VwGH Ra 2015/21/0172

VwGHRa 2015/21/017224.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in den Revisionssachen 1. der I L, und 2. des A C, beide in A und vertreten durch Dr. Immanuel Salvator Gerstner, dieser vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wächtergasse 1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. August 2015, 1) Zl. G307 1428960- 2/2E und 2) Zl. G307 1428961-2/3E, jeweils betreffend Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen und Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit den angefochtenen, den revisionswerbenden Parteien am 31. August 2015 zugestellten Erkenntnissen hat das Bundesverwaltungsgericht den revisionswerbenden Parteien Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG Rückkehrentscheidungen erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der revisionswerbenden Parteien nach Albanien zulässig sei. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Bundesverwaltungsgericht jeweils ausgesprochen, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Die revisionswerbenden Parteien beantragten innerhalb der sechswöchigen Frist nach § 26 Abs. 1 VwGG die Verfahrenshilfe zur Erhebung von außerordentlichen Revisionen. Diesen Anträgen gab der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 statt und gewährte u.a. die Beigebung eines Rechtsanwaltes. Der Beschluss über die Bestellung zum Verfahrenshelfer wurde dem Rechtsanwalt samt den anzufechtenden Erkenntnissen am 12. November 2015 zugestellt.

3 Der bestellte Verfahrenshelfer, seinerseits vertreten durch die im Kopf genannte Rechtsanwältegesellschaft, brachte in der Folge keine Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof, sondern - unter Berufung auf seine Bestellung zum Verfahrenshelfer auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes - Beschwerden gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof ein. Zuvor waren vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Dezember 2015 Verfahrenshilfeanträge der revisionswerbenden Parteien abgewiesen worden.

4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 19. Februar 2016, B 2579/2015 und B 2581/2015, die Behandlung der Beschwerden ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, wobei er ausdrücklich erklärte, die Beschwerden nicht auf das "Vorliegen sämtlicher Formerfordernisse" geprüft zu haben.

5 Daraufhin wurden namens der revisionswerbenden Parteien durch die vom bestellten Verfahrenshelfer bevollmächtigte Rechtsanwältegesellschaft die vorliegenden, am 4. April 2016 im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Revisionen ausgeführt.

Zur Rechtzeitigkeit wird darin jeweils Folgendes vorgebracht:

"Das angefochtene Erkenntnis wurde dem Verfahrenshelfer der Revisionswerberin (bzw: des Revisionswerbers) am 12.11.2015 zugestellt. Der ausgewiesene Rechtsvertreter hat innerhalb der sechswöchigen Frist am 23.12.2015 eine Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Die Behandlung der Beschwerde wurde durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 19.02.2016, dem Rechtsvertreter am 25.02.2015 zugestellt, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beilage ./B). Die außerordentliche Revision ist daher binnen der gesetzlichen Frist von sechs Wochen (§ 26 Abs 1 VwGG) fristgerecht erhoben."

6 Entgegen diesen Ausführungen sind die Revisionen nicht rechtzeitig. Mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Verfahrenshelfers an diesen begann zwar gemäß § 26 Abs. 3 VwGG die Revisionsfrist neu zu laufen. Innerhalb dieser Frist wurde aber keine Revision eingebracht.

7 Weiters beginnt gemäß § 26 Abs. 4 VwGG dann, wenn der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes. Dies setzt aber voraus, dass die Beschwerde rechtzeitig und auch sonst zulässig war: Die Unzulässigkeit der "abgetretenen" Beschwerde führt jedenfalls auch zur Unzulässigkeit der in der Folge ausgeführten Revision, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in einem solchen Fall (endgültig) unanfechtbar geworden ist (vgl. den hg. Beschluss vom 30. November 2015, Ra 2015/08/0111). An die diesbezügliche Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gebunden (vgl. in diesem Sinn den hg. Beschluss vom 23. April 2015, Ro 2015/21/0010).

8 Die Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof waren - auch wenn der Verfassungsgerichtshof dies in seinem Ablehnungsbeschluss nicht aufgegriffen hat - unzulässig. Die einschreitende Rechtsvertretung hat sich nämlich nicht auf eine Bevollmächtigung durch die Parteien, sondern auf die Bestellung zum Verfahrenshelfer berufen; die Vertretungsbefugnis auf Grund dieser Bestellung umfasste aber jeweils nur die Erhebung einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof und nicht (auch) die Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof konnten daher vom Verfahrenshelfer (bzw. der für diesen einschreitenden Rechtsanwältegesellschaft) nicht wirksam namens der Parteien erhoben werden. Die Abtretung der demnach unzulässigen Beschwerden hat nicht zum neuerlichen Lauf der Revisionsfrist nach § 26 Abs. 4 VwGG geführt.

9 Die Revisionen erweisen sich somit als verspätet und waren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte