Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber war in den Streitjahren als externer Dienstleister der A GmbH für die technische Leitung von Projekten im Internetbereich (Webseiten und Webportale) zuständig, ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 und machte in den Einkommensteuererklärungen der Jahre 2011 und 2012 das Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 12 % seiner Umsätze geltend. Abweichend dazu brachte das Finanzamt
- mit der Begründung, dass der Revisionswerber in den Jahren 2011 und 2012 Einkünfte aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung erzielt habe - bei der Einkommensteuerveranlagung Betriebsausgaben in Höhe von 6 % der Umsätze in Ansatz.
2 Der Revisionswerber berief gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 und führte in der Berufung aus, dass er von der A GmbH mit der technischen Leitung von Projekten im Internetbereich beauftragt worden sei und seine Tätigkeit folgende Aufgaben umfasst habe:
"- Ermittlung der durchzuführenden Tätigkeiten der
Entwickler und Designer durch Befragungen und Erfassung der
Ergebnisse in Projektplänen.
- Überwachung der Tätigkeitsfortschritte des Teams um
den jeweiligen Projektfortschritt zu ermitteln.
- Kalkulatorische Ermittlung der Teamauslastung und
Verteilung der Mitarbeiter auf verschiedene Projekte. Die
Entscheidung der tatsächlichen Verteilung wurde durch den
Auftraggeber getroffen und nicht durch Beratung meinerseits.
- Einberufung und Protokollierung von Projektsitzungen.
- Regelmäßige Statusmeetings (Telefonkonferenzen) mit
Auftraggeber in denen die Projektfortschritte durchgesprochen
wurden. Die Entscheidung zu Projektpriorisierungen wurde vom
Auftraggeber getroffen und nicht durch beratende Tätigkeit von
meiner Seite gesteuert.
- Tägliche Statusmeetings mit dem Projektteam.
Umpriorisierungen der Tätigkeiten wurden vom Team getroffen und
nicht durch Beratung meinerseits.
- Telefonkonferenzen mit internen Kunden
(Entgegennahme von Anforderungen und Änderungswünschen, wobei technische Beratung und kaufmännische Beratung durch die jeweiligen Experten stattfand und meine Aufgabe in der Protokollierung und Nachverfolgung bestand).
- Regelmäßiges Projektreporting über Status und Erfolg."
Die Tätigkeit des Revisionswerbers als Projektleiter habe in der Erfassung der Ist-Zustände von Projekten und nicht in Beratungsleistungen bestanden. Es lägen keine Einkünfte aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 vor.
3 Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin der Revisionswerber deren Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte. Im Vorlageantrag wies der Revisionswerber erneut darauf hin, dass er nicht beratend tätig gewesen sei. Er habe Projektpläne erstellt, die den Ist-Zustand "(geplante und bereits durchgeführte Arbeitspakete)" des jeweiligen Projekts dokumentierten. Entscheidungen über den weiteren Projektverlauf seien vom Account Manager und Auftraggeber allenfalls auf Grund der vom Revisionswerber ermittelten Ist-Zustände getroffen worden.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde keine Folge und führte begründend dazu aus, das Betriebsausgabenpauschale von 6 % für kaufmännische oder technische Beratung betreffe Tätigkeiten, die nicht über die Beratung hinausgingen. In der Literatur würden diesbezüglich z.B. Marktforscher, Unternehmensberater, Rationalisierungsfachleute oder Konsulenten genannt. Der Beratungsprozess bei Unternehmensberatern werde von "wikipedia" wie folgt beschrieben:
"Der Beratungsprozess ist durch stets wiederkehrende Elemente gekennzeichnet. Einer Situationsanalyse (IST-Aufnahme) schließt sich die Zielformulierung (SOLL-Zustand) für das Beratungsprojekt an. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Kalkulation des voraussichtlichen Beratungsaufwands möglich. Es folgen die Konzeptentwicklung, die Konzeptpräsentationen, ggf. die Mithilfe (Coaching) bei der Umsetzung (Implementierung) sowie ein Maßnahmencontrolling (d.h. eine ständige Überprüfung, ob und inwieweit das gewünschte Ziel schon erreicht wurde). Der Beratungsprozess erfordert eine Mithilfe des Kunden (bzw. Klienten). Somit stellt Unternehmensberatung eine Dienstleistung unter Einbezug des externen Faktors dar."
Nach dem "Berufsbild Unternehmensberatung" der Wirtschaftskammer bestehe die Leistung der Unternehmensberatung in der "Schaffung von Nutzen für Unternehmen, Betriebe und Organisationen". Dies geschehe durch Beratung und Hilfestellung bei der Entwicklung des Unternehmens im wirtschaftlichen, kommunikativen, technischen, administrativen und sozialen Bereich. Ziele seien die Vermehrung und Wahrung von Chancen, die Aufarbeitung und Vermeidung von Risiken sowie die Hilfestellung bei der Umsetzung von Strategien und Maßnahmen. Zu den Beratungsfeldern gehöre auch das Projektmanagement.
Der Revisionswerber beschreibe in der Beschwerde und im Vorlageantrag typische Tätigkeiten im Rahmen des selbständigen Projektmanagements. Derartige Tätigkeiten seien vom Begriff der kaufmännischen oder technischen Beratung iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 umfasst. Aus der Tätigkeitsbeschreibung gehe auch nicht hervor, dass mit den vom Revisionswerber wahrgenommenen Aufgaben besonders hohe Aufwendungen verbunden wären. Die Tätigkeit setze persönlichen Einsatz voraus. Die Aufwendungen beträfen insbesondere Fahrt- und Reisekosten, Kosten für die eigene EDV sowie Telefonkosten. Dies entspreche im Wesentlichen der Kostenstruktur der in § 17 Abs. 1 Teilstrich 1 EStG 1988 aufgezählten Berufe.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende - vom Bundesfinanzgericht im Hinblick auf das Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "kaufmännischen oder technischen Beratung iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988" zugelassene - Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat (das Finanzamt hatte in seiner Revisionsbeantwortung dem angefochtenen Erkenntnis "nichts Ergänzendes hinzuzufügen"):
6 Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 EStG 1988 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt gemäß § 17 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 in der Fassung des StruktAnpG 2006, BGBl. I Nr. 100/2006, bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6 %, höchstens jedoch 13.200 EUR, sonst 12 %, höchstens jedoch 26.400 EUR, der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO.
7 Die sogenannte Basispauschalierung wurde mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, eingeführt, wobei das Betriebsausgabenpauschale zunächst generell 12 % der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO betragen hat. Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, wurde das Betriebsausgabenpauschale u.a. bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung auf die Hälfte reduziert. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (72 BlgNR 20. GP 263 f) zufolge wurde damit der Tatsache Rechnung getragen, dass die genannten Tätigkeiten regelmäßig nur geringe Aufwendungen mit sich bringen, sodass tatsächlich Betriebsausgaben in einem Umfang anfallen, der einen Pauschalsatz in Höhe von 12 % nicht rechtfertigt.
8 Das trifft auf reine Beratungstätigkeiten zu, die in aller Regel ohne viele technische Hilfsmittel und Raumaufwand zu bewerkstelligen sind. Daher wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, dass das Betriebsausgabenpauschale von 6 % nur Tätigkeiten betrifft, die nicht über die reine Beratung hinausgehen (vgl. Doralt, EStG12, § 17 Tz 11, mit dem zutreffenden Hinweis, dass der Begriff der "Beratung" im Zusammenhang mit dem Betriebsausgabenpauschale eng verstanden werden müsse; Jakom/Vock EStG, 2016, § 17 Rz 13; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 9. EL § 17 Anm 15; jeweils mit Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien 2000, in deren Randziffer 4114 ausgeführt wird, dass das Betriebsausgabenpauschale von 6% für kaufmännische oder technische Beratung nur Tätigkeiten betrifft, die nicht über die Beratung hinausgehen. Beratungsleistungen sind danach insbesondere reine Konsulententätigkeiten, wohingegen Tätigkeiten, die über die Beratung hinausgehen - z.B. die Erstellung von Bauplänen, die Durchführung statischer Berechnungen, die Durchführung der Bauaufsicht und überwachende Tätigkeiten im Markscheidewesen - dem Betriebsausgabenpauschale von 12% unterliegen).
9 Der Revisionswerber brachte in der Beschwerde und im Vorlageantrag vor, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Projektleiter nicht beratend tätig gewesen sei. Er habe Projektpläne erstellt, die den Ist-Zustand "(geplante und bereits durchgeführte Arbeitspakete)" des jeweiligen Projekts dokumentierten. Die Entscheidungen über den weiteren Projektverlauf seien nicht von ihm, sondern vom Account Manager und Auftraggeber allenfalls auf Grund der vom Revisionswerber ermittelten Ist-Zustände getroffen worden. Weiters zählte er verschiedene Tätigkeiten auf, die über die bloße Beratungstätigkeit hinausgingen.
10 Das Bundesfinanzgericht geht auf die Ausführungen des Revisionswerbers zu der von ihm konkret ausgeübten Tätigkeit nicht ein. Es begründet das angefochtene Erkenntnis - vor dem Hintergrund des abstrakten Berufsbildes der "Unternehmensberatung" - im Wesentlichen damit, dass das Projektmanagement zur Beratung gehöre und mit den vom Revisionswerber wahrgenommenen Aufgaben keine "besonders" hohen Aufwendungen verbunden seien. Dies reicht für die Beurteilung der Frage, ob die vom Revisionswerber ausgeübte Tätigkeit insgesamt als kaufmännische oder technische Beratung im Sinne des § 17 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 zu qualifizieren ist, allerdings nicht aus. Das Betriebsausgabenpauschale von 6 % für kaufmännische oder technische Beratung betrifft nach dem Gesagten nur Tätigkeiten, die nicht über die Beratung hinausgehen. Eine Abgrenzung nach der "Kostenstruktur" ist dabei auch nicht maßgebend.
11 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. November 2016
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