungen vorzusehen gewesen wäre. Dass die zweitmitbeteiligte Partei, wie von ihr behauptet, vor Einführung der Bewilligungspflicht und dann wieder ab 18. Jänner 2016 die Tätigkeit als Vermittlerin von Wettkunden rechtmäßig ausgeübt haben mag, ändert nichts daran, dass am 30. September 2015 keine Bewilligung vorlag.

13 Im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG ist zu prüfen, ob die dem Erstmitbeteiligten vorgeworfene Tathandlung auch im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes weiterhin strafbar war, oder ob die Strafnorm zwischenzeitlich aufgehoben wurde.

14 Der mit "Strafbestimmungen" überschriebene § 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G), StGBl. Nr. 388/1919 in der zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt am 30. September 2015 geltenden Fassung

LGBl. Nr. 26/2015, lautete auszugsweise wie folgt:

"(1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(...)

(4) Mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze ist der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden."

15 Das Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz) bestimmte in seiner zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts in Kraft stehenden Stammfassung, LGBl. Nr. 26/2016, auszugsweise wie folgt:

"§ 2. Die in diesem Landesgesetz verwendeten Begriffe sind jeweils im Sinne der nachfolgenden Begriffsdefinitionen zu verstehen:

1.  Buchmacherin oder Buchmacher ist, wer Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt.

(...)

3.  Vermittlerin oder Vermittler ist, wer Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet.

4.  Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ist, wer die Tätigkeit als Buchmacherin oder Buchmacher und/oder als Totalisateurin oder Totalisateur und/oder als Vermittlerin oder Vermittler gewerbsmäßig ausübt.

(...)

Aufsicht

§ 23. (1) (...)

(2) Besteht der begründete Verdacht, dass die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder einer Anzeige ausgeübt wird, und mit Wettterminals oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen gegen dieses Landesgesetz verstoßen wird, fortgesetzt gegen eine in § 24 Abs. 1 Z 1 bis 17 genannten Vorschriften verstoßen wird, so kann die Behörde die Beschlagnahme der Wettterminals, der sonstigen Eingriffsgegenstände, der technischen Hilfsmittel sowie des dem Wettbetrieb zuzurechnenden Geldes anordnen. Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in diesem Absatz genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 24 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber der Eigentümerin oder dem Eigentümer sofort eine Bescheinigung auszustellen, oder, wenn eine solche oder ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

(...)

Strafbestimmungen

§ 24. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - von der Behörde mit einer Geldstrafe bis 22.000 EUR und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer

1.  die Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ohne aufrechte Bewilligung nach § 3 oder § 4 ausübt, unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer daran beteiligt;

(...)

(2) Wettscheine, elektronische Wettbücher und Wettterminals, und alle an solche angeschlossenen Geräte oder sonstige technische Hilfsmittel, die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden, können von der Behörde unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1 samt dem sich in diesen befindenden Geld für verfallen erklärt werden."

16 Das - zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Geltung stehende - Wiener Wettengesetz stellte daher ebenso wie das zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tathandlung geltende GTBW-G das Vermitteln von Wettkunden ohne die dafür erforderliche Bewilligung unter Strafe. Das Verwaltungsgericht hatte daher von einem fortbestehenden Verdacht einer Verwaltungsübertretung auszugehen.

17 Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob sich der Verdacht auf eine Verwaltungsübertretung bezieht, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts wäre der Erstmitbeteiligte (wenn überhaupt) aufgrund eines Günstigkeitsvergleichs im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG nicht nach dem GTBW-G, sondern nach dem Wiener Wettengesetz zu bestrafen, weil die Anwendung dieser im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts geltenden Rechtslage für den Erstmitbeteiligten günstiger wäre. Das Verwaltungsgericht begründet dies damit, dass nach dem Wiener Wettengesetz der Verfall nur mehr als Sicherungsmaßnahme vorgesehen sei und die Behörde den Verfall aussprechen könne, aber nicht müsse.

18 Diese Rechtsansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz kann der Verfall (auch,) "unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1" ausgesprochen werden, somit - als selbständiger Verfall - auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes festgelegt ist ("die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden") und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt (vgl. etwa zu § 32 Abs. 3 Salzburger Veranstaltungsgesetz VwGH vom 20. November 2007, Zl. 2006/05/0238, und zu § 32 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Abs. 3 Tiroler Veranstaltungsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 86/2003 VwGH vom 24. April 2007, Zl. 2004/05/0268). Damit kann aber beim Verfall nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden (vgl. zu solchen Sicherungsmaßnahmen etwa VwGH vom 8. Oktober 2014, Zl. 2012/10/0211, mwH).

19 Da somit auch bei Heranziehung der Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes zum Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts vom Verdacht einer Verwaltungsübertretung auszugehen war, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, erweist sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene ersatzlose Behebung des Bescheids über die Beschlagnahme der Wettannahmeautomaten als rechtswidrig. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Wien, am 16. Dezember 2016

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