Normen
B-VG Art133 Abs4;
StGB §202 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WaffG 1996 §12 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
StGB §202 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Die ordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) vom 22. Juli 2014 wurde über die revisionswerbende Partei ein Waffenverbot gemäß § 12 des Waffengesetzes, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), verhängt.
2. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gemäß § 12 WaffG, §§ 27 und 28 VwGVG als unbegründet abgewiesen, die ordentliche Revision dagegen an den Verwaltungsgerichtshof wurde zugelassen.
Aus der Begründung dieser Entscheidung ergibt sich, dass der Revisionswerber am 21. Oktober 2013 eine Frau mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt habe, indem er ihren rechten Arm mit einem Klammergriff umfasst und mit der anderen Hand ihre Brüste befasst sowie über den bekleideten Schambereich gestreichelt und versucht habe, in ihre Hose und auf ihren Genitalbereich zu greifen, weshalb er vom Landesgericht St. Pölten mit Urteil vom 19. Februar 2014 wegen geschlechtlicher Nötigung gemäß § 202 Abs 1 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Mildernd seien der bisherige ordentliche Lebenswandel, der faktische Beitrag zur Wahrheitsfindung, eine bereits geleistete Schadensgutmachung sowie die Intensität der Gewaltanwendung im untersten Bereich gewertet worden. Die mit diesem Urteil getroffene Festlegung, dass der Revisionswerber die ihm zur Last gelegte Tat begangen habe, sei für das Verwaltungsgericht bindend.
Schon in der Vergangenheit sei gegen den Revisionswerber ein Waffenverbot verhängt worden. Er habe am 8. August 2011 seinen (erheblich jüngeren) Jagdkollegen (insbesondere mit der Aufforderung, "sich nicht anzuscheißen") dazu angestiftet, von einer 1,5 bis 2 m hohen Böschung neben der L 14 vom Fahrersitz aus dem geöffneten Fenster quer über die Straße auf einen Rehbock zu zielen, und diesen zu erlegen. Ein Schuss hätte die körperliche Sicherheit der vorbeifahrenden Fahrzeuglenker erheblich gefährdet. Dieses Waffenverbot sei mit Bescheid der BH vom 7. November 2012 aufgehoben worden, weil der Revisionswerber in der Zwischenzeit kein weiters waffenrechtlich relevantes Fehlverhalten getätigt hätte.
Auf dem Boden eines eingehenden Überblicks über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die vom Revisionswerber gesetzte Tat der geschlechtlichen Nötigung zur Verwirklichung des Tatbildes Gewalt oder gefährliche Drohung zwingend voraussetze. Eine solche Gewalt (wenn auch im untersten Bereich angesiedelt) habe der Beschwerdeführer gesetzt, weil sonst das Tatbild des strafrechtlichen Delikts nicht verwirklicht gewesen sei. Die Tat zeige, dass der Revisionswerber bereit gewesen sei, Gewalt anzuwenden, um sexuelle Handlungen gegen den Willen der Betroffenen durchsetzen zu können. Es handle sich dabei nicht um einen "bloßen" Fall sexueller Belästigung, sondern um das Erzwingen des Duldens einer geschlechtlichen Handlung durch Anwendung von (wenn auch leichter) Gewalt. Damit habe der Revisionswerber eine besonders verwerfliche und für den betroffenen Menschen besonders eingriffsintensive Tat gesetzt. Es sei auf Grund des nach § 12 Abs 1 WaffG gebotenen strengen Maßstabs nicht abwegig, eine negative Gefährdungsprognose darauf zu stützen, dass eine solche Tat auch unter Zuhilfenahme einer Waffe wiederholt werden könnte. Ein solches Risiko sei aber auf dem Boden des § 12 Abs 1 WaffG nicht einzugehen, weshalb das vorliegende Waffenverbot zu erlassen sei. Dem Schutz der sexuellen Integrität sei in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zuzumessen, etwa im Vergleich zur "milden" Gewaltanwendung (etwa eines "Festhaltens") zur Durchsetzung sonstigen Verhaltens, was in der diesbezüglich vorgesehenen gesonderten Strafnorm des § 202 StGB und der im Vergleich zur "gewöhnlichen" Nötigung und zur gefährlichen Drohung deutlich höheren Strafdrohung zum Ausdruck komme; die Rechtsordnung werte ein solches Delikt offensichtlich als besonders gefährlich. Da bei der auf dem Boden des § 12 Abs 1 WaffG zu erstellenden Gefährdungsprognose das gesamte Verhalten des Revisionswerbers einzubeziehen sei, sei auch auf den Vorfall aus dem Jahr 2011 zurückzugreifen, der dem besagten Waffenverbot zugrunde gelegen habe. Aus der damaligen Aufforderung des Revisionswerbers an einen um viele Jahre jüngeren Kollegen zur Abgabe eines Schusses in einer gefährlichen Situation werde ein sorgloser Umgang mit einer Waffe im Sinn der sorglosen Einschätzung ihres Gefährdungspotentials deutlich. Die seit dem damaligen Vorfall vergangene Zeit von nicht einmal vier Jahren hindere ihre Würdigung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedenfalls nicht. Bei einer Gesamtbetrachtung verstärke dieses Verhalten die bereits auf Grund der unmittelbaren Anlasstat - geschlechtliche Nötigung - gerechtfertigte Gefährdungsannahme. Dass vor dieser Anlasstat (wie erwähnt) das wegen des Fehlverhaltens im Jahr 2011 verhängte Waffenverbot wieder aufgehoben worden sei, vermöge daran nichts zu ändern.
3. Nach der Bestimmung des § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Erklärt das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG für zulässig, so ist bis zu einer etwaigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist (vgl § 34 Abs 1a VwGG), davon auszugehen, dass die Revision die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG erfüllt und daher als ordentliche Revision zu behandeln ist (vgl VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0036).
4. Auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich die vorliegende Revision - ungeachtet ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht - im Ergebnis als nicht zulässig, weil das Verwaltungsgericht die Leitlinien dieser Rechtsprechung beachtete (vgl etwa VwGH vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0032, und VwGH vom 29. Jänner 2015, Ro 2014/03/0082).
§ 12 Abs 1 WaffG erlaubt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten. Auf dem Boden der nach dieser gesetzlichen Bestimmung gegebenen Rechtslage (vgl VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, mwH, worauf gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird) ist das vom Verwaltungsgericht festgestellte, unstrittige und insgesamt nicht lange zurückliegende Fehlverhalten geeignet, die nach § 12 Abs 1 WaffG normierte Annahme zu rechtfertigen. Das der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten zeigt, dass sich der Revisionswerber in einer eine Gefahr iSd
§ 12 Abs 1 WaffG indizierenden Weise auch gegenüber körperlich unterlegenen Personen zu aggressiven Handlungen hinreißen lässt; eine solche Aggressionsbereitschaft bleibt in waffenrechtlicher Hinsicht bedeutsam, zumal diese auch in anderen Situationen aus gänzlich anderem Anlass wirksam werden kann (vgl dazu etwa VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180). Überdies hat der Revisionswerber bei der Abgabe eines Schusses durch eine andere Person in sorgloser Weise die Gefahr nicht erkannt, dass unbeteiligte Personen in das Schussfeld geraten könnten (vgl dazu VwGH vom 20. Juni 2012, 2011/03/0235).
5. Die ordentliche Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Diese Entscheidung konnte im Umlaufweg getroffen werden, weil im Revisionsfall die Voraussetzungen des § 15 Abs 4 iVm § 12 Abs 1 Z 1 lit a VwGG gegeben sind.
Wien, am 20. Mai 2015
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