VwGH Ra 2015/08/0213

VwGHRa 2015/08/021313.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Julcher und den Hofrat Mag. Berger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des Mag. R P in F, vertreten durch Mag. Michael Rainer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 15. Dezember 2015, KLVwG- 2073-2074/4/2015, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §46;
AVG §71;
B-VG Art133 Abs4;
MeldeG 1991 §14;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §17;
ZustG §2 Z4;
AVG §46;
AVG §71;
B-VG Art133 Abs4;
MeldeG 1991 §14;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §17;
ZustG §2 Z4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht die Bestrafung des Revisionswerbers nach § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG, weil dieser als unbeschränkt haftender Gesellschafter einer OG und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten habe, dass zwei - von 1. bis 3. bzw. von 1. bis 7. Mai 2015 beschäftigte - Dienstnehmerinnen vor ihrem Arbeitsantritt nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Vollversicherung angemeldet wurden. In Ansehung der Strafhöhe gab das Verwaltungsgericht hingegen der Beschwerde insoweit Folge, als es die zwei verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils fünf Tage) herabsetzte.

Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für nicht zulässig.

Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der jedoch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt wird.

3. Der Revisionswerber macht geltend, die Ladung zur mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht sei ihm nie zugestellt worden. Er habe am Tag nach der Verhandlung dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass er von seinem Mitgesellschafter vom Termin erfahren habe, dass ihm jedoch keine Ladung zugestellt worden sei und er um (künftige) Zustellungen an der Anschrift S ersuche, wo er seit dem 14. September 2015 mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Das Verwaltungsgericht habe daraufhin das Verhandlungsprotokoll an die Anschrift S zur Äußerung übersendet, wobei die Sendung hinterlegt und als unbehoben retourniert worden sei. Der Revisionswerber habe keine Kenntnis von der Hinterlegung erlangt, weil die Hinterlegungsanzeige offenbar von der Abgabestelle widerrechtlich entfernt worden sei. Er habe daher kein rechtliches Gehör gehabt. Mangels Ladung zur Verhandlung und mangels Kenntnis des Verhandlungsprotokolls samt Einräumung einer Äußerung habe er unverschuldet keine Möglichkeit gehabt, an der Verhandlung teilzunehmen bzw. sich nachträglich zu äußern.

4. Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. die getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 9. März 2016, Ra 2016/08/0045).

Vorliegend verletzt jedoch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die vom Revisionswerber in Zweifel gezogenen Zustellungen seien rechtswirksam erfolgt, keine Grundsätze des Verfahrensrechts.

5.1. Was die Ladung des Revisionswerbers zur mündlichen Verhandlung am 10. November 2015 betrifft, so hatte dieser unstrittig seine Wohnung (zunächst) an der Anschrift K, wurde ihm doch dort das Straferkenntnis der belangten Behörde am 17. August 2015 persönlich zugestellt. Die Anschrift schien auch in einer Meldeauskunft vom 13. August 2015 als Hauptwohnsitz auf. Der Revisionswerber gab zudem in seiner Beschwerde vom 10. September 2015 gegen das Straferkenntnis keine andere Abgabestelle bekannt.

5.2. Bei der Ausschreibung der Verhandlung durch das Verwaltungsgericht wurde eine weitere Meldeauskunft vom 8. Oktober 2015 eingeholt, aus der sich (nunmehr) die Anschrift S als Hauptwohnsitz und die Anschrift K als Nebenwohnsitz (seit 14. September 2015) ergaben. Das Verwaltungsgericht ordnete daher die Ladung an der Anschrift S an, wo jedoch eine Zustellung nicht möglich war (der Revisionswerber war dort "unbekannt"). Daraufhin ordnete das Verwaltungsgericht die Ladung an der Anschrift K an, wo die Zustellung bewirkt werden konnte (die Sendung wurde nach einem Zustellversuch am 22. Oktober 2015 hinterlegt und letztlich als unbehoben retourniert).

5.3. Der Revisionswerber blieb der Verhandlung am 10. November 2015 unentschuldigt fern. Am nächsten Tag teilte er dem Verwaltungsgericht mit, dass er von der Verhandlung durch W M erfahren habe, sonst aber "keinerlei Verständigung erhalten" habe, und dass er ersuche, seine "neue Adresse zu berücksichtigen".

Dem soeben angeführten Vorbringen kann allerdings nicht entnommen werden, dass der Revisionswerber (bereits) im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht mehr an der Anschrift K gewohnt bzw. dort seine Abgabestelle gehabt hätte (allein aus dem angeblichen Nichterhalt einer Verständigung bzw. dem Wochen später geäußerten Ersuchen um Berücksichtigung einer anderen Adresse lässt sich dies nicht zwingend ableiten).

Auch im oben wiedergegebenen Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision wird nicht (konkret) behauptet, dass der Revisionswerber im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht mehr an der Anschrift K gewohnt hätte (der Hinweis auf eine nie erfolgte Ladung stellt eine rechtliche Würdigung dar, entsprechende diesbezügliche Tatsachenbehauptungen werden aber nicht aufgestellt).

Davon abgesehen ist die Annahme, der Revisionswerber hätte bereits im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht mehr an der Anschrift K gewohnt bzw. dort eine Abgabestelle gehabt, auch dadurch widerlegt, dass die Zustellung an der Anschrift K tatsächlich bewirkt werden konnte, wohingegen eine Zustellung an der Anschrift S nicht möglich war.

5.4. Auf die Eintragung der Anschrift S als Hauptwohnsitz im Melderegister kommt es nicht an. Die Eintragung hat zwar Indizwirkung, bietet aber keinen Beweis für eine Wohnadresse (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2015, Ra 2015/06/0086).

In den Akten finden sich auch keine sonstigen Anhaltspunkte, aus denen zu erschließen wäre, dass der Revisionswerber im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht mehr an der Anschrift K gewohnt bzw. dort seine Abgabestelle gehabt hätte.

5.5. Aber selbst wenn - entgegen den bisherigen Ausführungen -

der Revisionswerber im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung nicht mehr an der Anschrift K gewohnt bzw. dort seine Abgabestelle gehabt hätte, wäre er gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet gewesen, dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Änderung seiner Abgabestelle mitzuteilen. Die Unterlassung dieser Mitteilung hätte zur Folge gehabt, dass nach § 8 Abs. 2 ZustG an der bisherigen Abgabestelle (Anschrift K) hätte zugestellt werden können, gleichgültig wo er zu dem Zeitpunkt gewohnt hätte bzw. welche Abgabestelle für ihn sonst in Betracht gekommen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, 2005/18/0056).

5.6. Zusammengefasst ergibt sich daher, dass die Zustellung der Ladung an der Anschrift K jedenfalls rechtswirksam erfolgt ist. Liegt aber eine ordnungsgemäße Ladung vor, so kommt dem unentschuldigten Fernbleiben des Revisionswerbers von der mündlichen Verhandlung keine Bedeutung zu, da gemäß § 45 Abs. 2 VwGVG das Nichterscheinen einer ordnungsgemäß geladenen Partei die Durchführung einer Verhandlung nicht hindert.

6. Was die Zustellung des Verhandlungsprotokolls samt Einräumung einer Äußerung betrifft, so brachte der Revisionswerber lediglich vor, dass die Hinterlegungsanzeige widerrechtlich entfernt worden sei. Die Rechtswirksamkeit eines Zustellvorgangs ist jedoch nicht davon abhängig, dass dieser dem Empfänger auch zur Kenntnis gelangt. Im Hinblick auf § 17 Abs. 4 ZustG hat weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung. Darin kann allenfalls ein Grund für eine Wiedereinsetzung liegen; die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus aber nicht abgeleitet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. März 2004, 2004/04/0033, sowie den hg. Beschluss vom 2. Mai 2016, Ra 2016/16/0028).

7. Insgesamt wird daher in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision keine Rechtsfrage aufgezeigt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 13. Oktober 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte