Normen
ASVG §4 Abs4;
BAO §299 Abs1;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
BAO §299 Abs1;
EStG §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts, die u.a. Museen betreibt.
Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben für den Zeitraum 2004 bis 2008 durch die Gebietskrankenkasse machte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 11. Mai 2010 u. a. geltend, die von der Prüfung betroffenen Verträge ("Werkverträge", "freie Dienstverträge") würden folgende Tätigkeitsschwerpunkte betreffen:
- Inventarisierung: Sammlungsobjekte, Schenkungsobjekte, Widmungen und Ankäufe, Zuordnen von Inventarnummer, Beschreibung der Objekte, anschließende Eingabe in ein Computerprogramm;
- Sammlungsinventur (Objektinventur): Bestandsaufnahme der Objekte in den Sammlungen und Depots der Beschwerdeführerin;
- wissenschaftliche Assistenz bei Ausstellungen: inhaltliche Recherche (Literatursuche), Objektrecherche (Aufsuchen von Archiven, Bibliotheken und anderen Institutionen);
- Mitarbeit in der Abteilung Vermittlung, Bildung und Besucherinnenservice: Konzeption und Durchführung von Führungen, Konzeption und Durchführung von Vermittlungsprogrammen;
- Assistenz in der Ausstellungsproduktion:
Datenbankbetreuung, Hilfe beim Auf- und Abbau der Ausstellung;
- freie Projektmitarbeit in Abteilungen: kurzfristige Hilfestellungen bei außertourlichen Projekten;
- Sonderprojekt: Übertragung von handschriftlichen Aufzeichnungen (Karteikarten, Inventarbücher) in ein Computerprogramm.
Zur Vorbereitung von Führungen seien den jeweiligen Vertragspartnern Kataloge, Ausstellungstexte und andere Unterlagen zur Verfügung gestellt oder Vorträge und Führungen in anderen Institutionen angeboten worden. Die Führungen seien sodann im Führungsbüro gebucht worden. In weiterer Folge habe die Koordinatorin die gebuchten Termine den Vermittlern angeboten. Die Vertragspartner würden selbst entscheiden, ob und welche Termine sie wahrnehmen wollten. Aufgrund dieser Zusagen oder sanktionslosen Absagen habe sich die Führungseinteilung ergeben.
Die Vertragspartner der Beschwerdeführerin seien in ihrer Dienstzeiteinteilung völlig frei gewesen. Die Registrierung von Anwesenheitszeiten sei bloß durch den Sicherheitsdienst bedingt gewesen. Es habe weder inhaltliche noch organisatorische Weisungen zu den durchzuführenden Arbeiten gegeben. Es habe auch keine persönliche Arbeitspflicht bestanden, die Vertragspartner seien jederzeit berechtigt gewesen, sich vertreten zu lassen.
Die Beschwerdeführerin legte mit diesem Schriftsatz eine Aufstellung der Vertragspartner samt Tätigkeitsbeschreibung vor.
In der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vom 14. Oktober 2010 wurde festgehalten, im Zuge der Prüfung seien die "bis dato gem. §4/4 ASVG gemeldeten freien Dienstnehmer (...) auf echte Dienstnehmer lt. § 4/2 ASVG umgemeldet" worden. Es handle sich um Personen, die Inventarisierungsarbeiten, wissenschaftliche Bearbeitungen von Sammlungen, Führungen und Ausstellungsvorbereitungen durchführten und Ferienspiele betreuten. Einige Personen seien mit der Begründung, dass es sich um nur einmalige Arbeiten oder eine kurze Beschäftigungsdauer gehandelt habe, nicht zur Sozialversicherung gemeldet worden. Die Personen stünden in keinem freien Dienstverhältnis, da die Merkmale eines echten Dienstverhältnisses gemäß § 47 EStG 1988 bzw. § 4 Abs. 2 ASVG vorlägen. Die Arbeitszeit sei vertraglich nicht vorgegeben gewesen; deren Erbringung sei großteils im eigenen Ermessen, jedoch immer in Abstimmung mit den Kuratorinnen unter Berücksichtigung der vorgegebenen Entlohnung gelegen. Bei der Lieferung der jeweiligen Werke sei Rücksprache mit der Geschäftsleitung, bei der Ausübung der freien Dienstverträge Kooperation mit den Mitarbeiterinnen der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen; es sei daher auf die Arbeitszeit dieser Personen Rücksicht zu nehmen gewesen. Es habe eine kontinuierliche Kontrolle der Tätigkeiten durch die Kuratorinnen stattgefunden. Es seien Koordinierungsgespräche geführt und periodische Berichte über den jeweiligen Erfassungsstand eingeholt worden. Die Datenbank für die Betreuung der Objektliste sei nur direkt in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin zugänglich und könne deshalb nur dort genutzt werden. Für Führungen, Mitarbeit bei Ferienspielen und die Teilnahme an Meetings sei die Anwesenheit vor Ort erforderlich. Die befragten Personen hätten eine Sicherheitskarte (mit Sicherheitschip) erhalten, mit der die Räumlichkeiten für den jeweiligen Arbeitsbereich in der Zeit zwischen 7 Uhr und 19 Uhr zu betreten gewesen seien. Die wertvollen Objekte der Beschwerdeführerin hätten vor Ort bearbeitet werden müssen. Schreibtisch, Sessel, Computer, Telefonanschluss, E-Mail-Adresse und weiterer Bürobedarf und Kataloge seien von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden. Für die Tätigkeiten sei größtenteils sehr spezifisches Fachwissen erforderlich. Die Arbeitsleistungen seien persönlich erbracht worden, die theoretisch vertraglich festgelegte Vertretung wäre jedenfalls mit der Kuratorin abzusprechen gewesen. Von der Vertretungsmöglichkeit sei nicht Gebrauch gemacht worden. Bei einer Verhinderung bei Ferienspielen sei die Vertretung in der jeweiligen Abteilung bekanntzugeben gewesen. Die Beschäftigung von Subunternehmerinnen sei nur mit schriftlicher Zustimmung der Beschwerdeführerin möglich gewesen. Eine Verhinderung sei der Abteilungsleitung bekannt zu geben gewesen. Das wirtschaftliche Risiko für das Ergebnis der Arbeitsleistung sei bei der Beschwerdeführerin gelegen; auch die Nutzungsrechte seien der Beschwerdeführerin vorbehalten.
Mit Bescheiden des Finanzamtes vom 19. Oktober 2010 wurden Dienstgeberbeiträge für die Jahre 2004 bis 2008 samt Säumniszuschlägen festgesetzt.
Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde als verspätet zurückgewiesen; auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung blieb erfolglos (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2014, 2012/13/0051).
Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2011 beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Bescheide vom 19. Oktober 2010. Die Bescheide seien rechtswidrig. Die einzelnen Vertragspartner seien nicht der Vollversicherungspflicht iSd § 4 Abs. 2 ASVG unterlegen. Die Beschwerdeführerin erstattete hiezu ausführliches Vorbringen zu Arbeitszeit, Arbeitsort, arbeitsbezogenem Verhalten, Weisungs- und Kontrollbefugnissen und sonstigen Umständen (persönliche Arbeitsleistung, Vertretungsrecht, Betriebsmittel, Unternehmerrisiko).
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 12. Juli 2011 wurde dieser Antrag abgewiesen. Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO setze die Gewissheit der Rechtswidrigkeit der Bescheide voraus; die bloße Möglichkeit reiche nicht. Im konkreten Fall bestehe aber keine Gewissheit über die Rechtswidrigkeit der Bescheide betreffend die Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2004 bis 2008 als Folge der Umqualifizierung von freien Dienstverträgen bzw. Werkverträgen in Dienstverhältnisse gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988. Im konkreten Fall hätten die Erhebungen der "GPLA-Prüferin", deren Feststellungen sich das Finanzamt angeschlossen habe, ergeben, dass die für die Beschwerdeführerin tätigen Personen als Dienstnehmer iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 anzusehen seien.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Tätigkeiten, die im Rahmen von "atypischen Arbeitsverträgen" ausgeführt worden seien, deckten sich im Wesentlichen mit den der Beschwerdeführerin gesetzlich auferlegten Aufgaben und Tätigkeiten sowie dem gesetzlich auferlegten Zweck und Sinn der Existenz der Beschwerdeführerin (Zugänglichmachung und Wissensvermittlung für die Allgemeinheit, Inventarisierung, Sammlung, Bewahren, Auswertung etc.). Das Risiko der Nichterfüllung der gesetzlich vorgegebenen Aufgaben der Beschwerdeführerin (das "Unternehmerwagnis" für die Beschwerdeführerin) liege für die Beschwerdeführerin direkt in jener Arbeitsleistung des nicht unerheblichen Anteils ihrer Mitarbeiter, mit dem die Beschwerdeführerin atypische Arbeitsverträge abgeschlossen habe. Die Vereinbarung bzw. Abrechnung einer Entlohnung meist nach Stunden (oder auf Basis davon) spreche gegen ein Unternehmerwagnis der Beschäftigten. Die Haftung für die Ergebnisse der Arbeitsleistungen der Mitarbeiter liege bei der Beschwerdeführerin. Es seien "Kettenverträge" abgeschlossen worden. Bei den Tätigkeiten seien zum Teil fachspezifische Kenntnisse notwendig gewesen, zum Teil habe es sich um Hilfstätigkeiten gehandelt.
Auch die Steigerung der Anzahl der Mitarbeiter, die über atypische Arbeitsverträge (Werkverträge und freie Dienstverträge) beschäftigt worden seien, zeige, dass typische Arbeitsverträge hätten ersetzt werden sollen.
Die Aufgaben seien "vor Ort", also an den Standorten der Beschwerdeführerin zu erbringen gewesen. Auch sei die Arbeitszeit mit den jeweiligen Kuratorinnen abzustimmen gewesen. Weiters spreche die Ausstattung der atypischen Mitarbeiter mit Sicherheitschips, Schreibtischen, Sesseln, Computern, Telefon, Katalogen, Ausstellungstexten usw. ebenfalls nicht gegen das Vorliegen von Dienstverhältnissen. Auch die in den Niederschriften getätigten Aussagen sprächen in ihrem Gesamtbild für ein Vorliegen von Dienstverhältnissen (Eingliederung und Unterordnung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin, laufende Lohnzahlung, Kontrolle der Leistung, Abrechnung nach Stunden, Fehlen eines Unternehmerwagnisses, Abschluss von Kettenverträgen, Zur-Verfügung-Stellung von Betriebsmitteln, wirkliches Vertretungsrecht nicht gegeben oder nicht nutzbar).
Für den betroffenen Personenkreis ("Kunstvermittler", Besucherbetreuung und dergleichen) handle es sich meist um "minder qualifizierte" Teilzeitjobs; die Beschwerdeführerin diktiere hiefür die Bedingungen. Auch während fallweiser (tageweiser oder zeitweiser) Beschäftigungsverhältnisse, bei denen die Bestimmungsfreiheit weitgehend ausgeschaltet sei, lägen grundsätzlich echte Dienstverträge vor.
Die Ergebnisse der inhaltlichen Leistung des Kunstvermittlers, sein Verhalten, die konkrete Zeiteinhaltung, die Abstimmung auf das Zielpublikum würden bereits durch die Besucher indirekt "kontrolliert", womit die "stille Autorität" des Dienstgebers schlagend werde, ohne dass der Dienstgeber hinter dem Kunstvermittler zur Kontrolle quasi "hinterher laufen" oder textliche Vorabkontrollen durchführen müsse.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei jedes Ermittlungsverfahren unterlassen worden, sei anzumerken, dass es sich um Bescheide handle, die anlässlich eines Prüfungsverfahrens ergangen seien.
Die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Vorbringen insgesamt nicht darlegen können, in welcher Hinsicht eine konkrete Fehlbeurteilung oder bei welchen Personengruppen (Tätigkeitsfeldern) tatsächlich eine konkrete Fehleinstufung durch das Finanzamt erfolgt sei.
Es sei nicht erkennbar, dass die Rechtswidrigkeit der Bescheide, deren Aufhebung begehrt werde, gewiss sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO (idF vor dem FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013) kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Die Aufhebung setzt - wie die belangte Behörde ausführt - die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Juni 2010, 2010/15/0059, mwN). Freilich setzt die Aufhebung, aber auch die Abweisung des Aufhebungsantrages, die vorherige Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (vgl. das Erkenntnis vom 26. November 2014, 2012/13/0123, mwN).
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben alle Dienstgeber den Dienstgeberbeitrag zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Nach § 41 Abs. 2 FLAG (in der hier anwendbaren Fassung vor BGBl. I Nr. 52/2009) sind Dienstnehmer u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis vom 28. Mai 2015, 2013/15/0162, mwN).
Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 28. Mai 2015, mwN).
Der freie Dienstvertrag im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG (vgl. § 41 Abs. 2 FLAG idF BGBl. I Nr. 52/2009) unterscheidet sich vom (echten) Dienstvertrag durch die persönliche Unabhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber (vgl. das Erkenntnis vom 18. August 2015, 2013/08/0121, mwN; vgl. auch die ständige Rechtsprechung des OGH, z.B. RIS-Justiz RS0021518).
Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien für ein Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 in den Streitjahren vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230, mwN).
Bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit ist das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Personen, insbesondere auch über die Pflichten, die ihnen obliegen, die Risiken, die sie zu tragen haben, und ihre allfällige Weisungsgebundenheit, besitzt, kann ein Urteil über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Tätigkeit abgegeben werden (vgl. das Erkenntnis vom 21. November 2013, 2011/15/0122, mwN).
Wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervorgeht, sind hier die Tätigkeiten einer großen Anzahl von Personen zu beurteilen. Nach der Schilderung der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 11. Mai 2010 und den Ausführungen im angefochtenen Bescheid handelt es sich auch um recht unterschiedliche Tätigkeiten. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt - und dies ist auch nicht aus dem Akteninhalt, insbesondere den Protokollen über die Vernehmung einiger der betroffenen Personen ableitbar -, dass betreffend diese Personen und Tätigkeiten jeweils vergleichbare Umstände hinsichtlich der Merkmale der Selbständigkeit oder jener der Unselbständigkeit vorgelegen wären. Soweit aus den vorgelegten Verwaltungsakten nachvollziehbar, erfolgte selbst hinsichtlich der von der Prüferin der Gebietskrankenkasse vernommenen Personen nicht in allen Fällen eine "Ummeldung" auf "echte" Dienstnehmer (iSd § 4 Abs. 2 ASVG; vgl. etwa Mag. G P und C K), was die Beurteilung der nicht vernommenen Personen umso zweifelhafter erscheinen lässt.
Der angefochtene Bescheid enthält keine konkreten Feststellungen zu einzelnen Personen (wobei allenfalls - bei verschiedenen Tätigkeiten derselben Person - auch eine Differenzierung nach verschiedenen Tätigkeitszeiträumen erforderlich wäre) oder zu allenfalls im Wesentlichen - in Bezug auf die Merkmale, die zur Prüfung der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit heranzuziehen sind - homogenen Gruppen von Personen. Erst wenn derartige Feststellungen getroffen sind, wird sich aber beurteilen lassen, ob diese einzelnen Personen (allenfalls Gruppen von Personen) in bestimmten Zeiträumen als Dienstnehmer einzustufen sind.
Zu beachten wird auch sein, dass eine "indirekte Kontrolle" durch Besucher der Führungen im Allgemeinen eine persönliche Abhängigkeit der Beschäftigten von ihrem Vertragspartner nicht begründen kann (vgl. in diesem Sinne das Erkenntnis vom 17. Oktober 2012, 2010/08/0256).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 20. Jänner 2016
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