VwGH Ra 2015/18/0026

VwGHRa 2015/18/002628.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Sußner, über die Revision des A E in W, vertreten durch Mag. Peter Resch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/2/33, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2014, Zl. W225 1434681- 1/31E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

32011L0095 Status-RL Art9 Abs3;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;
32011L0095 Status-RL Art9 Abs3;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Im gegenständlichen Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) festgestellt, dass der Revisionswerber in Afghanistan als Dolmetscher für internationale militärische Truppen tätig war. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass er Afghanistan aufgrund von Verfolgungen bzw. Bedrohungen seitens der Taliban verlassen habe und es könne nicht festgestellt werden, dass er in seiner Heimat einer wie immer gearteten konkreten, individuellen Verfolgung ausgesetzt wäre. Es lägen aber stichhaltige Gründe vor, dass der Revisionswerber im Falle seiner Rückkehr in eine existenziell ausweglose Lage geraten würde. Rechtlich folgerte das BVwG, der Revisionswerber habe zwar keine Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft gemacht, die die Zuerkennung von Asyl rechtfertigen würde, ihm sei jedoch mangels eines ausreichend vorhandenen familiären und sozialen Netzwerkes in der Heimat, das ihm eine Reintegration in Afghanistan ermöglichen würde, subsidiärer Schutz zu gewähren.

2.2. Die vorliegende außerordentlichen Revision führt zu ihrer Zulässigkeit an, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab bzw. fehle Rechtsprechung zur Frage, "ob Asylwerbern aus Afghanistan, welche in Afghanistan als Dolmetscher für internationale militärische Truppen gearbeitet haben der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 zuzuerkennen ist, wenn diese bei ihrer Rückkehr in die Heimat in eine existenziell ausweglose Lage geraten würden".

3. Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.

3.1. Nach der hg. Rechtsprechung können auch wirtschaftliche Benachteiligungen asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH vom 8. September 1999, 98/01/0614, vom 29. März 2001, 2000/20/0539, sowie daran anknüpfend jüngst VwGH vom 28. Jänner 2015, Ra 2014/18/0108).

Die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung muss jedoch jedenfalls in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen, was sich jedoch schon aus der Definition des Flüchtlingsbegriffs in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ergibt, wonach als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch:

"for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Auch Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) verlangt eine Verknüpfung zwischen den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen einerseits und den Verfolgungsgründen andererseits.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis zwar fest, es lägen stichhaltige Gründe dafür vor, dass der Revisionswerber im Falle einer Rückkehr in eine existentiell ausweglose Lage geraten würde. Jedoch stellte das Bundesverwaltungsgericht auch fest, dass die vom Revisionswerber als Fluchtgrund vorgebrachte Verfolgung durch die Taliban nicht festgestellt werden könne und die drohende Notlage vielmehr auf das fehlende familiäre bzw. soziale Netz des Revisionswerbers in Afghanistan und die dortige prekäre Sicherheitslage zurückführen sei.

Ausgehend von diesen Feststellungen, aus welchen sich kein kausaler Zusammenhang der vorgebrachten Verfolgungshandlung zu einem Konventionsgrund ergibt, ist nicht erkennbar, dass das Bundesverwaltungsgericht von der hg. Rechtsprechung zum Flüchtlingsbegriff abgewichen wäre.

3.3. Im Übrigen gehört der Revisionswerber aufgrund seiner Tätigkeit als Dolmetscher für internationale militärische Truppen nach den auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 Bezug nehmenden Länderfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zwar zu einem Personenkreis, bei dem möglicherweise ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann. Die Prüfung, ob dies tatsächlich der Fall ist, hat aber - auch nach der Empfehlung des UNHCR in den zitierten Richtlinien - je nach individuellen Umständen des Einzelfalls zu erfolgen; im vorliegenden Fall hat das BVwG eine Verfolgungsgefahr für den Revisionswerber nach den Umständen des Falles verneint. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie, wie hier, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 25. April 2014, Ro 2014/21/0033, u.a.).

4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. April 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte