VwGH Ra 2015/15/0021

VwGHRa 2015/15/002110.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision des Finanzamtes Graz-Stadt in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 10. Dezember 2014, Zl. RV/2100242/2011, betreffend u.a. Haftung für Lohnsteuer 2003, 2004 und 2006, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2003, 2004 und 2006 sowie Säumniszuschläge für 2003, 2004 und 2006 (mitbeteiligte Partei: S GmbH als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des X, vertreten durch die Baumgartner & Grienschgl GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 8010 Graz, Elisabethstraße 40), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1358;
EStG §25 Abs1 Z1 lita;
EStG §25;
EStG §82;
ABGB §1358;
EStG §25 Abs1 Z1 lita;
EStG §25;
EStG §82;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen eines Vereins; dieser Verein wird in der Folge als Mitbeteiligter bezeichnet.

2 Mit Bescheiden des Finanzamtes vom 1. Februar 2011 (für das Jahr 2006) und vom 17. Juli 2012 (für die Jahre 2003 und 2004) wurde der Mitbeteiligte als Arbeitgeber für die Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 in Anspruch genommen und es wurden Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Säumniszuschläge vorgeschrieben. Das Finanzamt ging dabei - gestützt auf die Ergebnisse einer Außenprüfung - davon aus, dass es zu Schwarzzahlungen gekommen sei, die als Nettozahlungen zu beurteilen seien. Diese Nettozahlungen seien auf Bruttobeträge hochzurechnen und von den Bruttobeträgen die Abgaben zu bemessen.

3 Der Mitbeteiligte erhob gegen diese Bescheide Berufungen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den (nunmehr) Beschwerden teilweise Folge und änderte die Bescheide ab.

5 Das Bundesfinanzgericht führte aus, der Mitbeteiligte habe in den Streitjahren verschiedene Personen als Spieler und Trainer beschäftigt. Die mit den einzelnen Dienstnehmern geschlossenen Verträge enthielten Regelungen betreffend die laufenden Bezüge und verschiedene Prämienzahlungen. Daneben enthielten die Verträge Hinweise auf zusätzliche, von den wirtschaftlichen Erfolgen des Vereins abhängige Erfolgs- oder Mannschaftsprämien (in der Folge Erfolgsprämien). Betreffend die laufenden Bezüge und die Prämien (ausgenommen die "Erfolgsprämien") enthielten die Verträge Angaben darüber, ob es sich bei den jeweils vereinbarten Beträgen um Netto- oder Bruttobeträge handle. Die Regelungen betreffend die Erfolgsprämien enthielten keine diesbezüglichen Angaben und auch keine Angaben über die Höhe der Prämie. Die Auszahlung der laufenden Bezüge und der etwaig ausbezahlten Prämien sei über die Lohnverrechnung erfolgt; für diese seien vom Mitbeteiligten die Lohnabgaben einbehalten und abgeführt worden.

6 Zusätzlich zu diesen Vereinbarungen hätten Zusatzvereinbarungen ("Side Letters") bestanden. Auch diese hätten zum Teil zusätzliche Zahlungsvereinbarungen zum Inhalt gehabt. Die Auszahlung der Gelder, die die Spieler und Trainer auf Grund dieser zusätzlichen Vereinbarungen (Erfolgsprämie, Side Letter) oder auf Grund mündlicher Vereinbarungen erhalten hätten, sei in bar erfolgt. Es habe sich um "Schwarzzahlungen" gehandelt, Abgaben und Beiträge davon seien weder einbehalten noch entrichtet worden. Die Gelder seien entweder direkt an die Spieler oder Trainer oder an den Mannschaftskapitän ausbezahlt worden. Den Erhalt dieser Gelder hätten die jeweiligen Zahlungsempfänger mit ihrer Unterschrift bestätigt. Bei Auszahlung von für die Mannschaft bestimmten Geldern an den Mannschaftskapitän sei dieser für die weitere Verteilung an die Spieler zuständig gewesen. Die Verteilung sei anhand eines davor vom Mannschaftsrat beschlossenen Verteilungsschlüssels erfolgt.

7 Zur Finanzierung der Schwarzzahlungen seien die Erlöse aus den Verkäufen von Eintrittskarten gekürzt und somit geringere als die tatsächlichen Erlöse in die Aufzeichnungen und Bücher des Mitbeteiligten aufgenommen worden. Darüber hinaus hätten Spielervermittler ohne Erbringung von Leistungen fingierte Rechnungen an den Mitbeteiligten erstellt; diese Rechnungen seien "offiziell" bezahlt worden.

8 Die Handlungen des Mitbeteiligten, die Erlöse aus den Eintrittskartenverkäufen zu kürzen und fingierte Eingangsrechnungen zu bezahlen, seien darauf gerichtet gewesen, die für die Barauszahlungen erforderlichen Gelder in der Weise zur Verfügung zu haben, dass diese in den offiziellen Aufzeichnungen und Büchern nicht oder nicht mehr aufschienen. Daraus und aus dem Umstand, dass die bar ausbezahlten Gelder keiner Lohnversteuerung unterworfen worden seien, lasse sich klar und deutlich ableiten, dass es sich um "Schwarzzahlungen" gehandelt habe.

9 Daran vermöchten auch die Aussagen der Zeugen nichts zu ändern. Die Spieler hätten zwar ausgesagt, sie seien von Nettozahlungen ausgegangen. Damit hätten sie aber nicht bestritten, dass es sich um Schwarzzahlungen gehandelt habe. Erfolgten Zahlungen mit dem Ziel, keine Abgaben (und Beiträge) abzuführen, so handle es sich dabei zwangsweise um Nettobeträge. Das Bundesfinanzgericht erachte es als erwiesen, den Spielern habe bewusst sein müssen, dass es sich bei den bar ausbezahlten Beträgen um Schwarzzahlungen gehandelt habe. Die Art der Auszahlungen spreche eindeutig für Schwarzzahlungen. Wenn ein Arbeitnehmer neben den offiziell ausbezahlten Geldern, für die Gehalts- oder Lohnabrechnungen erstellt werden, Barauszahlungen erhalte, für die keine Abrechnungen iSd § 78 Abs. 5 EStG 1988 erstellt würden, sondern lediglich die Übernahme der Geldbeträge bestätigt werde, sei diesem nach allgemeiner Lebenserfahrung bewusst, dass es sich dabei um Schwarzzahlungen handle. Weiters sei zu berücksichtigen, dass ein Teil der den Spielern zugeflossenen Gelder durch den Mannschaftskapitän ausbezahlt worden sei. Würden Gelder vom Mannschaftskapitän nach einem davor vom Mannschaftsrat festgelegten Aufteilungsschlüssel ausbezahlt, müsse wohl jeder zwingend davon ausgehen, dass es sich dabei um Schwarzzahlungen handle.

10 Die vom Mitbeteiligten ausbezahlten und den Spielern und Trainern zugeflossenen Schwarzzahlungen, die auch Lohneinkünfte seien, seien unstrittig den lohnabhängigen Abgaben zu unterwerfen. Strittig sei aber die für die Berechnung der lohnabhängigen Abgaben maßgebliche Bemessungsgrundlage. Während das Finanzamt davon ausgegangen sei, den Schwarzzahlungen seien Nettolohnvereinbarungen zu Grunde gelegen, habe der Mitbeteiligte die Ansicht vertreten, bei den bar ausbezahlten Beträgen habe es sich um Bruttobeträge gehandelt.

11 Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers richte sich grundsätzlich auf einen Bruttobetrag. Eine Nettolohnzahlung liege nur dann vor, wenn eine solche ausdrücklich vereinbart worden sei oder wenn aus den Umständen des Einzelfalles der Verpflichtungswille des Arbeitgebers, zusätzlich zu dem den Dienstnehmern zugeflossenen Nettobetrag die Lohnsteuer zuzuwenden, erschlossen werden könne. Der Nachweis einer Nettolohnvereinbarung sei nur erbracht, wenn feststehe, dass die Beteiligten des Dienstverhältnisses vor Beginn des Lohnsteuerabzugs Vereinbarungen darüber getroffen hätten, dass der Arbeitgeber zusätzlich die Lohnsteuerabzugsbeträge und die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers tragen solle.

12 Die einzelnen Spieler- und Trainerverträge enthielten betreffend die laufenden Bezüge und betreffend die Prämien unterschiedliche Bestimmungen. Ein Teil der Verträge habe Beträge als Bruttobeträge, ein anderer Teil als Nettobeträge ausgewiesen. Betreffend die Erfolgsprämien hätten die Verträge hingegen keine genaueren Regelungen enthalten. Im Hinblick darauf, dass betreffend die laufenden Bezüge unterschiedliche Regelungen vorgelegen seien, könne daraus für die Erfolgsprämien nichts abgeleitet werden.

13 Der Mitbeteiligte habe Beträge ausbezahlt, ohne davon Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Dies bedeute, dass der Mitbeteiligte seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Ein über das abgabenwidrige Verhalten hinausgehender Wille, die Beträge netto zur Auszahlung bringen zu wollen, könne daraus aber nicht zwingend erschlossen werden. Der Mitbeteiligte habe vor oder bei Auszahlung auch nicht ausdrücklich oder schlüssig zu erkennen gegeben, dass er die Abgaben und Beiträge der Arbeitnehmer übernehmen und ihnen damit zusätzlich zu dem ausgezahlten Schwarzgeld einen weiteren Vermögensvorteil habe zuwenden wollen.

14 Es sei davon auszugehen, dass den Schwarzzahlungen darauf gerichtete ausdrückliche oder konkludente Willenserklärungen der Vertragspartner zu Grunde gelegen seien. Nach dem auf Steuerhinterziehung gerichteten Gesamtplan sollten die Steuern gerade nicht abgeführt werden. Eine solche Absprache und Vorgehensweise könne nicht als Nettolohnvereinbarung gewertet werden. Ein derartiger Gesamtplan sei nicht darauf gerichtet, dass der Arbeitgeber zusätzlich zu der bar ausbezahlten Nettozahlung noch Lohnsteuer als weiteren Beitrag übernehme. Anders als bei einer Schwarzzahlung wollten die Parteien bei einer echten Nettolohnvereinbarung ihre steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Abgabepflichten erfüllen und insoweit gerade keine kollusive und unzulässige Vereinbarung über die Abgabenpflichtigkeit treffen.

15 Aus der Einvernahme der für die Auszahlung verantwortlichen Person lasse sich entnehmen, dass zu Beginn der Präsidentschaft des in den Jahren 2001 bis 2005 tätigen Präsidenten Überlegungen dahin angestellt worden seien, die Schwarzzahlungen umzustellen. Die Umstellung habe nicht sofort durchgeführt werden können, weil die mit den Dienstnehmern ausverhandelten Verträge bis zum Auslaufen auf gleiche Weise hätten bedient werden müssen, der Mitbeteiligte habe sich die Tragung der lohnabhängigen Abgaben nicht leisten können. Es seien Verhandlungen mit den Spielern geführt worden, es seien aber nicht alle mit einer Vertragsänderung einverstanden gewesen. Aus dieser Aussage lasse sich ableiten, dass der Mitbeteiligte nicht die Absicht gehabt habe, die bar ausbezahlten Beträge als Nettozahlungen zu gewähren und zusätzlich die lohnabhängigen Abgaben zu tragen. Hätten von vornherein Nettolohnvereinbarungen bestanden, dann hätte es keiner Änderung der Verträge bedurft.

16 Der Aussage des in den Jahren 2001 bis 2005 tätigen Präsidenten lasse sich entnehmen, dass auch dieser von Bruttobeträgen ausgegangen sei. Es könne daher nicht unterstellt werden, die für den Mitbeteiligten handelnden Personen hätten den Willen gehabt, zusätzlich zu den Auszahlungsbeträgen die lohnabhängigen Abgaben zu tragen.

17 Es habe vielmehr Konsens darüber bestanden, die Beträge als Schwarzzahlungen zu leisten und entgegen zu nehmen und hiefür keine lohnabhängigen Abgaben zu entrichten. Es sei sohin von Bruttobeträgen auszugehen. Daher seien die Beträge für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen - entgegen dem Finanzamt - nicht hochzurechnen gewesen.

18 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Amtsrevision des Finanzamtes, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verfahrensakten durch das Bundesfinanzgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Mitbeteiligten erwogen hat:

19 Die Revision ist - entgegen dem den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Verwaltungsgerichtes (§ 34 Abs. 1a VwG) - zulässig. Wie das Finanzamt in der Revision zur Zulässigkeit zutreffend aufzeigt (§ 28 Abs. 3 VwGG), liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer bei "Schwarzzahlungen" vor. Die Revision ist aber nicht begründet.

20 Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bei diesen Einkünften ist es nach § 25 Abs. 2 EStG 1988 unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.

21 Nach § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

22 Gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

23 Nach § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

24 Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Der Beitrag des Dienstgebers ist nach § 41 Abs. 3 FLAG von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Arbeitslöhne sind u.a. Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988.

25 Nach § 43 Abs. 2 FLAG finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) sinngemäß auf den Dienstgeberbeitrag Anwendung.

26 Es kommt im Wirtschaftsleben immer wieder vor, dass ein Vertragspartner die Einkommensteuerschuld eines anderen übernimmt. In derartigen Fällen führt die Begleichung der Einkommensteuer (regelmäßig) zu einem steuerpflichtigen Vorteil beim eigentlichen Schuldner dieser Steuer. Dies gilt auch im Falle einer Nettolohnvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. VwGH vom 8. Oktober 1998, 97/15/0135, VwSlg. 7318/F).

27 Arbeitsrechtlich ist zwischen der abgeleiteten (unechten) und der originären (echten) Nettolohnvereinbarung zu unterscheiden. Bei der abgeleiteten Nettolohnvereinbarung wird nur eine punktuelle Einigung darüber erzielt, wieviel dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Abzug aller Beiträge und Abgaben verbleiben soll. Die maßgebliche Größe ist dabei aber der zugrunde liegende Bruttobetrag, von dem ausgehend bei einer Veränderung der Abgaben auch das Nettoentgelt neu zu errechnen ist. Der Arbeitnehmer trägt in diesem Fall also das Risiko, aber auch die Chance betreffend Änderungen von Steuern und Beiträgen. Liegt hingegen eine originäre Nettolohnvereinbarung vor, so richtet sich der Anspruch des Arbeitnehmers nur auf den Nettolohn. Das Risiko und die Chance von Änderungen von Steuern und Beiträgen treffen den Arbeitgeber (vgl. OGH vom 17. März 2004, 9 ObA 72/03h, mwN).

28 Das beschwerdeführende Finanzamt bestreitet in der Revision die Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichtes nicht, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig waren, Schwarzzahlungen zu gewähren und von diesen Beträgen keine Abgaben zu berechnen und abzuführen. Ausgehend von dieser Sachverhaltsannahme ist die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes nicht zu beanstanden.

29 Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind, dass "Schwarzzahlungen" ohne Berechnung und Abfuhr von Abgaben erfolgen, ist dies nicht als Nettolohnvereinbarung zu beurteilen. In diesem Fall kann ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers, diese Abgaben zu tragen, nicht angenommen werden (vgl. OGH vom 5. April 2000, 9 ObA 40/00y; vgl. auch E. Müller, Steuerliche Probleme bei "schwarzen" Lohnzahlungen, SWK 1992, 221 ff).

30 Es mag sein, dass - wie in der Revision ausgeführt - in der österreichischen Praxis Nettobarzahlungen an Sportler nicht ungewöhnlich sind. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass diesen Nettobarzahlungen jeweils auch Nettolohnvereinbarungen zugrunde lägen. Dass freilich Nettolohnvereinbarungen im Sportbereich vorkommen, ergibt sich auch aus den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichtes.

31 An sich zutreffend ist der Revisionseinwand, dass aus der Annahme des Vorliegens von Nettolohnvereinbarungen nicht geschlossen werden könnte, dass es keiner Änderungen der Verträge bedurft hätte, um die "Zahlungen umzustellen". Gerade dann, wenn Nettolohnvereinbarungen bestanden hätten, hätte eine "Umstellung der Zahlungen" einer Änderung der Verträge bedurft, hätte diese "Umstellung" doch offenkundig zu einer Reduktion des bar gezahlten Betrages führen sollen, die bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung (ohne Änderung der Vereinbarung) vertragswidrig gewesen wäre. Freilich kann aus dem Umstand, dass der Mitbeteiligte eine Änderung der Verträge (oder zumindest der Modalitäten der Auszahlung) angestrebt habe, auch nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass eine Nettolohnvereinbarung vorgelegen ist. Die (unstrittige, wenn auch gesetzwidrige) Vereinbarung bestand lediglich darin, dass Schwarzzahlungen gewährt würden und von diesen Beträgen keine Abgaben berechnet und abgeführt würden.

32 Eine rechtlich gesicherte Position der Arbeitnehmer auf die Nettobeträge in voller Höhe ist bei einer derartigen Vereinbarung nicht ableitbar. Auch ist ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip entgegen den Revisionsdarlegungen nicht erkennbar.

33 Die Bestimmungen der § 62a EStG 1988 (Fiktion der Vereinbarung eines Nettoarbeitslohnes), § 83 Abs. 3 EStG 1988 (unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitnehmers; jeweils in der Fassung Betrugsbekämpfungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 105) sowie § 62a Abs. 2 EStG 1988 (in der Fassung 2. Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 105) sind zwar auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.

34 Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des OGH, dass der Arbeitgeber bei der Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer an den Bund eine fremde Schuld iSd § 1358 ABGB bezahlt, für die er persönlich haftet. Wenn er daher wegen zu wenig bezahlter Lohnsteuer in Anspruch genommen wird, tritt er gemäß § 1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist zivilrechtlich befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern (vgl. etwa OGH vom 21. April 2005, 6 Ob 237/04b, mwN; vgl. auch Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG, 56. Lfg, § 82 Tz 13), sodass im Ergebnis dem Arbeitnehmer, dem ein Betrag ohne Abzug der darauf entfallenden Lohnsteuer ausgezahlt wurde, nur der Nettobetrag (nach Abzug der darauf entfallenden Lohnsteuer) verbleiben würde.

35 Lohnsteuernachforderungen auf Grund der Haftung des Arbeitgebers, für die der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht in Anspruch nimmt, sind aber gemäß § 86 Abs. 3 EStG 1988 nicht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis iSd § 25 EStG 1988 anzusehen (vgl. hiezu Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG, 59. Lfg, § 78 EStG 1988 Tz 23; sowie Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 46 Tz 3.3).

36 Die Revision erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

37 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 10. März 2016

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