VwGH 2013/08/0226

VwGH2013/08/022614.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der M GmbH in Wien, vertreten durch die Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/I/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. August 2013, MA 40 - SR 187917/2013, betreffend Beiträge nach dem ASVG und dem BMVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. November 2012 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG für die in der Anlage namentlich genannten, (58) Dienstnehmer und Zeiträume Beiträge, Sonderbeiträge, Umlagen und Beiträge nach dem betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz bzw. betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz in Höhe von EUR 632.032,18 zu entrichten.

Im gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, dass die angeführten Personen, die als Zeitungszusteller gearbeitet hätten, nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig geworden seien. Sie seien nicht in die betriebliche Organisation der beschwerdeführenden Partei eingebunden gewesen, eine Bindung hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort habe nicht bestanden und sie hätten sich vertreten lassen können. Die Zusteller hätten über eigene Betriebsmittel verfügt und ein eigenes Unternehmerrisiko getragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch als unbegründet ab. Sie stellte folgenden Sachverhalt fest:

Im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei habe für den Zeitraum von 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2008 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse stattgefunden. Dabei sei festgestellt worden, dass zahlreiche, im Anhang des Bescheides namentlich aufgeführte Zeitungszusteller, auf Werkvertragsbasis beschäftigt gewesen seien, die hauptsächlich Zeitungen für die beschwerdeführende Partei bei der Firma M. abgeholt und in ihren privaten PKWs ausgeliefert hätten.

Die Arbeitsleistung sei pauschal nach Umfang der übernommenen Route und Lieferumfang fix abgegolten worden. Ein Aufwandsersatz (für Kfz, Treibstoff etc.) habe nicht stattgefunden. Die Zeitungszusteller seien dafür früh morgens ab 1:00 Uhr (davor sei eine Abholung nicht möglich gewesen) mittels einer von der Firma M. ausgestellten und der beschwerdeführenden Partei überlassenen Zutrittskarte auf das Firmengelände gefahren, um dort die Zeitungen entgegenzunehmen. Die Auslieferung habe bis spätestens 6:00 Uhr erfolgen müssen. Die Zusteller hätten zwar nicht punkt 1:00 Uhr zur Entgegennahme der Zeitschriften anwesend sein müssen, jedoch habe die Auslieferung je nach übernommener Route zwischen drei und fünf Stunden gedauert, sodass, um eine pünktliche Auslieferung der Zeitschriften zu gewährleisten, jedenfalls ein recht enges Zeitfenster zur Verfügung gestanden sei. Zeiterfassung und Arbeitszeitaufzeichnungen seien keine geführt worden.

Anschließend führte die belangte Behörde Folgendes aus (Wiedergabe im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Im Rahmen der Ermittlungen führte die Wiener Gebietskrankenkasse am 18.1.2010, 19.1.2010 und am 8.2. 2010 zahlreiche Einvernahmen durch (M. A., K. B., S. D., J. M., J. P., L. R., P. R., H. R., Sw. S., Su. S., H. V.). Dabei gaben die einvernommenen Personen weitestgehend übereinstimmend an, dass ein schriftlicher Rahmenvertrag abgeschlossen worden sei, sie über eine Zutrittskarte für das Firmengelände der Firma M., die ihnen durch die Einspruchswerberin ausgehändigt wurde, verfügten, sie bei Abholung der Lieferung einen Lieferschein mit vorgegebener Route und den Lieferadressen übernahmen und eine generelle Vertretungsbefugnis zwar vertraglich vereinbart, jedoch tatsächlich nicht gelebt worden sei. Im Falle des Urlaubs oder der Erkrankung hätte die Einspruchswerberin auf ihre Kosten für eine entsprechende Vertretung gesorgt. Die Routen hätten täglich abgefahren werden müssen und hätten zwischen drei und fünf Stunden in Anspruch genommen. Eine Kontrolle der Routen und der Auslieferung sei durch Herrn R. erfolgt, der auch eventuelle Änderungen in den Lieferadressen bekannt gegeben hätte. Die Zusteller verfügten teilweise über Gewerbeberechtigungen und entrichteten einige von ihnen Beiträge nach dem GSVG."

In rechtlicher Hinsicht sei im gegenständlichen Fall als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, ob versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorlägen. Nach Widergabe der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung eines Werkvertrages vom Dienstvertrag führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei den durchgeführten Arbeiten um rein manuelle Tätigkeiten handle, die den typischen Charakter von Dienstleistungen aufwiesen.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlaubten, könne nach der Rechtsprechung - in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden. Im vorliegenden Fall seien die Zusteller zwar mit ihren eigenen PKWs gefahren, hätten jedoch die Ware eines Dritten für die beschwerdeführende Partei ausgeliefert. Die Bezahlung sei pauschal erfolgt. Es seien vereinbarungsgemäß die wesentlichen Betriebsmittel der beschwerdeführenden Partei verwendet worden. Diese habe die Materialien beigestellt; die im Anhang angeführten Dienstnehmer hätten ihre Arbeitskraft geleistet und mit dem von ihnen beigebrachten Kleinwerkzeug keine wesentlichen Betriebsmittel beigestellt.

Auch wenn im konkreten Fall keine ständige unmittelbare Kontrolle der Arbeitsleistung erfolgt sei, so seien stichprobenartigen Kontrolle erfolgt und seien sowohl die Routen als auch ein Zeitrahmen vorgegeben worden. Eine tägliche Kontrolle der Arbeitsleistung sei nicht notwendig, um dennoch von einer Weisungsgebundenheit und Kontrollunterworfenheit des Dienstnehmers auszugehen. In diesem Zusammenhang sei von "stiller Autorität" des Dienstgebers ausgegangen.

Die für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Tätigkeit könne unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch dann vorliegen, wenn der Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung oder der Betriebsübung oder der Art seiner Beschäftigung Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit weithin selbst bestimmen könne. Im gegenständlichen Fall habe die Auslieferung jedenfalls bis 6:00 Uhr erfolgt sein müssen und habe aufgrund der Routenlänge kaum Gestaltungsspielraum bei der Arbeitszeit bestanden.

Im vorliegenden Fall sei von einer persönlichen Arbeitspflicht unter Weisungsbefugnis (wohl gemeint: Weisungsgebundenheit) auszugehen.

Die bloße Befugnis, sich in Falle der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, zum Beispiel im Falle einer Krankheit oder eines Urlaubes oder bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen, stelle ferner keine generelle Vertretungsmöglichkeit dar.

Ein generelles Vertretungsrecht sei zwar behauptet worden, es sei jedoch tatsächlich zu keinen Vertretungshandlungen gekommen, sondern es seien die notwendigen Vertreter von der beschwerdeführenden Partei gestellt und bezahlt worden, sodass von einer persönlichen Arbeitspflicht ausgegangen werde.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass im Gesamtbild der Tätigkeit die Merkmale einer unselbständigen Beschäftigung in einem echten Dienstverhältnis zweifelsfrei vorliegen. Was die Höhe der geltend gemachten Beiträge betreffe, so sei diese nachvollziehbar und sei auch nicht bestritten worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, auf welche die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz replizierte, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - worauf der Verwaltungsgerichtshof wiederholt verwiesen hat - davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. August 2015, 2013/08/0121, mwN).

Ausgangspunkt der Betrachtung ist die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien des Beschäftigungsverhältnisses in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung relevant sein können; die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit (im Sinne einer Übereinstimmung mit der Lebenswirklichkeit) für sich. Dabei kommt es auf die Bezeichnung des Verhältnisses (im Beschwerdefall als "Werkvertrag") zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 2011, 2007/08/0153, mwN).

Weichen die "wahren Verhältnisse" vom Vertrag ab, ist dies ein Indiz dafür, dass nur ein Scheinvertrag vorliegt. Eine Scheinvereinbarung ist von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet. Insoweit kommt es daher, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, auf die tatsächlichen Verhältnisse an (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 18. August 2015, mwN).

Nach den getroffenen Feststellungen wurden schriftliche Rahmenverträge abgeschlossen, die als Werkverträge bezeichnet wurden; die belangte Behörde stellte jedoch zutreffend auf die tatsächlichen Art der Beschäftigung ab (vgl. dazu die oben wiedergegebene Rechtsprechung) und gelangte zu dem Ergebnis, dass bei der Beschäftigung der Zeitungszusteller die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen.

Diese Beurteilung kann aus folgenden Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden:

2.1. Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2007, VwSlg. 17.185/A, vom 25. Juni 2013, 2013/08/0093, und vom 15. Juli 2013, 2013/08/0124).

Dies ist einerseits dann der Fall, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann. Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient.

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 2014, 2012/08/0100, mwN).

2.2. Die beschwerdeführende Partei bringt dazu vor, die belangte Behörde gehe entgegen der Aussagen einiger "Subunternehmer" davon aus, dass die im Rahmenvertrag vorgesehene Vertretungsbefugnis tatsächlich nicht gelebt wordensei. Dieser Umstand lasse sich nicht aus dem Akt ableiten und widerspreche eindeutig den Aussagen der "Subunternehmer". S. D. habe bei seiner Einvernahme durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse am 19. Jänner 2010 zur generellen Vertretungsbefugnis eindeutig Stellung genommen: "Wenn ich auf Urlaub gegangen bin, kümmerte ich mich um einen Vertreter, welcher dann meinen Kurs übernommen hat. Die Leistungen/Honorare meines Vertreters werden direkt mit der Firma 'M. P. Transport' verrechnet". Auch M. G., Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei, habe in ihrer Aussage vom 28. April 2010 vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ein generelles Vertretungsrecht der "Subunternehmer" beschrieben. Ihr zufolge hätten sich die "Subfrächter" selbst um ihre Vertretung gekümmert, die dann unmittelbar von der beschwerdeführenden Partei bezahlt worden sei. Daraus ergebe sich sogar die Möglichkeit der vertretenen "Subfrächter", ihre Aufträge ganz zu verlieren. Es sei sogar aktenkundig, dass L. R. im Jahr 2004 als Vertreter für J. S. für 3 Monate eingetreten sei. Auch J. P. habe ausgesagt, dass er sich selbst um seine Vertretung gekümmert habe, falls er sich frei nehmen habe wollen. In der Praxis sei die Vertretungsbefugnis nach freiem Ermessen der "Subunternehmer" gelebt worden.

Die belangte Behörde gründete ihre Beurteilung, dass eine generelle Vertretungsbefugnis zwar vertraglich vereinbart aber tatsächlich nicht gelebt worden sei, auf die (auch) in diesem Punkt "weitestgehend übereinstimmenden" Angaben der einvernommenen Zusteller. Mit dem genannten Vorbringen vermag die beschwerdeführende Partei keine gegenteiligen Umstände aufzuzeigen, nimmt sie doch nur auf Vertretungen in bestimmten Einzelfällen (Urlaub; A. N. gab "Erkrankung bzw. Urlaub" und S. S. "Urlaub/Verhinderung" an) Bezug. Auch unter Zugrundelegung dieser Aussagen würde nach dem bisher Gesagten eine solche Art der (Urlaubs- bzw. Krankheitsfall‑)Vertretung die persönliche Arbeitspflicht nicht ausschließen.

Hinzu kommt, dass die Zeitungszusteller für die von ihnen vorgenommenen Hilfstätigkeiten letztlich nur ihre Arbeitskraft verwerten konnten. In einer Delegierung solcher Hilfstätigkeiten durch einen Erwerbstätigen, der über keine eigene unternehmerische Organisation verfügt, an einen anderen Hilfsarbeiter, wie im vorliegenden Fall, kann kein wirtschaftlich aussichtsreiches unternehmerisches Konzept erblickt werden, vor dessen Hintergrund die Ausübung der genannten Vertretungsbefugnis zu erwarten wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. April 2014, 2013/08/0258, betreffend das Aufstellen und Einsammeln von Zeitungsständern).

Zudem haben bloße Vertretungsregelungen und Mitspracherechte im Rahmen einer flexiblen Diensteinteilung bzw. Dienstplanerstellung, wie sie im Arbeitsleben häufig vorkommen, aber auch das - die Organisation des Arbeitsablaufes durch den Arbeitgeber erleichternde - Anerbieten an den Erwerbstätigen, für den Fall seiner Verhinderung eine Ersatzarbeitskraft stellig zu machen (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 35 Abs. 1 ASVG betreffend die Indienstnahme durch Mittelspersonen), mit dem für das Fehlen der persönlichen Arbeitspflicht herausgearbeiteten Kriterien eines "generellen Vertretungsrechts" nichts zu tun und berühren die in der Phase der Beschäftigung bestehende persönliche Abhängigkeit nicht. Der "tatsächliche Gebrauch" solcher Vertretungsbefugnisse könnte sich allenfalls darauf auswirken, ob kontinuierliche oder tageweise abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2013, mwN).

2.3. Die persönliche Arbeitspflicht fehlt andererseits auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde.

Die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen, ihm angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als "sanktionsloses Ablehnungsrecht" (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, das die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Juni 2014, 2012/08/0240 und vom 2. Dezember 2013, 2013/08/0191, jeweils mwN).

Dafür, dass die Zeitungszusteller berechtigt gewesen wären, im Rahmen der übernommenen Gesamtverpflichtung - d.h. bei Aufrechterhaltung des Rechtsverhältnisses - sanktionslos (d.h. ohne die Konsequenz einer Auflösung oder Verschlechterung des Vertragsverhältnisses; vgl. dazu das zur Tätigkeit eines Zeitungsverkäufers ergangene Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, 92/08/0213) einzelne Arbeitsleistungen (ohne Stelligmachung eines Vertreters) abzulehnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, 2004/08/0082 betreffend die Beschäftigung von Zeitungskolporteuren), lagen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte vor. Gegenteiliges behauptet auch die beschwerdeführende Partei nicht.

Hinzu kommt, dass die Befugnis, sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen ganz oder teilweise abzulehnen, mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation der beschwerdeführenden Partei nicht in Einklang zu bringen wäre, zumal diese einräumte, dass die Zustellungen jeweils bis spätestens 6:00 Uhr durchgeführt sein mussten (zur Bedeutung der Unternehmensorganisation des jeweiligen Dienstgebers vgl. die bereits genannten Erkenntnisse vom 24. April 2014, 2013/08/0258 und vom 31. Jänner 1995, 92/08/0213, mwN).

3. Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten - wie die Zustellung von Tageszeitungen -, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, 2013/08/0162, mwN).

Auch im hier vorliegenden Fall kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die verrichtete Tätigkeit als solche gewertet hat, die den Zustellern in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum erlaubt hat. Mit dem im Einspruch - zusätzlich zur darin aufgestellten Behauptung eines generellen Vertretungsrechts - erhobenen Einwand betreffend die angeblich fehlende Integration in den Betrieb der beschwerdeführenden Partei, insbesondere die fehlende Bindung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, hat sich die belangte Behörde im Rahmen der nach § 4 Abs. 2 ASVG gebotenen Gesamtabwägung ebenso auseinander gesetzt wie mit der ständigen Rechtsprechung zum Stellenwert der Verwendung des eigenen Kfz durch den Zusteller und dessen steuerlicher Behandlung (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 24. April 2014,  2013/08/0258, Punkt 5.2. der Entscheidungsgründe, mwN). Nachdem die belangte Behörde vom Bestehen einer Kontrollmöglichkeit durch Herrn R. ausgegangen ist, durfte sie auch die "stille Autorität" des Dienstgebers zu Recht bejahen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2014, 2012/08/0157, mwN).

4. Die Beschwerde bringt weiters vor, die belangte Behörde leite fälschlicherweise aus den Zutrittsberechtigungskarten ab, dass diese ein Instrument zur Ausübung der Kontrollmechanismen im Rahmen der Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften darstellten. Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde die Eingliederung in den Betrieb der beschwerdeführenden Partei fallbezogen schon angesichts der grundsätzlich bestehenden zeitlichen Limitierung des Zutritts zum Lager, der entsprechenden Routenlänge und der Tatsache, dass die Zeitungen bis spätestens sechs Uhr zugestellt werden mussten, zu Recht bejaht hat. Sie hat zutreffend aufgezeigt, dass die Arbeitsleistung im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers orientiert sein musste (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2013, 2011/08/0322, mwN).

Ferner steht der Umstand, dass die Dienstnehmer allenfalls auch für andere Unternehmen tätig waren, der Beurteilung als abhängige unselbständige Beschäftigung iSd § 4 Abs. 2 ASVG nicht entgegen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, 2013/08/0162, mwN), zumal das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses stets nach den Umständen des konkreten Falles zu beurteilen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/08/0037).

5. Die belangte Behörde ist im Ergebnis zur Recht nach umfassender Prüfung der relevanten Kriterien im Wege einer Gesamtbetrachtung vom Überwiegen der Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm 2 ASVG ausgegangen. Die Vorschreibung des Beitragszuschlages, gegen dessen Berechnung und Höhe die beschwerdeführende Partei im Übrigen keine Einwände erhebt, erfolgte daher zu Recht.

6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. Oktober 2015

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