VwGH Ra 2015/18/0284

VwGHRa 2015/18/028418.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Mag. Klammer, über die Revision der P K in K, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 39, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2015, Zl. W163 2113696- 1/2E, betreffend eine Asylangelegenheit, im Umlaufweg den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §11;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

  1. 1. Die Revision wird zurückgewiesen.
  2. 2. Der Antrag der Revisionswerberin, "die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (...) abzutreten", wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 14. August 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin, einer indischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz zur Gänze ab. Es erteilte ihr keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 55 und 57 AsylG 2005, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerberin nach Indien zulässig sei; die Frist für ihre freiwillige Ausreise betrage 14 Tage.

Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), die mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wurde. Auch dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers gab das BVwG nicht statt und es erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, die Revisionswerberin sei "durch die mangelnde Sachverhaltsdarstellung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens (in ihren Rechten) verletzt (worden), somit wären grundsätzliche Fragen des Verwaltungsverfahrensrechtes zu lösen gewesen". Auf die individuelle Situation der Revisionswerberin sei vom BVwG nicht eingegangen worden und es fehlten entsprechende Feststellungen, wodurch sich die Entscheidung einer Nachprüfung entziehe. Das BVwG habe das Vorbringen der Revisionswerberin als nicht glaubwürdig gewertet, "ohne dass es entsprechende Feststellungen gäbe, die untereinander abgewogen worden" seien. Es werde behauptet, die Angaben der Revisionswerberin seien vage und unplausibel gewesen. Die Revisionswerberin habe jedoch nur jene Details der Fluchtgeschichte schildern können, nach denen sie gefragt worden sei. Die Behörde hätte der Revisionswerberin anlässlich der Befragungen klar machen müssen, welche genauen Details sie aufgeklärt haben möchte. Es sei auch unzulässig gewesen, auf das Asylverfahren des Ehemannes der Revisionswerberin Bezug zu nehmen, ohne der Revisionswerberin Gelegenheit zu geben, zu diesen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Durch diese Vorgangsweise seien so elementare Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens verletzt worden, dass schon diese Mangelhaftigkeit zur Erhebung der Revision berechtige.

Im Übrigen beantragt die Revisionswerberin, "die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gem. Artikel 139 (1) B-VG bzw. 140 (1) zur Aufhebung von Gesetzen abzutreten, weil Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angewandten Gesetze (insbesondere des § 11 AsylG) bestehen, oder weil (die Revisionswerberin) in (ihren) verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt" worden sei. Diesbezüglich führt die Revision aus, § 11 AsylG 2005 sehe eine inländische Fluchtalternative vor, wenn der Aufenthalt in einem anderen Teil des Herkunftsstaates zugemutet werden könne. Die Frage der Zumutbarkeit sei zu vage und unklar, um daraus eine Entscheidung über die Abschiebung einer Person ableiten zu können.

3. Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

3.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

3.2. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung können nicht nur solche des materiellen, sondern auch des Verfahrensrechtes sein, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen (vgl. etwa VwGH vom 29. Juni 2015, Ra 2015/18/0049, mit weiteren Nachweisen).

3.3. Die vorliegende Revision behauptet in ihrer Zulassungsbegründung Verfahrensverstöße des BVwG, und zwar insbesondere die Verletzung der Verpflichtung zur Begründung von Entscheidungen und des Parteiengehörs. Im Übrigen wendet sie sich erkennbar gegen die Beweiswürdigung des BVwG, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof aber im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa VwGH vom 24. März 2014, Ro 2014/01/0011).

Zu den übrigen geltend gemachten Verfahrensverstößen ist festzuhalten, dass das BVwG dem Fluchtvorbringen der Revisionswerberin einerseits keinen Glauben geschenkt hat, andererseits aber hilfsweise - bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens - auch mit dem Vorliegen einer zumutbaren inländischen Fluchtalternative argumentiert hat.

Schon diese Hilfsbegründung des Vorliegens einer inländischen Fluchtalternative, die vom BVwG unter Bedachtnahme auf die individuelle Situation der Revisionswerberin geprüft und nachvollziehbar bejaht wurde, führt dazu, dass die Revision von den im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des BVwG zum weiteren Fluchtvorbringen der Revisionswerberin angesprochenen Rechtsfragen des Verfahrensrechts nicht abhängt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt daher schon deshalb nicht vor.

3.4. Soweit die Revision die Verfassungsmäßigkeit des § 11 AsylG 2005 (innerstaatliche Fluchtalternative) unter dem Blickwinkel des Art. 18 B-VG in Frage stellt, werden diese Bedenken vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Derartige verfassungsrechtliche Bedenken wären aber für sich betrachtet nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen (vgl. dazu aus der ständigen hg. Rechtsprechung VwGH vom 2. September 2014, Ra 2014/18/0062, vom 23. September 2014, Ra 2014/01/0127, und vom 10. Dezember 2014, Ra 2014/18/0121).

4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen. Auch der Antrag auf Abtretung der "Beschwerde" an den Verfassungsgerichtshof ist unzulässig, weil eine derartige Abtretung gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Wien, am 18. Jänner 2016

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