VwGH Ra 2015/21/0025

VwGHRa 2015/21/002524.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, in der Revisionssache der M H in I, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. Jänner 2015, Zl. L518 2016337- 1/2E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §25 Abs6;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §25 Abs6;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die 1956 geborene Revisionswerberin, eine armenische Staatsangehörige, reiste im November 2012 mit einem griechischen Schengenvisum nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt gab diesem Antrag mit Bescheid vom 11. Juni 2013 keine Folge und wies die Revisionswerberin nach Armenien aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 6. Februar 2014, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 "das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung" an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück. Die dagegen eingebrachte außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. September 2014, Ra 2014/01/0008, zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 26. November 2014 sprach das BFA aus, dass der Revisionswerberin ein Aufenthaltstitel aus "berücksichtigungswürdigen" Gründen (§§ 55 und 57 AsylG 2005) nicht erteilt werde. Unter einem wurde gegen die Revisionswerberin eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Armenien zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 8. Jänner 2015 als unbegründet ab und es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (ua.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Im vorliegenden Fall wird dazu in der Revision nur die - nach Ansicht der Revisionswerberin in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht geklärte - Frage aufgeworfen, ob das BVwG wegen der Vorlage von neuen Beweismitteln im Beschwerdeverfahren eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen.

Das BVwG hat die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 7 BFA-VG damit begründet, dass der Sachverhalt im Sinne der genannten Bestimmung aufgrund der Aktenlage und des Inhalts der Beschwerde geklärt sei.

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) erfassten Verfahren, wozu auch das gegenständliche zählt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2015, Ra 2014/20/0121), enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG seit 1. Jänner 2014 eigene Regelungen, wann - selbst bei Vorliegen eines diesbezüglichen Antrags - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann; diese Bestimmung geht der bloß als subsidiär anwendbar ausgestalteten Norm des § 24 Abs. 4 VwGVG vor (vgl. Punkt 3.1.3. des hg. Erkenntnisses vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0039, mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018). Die Argumentation in der Revision mit der zuletzt genannten Bestimmung geht daher schon von vornherein ins Leere.

In dem zitierten Erkenntnis vom 28. Mai 2014 befasste sich der Verwaltungsgerichtshof ausführlich mit der Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG und zählte im Punkt 5.12. der Entscheidungsgründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, näher dargestellte Kriterien auf, anhand derer im jeweiligen Einzelfall zu prüfen ist, ob der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG "aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint". Dieser Maßstab gilt auch dann, wenn im Beschwerdeverfahren neue Beweismittel vorgelegt werden. Der von der Revision dazu ins Treffen geführte § 25 Abs. 6 VwGVG, wonach in der Verhandlung die zur Entscheidung der Rechtssache erforderlichen Beweise aufzunehmen seien, bezieht sich nur auf den Fall, dass eine Verhandlung durchzuführen ist.

Unter dem Blickwinkel des § 21 Abs. 7 BFA-VG ist der Revisionswerberin zu entgegnen, dass das BVwG auf das die Feststellungen des BFA zu ihren Familienverhältnissen im Heimatstaat bestreitende Vorbringen in der Beschwerde, das durch die vorgelegten Urkunden hätte bewiesen werden sollen (Tod ihres Vaters und ihres Ehemannes, Aufenthalt ihrer beiden Töchter in Russland), Bedacht genommen und es seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt hat. Dem entsprechend stellte es fest, in Armenien lebten (nur) noch die Schwestern der Revisionswerberin (vgl. Seite 37 und 57 des angefochtenen Erkenntnisses). Es trifft daher schon die Prämisse in der Revision, das BVwG habe das diesbezügliche Vorbringen und die dazu vorgelegten Beweismittel "mit vollkommenem Stillschweigen übergangen", nicht zu. Im Hinblick darauf, dass das BVwG bei seiner Entscheidung vielmehr von diesem Vorbringen ausging, liegt aber auch keine die Rechte der Revisionswerberin beeinträchtigende Verletzung der Verhandlungspflicht vor (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0069).

In der Revision wurde somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 24. März 2015

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