Normen
12010P/TXT Grundrechte Charta Art4;
32003R0343 Dublin-II Art10 Abs1;
32003R0343 Dublin-II;
32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litb;
32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litd;
32013R0604 Dublin-III Art49;
32013R0604 Dublin-III;
AsylG 2005 §5;
EURallg;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z10 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §52 Abs8 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §61 Abs1 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §61 Abs1 Z1 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §61 Abs1 Z2 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §61 Abs2 idF 2012/I/087;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am 28. August 2014 in einem Reisezug, der von Wien-Meidling nach Italien unterwegs war, aufgegriffen. Im Zuge seiner erkennungsdienstlichen Behandlung ergaben sich drei Eurodac-Treffer (vom 31. Dezember 2013, vom 9. Jänner 2014 und vom 10. Juni 2014), denen zufolge der Mitbeteiligte zunächst in Ungarn, dann in Belgien und schließlich in Bulgarien jeweils Anträge auf internationalen Schutz gestellt habe.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29. August 2014 unter Vorhalt der erwähnten Eurodac-Treffer, weshalb - so die Behörde - seine "Außerlandesbringung in Anwendung der Dublin-Verordnung in die Wege zu leiten" sei, gab der Mitbeteiligte an, Afghanistan "vor ca einem Jahr" verlassen zu haben. Über Pakistan, den Iran und die Türkei sei er nach Bulgarien gelangt, wo er "den Asylantrag" gestellt habe. Weil es in Bulgarien "sehr schwer" gewesen sei, habe er sich entschlossen, nach Belgien zu reisen. Er sei dann mit dem Zug über Serbien, Ungarn, Wien, Mailand und Paris nach Brüssel gefahren, wo er auch einen Asylantrag gestellt habe, der aber nur mit seiner Überstellung nach Bulgarien geendet habe. Von Bulgarien sei er dann wieder nach Ungarn gereist, wo man ihn verhaftet und gegen seinen Willen einen Asylantrag protokolliert und seine Fingerabdrücke abgenommen habe. "Vor einer Woche" sei er enthaftet worden und dann "vorgestern" aus Ungarn ausgereist, und zwar mit dem Willen, nach Italien zu gelangen. In Österreich habe er nie bleiben wollen, er wolle hier auch keinen Asylantrag stellen.
Das in der Folge von Österreich gestützt auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung)) um Wiederaufnahme des Mitbeteiligten ersuchte Ungarn lehnte diese Wiederaufnahme - wenngleich eine Asylantragstellung (per 23. Dezember 2013) bestätigend - mit Schreiben vom 9. September 2014 ab, und zwar erkennbar deshalb, weil es Bulgarien für zuständig erachte. Daraufhin erging ein Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien, welches schließlich am 2. Oktober 2014 positiv beantwortet wurde; das Wiederaufnahmegesuch nach Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO werde akzeptiert.
Mit Bescheid vom 3. Oktober 2014 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hierauf gegen den Mitbeteiligten gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG eine Anordnung zur Außerlandesbringung und sprach aus, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei. Bulgarien sei - so das BFA begründend - gemäß dem Vorbringen des Mitbeteiligten und "dem amtswegigen Ermittlungsverfahren" im Sinn der in der Dublin III-VO festgelegten Kriterien für eine Prüfung des vom Mitbeteiligten - dort gestellten - Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Es habe sich bereit erklärt, den Mitbeteiligten einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen "bzw. die sonstigen (es) aus der Dublin-Verordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten treffenden Verpflichtungen (dem Mitbeteiligten) gegenüber zu erfüllen". Dass eine Überstellung des Mitbeteiligten nach Bulgarien eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstellen würde, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Zwar habe sich der Mitbeteiligte vom 5. September bis 9. September 2014 mit Verdacht auf Lungentuberkulose stationär im LKH Leoben befunden, unter Berücksichtigung des aktuellen Arztbriefes bewirke seine Abschiebung nach Bulgarien jedoch keine unzumutbare Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Im Übrigen sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass in Bulgarien eine Verletzung "der EMRK" nicht eintreten werde.
Dem trat der Mitbeteiligte in der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde entgegen. Es sei evident, dass er an Lungentuberkulose erkrankt sei, und die notwendige Therapie solle bis Dezember 2014 fortgeführt werden. Die bulgarischen Behörden seien demgegenüber nicht willens, Asylsuchenden eine adäquate medizinische Versorgung zur Verfügung zu stellen. Zudem sei davon auszugehen, dass die mangelhaften hygienischen Standards in Bulgarien - im Registrierungs- und Aufnahmezentrum seien die Gemeinschaftsduschen als Toilette, Dusche und zum Geschirr Abwaschen verwendet worden - für die Erkrankung des Mitbeteiligten ursächlich seien. Der gesundheitlichen Bedenken wegen habe er Bulgarien auch verlassen. Außerdem ergebe sich insgesamt unter Beachtung der aktuellen Informationen zu den Modalitäten des Asylverfahrens in Bulgarien ein Bild, wonach von systematischen Mängeln auszugehen sei. Durch eine Überstellung dorthin bestehe sohin die Gefahr (insbesondere) einer Verletzung von Art. 4 GRC.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 20. November 2014 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde insofern Folge, als es aussprach, dass der Bescheid des BFA gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen werde. Unter einem erklärte das BVwG die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
Das BVwG führte im Wesentlichen aus, dass das BFA keine Subsumtion unter einen der Kompetenztatbestände der insoweit noch maßgeblichen Dublin II-VO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist) vorgenommen habe. In Frage gekommen wären nach Lage des Falles va. der Tatbestand des Art. 10 Dublin II-VO (illegale Einreise), allenfalls auch Art. 13 Dublin II-VO, der vorsehe, dass, wenn sich anhand der Kriterien der Dublin II-VO nicht bestimmen lasse, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Antrages obliege, der erste Mitgliedstaat zuständig sei, in dem der Asylantrag gestellt wurde. Der zeitlich früheste Eurodac-Treffer bezüglich des Mitbeteiligten stamme - so das BVwG weiter - vom 31. Dezember 2013 und dokumentiere eine Asylantragstellung in Ungarn. Dass der Mitbeteiligte davor in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hätte, habe er zwar am 29. August 2014 angegeben, sei anhand der Eurodac-Treffer aber nicht nachvollziehbar. Es sei (daher) nicht klar, weshalb Ungarn zur Führung des Asylverfahrens des Mitbeteiligten nicht zuständig sein solle; das habe die ungarische Behörde letztlich auch nicht begründet. Die Zustimmung Bulgariens zum österreichischen Wiederaufnahmegesuch könne aber begründete Feststellungen über die Asylantragstellung oder die illegale Einreise nicht ersetzen, weil die Zustimmung "in der Regel" keinen Zuständigkeitstatbestand bilde. Insgesamt könne nicht beurteilt werden, welcher Kompetenztatbestand der Dublin II-VO im vorliegenden Fall verwirklicht sei. Insbesondere könne nicht gesagt werden, dass Bulgarien für den Asylantrag des Mitbeteiligten zuständig sei, weil er dort seinen letzten - durch Eurodac-Treffer dokumentierten - Asylantrag gestellt habe. Zusammenfassend gelangte das BVwG damit zu dem Ergebnis, dass das BFA die für eine Ermittlung des zuständigen Staates erforderlichen Feststellungen nicht getroffen habe. Weil insoweit wesentliche Ermittlungsschritte unterblieben seien, lägen demnach die Voraussetzungen dafür vor, den angefochtenen Bescheid im Sinn des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision des BFA nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 iVm Abs. 9 B-VG, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen hat:
Nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Entgegen dem - den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden (§ 34 Abs. 1a VwGG) - Ausspruch des BVwG ist die gegenständliche Revision, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, zulässig. Sie ist auch berechtigt.
1. Das BFA hat gegen den Mitbeteiligten eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen. Diese aufenthaltsbeendende Maßnahme wurde mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, neu geschaffen und ist in § 61 FPG geregelt.
Die genannte Bestimmung - Teil des mit "Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige" überschriebenen ersten Abschnitts des 8. Hauptstücks des FPG - lautet wie folgt:
"Anordnung zur Außerlandesbringung
§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung kommt nur gegen - nicht begünstigte - Drittstaatsangehörige (gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist) in Betracht. Insofern gleicht sie der Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG, von der sie sich jedoch hinsichtlich des Zielstaates unterscheidet. Während eine Rückkehrentscheidung den Drittstaatsangehörigen zur Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat verpflichtet (§ 52 Abs. 8 FPG), beinhaltet die Anordnung zur Außerlandesbringung einen Ausreisebefehl in einen anderen Staat ("Mitgliedstaat"), somit in einen Mitgliedstaat des EWR-Abkommens oder die Schweiz. Dieser Staat ist in der Anordnung zur Außerlandesbringung konkret zu benennen; nur dorthin ist dann nämlich, wie sich aus § 61 Abs. 2 erster Satz FPG ergibt, die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen zulässig.
Der genannte Ausreisebefehl in einen anderen "Mitgliedstaat" kommt insbesondere im Rahmen des "Dublin-Systems" in Betracht. Während die Z 1 des ersten Absatzes von § 61 FPG - va. - jene Fälle erfasst, in denen wegen "Zuständigkeit eines anderen Staates", in den in der Folge eine Überstellung stattfinden soll, die Zurückweisung eines in Österreich gestellten Antrages auf internationalen Schutz nach § 5 AsylG 2005 zu ergehen hat, bezieht sich die Z 2 auf Konstellationen, in denen eine derartige Antragstellung in Österreich unterblieben ist, gleichwohl jedoch eine Überstellung des Drittstaatsangehörigen (insbesondere) "auf Grund der Dublin-Verordnung" in Betracht kommt.
Wie das BVwG zutreffend festgehalten hat, wird die "Dublin-Verordnung" im FPG nicht eigens definiert. Es kann aber schon von der Stoßrichtung des § 61 Abs. 1 Z 2 FPG her kein Zweifel bestehen, dass damit - nach Maßgabe der jeweiligen Anwendbarkeit im Anlassfall - sowohl die Dublin II-VO als auch die Dublin III-VO erfasst sein sollen. Im Übrigen scheint § 61 Abs. 1 Z 2 FPG zwar seinem Wortlaut nach nur dann zu greifen, wenn der Staat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, noch eine Prüfung dieses Antrags durchzuführen hat. Ausgehend von der Überlegung, dass es mit § 61 Abs. 1 FPG insgesamt in erster Linie um eine Effektuierung des "Dublin-Systems" geht, muss indes eine extensive Auslegung Platz greifen, wonach via Anordnung zur Außerlandesbringung auch Überstellungen ermöglicht werden sollen, die nicht zwingend mit einer (neuerlichen) Antragsprüfung im Zielstaat einhergehen, etwa weil der seinerzeitige Antrag des Drittstaatsangehörigen vom zuständigen Mitgliedstaat bereits abgelehnt worden ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO).
2. Im vorliegenden Fall hat der Mitbeteiligte sowohl gemäß seinen eigenen Angaben in der Niederschrift vom 29. August 2014 als auch nach Ausweis der erzielten Eurodac-Treffer in Ungarn, Belgien und Bulgarien Anträge auf internationalen Schutz gestellt, während eine solche Antragstellung in Österreich nicht vorgenommen worden ist. Das BFA hat daher zutreffend eine Vorgangsweise nach § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erwogen und Konsultationen zur Ermittlung des in Frage kommenden Zielstaates eingeleitet. Dabei hatte es gemäß Art. 49 Dublin III-VO in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Regelungen der Dublin III-VO anzuwenden, wohingegen - ausgehend von der durch einen Eurodac-Treffer dokumentierten und von den ungarischen Behörden bestätigten Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz (zumindest) in Ungarn bereits im Jahr 2013 -
die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates noch nach den Kriterien der Dublin II-VO zu erfolgen hatte (Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K 1. bis K 3. zu Art. 49).
3. Die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO sind in deren
III. Kapitel enthalten, das die Art. 5 bis 14 umfasst. Dem BVwG ist darin zuzustimmen, dass nach Lage des hier zu beurteilenden Falles die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates va. nach Art. 10 Abs. 1 der VO (illegale Einreise) in Betracht gekommen ist.
Gemäß den Angaben des Mitbeteiligten vom 29. August 2014 erfolgte seine Einreise in das Gebiet der "Dublin-Staaten", unzweifelhaft illegal, über den Mitgliedstaat Bulgarien. Das ist ausgehend vom Herkunftsstaat Afghanistan und einer Flucht auf dem Landweg schon aus geographischer Sicht nicht unplausibel. Im Übrigen werden die Behauptungen des Mitbeteiligten über seine Reisebewegungen bzw. Asylantragstellungen im Gebiet der Mitgliedstaaten auch partiell durch die vorliegenden Eurodac-Treffer bestätigt. Im Kern fehlt lediglich jener Eurodac-Treffer, der die geschilderte (erste) Asylantragstellung in Bulgarien belegen würde.
Vor diesem Hintergrund spricht zunächst nichts dafür, der Mitbeteiligte habe bewusst Falschangaben gemacht. Das schließt zwar eine objektiv unrichtige Darstellung, etwa beruhend auf Missverständnissen oder Fehlvorstellungen, nicht aus. Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, das letztlich im Ergebnis auf den Angaben des Mitbeteiligten beruhende Wiederaufnahmegesuch seitens des ersuchten Staates - Bulgarien - akzeptiert wurde, so zerstreuen sich die im Hinblick auf das Resultat der Eurodac-Anfrage bestehenden Zweifel an der Richtigkeit seiner Darstellung, kann doch nicht ohne Weiteres angenommen werden, Bulgarien habe grundlos der ersuchten Wiederaufnahme zugestimmt. Insoweit durfte das BFA daher, und zwar dem - im Ergebnis zu Recht als glaubwürdig angesehenen - Vorbringen des Mitbeteiligten folgend schon auf Basis von Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO, von der Zuständigkeit Bulgariens ausgehen, weshalb dem vom BVwG behobenen Bescheid des BFA vom 3. Oktober 2014 unter diesem Gesichtspunkt schon deshalb kein Mangel anhaftete.
Ob der Mitbeteiligte trotz des in § 20 Abs. 1 BFA-VG normierten partiellen Neuerungsverbotes und im Hinblick auf das nunmehr in Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene wirksame Rechtsmittel in seiner Beschwerde gegen den genannten Bescheid neues Vorbringen hätte erstatten dürfen, das die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates erbracht hätte, kann dahin gestellt bleiben. Derartiges neues Vorbringen war in der Beschwerde an das BVwG nämlich gar nicht geltend gemacht worden. Vielmehr beschränkte sie sich - siehe oben - auf eine Kritik an den Verhältnissen in Bulgarien, die unter dem Blickwinkel des Art. 4 GRC insbesondere auch in Anbetracht der gesundheitlichen Situation des Mitbeteiligten seiner Überstellung in diesen Staat entgegen stünden. Der Sache nach wurden damit jene, die Zuständigkeit Bulgariens nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO begründenden Behauptungen aus der seinerzeitigen Einvernahme vom 29. August 2014 vollinhaltlich aufrecht erhalten. Davon ausgehend ergaben sich für das BVwG aber umso weniger ausreichende Anhaltspunkte dafür, diese in diesem Sinn zu verstehende Zuständigkeit Bulgariens in Frage zu stellen.
Nach dem Gesagten hätte das BVwG in die Prüfung des Gesichtspunktes einsteigen müssen, ob - wie vom Mitbeteiligten behauptet - seine Überstellung nach Bulgarien Art. 4 GRC verletzen würde. Die Behebung des Bescheides des BFA vom 3. Oktober 2014 nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unter dem Aspekt "Klärung des Zuständigkeitstatbestandes" erweist sich dagegen jedenfalls als verfehlt, weshalb der insoweit auf einer Falschbeurteilung beruhende angefochtene Beschluss - ohne dass es auf die weiteren in der Revision angesprochenen Fragen noch ankäme - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Wien, am 24. März 2015
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